Beim Anblick von Will’s erschrockenem Gesicht musste sie lachen. „Oder willst du das etwa selbst machen?“ Dann packte sie wieder seine Hand und zog ihn durch die Büsche, bis zu einem umgestürzten Baum am Waldrand, an dessen dickstem Ast ein hellbraunes Pferd angebunden war. Es schnaubte freudig, als sie aus dem Dunkeln des Waldes traten. Caitlyn machte sich sofort an einer der Satteltaschen zu schaffen und kam kurz darauf mit einem ledernen Trinkschlauch zurück, den sie Will in die Hand drückte. Hastig trank er ein paar Schlucke. Seine Kehle fühlte sich
trotzdem noch staubtrocken an. Kapitel 2: Nachdem Will sich unter starken Schmerzen hinter Caitlyn auf den Pferderücken gezogen hatte und nun mit zusammengepressten Lippen versuchte den verletzten Arm stillzuhalten, redete Caitlyn auf ihn ein. Sie erzählte ihm von ihrer Familie, Geschichten aus ihrer Kindheit und dem Leben auf der Burg. Will vermutete, dass sie ihn nur ablenken wollte und ein paarmal gelang ihr das auch. Dann musste er lachen, doch der Stechende Schmerz der dann jedes Mal durch seinen Arm schoss, ließ ihn wieder
an das Geschehene denken. Beim Gedanken an den leblosen Körper seines kleinen Bruders schossen ihm die Tränen in die Augen. Er konnte das grausame Bild nur mit Mühe aus seinem Kopf vertreiben. Er versuchte sich wieder auf Caitlyn zu konzentrieren, die sich jetzt immer wieder mit besorgter Miene zu ihm umdrehte. „Entschuldige, was hast du gesagt?“, murmelte er kleinlaut, als Caitlyn ihn fragend ansah. „Er heißt Ruby.“ „Wer?“
Caitlyn verdrehte die Augen und zog die Augenbrauen hoch. „Mein Pferd.“ „Ach so.“ Will schaute hinunter auf den Braunen, der in gemächlichem Tempo den Waldweg entlang schritt. Schneller konnten sie nicht reiten, da sonst Wills Arm durchgeschüttelt worden wäre. Außerdem war er kein besonders guter Reiter. Sie ritten nun schon eine ganze Weile und nach der Aufregung des ganzen Tages war Will erschöpft. Die Augen drohten ihm zuzufallen und er lehnte unbewusst seinen Kopf an Caitlyn‘ s Schulter. Als er das bemerkte, fuhr er
hoch und stammelte eine Entschuldigung. Caitlyn musste lachen. „Keine Angst, wir sind gleich da.“ Und tatsächlich, nach dem sie den Waldrand passiert hatten, wurden hinter einem Hügel die ersten Häuser des Dorfes von Birchwood sichtbar. Zu Wills Leidwesen ritten sie geradewegs die Hauptstraße entlang, wo wegen des Marktes Hochbetrieb herrschte. So blieb den Leuten genug Zeit ihn, den Fremden, zu begaffen. Sie tuschelten hinter vorgehaltener Hand und Will wünschte sich er wäre unsichtbar. Caitlyn bekam davon nichts mit, sie lächelte nur und grüßte ein paar Mal. Als
sie endlich den weniger belebten Weg zur Burg einschlugen, atmete Will erleichtert auf. Die Torwache, lässig auf die hölzerne Lanze gestützt, begrüßte sie mit einem anzüglichen Grinsen. „Cathy, wen hast du dir denn da geangelt?“, fragte er und zog vielsagend die Augenbrauen hoch. Will wurde schonwieder rot, doch Caitlyn schnaubte nur. „Ach halt‘s Maul, Liam“, gab sie zurück, grinste aber dabei. Im vorüberreiten verpasste sie dem hochgewachsenen jungen Mann eine Kopfnuss. Will spürte praktisch den
Blick, mit dem Liam ihn maß. „Liam und ich sind zusammen aufgewachsen“, erklärte Caitlyn. Will brummte nur. Das war ihm herzlich egal. Als sie das Stallgebäude erreichten, ließ sich Will vorsichtig vom Pferderücken rutschen, immer darauf bedacht, die verletzte Hand nicht zu belasten. Als Caitlyn das sah, rief sie einen Knecht herbei, der ihr den Braunen abnahm und runzelte besorgt die Stirn. „Am besten kümmern wir uns sofort darum.“ Sie wies auf seinen rechten Arm. Will nickte nur. Mit einem Becher Bier und noch lauwarmer Suppe mit Brot in der Hand lief Caitlyn durch die Gänge von Birchwood Castle. Wills unterdrückte
Schmerzensschreie hörte man schon von weitem. Caitlyn musste schlucken. Sie stellte sich lieber nicht vor was gerade in der freistehenden Kammer geschah, die sie schnell für Will hatte herrichten lassen. Vor der Tür blieb sie stehen und wartete. Sie würde erst hereingehen, wenn der Arzt fertig war.