To soon there’s again reality If you think that you can run If you think that you can stand You forget who rose this city from the sand They will not switch it off again. They tell me : Keep Quiet Lets see them fall silent Die Rückreise kam für Falk viel zu früh bereits am nächsten
Nachmittag. Und auch die endlose Fahrt durch die Einöde war alles andere als ermutigend. Viel zu schnell lagen die Wälder und Wiesen wieder weit zurück und vor ihnen erstreckte sich nur Sand und Staub, der bereits im Licht der Abendsonne funkelte. Ein schöner Anblick, der Falk jedoch kaum ablenken konnte. Hatte er doch das Gefühl etwas viel wichtigeres gefunden zu haben, das ihm gegen über saß. Ob mehr daraus werden konnte… Auf eine Weise hoffte er es, und auf eine andere war er sich nur zu bewusst, was die harte Realität der Stadt daraus machen
konnte. Auch wenn sein Herz ihm sagte, das dem nicht so war, der rationale und ständig anwesende Teil seines Verstands sagte ihm, dass er sich keine zu großen Hoffnungen machen sollte. Egal, was er oder Leah jetzt empfanden. Und dann kam Vektor in Sicht, das langsam am Horizont auftauchte, wie ein gewaltiges Schiff aus einem Wellenberg. Die Realität hatte sie beide wieder. Beinahe verschüchtert standen sie sich einen Augenblick gegenüber, als er und Leah vom Bahnhofsgebäude hinaus in die Wirklichkeit Vektors traten. Es schien sich wenig verändert zu haben. Einige Plakate flatterten im Wind und der
Gestank von Industrieabgasen vermischt mit Staub und Ozon erfüllte die Luft. Vorher hatte Falk ihn kaum wahrgenommen, aber nun, da er auch den Unterschied kannte, konnte er ihn nicht mehr ignorieren. Die Neonreklame tauchte die dunkle Unterseite der Himmelsplattform über ihnen in psychedelisch Anmutende Lichtreflektionen. ,, Tja..“ , setzte er an. ,, Tja…“ ,, Wenn du nicht…“ Er stockte. ,, Wir können die ganze Sache auch vergessen wenn du…“ ,, Nein, nein das ist es nicht…“ , setzte Leah
an. ,, Ich habe natürlich auch kein Problem wenn.. Beide schwiegen einen Augenblick und sahen sich nur an. Dann brachen sie fast zeitgleich in Gelächter aus. ,, Lassen wir uns etwas Zeit ?“ , fragte Leah, als sie wieder zu Atem kam. Falk nickte. ,, Gut, Schön… Wir sollten uns wohl erst einmal nach Isaac umhören. Wenn es etwas Neues gibt, weiß er es.“ Während sie sich auf den Weg machten nutze Falk die Gelegenheit und überprüfte kurz die Nachrichtenfunktion seines Tabletcomputers. Nichts, das er nicht schon wusste außer einer
Ankündigung über eine Sitzung des Stadtrats die am Abend stattfinden sollte. Seltsam. Er hatte den ständigen Informationsfluss nur fast vermisst. Die Straßen die sie passierten wirkten aufgeräumter als zuvor, so als seien jetzt auch die letzten Spuren der Unruhen der letzten Woche verschwunden. Vielleicht würde es wirklich so bleiben. Falk hoffte zumindest, dass es vorbei war. Ansonsten war der Staub nur entfernt worden um einem neuen Ansturm Raum zu machen. Gavin nahm sie bereits auf dem Platz vor der Future-Dynamics-Zentrale in Empfang. Der düsterte Gesichtsausdruck auf dem Gesicht des Evs sagte ihm
