pentzwWeltberühmte Ehepaare, bei denen auch (!) die Frau als bedeutend erachtend worden ist, fallen mir drei ein.
Ehepaar Curie. Madame Curie war zweifelsohne die herausragendere Wissenschaftlerin, zumindest erreichte sie auf wissenschaftlichen Gebiet mehr als ihr Mann, mehr als die meisten Nobelpreisträger und ? innen, nämlich zweimal ihn erhalten zu haben. Im Vergleich zu ihrem Mann: Lag es daran, dass dieser früher gestorben ist?
Ehepaar Einstein. Der Physiker Albert Einstein soll ja die wichtigsten Erkenntnisse der Relativitätstheorie in jungen Jahren entdeckt haben. Da war er mit seiner Ehefrau zusammen. Man munkelt, dass diese wohl die wahre Pionierleistung gemacht hat. Wie auch immer, in Mathematik war Albert Einstein jedenfalls grottenschlecht.
Ehepaar Schumann. Beide hervorragende Musiker, Pianisten, vor allem Clara im letzteren Punkt. Beide komponieren, aber Herr Schumann gilt als der herausragendere. Clara komponiert nur auf Druck, auch auf den ihres Ehemanns hin. Robert Schumann stirbt lange vor Clara Schumann, übrigens nicht durch eine endogene Psychose, sondern an den Folgen der Syphilis. Da Robert Schumann also nicht von Haus auf geisteskrank war, meines Wissens auch nicht seine Vorfahren, ist die genetische Disposition zur psychotischen Erkrankung nicht gegeben. Doch werden einige der Kinder der beiden Schumanns schwer psychisch krank. Das legt den Schluss nahe, sie wurden dahin gedrängt.
Clara Schumann ist so berühmt wie ihr Mann, allerdings als Pianistin. Sie umgibt der Ruf, ihr Leben quasi in den Dienst des Ruhms ihres Ehemanns gestellt zu haben. Als ob sich dessen Werke ohne ihre unermüdliche Hingabe zum Konzertieren nicht durchgesetzt hätten. Dies mag durchaus der Fall sein.
Jedenfalls, sie war ein Superstar zur damaligen Zeit, mit den höchsten Einnahmen, die denkbar sind, gastierte in ganz Europa auf den renommiertesten Stätten und Bühnen, in Russlands Petersburg und vor allem in England. Sie verkehrte in den betuchtesten, erlauchtesten Kreisen. Den Preis dafür mussten allerdings ihre vielzählige Kinderschar zahlen: Sie war kaum in der Familie präsent und tat alles dazu, dass eine solche nicht als stehend angesehen werden kann. Stattdessen wurden ihre Kinder in Pflegefamilien untergebracht, vor allem die männlichen in Erziehungsanstalten gesteckt, halt Internaten, den teuersten, besten der damaligen Zeit, sprich die in ihren Erziehungsmethoden mit härtesten Bandagen arbeitenden. Wurden dadurch ihre Kinder seelisch krank? Sie unterband konsequent Bestrebungen ihrer Kinder zu künstlerischer Tätigkeit. Sie war so erdverbunden, dass sie sie vehement zu Brotberufen drängte, Klavierlehrer(innen) zum Beispiel.
Clara Schumann schien wenig Sinn für Familienleben gehabt zu haben. Zusammenkünfte der Familie schien sie nur widerstrebend zustande kommen zu lassen. Sie überließ ihre kranken Kinder ihrem Schicksal, besuchte sie kaum. Ihre stehende Redewendung dazu lautete sinngemäß: ?Besuche ich niemanden, wird er beim Abschied kein Verlustgefühl empfinden müssen.?
Sie war lieber allein, konzentrierte sich auf ihre Karriere, war vollauf damit beschäftigt, Vorbereitungen für anstehenden Touren als Pianistin zu machen. Gleichzeitig generierte sie sich, als würde sie kaum Einnahmen haben und also Rücklagen. So konnte sie scheinbar auf keine finanziellen Polster für diese oder jene Erleichterung im Leben ihrer Kinder requirieren. Ihr Image stilisierte sie zu einer armen Schluckerin.
Eine Frau mit eisernen Prinzipien, sowohl in ihrer Kunst als auch in ihrem Leben. Preußisch pflichtbewusst ? im Dienste der Musik, ihrer Pianistenkarriere und des Rufs ihres frühzeitig verstorbenen Mannes als Komponist von Weltruhm. Genauso pflichttreu gebar sie während ihrer Ehe mit Robert Schumann ein Kind nach dem anderen in Abständen von zwei, drei Jahren. Sie erfüllte ihre ehelichen Pflichten alle zwei, drei Tage, ganz wie es der Ehemann erwartete und forderte. Nicht zum Komponieren gedrängt, von ihrem Ehemann und ihrem Vater, unterließ sie es tunlichst. Fehlte Druck dazu, unterließ sie es lieber, wohl weil es ein schwieriges Unterfangen ist. Sie litt unter Schlaflosigkeit. Was sie sich selbst zumutete, forderte sie auch von ihren Kindern: Pflichtbewusstsein, Gehorsam und Untertänigkeit.
Sie förderte, wie gesagt, bei ihren Kinder keine Künstlerlaufbahn, sah in keinem das Potential dazu. Eine ältere Tochter, die sehr gut Klavier spielte und ein einziges Mal mit ihrer Mutter auf zwei Klavieren konzertierte, sagte danach: ?Nie mehr wieder!?
Kühn, Dieter: ?Clara Schumann, Klavier?. Ein Lebensbuch. Fischerverlag. 2015