"Ein wenig Leben" - Roman von der amerikanischen Autorin Hanya Yanagihara

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"EIN WENIG LEBEN" - ROMAN VON DER AMERIKANISCHEN AUTORIN HANYA YANAGIHARA

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von pentzw
am 20.06.2025 - 17:17 Uhr
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pentzw  Kaum ein Buch ist mir schwieriger und schöner zu lesen begegnet als die deutsche Übersetzung dieses Buches. Kaum ein Buch befasst sich für mich mit unschönerem und widrigerem Inhalt: Das Leben eines homosexuellen Behinderten, der als Findling von einem Mönch auf den Pädophilen-Strich geschickt wird. Zudem gibt es kaum eine bessere Hörauflage eines Buches (empfinde ich so, eine Freundin hingegen, leidenschaftliche Hörbücher-Hörerin gibt sich unbeeindruckt).
Ich musste das Buch jedoch bei der Hälfte weglegen – weil es mir zu schwierig und zu belastend geworden war. Weniger die sexuellen „Vergewaltigungen“ auf dem Jungenstrich stießen mich ab als die brutalen Exzesse des Freundes des Protagonisten, der diesen, behindert, nahezu ermordet. Eigenartig fand ich, dass dieser Freund ein Araber war. Andere Freunde waren nicht so brutal.
Und wie gesagt, es hat mich nicht bis zum Ende durchhalten lassen. Wichtig im Buch ist die Freundschaft von vier Personen. Aber diese Freundschafts-Moritat oder -Mythos zündet bei mir nicht, wahrscheinlich kulturell bedingt, solche Beziehungen kenne ich in meinem Kulturkreis und Lebensumfeld (dörflich-kleinstädtisch) leider nicht. Möglich, dass es das in den Staaten gibt, besonders in New York, wo die Handlung hauptsächlich spielt.
Das Buch jagt mich jedoch - gedanklich. Aber ich habe aufgehört weiterzulesen.
Nach dem ich dies getan hatte, nach einigen Monaten, lag vor meiner Nase auf einem Board eines Offenen Regals die Original-Ausgabe in Englisch. (Zum Verständnis: Offene Regale sind Vitrinen, die in irgendeiner Ecke stehen, vielleicht in einer Einkaufspassage, aus der man nach Belieben Bücher nehmen und hineinstellen kann.) Und das in einem Regal in der tiefsten bayerisch-fränkischen Provinz!
Sagt selbst: Kann das ein Zufall sein?
Jetzt hatte ich die Möglichkeit, es in der englischen Urfassung zu lesen, welche hoffentlich syntaktisch weniger verzweigt, kompliziert und anstrengend sein würde. Freilich würde mir mehr die Semantik einzelner Wörter zu schaffen machen, auch wenig ich ganz gute Englischkenntnisse besitzen dürfte. Semantik ist hier der falsche Terminus, die Semiotik wir es sein, die mich herausfordern würde. Ich rechnete selbst mit polynesischen Bezügen, angesichts der Autorin hawaiischen Ursprungs.
Aber Konjunktiv II!!
Deshalb konnte ich mich wahrscheinlich nicht durchringen, es zu lesen, selbst nicht die englische Urfassung, obwohl ich vor keiner Literatur in dieser Sprache fürchte, wenn sie mir als interessant und herausfordernd erscheint. Nein, ich habe weder das deutsche noch das englische Buch weiterverfolgt.
Doch jagt mich dieses Buch!!!
Denn der nächste „Zufall“ will es, dass ich gestern eine Philosophie-Professorin von der Brooklyn-Universität in New York kennengelernt habe. Mein Bedarf an semantischen Wissen kann ich womöglich mit dieser Bekanntschaft decken. Ich habe somit keine Ausrede mehr, mich nicht dieser Lektüre im Englischen zu stellen – sage ich mir ...
Scheinbar lässt mich das Buch „Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara nicht mehr los - gleich einem Dämon oder Dschinn verfolgt es mich. Obwohl ich es so lange nicht mehr angerührt habe, komme ich offenbar nicht umhin, mich dieser Mammutwerk gewichtigsten Kalibers, schriftstellerisch und sprachlich, zu stellen.
Schauen wir mal …
(Die Begegnung war übrigens in dieser Hinsicht enttäuschend. Die gute Frau und Philosophin ist mit ihrem Stipendium zu „KI“ in Rahmen eines Forschungsauftrages vollumfänglich beschäftigt. Auf meinen Hinweis auf dieses Buch ist sie mit keinem Wort eingegangen).
Vor ein paar Monaten - Antworten
pentzw  Aber man sollte doch erwähnen, was genau passierte. Die hawanische Autorin und die Philosphie-Professorin wohnen in der selben Stadt.
Gestern eine US-amerikanische Philosophieprofessorin im Zug kennengelernt. Sie würde meine Literatur-Englisch-Übersetzungen durchsehen, evtl. verbessern und sich deswegen gerne mit mir treffen. Nachdem ein Gymnasiallehrerfreund die Durchsicht dieser meiner deutsch-englischen Stories/Kürzestgeschichten mit windigen Argumenten (der Übersetzer müsse Nativ-Speaker sein) abgelehnt hatte, ist dies ein erfreulicher Lichtblick.
Sie las zuerst einmal meine auf meiner Homepage veröffentlichten dt-engl. Liebesgeschichten, bevor sie mich zu einem weiteren Treffen einlud. "Ich mag Ihre Stories, so etwas wie konzeptionelle Kunst." Ich verstand nicht, inwiefern dies zuträfe, habe überhaupt nicht verstanden, was dies sein soll, um ehrlich zu sein. sie schickte mir einen Screenshoot, das irrtümlicherweise von einer Shortstory nebeneinander zwei Versionen aufwies. Was habe ich mir dabei gedacht? Wahrscheinlich wollte ich mich meine Übersetzungsfähigkeiten prüfen oder von beiden Möglichkeiten der Übersetzung die Rosinen herauspicken, bevor ich auf halben Wege die Lust verlor. Wie auch immer. Da sieht man mal, das originelle Kunst auch auf ein Missverständnis beruhen kann.
Im Nachhinein zu diesem Treffen denke ich: Was war das für eine Akademikerin? Verstand nicht einmal das französische: Je ne regrette rien! I dont regrette musste ich ihr übersetzen. Dieses Bild der amerikanischen Professorin, Akademikerin höchsten Grades, höher geht es nicht mehr, nämlich Lehrstuhlinhaberin entspricht dem stereotypen Klischee des Amerikaners: ein Banause durch und durch. Aber, wie gesagt, das bei einer Professorin!? Mir erschien das einen Tag später sich ereignende Schiffsunglück an der Brooklynbridge symptomatisch, grins.
Höchst eigenartig fand ich, dass sie so von AI schwärmte, die die menschliche Intelligenz ersetzen könne. Vor allem auf das Phänomen "schwarze Box" referierte sie. Diese besagt, dass selbst die Software-Entwickler überrascht davon sind, was von einer AI herauskäme, also etwas Selbstständiges, Nicht-Vorhersehbares, gar Intelligenteres als der Mensch imstande ist zu generieren. Glauben jetzt die neuen Naturwissenschaftler an den Heiligen Gral, an Hexerei oder wie oder was?
Einmal sagte sie: "Die Soziologen sind wirklich nicht so intelligent wie die Naturwissenschaftler." Sie hat sich selbst aufgespießt damit, weil sie ja auch Geisteswissenschaftlerin ist, womit sie den Beweis ihrer Aussage geliefert hat.
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