Romane & Erzählungen
Trialog

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"Vom Stiefvater zum vertrauten Freund "
Veröffentlicht am 24. Oktober 2013, 76 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Vom Stiefvater zum vertrauten Freund

Trialog

Einleitung

Monolog, Dialog, Trialog. Mutter, Tochter, Stiefvater. Probleme aller Art.

1

 

„Ich bin nicht dein Vater. Nur der Xte Typ, im Leben deiner Mutter. Aber ich habe einiges durchgemacht. Vor allem scheiße erlebt. Wurde oft belogen. Hintergangen. Lügen wurden über mich erzählt. Unzählige Male habe ich mich mit dem Gedanken befasst, mir das Leben zu nehmen. Mich selbst umzubringen...“

„Da trafst du meine Mama.“

„Falsch! Es lag am Schmerz. Und daran, das ich mir nie sicher war, ob es hundert prozentig sein wird. Stell dir vor, du schneidest dir die Pulsadern durch. Ausgerechnet in dem Moment, kommt jemand, sieht es und rettet dich. Genau deswegen lebe ich noch.

Bitte sag es deiner Mutter nicht. Ich liebe sie. Aber nach dem, was ich durch habe...Wer versichert mir, das sie mir treu ist? Ehrlich zu mir ist? Zu oft wurde ich enttäuscht. Nichts habe ich dazu gelernt. Immer wieder falle ich auf Lügen herein. Glaube mir, über mich gibt es viele Lügen. Ich habe auch schon jemanden in den Knast gebracht. Von wegen Kindermund tut Wahrheit kund. Das Biest konnte den Typen nur einfach nicht leiden und hatte daher behauptet, das er sie angefasst hätte. Die Wahrscheinlichkeit war ja auch sehr hoch, da es in der Familie normal war, um es mal so zu sagen.

Du kannst mit mir über alles reden. Ich werde wahrscheinlich nicht alles verstehen. Aber ich werde dir zuhören. Wenn ich kann, dir helfen. Deiner Mutter werde ich nichts sagen. Auch keinem anderen. Alles bleibt unter uns. Mir kannst du wirklich vertrauen.“

„Ich nehme Drogen!“

„Das glaube ich dir nicht. Solltest du aber welche nehmen, so rate ich dir, sofort damit aufzuhören. Auch wenn es Situationen im Leben gibt, wo man lieber bekifft sein sollte, um es zu ertragen.

Wenn ich dir sage, das es nicht schön ist, bekifft zu sein, würde ich lügen. Es war ein angenehmes Gefühl. Ich fühlte mich so leicht. Antidepressiv. Als wäre ich im Traum. Dennoch würde ich es nicht weiterempfehlen. Viel zu teuer. Außerdem weiß man nie, was man wirklich bekommt.

Entschuldige bitte. Ich schweife vom Thema ab. Was ist wirklich los? Dreißig Minuten hast du noch, bis deine Mama kommt.“

„Ich bin vielleicht schwanger.“

„Wieso habt ihr nicht verhütet? War das gerade ein Wink, der mir sagen soll, gib mir Geld für einen Schwangerschaftstest?“

„Ähm...“

„Wie viel?“

„...“

„Hier hast du zwanzig. Aber auch nur, weil bloß den einen Schein einstecken habe.“

„Das kann ich nicht.“

„Soll ich, für dich, holen gehen?“

„Würdest du das für mich tun?“

„Ja. Aber nicht heute. Warum habt ihr nicht verhütet? Nimmst du nicht die Pille?“

„Die vertrage ich nicht. Ich muss davon immer brechen.“

„Einer meiner Verflossenen ging es genauso. Sie hatte eine andere bekommen und die hatte sie vertragen.“

„Möglicherweise hatte ich sie auch vergessen.“

„Dann werde ich dich in Zukunft daran erinnern. Mache ich bei deiner Mama auch.“

„Du bist gar nicht so übel. Ganz anders, als über dich erzählt wird.“

„Du meinst, ich bin nicht das große A.“

„Das meinte ich. Aber warum erzählt jeder, das du so schrecklich bist? Ich sehe, wie du dich um mich und meine Mama kümmerst. Das wir dir am Herzen liegen. Du schmeißt den Haushalt. Hilfst mir bei meinen Hausaufgaben. Hast dabei eine Engelsgeduld mit mir. Und jetzt das.“

„Neider. Hast du in deiner Klasse noch nicht mitbekommen, wie sie neidisch sind, weil ich dir so manchmal dein Zeug hinterhertrage? Ebenso war damals mein Umkreis. Nenne es meinetwegen Umgang. Ich sage Umkreis dazu.

Jedenfalls waren viele neidisch gewesen. Sie hassten mich, weil ihre Partner nicht so waren, wie ich. Ihnen nicht das Essen auf Arbeit brachten. Oder was weiß ich. Wenn blicke töten könnten, wäre ich schon tausend Tode gestorben.

Manche konnten mich einfach so nicht leiden. Antipathie ohne Grund. Bei anderen war es Eifersucht. Wie sie drauf kamen, das ihre Frauen angrub, weiß ich nicht. Ich wasche meine Hände in Unschuld.

Viele ertrugen auch die Wahrheit nicht. Es gab eine zeit, da hatte ich viel gelogen. Irgendwann habe ich angefangen darüber nachzudenken. Mich gefragt, warum ich lüge. Nach und nach schaffte ich es ehrlich zu werden. Ich glaube, da fing alles an. Die Lügen über meine Person.

Ich hoffe, ihr seid anders. Denn, wenn nicht...Diesmal würde ich es bestimmt tun.“

„Du bist mein Vater. Der Beste von allen. Ich weiß, das ich dir vertrauen kann. Und ich werde immer ehrlich zu dir sein. Versprochen. Für Mama lege ich aber nicht die Hand ins Feuer. Jahrelang hatte sie mir von Weihnachtsmann und Osterhase erzählt. Ich glaubte fest daran.“

„Meine Familie hatte mir den gleichen scheiß eingeredet. - Hilfst mir beim Kochen? Schließlich willst du mal Mutter werden.“

„DU bist schwanger?“

„Schatz, du bist schon da?“

„Lenk nicht vom Thema ab.“

„Sie ist erst vierzehn. Beruhige dich. Außerdem meinte ich, irgendwann. In zehn, zwanzig Jahren und nicht jetzt. Irgendwann will sie bestimmt Mutter werden. Und damit ihre Kinder nicht jeden Tag Fertiggerichte bekommen, finde ich es angebracht, das sie das Kochen lernt.“

„Das du immer gleich ausflippen musst, Mama.“

„Deine Tochter hat recht. Zieh dich aus und leg dich ein wenig hin. Deine Tochter und ich kochen jetzt gemeinsam.“

„Entschuldigt bitte. Ich hatte einen stressigen Tag. Tut mir leid. Ich leg mich aufs Sofa und lasse euch beide allein.“

