Kurzgeschichte
Was übrigbleibt - Cecile

0
"Was übrigbleibt - Cecile"
Veröffentlicht am 31. Dezember 2006, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de
Was übrigbleibt - Cecile

Was übrigbleibt - Cecile

*



Sommerregen. Wie Fingerspitzen klopfend, tanzten leise Regentropfen auf ihrem Gesicht und streichelten zart ihre Haut. Der Schauer würde ebenso schnell vergehen wie er gekommen war. Cecile war es egal. Sie liebte den Garten so wie er war, liebte es die Rosen zu betrachten, die mit jedem Tag schöner wurden und sie mit ihren süßen Duft verzauberten.
Cecile saß ganz still auf der verwitterten Holzbank. Außenstehende mochten meinen, sie schliefe. Der Duft der Rosen, die jetzt gerade in voller Blüte standen, betörte sie. Mit geschlossenen Augen sog sie den intensiven Geruch auf und atmete den Sommer ein. Cecile fühlte sich im Gleichklang mit sich selbst, war ganz ruhig und spürte die Leichtigkeit ihres Seins.
Sie kam jeden Tag hierher, gleich nach dem Mittagessen, und an Tagen, an denen es regnete ließ sie es geschehen und spannte ihren kleinen Taschenschirm nie auf.
Die Momente inmitten eines Meeres prächtiger alter englischer Gartenrosen waren Cecile heilig und voller Magie. Sie entfloh der unerträglichen Absurdität des Alltags, um sich frei zu fühlen.
Sie dachte an ihre erste Liebe, mein Gott, war das lange her, mit der sie ein Leben hatte teilen wollen und der sie wegen einer anderen verlassen hatte. Wie die Süße der Rosen, bewahrte sie die Erinnerung an ihn tief in ihrem Herzen auf. Mit geschlossenen Augen wanderte sie weiter und hielt bei der Geburt ihres ersten Kindes inne. Staunend hatte sie ihr kleines Mädchen in den Armen gehalten und das Wunder ihres Lebens bewacht. Rachel war ihr ganzer Stolz und Lebensinhalt gewesen. Sie dachte an die schönen Sommer in ihrem alten Bauernhaus zurück. Der Garten war parkähnlich angelegt und lud zum Verweilen ein. Sie erinnerte sich, als sie begonnen hatte zu malen. Erst zarte Aquarelle von Eindrücken am Meer, später Rosen in allen Farben. Das kreative Schaffen in der Natur hatte sie für Stunden Kummer und Sorgen vergessen lassen, während sich ihr Mann in den Alkohol flüchtete und immer mehr von ihr entfernte. Für einen Augenblick schauderte sie, als sie daran dachte.
Cecile meinte ein leises Rascheln unter dem alten Teerosenstrauch gehört zu haben und unterbrach ihre Gedanken. Bist du auch wieder da? Sie lächelte, weil sie wusste, dass die rotgetigerte Katze, zu ihr gekommen war. Mit der Hand versuchte sie das weiche Fell zu kraulen. Sie glaubte das sanfte Schnurren schon zu hören.
Dann war ihr Mann Paul gestorben und Cecile schnitt im kommenden Herbst die Rosen weit zurück. Sie erinnerte sich an ihre Angst in dem einsam gelegenen Bauernhaus und daran, dass sie nicht schlafen konnte. Nachts rauschten die Blätter der alten Eichen und ihr Herz pochte unaufhörlich, laut und unerschrocken. In ihren Ohren tobte ein Sturm und zeitgleich lastete ein schwerer Stein auf ihrer Brust.
In ihrem Bett, sie schlief jetzt auf Pauls Seite, wurde sie selten müde und träumte gelegentlich zwischen langen Phasen des Wachseins wirres Zeug. Die Rosen bildeten neue Triebe während
