Journalismus & Glosse
Bayern - Brauchtum, Kultur und Politik IV

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"Bayern - Brauchtum, Kultur und Politik IV"
Veröffentlicht am 25. Oktober 2013, 8 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Bayern - Brauchtum, Kultur und Politik IV

Bayern - Brauchtum, Kultur und Politik IV

Bayern

Bayern, ehemals baierisch (im 19. Jhd. verändert worden) geschrieben, kommt von Bier; es muss sein und es müsste also richtigerweise heißen, die Bierischen, die Bierer, denn die Konsonanten haben sich alle erhalten, die von Sprachwissenschaftlern als bedeutungstragend erachtet werden.

In Oberbayern, wo sehr große Bauernhöfe existierten, haben sich die Gutsbesitzer spätvormittags, als sie aufstanden, erst einmal beim Bier in der Wirtsstube versammelt, wohingegen das Gesinde längst schon seit Sonnenaufgang im Stall beim Vieh zu Diensten sein musste.

Über allem steht natürlich, neben dem Narkotikum Bier - das als Ernährungssubstrat gehandelt wird wie bei den Ungarn der Wein - der Hof. Übrigens, in Ungarn, so sagen einige Einheimische, werden manche Kinder, sobald sie gestillt sind, von Wein getränkt und genährt – ob das nun auch in Bayern mit dem Bier zutrifft, kann ich mir vorstellen hinsichtlich Altbayern, worunter man Nieder- und Oberbayern versteht, wenngleich ich es selbst noch nicht erlebt habe, zumindest nicht in Niederbayern. Aber natürlich, die Unterschiede zwischen Ungarn der Tiefebene und Bayern des Alpenvorlands, wo es viel Wasser gibt, mögen es bewirken, dass man den Säuglingen statt Bier auch einmal Wasser einflösst. Davon abgesehen gibt es bei diesen satten bayerischen Wiesen ziemlich viel Kühe, so dass eigentlich genügend Milch vorhanden sein dürfte. Aber wer weiß?

Der Hof wird natürlich an den Erstgeborenen vererbt, wobei die Zu-spät-Gekommenen schauen können, wo sie bleiben. In der Schweiz hat man diese in Ketten auf Schiffe verfrachtet und gen Amerika geschickt, der nahen Wasserstraßen-Anbindung sei es gedankt. Diejenigen, die nicht das „Glück“ suchen „durften“, wie es die amerikanische Verfassung als Recht verspricht, in Österreich und vor allem in Bayern, wurde vom Feudalherrn „Der Bauer“ den Geschwistern immerhin ein Knechtsdasein gewährt.

Dass die heilige Kuh Besitz und deren rechtlicher Absicherung für die Besitzlosen einen rechtlosem Zustand mit gravierender sozialer Verelendung hervorgerufen hat, lebt in dem Begriff „Die Bankerten“ auf, ein allgemein bekannter deutschsprachiger Begriff, der die Kinder meint, die nicht in Betten, sondern auf Bänken gezeugt wurden. Wie in manchen asiatischen Ländern heute ist es damals den Besitzlosen untersagt worden zu heiraten, wenn sie nicht Bakschisch berappen und/oder Besitzstand nachweisen konnten. Der Sextrieb feierte natürlich fröhliche Urständ und gebar einen eminenten Bevölkerungsanteil von unehelichen Kindern, der zu erheblichen sozialen Spannungen führte.

 

Manche behaupten, dass das Brauereiwesen den „Staat“ bildet bzw. diese die Mafia von Bayern sei.

Dafür gibt es etliche Beweise.

Da Bayern neben Sachsen und Thüringen Freistaats-Land ist und die anderen nur Bundesländer, hat  es besondere Rechte. Eines davon ist zum Beispiel, dass, bevor bayerische Polizisten in anderen Bundesländern, wie zum Beispiel Berlin, den Knüppel schwingen, sie dies erst tun bzw. tun müssen, bevor sie nicht mit einem Maßkrug oder zwei verköstigt worden sind, wobei sie sich nach so einem süßen Gesöff wie Berliner Weiße kam mehr blicken ließen und wiedererscheinen würden.

So ziemlich jeder gewählte Landesabgeordnete lässt sich mit einem Maßkrug Bier, meist Weizenglas ablichten. Das ist sozusagen die Einschwörung, der Fahneneid und die Eintrittskarte des bayerischen Mandatsvertreters, worauf man zählen kann. Wie sieht es übrigens bei den Sachsen oder Thüringer aus (haben erstere etwa Anspruch auf Thüringerische Bratwurst?)