„Ich liebe dich, Schatz. - Was sagst du? Habe ich dich verraten?“

„Nein.“

„Werde ich auch nie tun. - Du hast es mir am Anfang nicht leicht gemacht. Hast mich dabei an meine Ex erinnert.“

„Die muss ja schlimm gewesen sein. Ich meine, so wie ich zu dir war. Aber ich hatte meine Gründe. Schließlich bist du nicht ihr Erster...“

„Ich will nicht wissen, wie viele vor mir drauf waren. Heute Nacht wollte ich mit ihr kuscheln. Und wenn du mir eine Zahl nennst, kann ich an nichts anderes denken. Das ist nicht gerade hilfreich, ein Lächeln in ihr Gesicht zu zaubern. Was mir so schon selten gelingt.“

„So viel wollte ich gar nicht erfahren. Jetzt bekomme ich garantiert Alpträume. Jedenfalls wollte ich sagen, das sie nicht besonders gut ist, in der Auswahl ihrer Partner. Einer wollte über sie an mich. Da war ich erst zwölf. Glücklicherweise bekam sie es rechtzeitig mit. Wir zeigten ihn an. Es stellte sich dann raus, das er ein gesuchter Pädophiler war.

Ein anderer war nur am Saufen. Im Grunde war er ein netter Typ. Zuvorkommend und ehrlich. Aber seine Sauferei war uns beiden zu viel.

Dann hatte sie mal einen, der ging schnell in die Luft. Wir bekamen oft seine Fäuste zu spüren. Sie hatte ihn nur nicht verlassen, weil sie Angst vor ihm hatte. Zum Glück ging er eines Tages von selbst. Hatte eine andere gefunden. Wie auch immer. Verstehst du, warum ich so krass zu dir war? Dir nicht vertraute. Aus dem Weg ging?“

„Du hättest es beinahe geschafft uns auseinanderzubringen. Deine Mutter wollte mich deinetwegen verlassen. Ich hatte sie gefragt, ob du vielleicht schlechte Erfahrung gemacht hast. Ihr Schweigen verstand ich als Ja. Ich nahm sie in meine Arme. Wurde zärtlich. Küsste ihren Nacken. Dann fragte ich sie, ob es ihr fehlen würde. Sie sagte nichts. Ihre Mimik antwortete dafür. Danach bat ich sie, mich nicht zu verlassen. Es war mir schon peinlich, weil ich ein wenig gewinselt habe. Wie ein kleines Baby. Ich versprach ihr, alles zu tun, damit du mich akzeptierst. Es war hart gewesen. Aber ein halbes Jahr später stehst du neben mir und wir teilen ein Geheimnis. Wer war eigentlich der Samenspender? Fester Freund?“

„Ich weiß nicht, ob wir wirklich fest zusammen sind. Wie merkt man so was?“

„Da fragst du den Falschen. Ich habe von so was keine Ahnung. Ich dachte mal, ich wäre mit einer zusammen. Aber es stellte sich raus, das wir doch kein Paar waren. Obwohl sie bei mir wohnte, in meinem Bett schlief und mit mir schlief. Sie mochte mich. Mehr war aber nicht drin gewesen. Leider. Aber andererseits war ich ganz froh gewesen, das sie keine Beziehung mit mir wollte. Sie hatte eine mit meinem damals besten Freund. Abgesehen davon, das sie stinkenfaul war und nichts im Haushalt machte, hatte sie einige Bestellungen gemacht. Auf seinen Namen. Er erhielt die Rechnungen. - Wie du siehst, habe ich keine Ahnung. Wenn deine Mutter nichts gesagt hätte, würde ich es immer noch nicht wissen.“

„Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich ihn liebe. Gefühle habe ich schon für ihn. Deswegen habe ich ja auch mit ihm geschlafen. Aber wie groß sie sind, kann ich nicht sagen.“

„Es war dein erstes Mal gewesen?“

„Ja!“

„Du bist bestimmt nicht schwanger. Und wenn doch, werden wir für dich da sein. Ich weiß nur nicht, wie ich es deiner Mutter schonend beibringe. Aber ich habe ja noch ein wenig Zeit dafür. Bis dahin wird mir schon was einfallen.“

„Du willst es ihr sagen?“

„Irgendjemand muss es tun. In der Zwischenzeit habe ich es ein wenig verstanden, wie ich deine Mutter beruhigen kann. Sie dazu zu bringen, genau zuzuhören.“

„Danke. Du bist wirklich ein toller Vater. Ich verstehe nicht, warum dich die anderen Frauen verlassen haben.“

„Tja. Die einen gingen, als ich nicht mehr bereit war, Geld für sie auszugeben. Eine war krank und wusste nicht, was sie wollte. Meine erste stellte nach ein paar Tagen fest, das sie mich doch nicht liebte. Dann gab es Frauen, den waren die Qualitäten im Bett das Wichtigste. Konnte ich ihnen nicht bieten. Außerdem kursieren immer noch Lügen über mich. Wie gesagt, es gibt Menschen, die glauben den Lügen. Lassen sich nicht vom Gegenteil überzeugen. Einerseits ist es mir egal. Aber andererseits...“

„Ich habe mich vom Gegenteil überzeugen lassen. So, wie du zu mir bist und zu meiner Mutter. Ganz anders, als erzählt wird. Ich freue mich für meine Mutter, das sie dich gefunden hat.“

„Danke. Ich freue mich, das ich so eine wunderbare Tochter bekommen habe. Wäre ich zwanzig Jahre jünger, hätte ich echtes Interesse an dir.“

„Oh. Darf ich mich jetzt geschmeichelt fühlen?“

„Na, ihr zwei? Ist das Essen fertig? Ich habe Hunger.“

„Gleich, mein Schatz. In Fünf Minuten steht es dampfend vor deiner Nase.“

2

„Du hast getrunken. Das rieche ich. Warum hast du das getan? Ich hatte schon mal einen Mann, der getrunken hat...“ „Ich weiß. Deine Tochter und ich hatten uns darüber unterhalten. Es tut mir leid, das ich getrunken habe. Auch wenn es wie eine billige Ausrede klingt, ich hatte plötzlich alte Erinnerungen. Keine Ahnung warum. Mir kamen sogar die Tränen. Und ob du es glaubst, oder nicht, ich bekam es wirklich nicht mit, wie ich die Weinflasche öffnete und leertrank. Deine Tochter und ich, hatten in

interessantes Gespräch geführt. Sie weiß jetzt sehr viel über mich. Dunkle Geheimnisse habe ich ihr verraten. Und das ich dich liebe. Sie versteht es nicht. Ich sagte ihr, das sie es nicht verstehen muss.“ „Was waren das für Erinnerungen?“ „Ich möchte nicht darüber reden. Nur vergessen. Es hat absolut nichts mit dir zu tun. - Ich wollte eigentlich Sex, heute Nacht. Aber so, wie es aussieht, fällt das wohl aus. Meine Schuld. Es tut mir leid. Ich hätte nichts trinken dürfen. Aber irgendwie liegt es in meiner Familie. Wir alle trinken. Ich bin nur der Einzigste, der es zugibt, das er Alkoholiker ist. Mir ist bewusst, das es

