Freitagnachmittag
Als wir dann beim Chinesen waren blockierten wir zu fĂŒnft - Unser Klassensprecher AndrĂ©s, Tobias, Finn, Claude und ich - den kompletten Eingang um unser Geld zu zĂ€hlen. Verwirrenderweise zahlte AndrĂ©s zuerst seine Schulden bei Tobias zurĂŒck, nur um sich direkt danach wieder etwas zu leihen.
Claude stellte fest, dass ihm ein Euro zum Buffet fehlte, sodass er in die Runde fragte, wer einen Euro verleihen könne.
âIch habe noch einen. Aber den will ich Montag wiederhaben, ja?â
âNatĂŒrlich!â Er nahm das Geld an.
âDanke.â
Wir setzten uns an einen runden Tisch.
Tobias setzte sich zuerst, daneben AndrĂ©s, dann Finn und schlieĂlich Claude, bis ich mich setzte und bis auf den einzelnen Stuhl zwischen Tobias und mir alle PlĂ€tze belegt waren.
Als die Kellnerin uns einen Besuch abstattete, war Finn der Einzige, der etwas bestellte; und das obwohl er zuvor gesagt hatte, dass er keinen Hunger habe! Er bestellte eine Sprite und drei kleine FrĂŒhlingsrollen und wir konnten uns schlieĂlich auf den Weg zum Buffet begeben.
Ich schnappte mir einen Teller und lud erst einmal nur eine kleine Menge von
einigen Dingen auf, die gut aussahen, rochen und klangen. Also Reis, knusprig gebratenes GeflĂŒgel und etwas scharfe SoĂe.
Ehe ich mich versah war mein jĂ€h gefĂŒllter Teller leer.
âDas gibtÂŽs doch gar nichtâ, murmelte Finn. Das war das erste Mal, dass ich ihn auĂerhalb des Unterrichts so viel reden hörte! Und es kam noch mehr dazu: âMein Essen ist noch nicht mal da, und Lina hat schon ihren ersten Teller fertig.â
âDa war aber auch nicht viel draufâ, warf Claude ein.
Und so gestaltete sich auch der Rest der
Mittagspause.
Als wir pĂŒnktlich zur achten Stunde wieder da waren stellte ich fest, dass es vielleicht keine allzu gute Idee gewesen, gleich drei Teller voll zu essen, zumal auf dem letzten Teller wesentlich mehr drauf gewesen war als auf dem ersten.
Als unser Mathe-Lehrer schlieĂlich auftauchte, setzten wir uns alle an unseren ĂŒblichen Platz und wieder sollten einige die Aufgaben zur Polynom-Division vorrechnen.
Hendrik, Reya und Claude meldeten sich.
âHendrik bitte.â
Da ich es sowieso konnte, schenkte ich Hendriks Rechnung nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit.
Nachdem das erledigt war, durfte er sich wieder setzen und Herr Schneider fragte erneut, wer vorrechnen wolle. âWenn ihr Fehler macht, macht das gar nichts. Seht es als Möglichkeit, individuelle VerbesserungsvorschlĂ€ge zu erhalten.â
Wieder meldeten sich Claude und Reya.
âClaude bitte.â
Claude lief durch den Gang zwischen den Tischen zur Tafel, nahm ein StĂŒck Kreide und begann, die Aufgabe aufzuschreiben.
Ohne dass ich es bemerkte, glitt mein Blick an die Tafel.
Wieso? Ich konnte es doch. Und Hendrik hatte ich auch ignoriert.
Warum sah Claude denn auch so verdammt gut aus, besonders mit seinem
leichten Bart?
Ich seufzte und mein Verstand kapitulierte gegenĂŒber dem Wunsch, ihn einfach weiter anzusehen.
Als der Schultag endlich offiziell beendet war und das Wochenende begonnen hatte verlieĂ ich das SchulgebĂ€ude, als hĂ€tte ich Jahre im GefĂ€ngnis verbracht. Schule war wichtig, aber dennoch genoss ich die Wochenenden immer mit vollen ZĂŒgen.
Gerade als ich beinahe das GelÀnde verlassen hatte, hörte ich jemanden meine Stimme rufen. Ach, ich hatte mich bestimmt verhört.
âLina!â Da war es schon wieder.
Deutlicher.
Ich blieb stehen und drehte mich um.
Claude und sein Kumpel Finn, auf dem Weg zum anderen Tor.
âTschĂŒss!â, rief Claude ĂŒber den ganzen Hof und winkte mir zu.
Ich spĂŒrte, wie mir das Blut in den Kopf schoss.
âTschĂŒssâŠâ
Die beiden gingen weiter und auch ich verlieà nun endlich das GelÀnde. Warum war ich so rot geworden?
Sonntag
Bereits seit Freitag grĂŒbelte ich verzweifelt, wieso ich die ganze Zeit an Claude dachte - schlieĂlich mochte ich doch Sebastian!
Allerdings schien da irgendetwas nicht ganz zu stimmen. Oder wĂŒrde ich sonst dauernd an Claude denken?
Ich seufzte und holte mein Handy heraus, um einer guten Freundin, aus einer anderen Klasse, eine SMS zu schreiben. Sie wusste auf solche Dinge stets Antwort. Sofort.
Es dauerte keine fĂŒnf Minuten, bis Lynn's Antwort auf mein Problem eintrudelte.
"NEUE NACHRICHT VON LYNN", zeigte der Bildschirm an.
Ich tippte mein Passwort ein und las, was sie geschrieben hatte: "FĂŒr mich ist die Sache klar. Vergiss Sebastian. Wenn du an jemand anderen denkst hat das einen Grund :)"
Oh man. Nicht ihr Ernst. Rasch tippte ich eine Antwort.
Nur Sekunden spÀter dieses Mal blinkte mein Handy.
"WeiĂt du, mein Kumpel Zach hatte mal das gleiche Problem. Ich sagte: Nimm Nr 2. Zwei Tage spĂ€ter war er mit ihr zusammen. Lina, wenn du ihn wirklich mögen wĂŒrdest... Dann gĂ€be es niemand anderen."