 

Der Witz bei der Titulierung der bayerischen Regierung als „Staatsregierung“ und der Bezeichnung Bayerns als „Freistaat“ ist der, dass er bei konservativen Beamtenvertretern der Verwaltung nur mit Schamesröte über ihre Lippen kommt, da dieses Ehrendekorum auf die Befreiung von Monarchie und anfänglicher Weimarer Republik verweist. Freistaaten waren vorübergehend eine „Räterepublik“ und durften und dürfen sich als „Freistaat“ bezeichnen. Bayern ist dieser Ausdruck hängengeblieben, obwohl viele nicht daran hängen.

 

Eigenartig ist bestimmt, dass Bayern sich explizit als „christlich“ bezeichnet. Im Zuge der Einführung der Demokratie hierzulande, hat man sich in einem Referendum mit über 90prozentiger Mehrheit ausdrücklich für eine solche Bezeichnung entschieden. So steht dieser Zusatz demnach auch in der bayerischen Verfassung.

„Der Mensch denkt, Gott lenkt!“ ist wohl die Generalmaxime, das nichthinterfragbare Prinzip baierischen Denkens und Handelns. Damit erklärt sich die Unverständlichkeit der Reden der Politiker hierzulande, besser deren Widersprüchlichkeit, die selbst nicht an das glauben, was sie sagen. Man mokiert sich vergebens, gilt schon mittags nicht mehr das, was morgens gesagt worden ist, was einzig allein durch diesen bayerischen Imperativ verständlich wird. Dass meine Annahme stimmt, erkenne ich an deren Verhalten, welcher sowieso der einzig richtige Maßstab ist, um sich ein Bild von einem Menschen machen zu können. Wie kann ein Landesminister, der Ehebruch begangen hat, in einer streng „christlichen“ Kultur fröhliche Urständ feiern und wieder mit seiner Partei die absolute Mehrheit erlangen? Zugegebenermaßen ist das nicht nur in Bayern möglich, sondern mittlerweile schon staatstragend, wenn man sich den derzeitigen Bundespräsidenten ansieht, der in „Wilder Ehe“ lebt, nur eben das ist ein Protestant, würde ein „strenger“ bayerischer Katholik sagen. Aber ob es diese noch gibt, ist eine interessante Frage.

 

„Gott gibt und Gott nimmt!“ ist die zweite Generalmaxime, eine Elle, die man gut an eine grüne Politik ansetzen kann und erklärt, weswegen eine solche derzeit verpönt ist im Bayernstaat. Die mir bekannten Grünen sind mittlerweile eh nur verkappte Ökologisten im Grünen Trenchcoat.

Warten wir also getrost ab, bis dieses Land ein einziger Parkplatz ist und dann wird sich auch nichts tun: Selbst alte Strommasten lässt man unnütz stehen, der Mühe ausweichend, sie abzubauen.

 

Fukishima ist in Bayern (Bayern keine Insel, sondern Kontinentalland!) So ist die neue alte Staatsregierung Avantgarde in Sachen Windmühlen-Don-Quichote-Politik. Da kann man nur neidvoll zu den Britten schauen und lernen und uns sagen: machen wir uns nichts vor, anderswo geht es genauso zu. Unsere europäischen Inselaffen hätten geologisch-wissenschaftlich gesehen größere Berechtigung, auf die erdbebengefährdeten Atommeiler zu verzichten. Was die einen zu viel an Hysterie haben, haben die zu viel an Vernunft (und ich meine nicht Kalkül). Munter baut man dort die Atomkraft aus, wo man hier neben dem Zubetonieren des ganzen Landes zudem an jeder Ecke hässlicher Beton-Zylinder-Wirbel-Ungetüme platziert, dass einem das kalte Grausen überfällt – aber in Brittanien gibt es ja auch Küsten, an denen sich Müllhalden und Müllabladeplätze befinden, welche das Meer wieder wegspült ins Meer hinaus, wo es schon einen solchen Müllstrudel geben soll, der allemal größer sein soll als Bayern – die auch bloß Menschen sind.

 

Alle Teile des Essays beim Verlag:

 

www.pentzw.homepage.t-online.de

 

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welpenweste Der ganze Artikel gefällt mir außerordentlich gut.
Er hat Witz, Unterhaltung und Esprit.
Schade, dass er uns noch weitere Weisheiten vorenthält, weil er zu schnell zu Ende war.
Herzlich der Bayer Günter
(35 Jahre in München gelebt und auch in München geboren)
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