keine Lösung ist. Es hilft mir auch nicht wirklich. Eigentlich gar nicht. Ganz im Gegenteil. Es verstärkt die Emotionen. Dennoch tu ich s immer wieder. Ich kann nicht anders. Es geschieht ganz automatisch.“ „Entzugsklinik.“ „Vergiss es. Hab ich schon versucht. Kaum aus der Klinik, wurde ich wieder mit meinen Problemen konfrontiert. Und schon... Es tut mir leid. Ich gebe mir wirklich Mühe. Nur manchmal geht es mit mir durch. Ich weiß nicht, was Wahrheit und was Traum ist. Das treibt mich in den Wahnsinn und in den Suff. Wenn es mir gut geht, habe ich kein Verlangen danach. Denk dann auch nicht

an Suizid. Und mir geht es gut, wenn du in meinen Armen liegst. Wenn ich deiner Tochter bei ihren Hausaufgaben helfen kann. - Wenn ich allein bin, dann...“ „Sind das Tränen, oder...“ „Kondenswasser. Meine Augen sind derzeit sehr kühl. Die mich umgebende Luft ist wärmer. Der Wasserdampf kühlt sich an meinen Augen ab, es bilden sich Tropfen und es sieht so aus, als würde ich weinen.“

3

„Ich weiß nicht was ich machen soll. Ich bin erst vierzehn. Ein Schulkind. Was soll ich mit einem Baby? Ich bin doch selbst noch ein Kind, das nicht weiß, was es will...“ „Komm her. Leg dein Kopf auf meine Schultern, weine dich aus und höre mir nebenbei zu. - So, wie ich das sehe, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Erstens, du behältst das Kind und ich und deine Mutter kümmern uns rührend darum, damit du deiner Schulpflicht nachgehen kannst. Das bedeutet aber auch, das wir beide es deiner Mutter sagen müssen, das du ein Kind erwartest. Es wird nicht

leicht, ihr das schonend beizubringen. Aber gemeinsam kriegen wir das schon hin. Und wenn sie ausrastet, stelle ich mich schützend vor dich hin. Wie oft wurde ich schon geschlagen, obwohl ich unschuldig war. Auf das eine mal kommt es nicht drauf an. Die Zweite Möglichkeit ist, das ich dich zu deiner Frauenärztin begleite. Wir reden mit ihr - oder ich rede mit ihr...Abtreibung. Kommt es für dich überhaupt in Frage?“ „Ich weiß es nicht. Ein Kind bedeutet Verantwortung. Und ich bin eindeutig nicht bereit, so viel Verantwortung zu tragen. Mutter zu sein, bedeutet ja nicht nur, das Kind zu gebären und zu

ernähren...“ „Ich bin auf jeden Fall für dich da. Und deine Mutter wird es auch sein, wenn es einmal da ist. Unter der Voraussetzung, du entscheidest dich für das Leben des Kindes. Ich werde dir nichts vorschreiben. Es ist allein deine Entscheidung. Was ich dir geben kann, sind Tipps. Das Versprechen, das ich für dich und das Kind immer und zu jederzeit da sein werde. Mir wurden damals meine Kinder verwehrt, weil ich ein Mann bin. Es hört sich bescheuert an. Ist aber so. Leider Gottes hatte ich es mit Frauen zu tun, die nicht gut auf Männer zu sprechen waren. Sie ignorierten meine Aussagen, die Lobs,

die ich von anderen bekam. Warum genau sie nicht wollten, das meine Kinder zu mir kamen, weiß ich nicht. Meine Ex kümmerte sich jedenfalls nicht um ihre Gesundheit. So blieben die Kinder im Heim und kamen schließlich in andere Familien. Natürlich hätte ich um sie kämpfen sollen. Aber ich hatte zu viel Energie in meine Damalige gesteckt. Sie war psychisch und physisch krank. Wollte ihr helfen gesund zu werden. Sie ließ es nicht zu. Keine Ausdauer. Daher versuchte ich, ihr die letzten Tage so angenehm, wie nur möglich zu gestalten. Ich dachte, sie hat nicht mehr lange, so krank, wie sie war. Wusste, das ihre Vergangenheit nicht

gerade rosig war. Wollte wieder gut machen, was ihre Familie und ihre Freunde versaut hatten. Es war nicht leicht gewesen. Ihre Launen änderten sie stetig. Daher konnte ich es ihr nie recht machen. Ich war ausgelaugt. Fertig. Verstand die Welt nicht und trank. Jeden Tag mehr. Verlor den Kontakt zu ihr. Was mir wieder gut tat. Konnte sie vergessen und endlich mal an mich denken. An meine Zukunft.“ „Soll ich das Kind jetzt bekommen, damit du...also...“ „Nein. Ich wollt dir nur damit sagen, das ich mit Kindern umgehen kann, wenn man mich lässt. Das du dir keine

Sorgen machen musst. Und deine Mutter wäre ja auch noch da. Weiß eigentlich schon der Erzeuger davon?“ „Nein. Ich habe ihn seit ein paar Tagen nicht gesehen. Über sein Handy ist er auch nicht erreichbar.“ „Deine Mutter kommt bald. Ich werde mal mit dem Abendessen anfangen. Wenn du willst, kannst mir zur Hand gehen.“ „Was gibt es denn?“ „Ich dachte an einen kleinen Salat und Auflauf.“ „Was hältst du von Döner?“ „Mag deine Mama nicht. Also bringen wir ihr einen Salat mit. - Wer als erster

fertig an der Tür steht, bekommt ein Eis.“

4

„Ich muss dir was sagen. Du wirst dich wahrscheinlich wundern, das ich eine Flasche Wein geöffnet und nur dir eingeschenkt habe. Das liegt daran, das ich in nächster Zeit nichts trinken darf. Kleine Mengen wären vielleicht okay. Aber...“ „Entschuldige bitte, wenn ich dich unterbreche. Dir ist hoffentlich bewusst, das ich die ganze Flasche austrinken werde. Nicht runterschütten, aber dennoch leeren. Und dir ist hoffentlich klar, das ich dann nicht mehr ganz nüchtern bin. Des weiteren möchte ich dich darauf hinweisen, das es dir

missfällt, wenn ich was getrunken habe und ich darauf Rücksicht nehme. Auch möchte ich hinzufügen, das ich mich seit einigen Stunden auf deinen unbedeckten Körper freue. Sicherlich weißt du, was ich damit sagen will...Du trinkst in nächster Zeit keinen Tropfen Alkohol? Moment. Verstehe ich das jetzt richtig? Du schenkst mir Wein ein. Kerzenschein...Es liegt für mich nahe, das es eher eine freudige Nachricht sein wird. Denn so, wie du schaust und nach den letzten Gesprächen im heimischen Bett... Du bist dir nicht ganz sicher, wie ich es aufnehmen werde. Du befürchtest, ich könnte ausrasten. Mit dem Alkohol willst mich zufrieden stellen.