die Dunkelheit ihr Angst zu machen begann.
Cecile schreckte hoch, als die Katze sich räkelte und ihre spitzen Krallen ausfuhr. Ihre Hand fuhr über das vom Alter gezeichnete Holz der Bank, dessen Farbe der Regen inzwischen abgewaschen hatte.
Wohin gehen wir eines Tages, wenn der Körper sich auflöst? Wohin steigt die Seele zart und unsichtbar, entschwinden unsere Gedanken? Cecile dachte mehr, als sie laut sprach, nahm die Rotgetigerte und setzte sie auf ihren Schoß. Hätte ich mein Leben anders gelebt? fragte sie sich und unterbrach sich für einen Augenblick. Die Katze schwieg.
Wege, die sie ging, schicksalsverschlungen, im Schatten und im Licht waren krumm und freigewählt. Manchmal vergaß sie ihre Intuition und vergrub sie unter bunten Einkaufstaschen. Cecile lächelte. Tatsächlich hatte sie einmal daran geglaubt, sie könne Glück kaufen. So ein Unsinn. Glück fand man schließlich nur in sich selbst oder gab einem die Natur. Sie ließ den Kopf auf ihre Brust sinken. Das Leben war manchmal leicht und manchmal auch nicht.
Ein leichter Wind wehte den Geruch tausender Rosen zu Cecile, die sich auf die Bank gelegt hatte, die Katze im Arm haltend. Ach Rosa, so viel Schatten war um mich herum, als ich Löcher im mein Leben schnitt, um mich zu spüren. Sie erinnerte sich daran, wie sie begonnen hatte, Rosen zu pflanzen, um ihr Leben zu erhellen. Und irgendwann, ihre Rosen wuchsen und wuchsen sprach ihr stummes Herz und trug Cecile fort in ein anderes Leben unbezahlten Glücks.
Cecile drückte die Katze fest an ihren Körper. Fast wehmütig fiel ihr ein, wie sie sich gefühlt hatte, als sie ihr Haus verkaufte. Sie hatte sich das Weinen verboten und war ans Meer gefahren. Und schließlich blieb sie dort und suchte sich ein neues Zuhause.
Die Mühle war klein und ihre großen Flügel drehten sich längst nicht mehr, umso konfuser waren ihre Träume. Sie malte nicht mehr sondern schaute zu, wenn andere malten.
Ludwig war freischaffender Künstler und besuchte sie hin und wieder. Er hielt sich mit dem Restaurieren von Ölbildern über Wasser. Cecile bewunderte es, wie es ihm gelang, die Schönheit eines Bildes, zuvor noch überlagert von den Spuren der Jahre, wieder ans Licht zu bringen. Sie mochte ihn und pflanzte gleichwohl rosafarbene und weiße Heckenrosen zur Begrenzung.
Cecile öffnete kurz die Augen, als lauer Sommerwind mit ihrem Haar spielte. Die Rosenköpfe flüsterten leise und wogen sich im Takt des Windes. Rosa hatte sich eng zusammengerollt und schlief. Cecile war plötzlich müde und auch ihre Gedanken waren gegangen. Sie verließ die Bank, als die ersten Rosenblätter auf die Erde fielen und setzte die Katze, die niemand außer ihr je gesehen hatte, auf den Boden. Leb wohl Rosa, bis zum nächsten Mal. Wie viel Leben hat der Mensch, wenn er geht?
Die Schwestern liefen durch den weitläufigen Garten des Pflegeheims und suchten Cecile.
„Da hinten, da ist ihre Mutter“, sagten sie und deuteten mit ihren ausgestreckten Fingern in den Garten. Cecile sah eine junge Frau auf sich zukommen und runzelte fragend ihre Stirn.
Sie konnte sich nicht erinnern, sie schon einmal vorher gesehen zu haben. Aber egal, sie würde ihr eine ihrer Rosen schenken. An ihren Dornen hatte sie sich nie verletzt.