eigentlich bereits alles, was er wissen musste. ,, Lassen sie mich raten… schlechte Nachrichten ?“ , fragte Falk. ,, Das weiß ich noch nicht.“ , antwortete er. ,, Aber das Featherstone schon wieder hier rumschleicht reicht mir.“ ,, Der Kanzler ist hier ?“ , fragte Leah mit einer Mischung aus Überraschung und Misstrauen. ,, Vor zehn Minuten hier aufgetaucht.“ , erwiderte Gavin. ,, Wo ist er ? Bei Isaac vermute ich?“ ,, Das ist auch der einzige Grund, aus dem ich ihn reingelassen habe.“ Der Doktor bestand darauf.“ ,, Das will mir so was von gar nicht
gefallen.“ ,, Nicht nur ihnen Falk, nicht nur ihnen. Sterling ist in seinem Labor, nur falls sie auf Nummer sicher gehen wollen.“ , erklärte er. ,, Ich habe eigentlich Anweisung niemanden zu ihm zu lassen, aber verdammt… Wenn jemand fragt, ich habe sie nicht gesehen.“ Als er und Leah die Etage des Gebäudes erreichten, auf dem das Labor lag, konnte Falk bereits die aufgebrachte Stimme von Isaac Sterling hören, dessen Worte von den weiß getünchten Wänden wiederhallten. Rasch traten sowohl Falk als auch Leah näher an die Tür zu den
Forschungsräumen. Einen kurzen Augenblick lang hatte er ein schlechtes Gewissen den Doktor zu belauschen. Aber das hier klang nicht so, als sollte es privat bleiben. Jeder, der zufällig hier vorbeikam musste zumindest fetzen des Gesprächs mitbekommen. Hinter einer mit Stahlstreben verstärkten Glastür standen Sterling und die Quelle seines Missmuts ihm direkt gegenüber. ,, Sie können sie nicht alle beschützen Sterling. Glauben sie mir das. Ich bekomme was ich will und sie treten dann entweder bei Seite oder spüren die Konsequenzen.“ Offenbar hielt Featherstone das Gespräch damit für
beendet. ,, Seien sie sich da nicht zu sicher.“ , rief der Doktor ihm lediglich nach Als der Kanzler aus dem Labor herausstürmte, duckten sich sowohl Leah als auch Falk tiefer in die Schatten der aufschwingenden Tür. Trotzdem hätte der Mann sie wohl gesehen, wäre da nicht dessen eigene Wut gewesen, die ihn dazu brachte strak grade aus zu sehen. Einen Moment schoss eine geradezu Irre Idee durch Falks Kopf. Er konnte den Kanzler hier töten, ohne dass der Mann ihn auch nur registrierte. Er vertrieb den Gedanken sofort. Nein… er hatte sich entschlossen zu kämpfen wenn es nötig
wurde. Nicht ein Mörder zu werden. Selbst wenn es ihm hier wie Tyrannenmord vorkommen würde, Featherstone hatte weder gegen bestehende Gesetze verstoßen noch etwas absolut falsches getan. Oder zumindest konnten sie ihm das bisher nicht nachweisen… Die Idee verschwand schließlich endgültig als der Stadtkanzler unbehelligt und unwissend, wie nahe sein Tod ihm kurz gekommen war, die Treppe hinab verschwand. Sterlings Stimme hallte erneut über den Flur, diesmal jedoch leiser und mit einem Anklang von Erschöpfung. ,, Kommen sie ruhig rein. Ich hab sie
bemerkt.“ Sie standen auf und traten durch die Tür, durch die eben noch Featherstone getreten war. Falk war noch nicht hier gewesen und sah sich deshalb einen Augenblick in dem gut zweihundert Meter breiten Raum um. Dutzende von elektronischen Analysegeräten, die er nicht benennen konnte standen zusammen mit Spektrometern und mehreren Schränken für Zellkulturen auf Keramikarbeitsflächen und unter Sicherheitswerkbänken verteilt. Dazu entdeckte er noch einen Aufbau, der selbst ihm als Laien für ein DNA-Labor unpassend erschien. Einige Glasbehälter,