Ich bin weder Psychologe, noch Gynäkologe. Dennoch lässt mich das Gefühl nicht los, das deine Brüste, in nächster Zeit, anschwellen werden. Zur Freude meinereiner. Wie ich schon oft erwähnt hatte, habe ich mal zwei Büblein gezeugt, zu denen mir der Kontakt entzogen wurde. Daher wünsche ich mir ein Mädchen. Auch wenn du schon eines hast. Und falls du dich jetzt fragst, warum ich so geschwollen daherrede...Warte bitte hier. Ich komme gleich wieder.“ „Wohin willst du? Hast du schon vorher was getrunken? Gib es zu, wenn es so ist. Ich verzeihe dir, wenn du ehrlich zu

mir bist.“ „Einen Moment, Schatz. Ich verstehe dich hier ganz schlecht. Deine Tochter will was von mir wissen. Bin gleich wieder bei dir. Und nein, ich habe vorher nichts alkoholisches getrunken. Ich habe auch keine Drogen konsumiert.“ „Dann ist ja gut.“ „Tja. Wie soll ich sagen. Ich bin völlig von der Rolle. Deine Mutter gestand mir eben, das sie schwanger ist. Ich denke, dies ist der richtige Zeitpunkt. Wir sollten ihr gestehen, das du auch ein Kind erwartest. Du weißt, ich stehe zu dir. Hab keine angst. Komm bitte.“ „Halt mich fest. Bitte. Halt meine

Hand.“ „Mach ich. Nur eine Frage. Willst du es ihr sagen, oder soll ich...?“ „Sag du es ihr. Ich bin viel zu nervös.“ „Also gut.“ „Schatz! Deine Tochter hat dir etwas zu sagen. Sie freut sich mit uns, wenn wir uns für sie freuen.“ „Wie bitte? Ich verstehe dich nicht. Was hat das zu bedeuten?“ „Mama, ich bin schwanger. Wer der Erzeuger ist, will ich nicht sagen. Noch nicht. Bitte schreie mich nicht an.“ „Oh Gott. Ich werde gleichzeitig Mutter und Großmutter. Das ist ja eine schöne Überraschung. Also daraufhin brauche

ich doch einen winzigen Schluck. Und du wusstest davon. Wie lange schon? Du bist doch nicht etwa...?“ „Oh nein. Ich habe sie nicht angefasst. Der Grund, warum sie den Erzeuger nicht nennen will, ist ein ganz anderer. Ich kenne ihn auch nicht persönlich. Und von ihrer Schwangerschaft weiß ich auch noch nicht so lange. Sie hat es mir erst vor kurzem gestanden. Ich habe ihr aber versprochen, das wir beide für sie und ihr Kind da sein werden.“ „Tut mir leid. Ich muss das ganze erst noch verdauen. Es war ein bisschen viel auf einmal. Und diese beiden... Ach was soll´s. Lass uns zu Bett gehen. Du solltest jetzt auch schlafen. Schließlich

musst du morgen wieder in die Schule. Gute Nacht, mein Kind.“ „Nacht, Mama. Schlaf gut, Papa.“

„Aber Hallo!? Warum kriegt er einen Kuss und ich nicht? Schließlich bin ich deine leibliche Mutter.“ „Sorry. Schlaf gut.“ „Na also. - Und nun zu dir. Ab ins Schlafzimmer. Dir werde ich jetzt Manieren beibringen.“

5

„Ich will mich nicht beschweren. Aber es war nicht deine beste Leistung. Was beschäftigt dich? Das ich von dir schwanger bin? Gleichzeitig mit meiner Tochter? Ich kann es immer noch nicht fassen. Sie ist erst vierzehn. Selbst noch ein Kind. Und was ist mit dem Vater des Kindes?“ „Liegt neben dir.“ „WAS?“ „Kreische nicht so. Das Kind braucht einen Vater. Wenn der Erzeuger nicht erreichbar ist, dann werde ich die Vaterschaft anerkennen.“ „Weißt du, was du da sagst? Und was ist

mit deinem Kind? Oder verlangst du von mir, das ich es abtreibe?“ „Wie kommst du darauf? Werde nicht gleich wieder hysterisch. Bleib logisch. - Lass uns in die Küche gehen. Die Flasche ist noch fast voll. Rotwein soll ja angeblich Blutbildend sein und gut fürs Herz. Kommst mit? Ich kann jetzt so wie so nicht schlafen. Und nach der erbärmlichen Nummer...“ „Zieh dir vorher was drüber. Meine Tochter muss dich nicht im Adamskostüm sehen.“ „Ich nehme dein Bademantel. Den kriege ich wenigstens zu. Meiner ist irgendwie eingegangen. Oder ich habe zugenommen. Ich weiß es nicht. Früher

konnte ich den Bademantel meines sechsjährigen Sohnes anziehen. Der passte. An den Beinen vielleicht etwas kurz. Aber bis zu den Knien hat es gereicht. Und vorne kriegte ich ihn zu.“ „Du bist immer noch ein dürres Gerippe. - Glaubst du, ich bin zu alt, um noch ein Kind zu bekommen? Mein Kind ist vierzehn. Schon kommende Woche wird sie fünfzehn. Beide Kinder werden in dieser Wohnung aufwachsen. Wird es nicht verwirrend für sie werden? Das eine nennt mich Mama und das andere Oma.“ „Bei mir wird es schlimmer. Beide werden mich Papa nennen.“ „Das geht nicht. Stell dir das mal vor.

Gibt es keine andere Lösung? Am Ende glauben sie, du hast mit uns beiden was. Wir müssen uns was anderes einfallen lassen.“ „Du hast recht. Daran habe ich nicht gedacht. Mh. Wie wäre folgender Vorschlag. Ich nehme die Vaterschaft an. Aber nur, um Sorgerecht für das Kind zu bekommen. Man weiß ja heutzutage nie. Schnell passiert mal was. Und dann? Ich lasse mich Opa nennen. Da deine Tochter Papa zu mir sagt und mich als jenen auch anerkennt, gibt es da keine Probleme, denke ich. Sollte sie den Erzeuger zwischenzeitlich finden, werden wir ihm die Chance lassen, Vater zu sein.

Ich denke mal, das wir die ersten Wochen gemeinsam unter diesem Dach verbringen werden. Danach, wenn wir sehen, sie packt es allein, geben wir ihr meine Wohnung. Tagsüber, wenn sie in der Schule ist, werde ich mich um das Baby kümmern. Unseres werde ich dabei nicht vergessen. Es bekommt von mir genauso viel Liebe und Aufmerksamkeit. Und du darfst dich weiter um deine Karriere kümmern. Bist du damit einverstanden?“ „Traust du dir das zu? Gleich zwei Kinder?“ „Vielleicht werden es auch mehr sein. Laut meiner Oma neigen wir zu

Zwillingsgeburten. - Ich sehe es als Chance. Als neue Chance für mich. Ich konnte damals nicht für meine Kinder da sein. Nicht der Vater sein, der ich gern wäre. Jetzt bekomme ich die Chance dazu, de beste Vater zu werden. Zu zeigen, was in mir steckt. Was ich auf dem Kasten hab. Deine Tochter war eine schwere Hürde. Aber ich habe sie gemeistert. Verstehe mich bitte nicht falsch. Aber ich sehnte mich schon lange danach. Viel zu lang. Klar, ich bin schon knapp vierzig. Dennoch gehöre ich nicht zum alten Eisen. Jetzt, in dem Augenblick, blühe ich gerade wieder auf. Will zum ersten mal leben. Wirklich leben.

