Kindheitserinnerungen
Meine Großeltern leben schon sehr lange nicht mehr.
Die Erinnerungen an sie und die Zeit,die ich mit ihnen verbringen durfte, haben sich unauslöschlich in meinen Gedanken manifestiert.
Für mich war es mit,eine der schönsten Zeiten meines Lebens und ich bin ihnen noch heute dankbar,das sie mir eine solche, unbekümmerte Kindheit ,ermöglicht haben.
Lass ich meine Gedanken zurück schweifen,verbinde ich mit meinen Kindheitstagen, Sommer, Sonne, Ferien, Freiheit Spiel und Unbeschwertheit.
Ich habe dann das Gefühl,das auch mein Geruchs und Geschmackssinn die
Kindheitserinnerungen spiegelt.
Meine Eltern hatten sich schon sehr jung selbstständig gemacht,daher verbrachte ich diemeiste Zeit bei Oma und Opa.
Sie lebten in einer Zechenhaus Siedlung im Ruhrgebiet.Von dort sah man die sich ständigdrehenden Fördertürme,riesige Halden und bei den Schichtwechseln der Bergleute ertönten laute Sirenen.
Früher war mein Großvater auch ein so genannter „Kumpel“.Später war er dann auf Grund einer Staublunge Frührentner und nur noch „mein Kumpel“und der
meiner Freunde.
Dank ihm wurde es uns nie langweilig.Er kannte die tollsten Spiele,baute uns Stelzen aus leeren B+B Milchdosen,schreinerte uns Wiegen und Kleiderschränke, war der beste Puppendoktor und hatte eine ellenlange Geduld beim Karten spielen oder Mensch ärgere dich nicht.
Meine Oma war Hausfrau,sie kümmerte sich um die Hausarbeit,kochte für uns und buk den besten Pflaumenkuchen aller Zeiten. Außerdem weckte sie alles ein und kochte Marmelade,das ihr der Schweiß auf der Stirn stand. Ihr ganz besonderer Augapfel aber waren ihre
schneeweiß gestärkten Gardinen mit den
Bleibändern.Es durfte kein Zipfel falsch hängen,da verstand sie keinen Spaß.
Wir Kinder machten hinter ihrem Rücken unsere Witze darüber und eines Tages
kamen wir auf die glorreiche Idee, mitten im Sommer Blei zu gießen, wie wir es von Silvester kannten.
Kurzerhand entfernten wir ihre Bleibänder,hingen sie draußen über die Wäscheleine und mit Streichhölzern bewaffnet,welche wir vorher besorgt hatten ,gossen wir kleine Bleikügelchen aus dem Band in eine Zigarrenschachtel.
Als meine Oma sah wie schluderig ihre
Gardinen hingen wurde sie wütend und
wollte von uns wissen, was wir gemacht haben. Also mussten wir beichten........
Ich kann schwören,während der Beichte ein kleines Lächeln bei ihr gesehen zu haben.
Im Sommer saß mein Opa schon früh Morgens in seiner kleinen Laube, zwischen den beiden Kirschbäumen, im Garten und beobachtete die Vögel.
Oft saß ich mit ihm dort und geduldig beantwortete er mir alle meine Fragen,
während in der Ferne Güterzüge mit Kohle beladen vorbeirollten.
Die Häuser der Siedlung hatten alle
Gärten, in denen nicht nur Lauben sondern auch Kaninchen und Hühnerställe standen.
Vor einem der Hühnerställe saß,wann immer man vorbei kam,der alte Herr Marohn. Einen Zigarrenstumpen im Mund sortierte er Kartoffelschalen aus dem Kompost für seine Hühner.
Wenn er uns Kinder sah,lachte er laut, winkte uns heran und schenkte uns ein paar Klümpchen.
Wir nannten sie „Würger",weil es vor seinem Stall immer so stark nach Hühnerkot stank und wir beim Essen der Bonbons würgen mussten.
Hinter den Gärten lagen verwilderte
Wiesen, umgeben von hohen Büschen und überall ,ein einzigartiger Geruch von wilden Blumen ,Kräutern und Heu.
Dort fanden wir für uns allerhand nützliches Zeug.Alte Kochtöpfe,Sessel, kaputte Tische, Kinderwagengestelle und eines Tages stand sogar ein altes Auto dort,von dem niemand wusste wie es dahin gekommen war.
Wir aber schleppten alles was wir gebrauchen konnten zusammen,bauten uns Buden, wo wir in unserer Phantasie wohnten,spielten „Mutter und Kind“ und hatten sogar ein Auto für unsere imaginären „Familienausflüge“.
Abends wenn alle Feierabend hatten
trafen sich die Nachbarn oft noch auf der Straße, zu einem Pläuschchen und die Väter einiger Kinder spielten mit uns Völkerball oder „Deutschland erklärt den Krieg“,ein beliebtes Spiel zu dieser Zeit.
Samstags war immer Badetag.
An diesem Tag mussten wir schon früher als gewöhnlich rein.
Frisch gebadet und sauber warteten wir dann so gegen 17Uhr auf den Lebensmittelwagen an der Straßenecke.
Er kam jeden Samstag und man konnte nach Herzenslust einkaufen oder etwas vorbestellen,was er dann am darauffolgenden Samstag mitbrachte.
Die Vorweihnachtszeit war stets das Aufregendste.
Wenn der Himmel sich rot färbte als glühe er ,erzählten uns die Alten immer das,das Christkind nun damit anfange Plätzchen für uns zu backen und forderten uns auf Zucker auf die Fensterbänke zu streuen ,welcher dann am Morgen zu unserem Erstaunen verschwunden war.
Weckmänner mit Pfeifen spielten bei uns Kindern eine besondere Rolle.Die Stutenkerle aßen wir, die Pfeifen hoben wir sorgsam auf. Wenn die Zeit für uns günstig war,das heißt meine Oma auf Verwandtenbesuch,überredeten
wir meinen Opa so lange bis er uns die
Stutenkerlpfeifen mit einem kleinen Draht durchbohrte und uns ein kleines bisschen von seinem Tabak abgab.
Unsere kleinen Pfeifen schmauchend (vor allem hustend) saßen wir in der Küche vor dem Kohleofen und Opa erzählte uns Geschichten aus seiner Kindheit.
In der heutigen Zeit wäre so etwas undenkbar in Bezug auf die Verletzung der Aufsichtspflicht.
Uns hat es damals nicht geschadet oder daran gehindert vernünftige Erwachsene zu werden und das Gefühl“frei zu sein wie Huck Finn konnte uns niemand nehmen.