die über Destillierbrücken miteinander verbunden waren, so dass ständig Flüssigkeit hin und her lief, bis sie im letzten Behälter zur Ruhe kam. Für Falk hatte es mehr den Anschein, als würde irgendetwas hergestellt. ,, Was ist hier los ?“ , wollte Leah wissen. Der Doktor hatte sich auf eine der Arbeitsflächen gestützt und blickte finster auf die Fugen zwischen den einzelnen Keramikscheiben. Er wirkte plötzlich Älter, als Falk ihn in Erinnerung gehabt hatte. ,, Was glauben sie was hier los ist.“ , entgegnete Sterling. ,, Featherstone hat eine weitere Stadtratssitzung
einberufen.“ ,, Und das ist schlecht.“ ,, Ich habe keine Ahnung was genau er vor hat, aber ich bin kein Narr. Er wird sie bitten seine Amtszeit zu Verlängern und damit fängt der ganze Irrsinn wieder von vorne an. Dann hat er freie Hand.“ ,, Damit kommt er nie durch. So dumm kann niemand sein. Seine letzte Anordnung, die der Stadtrat unterstützte war schon Wahnsinn.“ ,, Genau da wäre ich mir nicht zu sicher. Er muss nur ihre Angst weiter ausnutzen und wie ich ihn kenne, weiß er genau wie. Ansonsten ist er nach wie vor der Kanzler. Er kann tun was er will, solange er den Großteil des Rats auf
seiner Seite hat.“ ,, Und sie können nichts dagegen tun ?“ ,, Ich bin eine Stimme im Stadtrat, nicht mehr.“ , erwiderte der Doktor. ,, Natürlich, wenn ich mich gegen Featherstone stelle werden andere folgen. Aber bei weitem nicht genug.“ ,, Dann haben sie sich verschätzt.“ , stellte Falk fest. ,, Es sieht so aus.“ , gab Sterling zu. ,, Das ist nicht ihre Schuld.“ , warf Leah ein. ,, Nein. Und es wird nicht ewig so weitergehen. Featherstone kann die Zukunft nicht aufhalten. Er kann uns nicht stoppen. Und das werde ich auch nicht erlauben.“ Der Mann schien wieder
etwas Selbstvertrauen und Optimismus zurück zu gewinnen. Gleichzeitig wirkte er allerdings noch düsterer als zuvor. Falk musterte den Doktor beunruhigt über dessen letzte Worte. Die Entschlossenheit darin machte ihm neben Hoffnung auch Angst. Featherstone war nicht der einzige Fanatiker in diesem Spiel. ,, Tuen sie mir nur beide einen Gefallen. Passen sie heute Nacht auf sich auf. Was immer auch passiert, es sieht aus als wäre die Entscheidung wie alles ausgeht vorverlegt worden.“ Die Stadtratsversammlung sollte wenige
Stunden später stattfinden. Und während Isaac Sterling längst auf dem Weg zum Light-Tower war, blieben Falk, Gavin und Leah zusammen mit einem Großen Teil der Belegschaft von Future Dynamics zurück. Jeder hier schien zu wissen, das heute Abend etwas absolut Bedeutendes für ganz Vektor entschieden werden musste. Nach und nach versammelten sich alle in der Kantine, in der jemand bereits einen tragbaren Projektor aufgestellt hatte, der eine Live-Übertragung der Ratssitzung zeigte. Falk und die anderen suchten sich einen Platz in der bereits überfüllten Halle. Gespannt und still musterten die meisten
die an die Wand projizierten Bilder. Der Stadtrat bestand aus gut fünfzig Personen, die sich in einem der oberen Stockwerke des Light-Towers eingefunden hatten. Der Kreisrunde Raum war mit Sitzplätzen zugestellt worden und ließ nur einen Halbkreisförmigen Platz mit Pult in der Mitte für eventuelle Sprecher frei. Grade eben beendete Featherstone seine Rede. Was der Mann zu sagen hatte, interessierte Falk ohnehin kaum. Und es reichte ihm bereits die letzten Worte zu hören. ,,… Deshalb und vor allem durch die Bedrohung, die Bewaffnete Evs darstellen, fühle ich mich verpflichtet