Erleben, wie unser Kind und Enkelkind aufwachsen. Wie...Ich weiß nicht. Ich sehe es als positiven Wendepunkt in meinem Leben. Als Neustart. Nimm es mir bitte nicht weg. Auch wenn es dir im Moment so scheint, als würde ich in einer Traumwelt sein. Zerstöre mir nicht die Illusion. Es ist meine allerletzte Chance. Ich möchte sie nutzen. Jeden Augenblick auskosten und genießen. Es wäre schön, wenn du mich dabei unterstützen würdest.“ „Es bedeutet dir sehr viel. - An mir soll´s nicht liegen. Und was sagt meine Tochter dazu? Ich habe mitbekommen, das du an der Tür lauschst.“ „Entschuldigung. Das wollte ich nicht.

Aber ich wollte euch auch nicht unterbrechen.“ „Schon gut. Wir sind alle aufgeregt und können daher nicht schlafen. Nutzen wir die Zeit und reden wir darüber. Dein Vater möchte sich intensiv um dein und mein Kind kümmern. Was mich betrifft, so habe ich nichts dagegen. Ich möchte nur nicht, das du dich dabei übernimmst, Schatz.“ „Ich kriege mit, wenn ich meine Grenze erreiche. Darüber brauchst du dir keine Gedanken machen. Wenn ich an meine Grenze stoße, gebe ich euch rechtzeitig Bescheid. Versprochen.“ „Und ich kriege wirklich deine

Wohnung?“ „Du kannst es kaum erwarten auszuziehen!? Ja, du bekommst meine Wohnung. Aber erst muss ich sie Mutter-Kind gerecht einrichten. Bei mir liegen sehr viele Kabel herum. Mein Schreibtisch nimmt fast das ganze Wohnzimmer in Anspruch. Das heißt, ich habe viel Arbeit vor mir. Meine Wohnung, diese Wohnung. Am besten fange ich gleich morgen an.“ „Du bist der beste Papa. Und Mama! Vergraule ihn nicht. Das würde ich dir nie verzeihen.“ „Meine Tochter. Naja. - Ich weiß ja nicht, was ihr noch macht. Aber ich werde wieder ins Bett gehen. Schließlich

muss ich morgen früh wieder auf Arbeit.“ „Du hast recht, Mama. Ich werde auch wieder ins Bett gehen. Und Papa?“ „Ja.“ „Danke, das du die Vaterschaft anerkennen willst. Auch wenn es nicht von dir ist. Aber geht das so einfach? Ich meine, du bist mit Mama zusammen. Sie erwartet ein Kind von dir.“ „Ich bin mit deiner Mutter nur zusammen, um in deiner Nähe zu sein...Naja, so ganz weiß ich auch noch nicht. Irgendwas wird mir noch einfallen. Vielleicht findest du bis dahin den Erzeuger.“ „Die Hoffnung habe ich Aufgegeben.

Schlaft gut, ihr beiden.“ „Du auch.“ „Bis Morgen, mein Kind.“ „Du hättest ihn nicht erwähnen sollen.“ „Ich weiß. - Ich glaube, da will jemand eine zweite Chance. Wenn sie erlauben, schöne Frau...“

6

„Warum so einen Bedrückten? Es ist dein fünfzehnter Geburtstag. Deine Mutter hat dir erlaubt eine Party zu schmeißen und dir versprochen, das sie und ich bei mir sind, um euch nicht zu stören. Ich finde, es ist ein Grund zur Freude.“ „Ach Papa. Ich freue mich ja. Aber heute morgen habe ich erfahren, warum ich ihn nicht erreiche und warum er nicht mehr in die Schule kommt.“ „Du meinst den Erzeuger des Kindes.“ „Ja. - Er ist tot. Autounfall. Kurz nachdem...“ „Autsch. Das tut mir wirklich sehr leid.

Und ausgerechnet heute hast du es erfahren?“ „Heute Morgen. Es war das erste, als ich in die Klasse kam. Alle reden darüber. Das Thema Nummer eins, sozusagen. An meinen Geburtstag hat niemand gedacht. Im Moment scheint es auch so, das niemand zu meiner Party kommt.“ „Es ist erst vier. Normalerweise beginnen Partys erst, wenn es schon lange dunkel ist. Hab Geduld.“ „Von all den Typen, mit denen meine Mutter im Bett gelandet ist, bist du der Beste.“ „Menschlich gesehen, vielleicht. Ansonsten... Was hältst du davon, wenn wir zwei heute Abend ausgehen, wenn

bis zwanzig Uhr keiner aufkreuzt?“ „Wird das ein Mitleiddate?“ „Mitleiddates sind Mittwochs. - Seltsam. Deine Mama und ich waren oft mittwochs aus. Ob das was zu bedeuten hat?“ „Oh mein Gott. Sieh ihn dir an. Der ist ja voll süß.“ „Seine Freundin scheint ihn auch süß zu finden. Oh, das ist ja gar kein Mädchen. - Es ist dein Geburtstag. Wenn du willst, geh zu ihm. Ich wollte sowieso deine Mutter anrufen.“ „Ich kann doch nicht einfach zu ihm hingehen und ihn anquatschen. Was soll ich

sagen?“ „Hi, ich bin...“ „Toll!“ „Nun geh schon hin. Wenn du vor ihm stehst...Vergiss, was ich gesagt habe. Anscheinend bevorzugt er das eigene Geschlecht. Tut mir leid.“ „Es stimmt also doch. Die schönsten Männer sind entweder verheiratet, oder schwul.“ „Lass den Kopf nicht hängen. Nicht alle sind schwul.“

„Und Aussehen ist nicht alles. - Es tut richtig weh, das keiner zu meiner Geburtstagsparty kam.“ „Hast du auch die Einladungskarten gebastelt? Jedem eine gegeben, der

kommen sollte? Also, ich habe keine bekommen. Aber ich war ja auch nicht eingeladen.“ „Ich habe sie auf meinem Schreibtisch gelegt...und dort liegen sie immer noch. Seit zwei Wochen. Ich war zu sehr damit beschäftigt, über mein Kind und dessen Vater nachzudenken. Da habe ich vergessen, die Karten zu verteilen. Ich bin aber auch eine taube Nuss.“ „Mach dir nichts draus. Im Moment sind eh alle mit was anderem beschäftigt. Die Party wäre bestimmt ein Reinfall geworden. Wir können sie ja irgendwann nachholen...Nachtisch, Kino oder nach Hause?“ „Hm. Ich möchte mit dir ins Kino. Aber

keine Schnulze. Das kann ich jetzt absolut nicht ab. Ein Actionfilm könnte mich auf andere Gedanken bringen.“ „Okay. Ich sage nur schnell deiner Mutter Bescheid, das wir später kommen. Nicht, das sie sich Sorgen um uns macht.“ „Da gehe ich derweil schnell aufs Klo.“