*



Sommerregen. Wie Fingerspitzen klopfend, tanzten leise Regentropfen auf ihrem Gesicht und streichelten zart ihre Haut. Der Schauer würde ebenso schnell vergehen wie er gekommen war. Cecile war es egal. Sie liebte den Garten so wie er war, liebte es die Rosen zu betrachten, die mit jedem Tag schöner wurden und sie mit ihren süßen Duft verzauberten.
Cecile saß ganz still auf der verwitterten Holzbank. Außenstehende mochten meinen, sie schliefe. Der Duft der Rosen, die jetzt gerade in voller Blüte standen, betörte sie. Mit geschlossenen Augen sog sie den intensiven Geruch auf und atmete den Sommer ein. Cecile fühlte sich im Gleichklang mit sich selbst, war ganz ruhig und spürte die Leichtigkeit ihres Seins.
Sie kam jeden Tag hierher, gleich nach dem Mittagessen, und an Tagen, an denen es regnete ließ sie es geschehen und spannte ihren kleinen Taschenschirm nie auf.
Die Momente inmitten eines Meeres prächtiger alter englischer Gartenrosen waren Cecile heilig und voller Magie. Sie entfloh der unerträglichen Absurdität des Alltags, um sich frei zu fühlen.
Sie dachte an ihre erste Liebe, mein Gott, war das lange her, mit der sie ein Leben hatte teilen wollen und der sie wegen einer anderen verlassen hatte. Wie die Süße der Rosen, bewahrte sie die Erinnerung an ihn tief in ihrem Herzen auf. Mit geschlossenen Augen wanderte sie weiter und hielt bei der Geburt ihres ersten Kindes inne. Staunend hatte sie ihr kleines Mädchen in den Armen gehalten und das Wunder ihres Lebens bewacht. Rachel war ihr ganzer Stolz und Lebensinhalt gewesen. Sie dachte an die schönen Sommer in ihrem alten Bauernhaus zurück. Der Garten war parkähnlich angelegt und lud zum Verweilen ein. Sie erinnerte sich, als sie begonnen hatte zu malen. Erst zarte Aquarelle von Eindrücken am Meer, später Rosen in allen Farben. Das kreative Schaffen in der Natur hatte sie für Stunden Kummer und Sorgen vergessen lassen, während sich ihr Mann in den Alkohol flüchtete und immer mehr von ihr entfernte. Für einen Augenblick schauderte sie, als sie daran dachte.
Cecile meinte ein leises Rascheln unter dem alten Teerosenstrauch gehört zu haben und unterbrach ihre Gedanken. Bist du auch wieder da? Sie lächelte, weil sie wusste, dass die rotgetigerte Katze, zu ihr gekommen war. Mit der Hand versuchte sie das weiche Fell zu kraulen. Sie glaubte das sanfte Schnurren schon zu hören.
Dann war ihr Mann Paul gestorben und Cecile schnitt im kommenden Herbst die Rosen weit zurück. Sie erinnerte sich an ihre Angst in dem einsam gelegenen Bauernhaus und daran, dass sie nicht schlafen konnte. Nachts rauschten die Blätter der alten Eichen und ihr Herz pochte unaufhörlich, laut und unerschrocken. In ihren Ohren tobte ein Sturm und zeitgleich lastete ein schwerer Stein auf ihrer Brust.
In ihrem Bett, sie schlief jetzt auf Pauls Seite, wurde sie selten müde und träumte gelegentlich zwischen langen Phasen des Wachseins wirres Zeug. Die Rosen bildeten neue Triebe während
die Dunkelheit ihr Angst zu machen begann.
Cecile schreckte hoch, als die Katze sich räkelte und ihre spitzen Krallen ausfuhr. Ihre Hand fuhr über das vom Alter gezeichnete Holz der Bank, dessen Farbe der Regen inzwischen abgewaschen hatte.
Wohin gehen wir eines Tages, wenn der Körper sich auflöst? Wohin steigt die Seele zart und unsichtbar, entschwinden unsere Gedanken? Cecile dachte mehr, als sie laut sprach, nahm die Rotgetigerte und setzte sie auf ihren Schoß. Hätte ich mein Leben anders gelebt? fragte sie sich und unterbrach sich für einen Augenblick. Die Katze schwieg.