in dieser Zeit auf meinem Posten zu bleiben. Ich bitte den Rat daher, meine Amtszeit als Kanzler einstweilen zu verlängern, bis die Situation vollständig geklärt ist. Und das ist sie nicht, wie ich nur wieder zu betonen brauche.“ Falk schüttelte lediglich leicht den Kopf. Er spürte, wie Leah ihre Hand wie beiläufig in seine legte. Gavin bemerkte es offenbar sah kurz zu ihnen herüber. Das sonst durch ein kurzes Grinsen aufgehellt, bevor es sich wieder verfinsterte, als Sterling an die Stelle des Kanzlers trat. Einen Augenblick lang stand er nur da und sah offenbar direkt in die aufgestellten Kameras. Oder jeden
einzelnen der Zuschauer direkt an. ,, Meine Position kennen die meisten von ihnen. Und noch vor wenigen Tagen sah es so aus, als würden die hier anwesenden diese Teilen.“ , begann er. ,, Wir standen davor, die Frage der Rechte von EVs ein für alle Mal zu klären. Freiheit , Rechte, Fairness. Für manche sind das Worte. Worte, die sie zu ihrem Belieben einsetzen um die Welt so zurecht zu Rücken, wie sie sie gerne sehen möchten. Durch Anspruch einer Religion oder eines politischen Ziels.“ Der Doktor nahm das Mikrofon vom Pult Und trat weiter hinaus in den Kreis der versammelten Räte. Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft oder eben
Religion. Er konnte sie doch niemals alle erreichen, selbst wenn sie direkt vor ihm standen. Die einzelnen Gruppen bereits trennten Welten. ,, Ich weiß, was die Meinung dieses Rats verändert hat. Aber ich wage es nicht auszusprechen, weil jeden von ihnen dann keine Möglichkeit mehr bleibt, als sich selbst zu fragen, was sie eigentlich in diesen Hallen verloren haben. Jeder von ihnen, der noch vor einer Woche die EV-Verträge unterstützt hat und nun seine Meinung plötzlich ändern will, dem unterstelle ich Angst. Um nicht zu sagen Feigheit. Es kann nicht sein, das die faire Entscheidung über das Schicksal von Millionen an ihren Emotionen
scheitern muss und das wird es, wenn Featherstone im Amt bleibt, das verspreche ich ihnen.“ Sterling knallte das Mikro zurück in die Halterung. ,, Ich bin fertig.“ , flüsterte er fast, aber die Verstärker fingen die Worte trotzdem auf und ließ es in der Nachfolgenden Stille durch den ganzen Raum klingen. Da es keine weiteren Sprecher gab sollte die Abstimmung offenbar direkt folgen. Ein Mann mittleren Alters trat vor. ,, Die Abstimmung erfolgt per Handzeichen. Wer dem Antrag des Stadtkanzlers für eine Verlängerung der Amtszeit bis auf weiteres stattgibt hebt den
Arm.“ Falk hielt einen Moment den Atem an. So wie es aussah hoben gut zwei Drittel der Anwesenden die Hand. ,, Wer ist dagegen ?“ Deutlich weniger aber immerhin einige Hände fuhren nach oben. Falk brauchte trotzdem nicht länger zusehen. Es war vorbei. Eine Mehrheit war eine Mehrheit. Wortlos stand er auf und ging mit hängendem Kopf in Richtung Ausgang. Leah folgte ihm fast genau so leise. Gavin hingegen blieb noch einen Augenblick zurück, während sich langsam auch die restlichen Versammelten Leute entfernten und
jemand den Projektor abschaltete. Kurz saß er in der allein Dunkelheit. Das konnte einfach nicht sein…