7

„Ihr kamt gestern erst sehr spät zurück. Wo wart ihr nach dem Kino?“ „Wir hatten irgendwie nicht die rechte Lust gehabt, nach Hause zu gehen. Nicht deinetwegen. Es war einfach so, das wir die Lust verspürten, noch ein wenig spazieren zu gehen. Ich weiß, ich hätte dich noch einmal anrufen und dir Bescheid geben sollen. Es tut mir leid, das ich es nicht getan hatte. Und falls du jetzt denkst, das ich dir jetzt mit irgendeiner faulen Ausrede daherkomme, so irrst du dich gewaltig. Ich hatte einfach nicht daran gedacht. Das Wetter war herrlich. Kaum Menschen

auf der Straße. Deine Tochter freute sich so sehr, das ich mit ihr unterwegs war. Dabei hatte sie vollkommen ihren...Also den Typen, der ihr das Geschenk gemacht hat...Den hatte sie dabei vergessen. Sie war völlig fertig gewesen, als niemand zu ihrer Fete kam. Das ihr keiner gratuliert hatte. Der Typ war das Gesprächsthema gewesen, in der Schule. Mir scheint, der war was gewesen. Entweder ein Mädchenschwarm, oder... Ich weiß nicht. Zumindest hat er eine gute Ausrede keine Alimente zahlen zu müssen.“ „Ich freue mich, das ihr euch so gut versteht. Das ihr Zeit miteinander

verbringt. Aber bitte nicht um diese Zeit. Zumindest nicht unter der Woche. Das Kind muss in die Schule. Und bitte meldet euch bei mir, wenn ihr später nach hause kommen wollt.“ „Es tut uns leid, Schatz. Wir hatten es wirklich nur vergessen. Ich werde sie jetzt mal wecken gehen. Mit frischen Cappuccino, Toast und einem kleinen Glas Saft. Sie wird sich bestimmt freuen. Und wenn du weiterhin so lieb zu mir bist, bekommst du demnächst auch das Frühstück ans Bett. Versprochen.“ „Ich freue mich schon drauf. Aber jetzt muss ich los. Kuss? - Bis dann. Ich liebe

dich.“ „Ich liebe dich auch.“ „Klopf, klopf. Hier ist der Hoteleigene Weckdienst mit Zimmerservice. Darf ich ihnen ihr Frühstück ans Bett bringen? - Ich nehme das Schweigen als Ja. - Schau an. Der Wecker dröhnt und sie schläft seelenruhig weiter. Was mach ich jetzt? Wecken? Schlafen lassen? - Komm schon! Aufstehen! Frühstück steht neben dir. Ich putze derweil die Küche. Oder willst du es machen? Ich gebe den Job gerne ab.“ „Ich stehe gleich auf. Halt das Bad frei. Ich muss ganz dringend.“ „Dann wirst wirklich bald aufstehen.

Oder einschlafen und ins Bett machen. - Beeil dich bitte. Ich müsste nämlich auch ganz dringend. Aber bei mir dauert es länger.“ „Bin wach und auf den Beinen. - Gib mir fünf Minuten.“ „Sag´s meinem Darm. - Ich muss ja wirklich ganz dringend!? Hoffentlich beeilt sie sich wirklich, sonst geht´s in die Hose. Nachher darf ich nicht vergessen, zum Baumarkt zu gehen, um Material für die Kinderbetten zu holen. So eine Schwangerschaft dauert auch nicht ewig und ich habe ihnen versprochen, das ich diese Woche das Kinderzimmer für meine Stieftochter fertig mache.

Rede ich gerade mit mir selbst?“ „Bad ist wieder frei. Und ja, du sprachst gerade mit dir selber. Das machst du öfter. Ich habe ich daran gewöhnt.“ „Oha. Ich bin eindeutig alt. Nicht mehr lange und ich fange an zu sabbern.“ „Laut Mama...“ „Ich gehe einen Stinker ablassen. Genieße dein Frühstück.“

8

„Ich habe zwar den ganzen Tag gebraucht, um das Kinderbett zu bauen und das ganze Zimmer so einzurichten, das du mit deinem Kind hier sicher schlafen kannst, aber es hat sich gelohnt, finde ich. Oder was sagst du? Der Farbgeruch vergeht noch. Ich hab übrigens mit purer Absicht nur ein Hauch Abtönpaste in die Wandfarbe gemacht. Mir persönlich gefällt es nicht, wenn es knallweiß oder dunkelbunt ist. Dezente Farbtupfer geben dem Raum Flair. Wenn du anderer Meinung bist, sag es.“ „Es ist deine Wohnung,

Papa.“ „War meine Wohnung. Sobald ich die restlichen Kleinigkeiten erledigt habe, bist du offiziell die Mieterin. Meine Person hat nur die Kosten.“ „Ich werde hier wohnen und du zahlst für mich die Miete? Habe ich das richtig verstanden?“ „Jepp. Der Vermieter weiß Bescheid. Die Hausbewohner sind allesamt nette Menschen. Gehen an dir vorbei, ohne zu grüßen. Als wärst du unsichtbar. Deshalb wohne ich hier gern. Die Wohnung selbst ist nicht das Wahre. Aber die Miete ist günstig. Keiner beschwert sich, wenn du mal die Musik zu laut hast. Sollte aber nicht zu oft

vorkommen. Denn dann werden sie ungemütlich und hämmern an deine Tür. Ist mir einmal passiert. - Aber sie kamen zu mir persönlich. Gingen nicht zum Vermieter und beschwerten sich bei ihm, wie die Mieter meiner anderen Wohnung, wo ich zuvor wohnte. Und am Ende rausflog.“ „Also mir gefällt deine Wohnung. Hast du wirklich super gemacht. Die Betten hast du wirklich selber gebaut?“ „Sieht man das nicht?“ „Genau meine Farben. Du kennst mich schon ziemlich gut. Und schön eingerichtet. Alles ist da, was ich brauch. Dennoch habe ich Platz für mich. Mein Kind hat ausreichend Platz

zum spielen. Nur ein was stört mich.“ „Und das wäre?“ „Die Bierflasche. Wenn Mama das sieht.“ „Tut mir leid. Wir Handwerker brauchen unser täglich flüssig Brot.“ „Ja, ja.“ „Ich, der alte Sack, habe eine Familienversammlung... Also... Hört zu. Ich habe eine Dummheit begangen. Zumindest glaube ich, das es eine Dummheit ist. Vielleicht irre ich mich auch.“ „Sprich dich aus, Schatz. Ich war über zehn Stunden auf den Beinen. Eine Kleinigkeit essen und dann ins Bett. Bitte zieh deinen Text nicht wieder so