Wege, die sie ging, schicksalsverschlungen, im Schatten und im Licht waren krumm und freigewählt. Manchmal vergaß sie ihre Intuition und vergrub sie unter bunten Einkaufstaschen. Cecile lächelte. Tatsächlich hatte sie einmal daran geglaubt, sie könne Glück kaufen. So ein Unsinn. Glück fand man schließlich nur in sich selbst oder gab einem die Natur. Sie ließ den Kopf auf ihre Brust sinken. Das Leben war manchmal leicht und manchmal auch nicht.
Ein leichter Wind wehte den Geruch tausender Rosen zu Cecile, die sich auf die Bank gelegt hatte, die Katze im Arm haltend. Ach Rosa, so viel Schatten war um mich herum, als ich Löcher im mein Leben schnitt, um mich zu spüren. Sie erinnerte sich daran, wie sie begonnen hatte, Rosen zu pflanzen, um ihr Leben zu erhellen. Und irgendwann, ihre Rosen wuchsen und wuchsen sprach ihr stummes Herz und trug Cecile fort in ein anderes Leben unbezahlten Glücks.
Cecile drückte die Katze fest an ihren Körper. Fast wehmütig fiel ihr ein, wie sie sich gefühlt hatte, als sie ihr Haus verkaufte. Sie hatte sich das Weinen verboten und war ans Meer gefahren. Und schließlich blieb sie dort und suchte sich ein neues Zuhause.
Die Mühle war klein und ihre großen Flügel drehten sich längst nicht mehr, umso konfuser waren ihre Träume. Sie malte nicht mehr sondern schaute zu, wenn andere malten.
Ludwig war freischaffender Künstler und besuchte sie hin und wieder. Er hielt sich mit dem Restaurieren von Ölbildern über Wasser. Cecile bewunderte es, wie es ihm gelang, die Schönheit eines Bildes, zuvor noch überlagert von den Spuren der Jahre, wieder ans Licht zu bringen. Sie mochte ihn und pflanzte gleichwohl rosafarbene und weiße Heckenrosen zur Begrenzung.
Cecile öffnete kurz die Augen, als lauer Sommerwind mit ihrem Haar spielte. Die Rosenköpfe flüsterten leise und wogen sich im Takt des Windes. Rosa hatte sich eng zusammengerollt und schlief. Cecile war plötzlich müde und auch ihre Gedanken waren gegangen. Sie verließ die Bank, als die ersten Rosenblätter auf die Erde fielen und setzte die Katze, die niemand außer ihr je gesehen hatte, auf den Boden. Leb wohl Rosa, bis zum nächsten Mal. Wie viel Leben hat der Mensch, wenn er geht?
Die Schwestern liefen durch den weitläufigen Garten des Pflegeheims und suchten Cecile.
„Da hinten, da ist ihre Mutter“, sagten sie und deuteten mit ihren ausgestreckten Fingern in den Garten. Cecile sah eine junge Frau auf sich zukommen und runzelte fragend ihre Stirn.
Sie konnte sich nicht erinnern, sie schon einmal vorher gesehen zu haben. Aber egal, sie würde ihr eine ihrer Rosen schenken. An ihren Dornen hatte sie sich nie verletzt.
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92412.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92413.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92414.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92415.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92416.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92417.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92418.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92419.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92420.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92421.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92422.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92423.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92424.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_92425.png
0

Hörbuch

Über den Autor

Birdie

Leser-Statistik
246

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
nrvna Schöne Geschichte!
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
1
0
Senden

99
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung