Kurzgeschichte
Der Briefkastenteufel

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Es war Montag der 12. Mai als Friedhelm Totz noch schlaftrunken und leicht taumelnd zum Briefkasten ging, um die Tageszeitung zu holen.

Er zog die zu weit nach unten gesteckte Zeitung aus dem Briefschlitz, nachdem er den Kasten geöffnet hatte.

Als er ihn wieder schließen wollte, saß da vor ihm im Briefkasten ein kleines Teufelchen mit spitzem Schwanz und einem Dreizack in der Hand. Es hatte kleine Hufe und auf seinem Kopf blinkten Friedhelm zwei weiße polierte Hörnchen entgegen.

„Ich bin der Briefkastenteufel“, sagte das kleine Hufenmännchen „und bin eben mit der Tageszeitung hier hereingekommen“.

Friedhelm rieb sich die Augen, das mußte ein Tagtraum oder eine Einbildung sein.

Doch als er die geriebenen Augen wieder öffnete, war der kleine Briefkastenteufel immer noch da und riß eben einen Baumarktprospekt, der aus der Zeitung gerutscht war, in Fetzen.

„Heey“, rief Friedhelm „was soll denn das?!“.

„Stört es dich?“, fragte der Teufel, „Ja!“, antwortete Friedhelm empört.

„Dann ist ja gut“, sagte der Teufel frech und machte munter weiter damit, die Prospekte in Schnipsel zu zerreißen. Als er fertig damit war, warf er die Schnipsel durch den Briefschlitz nach draußen. Nun wurde es Friedhelm aber doch zu bunt und er griff mit Daumen und Zeigefinger nach dem Schwanz des Teufels, zog ihn aus dem Briefkasten und ließ ihn dann vor sich hin und her baumeln.

„Hey, lass mich runter du Spinner!“, rief der Teufel.

Doch Friedhelm ließ ihn nur noch stärker Pendeln.

„Was fällt dir ein, meine Prospekte zu zerfetzen und nach draußen zu

schmeißen?“, fragte Friedhelm den zappelnden Teufel.

„Ich muß das!“, antwortete er. „Wäre ich ein Fehler- oder Fleckenteufel wäre das anders. Aber als Briefkastenteufel gehört es eben zu meinen Aufgaben Prospekte zu zerreißen, Absenderadressen zu verkleben, Rechnungen zu bekleckern und Eselsohren in alles zu machen, was wichtig ist.“

„Das sind aber keine sehr noblen Tätigkeiten“, sagte Friedhelm „wer hat dich denn geschickt?“. „Niemand, zumindest nicht direkt…“, antwortete der Teufel, „Mir hat nur der sauberpolierte Briefkasten gefallen

und der von Frau Meren aus dem 3. Stock, in welchem ich bisher gehaust habe, ist neuerdings fast immer leer“.

„Das ist kein Wunder“, sagte Friedhelm, „Frau Meren ist seit gut einem halben Jahr im Krankenhaus - Beinbruch mit Fraktur“.

„Was? Seit fast einem halben Jahr? Und niemand hat mir was gesagt?! Das ist aber nicht nett!“, beschwerte sich der Teufel tief beleidigt.

„Dann war ich ja für ein halbes Jahr vollkommen umsonst in ihrem Briefkasten, habe ihre Post zerknickt und die Rechnungen bespuckt. Alles umsonst! Das wird mein Oberteufel, mein Vorgesetzter, nicht gerne

hören… Der ist im Stande und versetzt mich in einen Mülleimer oder Papierkorb“.

„Warum denn?“, fragte Friedhelm.

„Na weil der Auftrag in dem Fall dort schon längst abgelaufen ist!“, antwortete das Teufelchen verzweifelt, „Merkastraße 14, Bewohner stören, so hieß der Auftrag“, erklärte der Teufel.

„Ich glaube nicht, daß du viel versäumt hast, wenn du nichts angestellt hast“, versuchte Friedhelm das Teufelchen zu trösten. Er setzte ihn in den Briefkasten zurück, wo dieser mit baumelnden Füßen resigniert auf dem Rand sitzen blieb.

„Du hast ja keine Ahnung!“, fing der Teufel schluchzend an, „Seit es Briefe und Briefträger gibt, gibt es Briefkastenteufel. Gäbe es uns nicht, so wären doch alle mit ihrer Post zufrieden und niemand würde sich mehr im Postamt beschweren. Dann gäbe auch keine gestressten Schalterbeamten mehr und die Stammtische der Wirtshäuser wären nur noch halb so voll!

Es würde dann auch viel weniger über die Nachbarn, Politiker und den Staat geschimpft. Die Menschen würden Stück für Stück glücklicher, weil sie sich nicht mehr mit unzufriedenen Trinkern und

Stammtischphilosophen umgeben müßten. Das heißt die Welt wäre eines Tages friedlich und perfekt…Du siehst also, ohne mich und meine Kollegen würde die Welt in die Fugen geraten und aus dem Chaos gelangen, und eben das zu verhindern ist doch der Teufelsgesellen wichtigster Zweck seit der Mensch Probleme hat!“

Man sieht also: auch Teufelchen, bzw. Teufel im allgemeinen und selbst ihr oberster Chef Der Teufel bekommen Probleme, wenn man ihnen keine Beachtung schenkt und vergißt, sie über Änderungen zu informieren!