sehr in die Länge. Und du bist nicht alt.“ „Ich habe mein restliches Geld auf den Kopf gehauen.“ „Für was, Schatz?“ „Lies selbst.“ „Mh? Das ist ja ein Termin beim Standesamt! Du willst mich heiraten? Im Ernst? Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll!?“ „Alles klar. Damit habe ich unsere Beziehung kaputt gemacht. Ich weiß, wo die Tür ist. Bemühe dich nicht. Ich hätte es wissen müssen. Ganz egal, was ich tue, es ist falsch.“ „Häh?“ „Wenn meine Ex zu mir sagte: Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll...Das hieß,

nee. Vergiss es. Hau ab. Verschwinde. Such das Weite.“ „JA! - Hörst du, Schatz? Ja!“ „Wie bitte?“ „Ja, ich will dich heiraten und den Rest meines Lebens mit dir verbringen.“ „Sicher?“ „Ich spiele niemals mit den Gefühlen eines anderen. Das müsstest du in der Zwischenzeit wissen.“ „Ich freue mich so für euch. Endlich habe ich einen Papa, auf den ich stolz bin.“ „Ich habe keinen Job, trinke gern Bier und hab viele kaputte Beziehungen hinter mir. Du hast keinen Grund auf mich stolz zu

sein.“ „Du bist handwerklich begabt. Hast Verständnis. Hörst zu. Bist lieb und intelligent. Das beste, was meine Mama bisher aufgegabelt hat.“ „Sie kann uns hören.“ „Soll sie auch. Sie weiß genau, wie viel Glück sie bisher mit ihren Eroberungen hatte. Mit dir hat sie einen guten Fang gemacht. Dank dir, habe ich bessere Noten und Selbstbewusstsein. Außerdem siehst du ganz passabel aus.“ „Danke für das Kompliment. Vor allem für das Letzte. Es bedeutet mir wirklich sehr viel. Mehr als du glaubst.“

„Weinst du?“ „Dein Papa weint nicht. Es ist

Kondenswasser. Lass es dir von ihm erklären. Ich schon damals nicht verstanden. Aber wahrscheinlich will er nur nicht zugeben, das er weint. Männer eben. Außen hart und innen Pudding. Ich fühle mich bettreif. Das alte Luder wird sich in ihr Schlafzimmer begeben und darauf warten, von ihrem zukünftigen Gatten massiert zu werden. Schlaf gut, meine Kleine.“ „Du hast deine Mutter gehört. Ab ins Bett. Schlaf gut. Wenn du willst, darfst ab morgen in meiner Wohnung schlafen. Vorausgesetzt, deine Mama erlaubt es.“ „Einfach nur so im Bett zu liegen und seinen Schatz im Arm zu haben, ist

wirklich schön. Ich genieße es jedes mal. Am Besten gefällt mir, das es dir auch gefällt. Das du es genauso brauchst und willst. Von all den wenigen Frauen, die ich vor dir hatte, bist du mir die Liebste. Du kuschelst genauso gern, wie ich. Ich liebe dich, mein Schatz.“ „Ich liebe dich auch. Und ich freue mich schon sehr auf unsere Hochzeit. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich sie gern im kleinen Rahmen halten.“ „Du, ich und unsere Kinder?“ „Naja. Ein paar Freunde dürfen schon dabei sein. Die Engsten. Davon haben wir ja nicht so viel. Dann hätte ich noch gern meine Eltern dabei gehabt. Aber das reicht dann auch. Geschwister habe

ich keine. Zumindest keine, die noch am Leben sind.“ „Tja und ich habe keine Familie. Keine Anverwandten oder ähnliches. Nur dich und unsere Tochter. - Wie armselig.“

„Dann nur du, ich und unsere Tochter. Ich glaube, der Gedanke gefällt mir sogar noch besser, mein Bräutigam. Ganz still und heimlich. Meinen Eltern wird es wahrscheinlich nicht gefallen. Aber sie haben schon so vieles getan, was mir missfiel. Außerdem ersparen wir uns so einen Haufen Stress und stürzen uns nicht in Unkosten. Keiner kann uns in unsere Hochzeit reinreden, da keiner was davon erfahren wird, bis wir verheiratet sind. Wir können alles so

machen, wie wir wollen.“ „Tja, mein Kind. Da deine Mutter möchte, das wir ganz unter uns bleiben, wirst du wohl oder übel unsere Trauzeugin werden. Wie du wohl reagieren wirst, wenn wir es dir morgen sagen werden? Ich frage mich auch, wie deine Mutter reagiert, wenn ich ihr sage, das ich Lust auf sie habe?“ „Sie würde sagen, nichts würde ich gerade lieber tun.“

9

„Papa? - Papa? - Papa! Wir suchen dich überall. Ich dachte, du wärst mit deiner Wohnung fertig!?- Was ist mit dir? Geht´s dir nicht gut?“ „Halt mich fest. Bitte. Halt mich fest.“ „Papa. Geht´s dir gut? Du siehst zum Fürchten aus. Und stinken tust du, wie eine ganze Destille. Du weißt doch, das Mama es nicht mag, wenn du trinkst.“ „Halt mich.“ „Ich halte dich fest. Solange du willst. So fest du willst. Aber sag doch endlich, was mit dir ist. Warum hast du dich volllaufen

lassen?“ „Angst!“ „Angst? Wovor?“ „Vor der Zukunft. Es ist alles zu schön, um wahr zu sein. Ich möchte nicht, das es endet. Das ihr mich verlasst. Ich liebe deine Mutter wirklich. Wenn sie geht, dann... Trennungen sind wie sterben, musst du wissen. Und diesmal werde ich daran sterben. Noch eine Trennung überlebe ich nicht.“ „Wie kommst du darauf, das Mama dich verlässt? Sie liebt dich. Was glaubst du wohl, warum sie dich heiraten will. Weißt du eigentlich, wie glücklich sie mit dir ist? Du bist nicht perfekt. Aber das ist keiner von uns. Erst heute morgen

hat sie mir wieder gesagt, wie glücklich du sie machst. Wie sehr sie sich auf die Hochzeit und euer gemeinsames Kind freut. Sie hat mir beschrieben, wie sie mit dir alt wird. An deiner Seite. Hörst du? Sie liebt dich und denkt nicht mal im Traum daran, dich zu verlassen. Und ich freue mich mit ihr. Mit euch gemeinsam. Ich wünsche euch vom ganzen Herzen alles Glück der Welt. Nur musst du dich zusammenreißen. Hör auf zu saufen. Sonst bläst sie die Hochzeit noch ab und dich in den Wind. Das willst du doch nicht.“ „Ich liebe sie.“ „Dann mach eine Therapie.“ „Komm mit. Ich will dir was

zeigen.“ „Sieh ihn dir an. Weißt du, wie viele Entgiftungen er hinter sich hat? Wie viele Therapien und Langzeittherapien? Was hat es ihm gebracht? Nichts! Er hängt an der Flasche. Im Grunde ist er ein netter Typ. Ich habe ihn bei einer Entgiftung kennengelernt. Ihm ist bewusst, das Alkohol nicht seine Probleme löst. Dennoch greift er immer wieder zur Flasche, da er immer wieder mit seinem Problem konfrontiert wird. Und er ist nicht der Einzigste, dem es so geht. Bis auf Einem, war ich der Einzigste, der zum ersten mal bei der Entgiftung war.

