pentzwRettet die Benin-Skulpturen (und unser Kulturerbe) - ein Aufruf
Heute bin ich Zug gefahren und mit jemanden ins Gespräch gekommen. Langsam habe ich mich vorgetastet und nachgefragt, woher er denn komme, obwohl und gerade weil er so gutes Deutsch spreche für einen Afrikaner.
Nigeria. Und er sei schon seit zwanzig Jahren hier in Deutschland. Aha, deswegen die guten Sprachkenntnisse.
„Ja, unsere Außenministerin hat die Bronze Skulpturen von Benin Euren Regierung zurückgegeben.“
Er lacht.
Das bringt mich zum Nachdenken. Zaghaft frage ich nach, was er von diesem Umstand halte.
Er lacht noch stärker.
„Du hältst wohl nicht viel von der derzeitigen Regierung?“
Wieder lacht er und beugt sich vor: „Mann, in Nigeria leben über 200 Millionen Menschen, meist in Megastädten, also auf dichtgedrängtestem Raum. Da verschwinden tagtäglich Leute, ohne daß nach ihnen gesucht wird, geschweige wieder aufgespürt werden. Homosexualität ist verboten, die Todesstrafe findet statt, Polizeigewalt grenzt an Selbstjustiz. Und Du fragst mich: was denkst du von der derzeitigen Regierung?“ Wieder lacht er sein Lachen, allerdings etwas sarkastischer noch als zuvor.
„Okay, ich verstehe, ich verstehe.“ Ich vermute vielmehr zu verstehen. Wenn schon Menschen verschwinden, spurlos verschwinden können, was kann da mit steifen Bronzetafeln passieren?
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Nobel, nobel – gewerbsmäßig erworbene (oder geraubte) Kunst einem derjenigen Vertreter dieser Kunst zurückzugeben, die von dem Künstler direkt abstammen. Blutsverwandten Angehörige gehört diese Kult(ur)artefakte, nicht wahr? Unsere Staatsvertreterin, unter dem Blitzgewitter der Presse aus nah und fern, erbietet sich und überbietet in serviler Pose jeden anderen Politiker bei der Überreichung der Statuen an den ehemaligen Militärdiktator, in Gestik und Mimik immer wieder auf diese hindeutend. Der Empfänger, ist es der gewählte, ehemalige Militärdiktator und jetziger Präsident? Aber nimm es doch an, scheint die Ministerin unaufhörlich zu sagen, schau, wie beeindruckend sie sind. Der Entgegennehmende betrachtet sie stoischen Gesichts, während er sie wie heißes Eisen in Händen hält und nicht weiß, was damit anzufangen und zu halten.
Ja, es ist nobel, ehrenwert und das schlechte Image (Verbrechen!) des Kolonialismus, den unsere Vorfahren nun einmal ausgeübt oder verbrochen haben, kompensieren zu wollen – auch auf diese Weise. Es wirft ein gutes Licht auf die Abkömmlinge der Menschenschinder und Völkervernichter väterlicherseits, aber dient es der Sache, der Sache des Erhalts dieses Weltkulturerbes?
Was wohl wird das Los dieser beeindruckenden Plastiken aus Benin im korrupten, überbevölkerten, von Kriminalität durchsetzten Nigeria sein? Hoffentlich ergeht es ihnen besser als unserem Kulturerbe, das zwar nicht von Staatsbeamten unter der Hand verscherbelt wird, aber so schlecht verwahrt, bewacht und gesichert, daß Kriminelle ihre Selbstbedienungsinstinkte hemmungslos ausleben können und die Letzte Generation ungehindert heißen Kartoffelbrei und Schlimmeres darüber schüttet.
Insofern ist die Rückgabe dieser Artefakte schon eine gute Sache. Zumindest Kopf wie Knopf.
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Aber bitte, denkt mal drüber nach, wer und wie man dieses unschätzbare Weltkulturerbe letztlich retten kann?