Ich habe ihn heulen gesehen. Oft. Das ging mir jedes mal durch Mark und Bein. Ich würde ihm gern helfen. Aber ihm kann keiner helfen. Und er ist kein Einzelfall. Ich gehöre dazu. Das Einzigste, was mir helfen kann, seid ihr. Du und deine Mutter.“ „Ich habe mal eine Sendung gesehen. Da ging es um Obdachlose. Sie haben da ein paar Penner gezeigt... Ich meine...Also einige konnten wirklich nichts dafür, das sie auf der Straße gelandet sind. Das Leben war einfach nicht fair zu ihnen. Sie taten mir richtig leid. Eine ganze Weile habe ich all die Alkoholiker, die hier überall stehen, mit anderen Augen

gesehen. Habe mich gefragt, was ihnen widerfahren war. Ganz ohne Grund landet man bestimmt nicht auf der Straße. Aber als ich von einem von denen blöd angemacht wurde und er mich nicht in Ruhe lassen wollte, dachte ich nicht mehr daran. Bis jetzt.“ „Die meisten Menschen vergessen, wie gut es ihnen in Wirklichkeit geht. Verächtlich schauen sie auf die hinab, die das Leben aus der Bahn gerissen hat. Sie vergessen, wie oft sie zur Flasche greifen, wenn es ihnen nicht gut geht. Ich musste es auch erst lernen. Klar gibt es Obdachlose, die selbst Schuld an ihrem Elend sind. Zu faul zum Arbeiten. Verlogen. Hinterfotzig... Und dann gibt´s

diese, die nichts dafür können. Denen das Leben übel mitgespielt hat.“ „Ich will nach Hause. Du bleibst besser in deiner Wohnung. Mama muss nicht wissen, das du wieder getrunken hast.“ „Ich bringe dich nach Hause. Wenn sie mich wirklich liebt, wird sie zu mir stehen. Mir helfen, das ich nicht trinke. Sie wird mir keine Standpauke halten, sondern mir zuhören, mich verstehen und mir helfen.“ „Ich werde alles tun, was ich kann, um dir zu helfen.“ „Danke.“


„Schatz, du weißt, das ich dich liebe. Warum habe ich sonst Ja gesagt, zu

deinem Antrag? Des Geldes wegen? Ich weiß, das du nichts hast. Wahrscheinlich wirst du auch nie etwas haben. Aber das ist mir egal. Du hast ein großes Herz. Wenn ich spätnachmittags von Arbeit komme, hast du mit unserer Tochter schon die Hausaufgaben gemacht. Die Wohnung ist sauber. Mich bedienst du. Nimmst mir jegliche Arbeit ab. Wenn die Feierabenduhr klingelt, weiß ich, das mich zu Hause Entspannung erwartet und keine Arbeit. Mir ist es ehrlich gesagt ganz lieb, das du keinen Job hast. Da du die Zeit nutzt, um den Haushalt zu schmeißen, einkaufen zu gehen, dich um unsere Tochter zu kümmern und was weiß ich. Du nimmst mir alles ab. Lässt

mich den Feierabend genießen. Es tut mir leid, wenn ich dir nicht immer zeige, wie viel du mir bedeutest. Wie sehr ich dich liebe. Es gibt eben Tage, da bin ich einfach nicht gut drauf. Stress auf Arbeit. Unser lieb Töchterlein ist nicht gerade in einem leichten Alter. Manchmal schnarchst du extrem und ich kann dadurch nicht schlafen. Mir ist bewusst, das du immer mal wieder deine Phasen haben wirst, bei denen du dich einfach volllaufen lässt. Ich werde es überstehen. Dir helfen, das sie nicht so häufig vorkommen. Das ich es nicht verhindern kann, das du dich ab und an besäufst, das weiß ich. Und das du deine Probleme hast, mit denen du

nicht klar kommst und weswegen du dich betrinkst, das weiß ich auch. Wenn ich etwas bereue, dann ist es das, das ich dich nicht schon eher kennengelernt habe. Denn du bist ein wunderbarer Mann. Ich weiß, das du eine bewegte Vergangenheit hast, die du bisher nicht verarbeiten konntest. Das sie immer wieder in dir aufkommt und du dann trinkst. Aber ich weiß auch, das du der erste Mann bist, der mein Herz richtig berührt hast. Mit dem ich mir wünsche, meine Zukunft zu verbringen. Du bist der Mann, den auch meine Tochter akzeptiert. Für sie bist du ihr Vater. Niemand anderen hat sie vorher Papa genannt. Jedenfalls nicht freiwillig

und mit einem Lächeln. In ein paar Wochen wirst du Vater. Ich möchte nicht, das du dein Kind mit einer Fahne begrüßt...“ „Das werde ich nicht. Ich freue mich auch schon auf die Elternzeit. Vielleicht hilft es mir auch, komplett die Vergangenheit hinter mir zu lassen. Nie mehr daran zu denken. Ich möchte für euch da sein. Jederzeit. Es war ein langer Weg, bis deine Tochter mich akzeptierte. Ich kann sie auch gut verstehen, warum sie mich so lange nicht an sich ranließ. Ich habe Angst, das ich euch verliere. Große angst. Jedes mal, wenn ich glücklich war, … Es tut immer noch weh.

Jeden morgen muss ich mich überzeugen, das es kein Traum ist. Das du wahrhaftig neben mir liegst. Wenn du dann deine Augen öffnest und mich anlächelst... Es kommt ganz automatisch. Gerade eben bin ich noch beim Basteln. PENG, da schießt mir ein Gedanke aus der Vergangenheit durchs Hirn. Und schon bin ich deprimiert. Dann greif ich zur Flasche. Ich versuche ja, die Gedanken abzuwimmeln. An was anderes zu denken. Aber meistens klappt es nicht. Wird es eher schlimmer.“ „Gemeinsam sind wir stark. Nächste Woche heiraten wir im engsten Kreis. Nur du und ich. In der Kirche. Unsere

Tochter möchte, das wir zwei allein in der Kirche sind. Währenddessen wird sie uns ein Mahl zubereiten. Aber bei der Standesamtlichen Trauung wird sie als Trauzeugin agieren.“ „Du und ich und klein Paris. Schöner Film. Was wollen wir eigentlich nach der Trauung machen?“ „Wir genießen das Mahl unsere Tochter und lassen uns überraschen, was sie sich sonst noch für uns ausgedacht hat.“ „So viele Paare geben ein Haufen Geld für ihre Hochzeit aus und lassen sich wieder scheiden. Vielleicht ist das unsere Rezept? Kleine Hochzeit, lange Ehe!?“ „Für immer und ewig.“

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