Romane & Erzählungen
In einem anderen Land - E. Hemmingway-Hommage X.

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"In einem anderen Land - E. Hemmingway-Hommage X."
Veröffentlicht am 08. Oktober 2013, 10 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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In einem anderen Land - E. Hemmingway-Hommage X.

In einem anderen Land - E. Hemmingway-Hommage X.

Regenzeit - Zeit, Zeit zu vertreiben

Regenzeit – Zeit, sich die Zeit zu vertreiben

 

Eine gewaltige Glocke im Turm einer rotbraunen Ziegel-Backstein-Kirche als Klangkörper erschallt, als viertelte es die Luft durch seinen die Stunden ankündigenden Donnerhall und malträtiert mein Nervenkostüm ein gerüttelt Maß, welches kontrapunktisch von dem nahen berggebirgsbachartigem Rauschen des Flusses hier im Wiesengrund beantwortet wird. Sich aufplusternde, trutzige, grau-bauchige Wolkenbänke türmen sich bedrohlich über uns auf.

Da, ein Hoffnungsschimmer, dass die Sonne einen Spalt quer über das ganze Firmament aufreißt!

Spät aufgewacht bin ich und fiebere, welches sich in den regnerischer Tag fügt, rieselt es doch wie von einem Spiegel zerborstene Glassplitter herab, – diese monotone Himmelsruhe, diese Ruhe des Himmels i m Regen macht mich verrückt: kann sich der Himmel nicht etwas mehr beeilen? Als ob er es  nicht nötig habe und demonstrieren müsse, anders als der Mensch, als Du und Deinesgleichen, könnt ihr mich allesamt einmal den Buckel herrunterrutschen. Diese gelassene Gleichgültigkeit ist zum Ãœberschnappen.

Neidisch? Ja, warum nicht auch?

Warum nicht ich, ja, ich will und möchte auch, auch und auch...

„Aber Du kannst nicht haben, was der Himmel hat. Deswegen heißt er ja auch Himmel.“

Himmelherrgott, da täuscht Du Dich, vielleicht nicht können, aber wollen. Und das mit dem Können muss sich erst noch erweisen.

Hohngelächter von oben.

Mir reicht’s! - Doch der Spott verhallt im Gemengelage von Glockentönen und Bachrauschen.

 

Mir fehlt die Energie, gegen meinen trägen Vollbauch anzukämpfen – mühselig und schwerfällig wie ein Ackergaul trete ich in die Pedale, bemüht, unter mir Kilometer um Kilometer abzustrampeln.

Dann verfolgt uns wieder der Regen, zuerst mit sachtem Nieseln, welches uns einen Aufschub und die Chance einräumt, den nächsten trockenen Ruhepunkt und heißersehnte Oase zu erreichen, aber dann prasselt und trommelt er unerbittlich auf dem schwarzen Asphalt, so dass er einen schwarzen Ausschlag bekommt.

Nur nicht in die Knie zwingen lassen – und siehe, der nächste Ort - und siehe, eine Eisdiele.

 

Dort schlagen wir die Stunden tot, bis das trübe Wetter („Sauwetter“) weitergezogen ist, tun unbeteiligt und unaufmerksam gegenüber dem Personal, dass immer wieder aufmunternd um unseren Tisch herumscharwenzelt, um die unvermeidliche Frage der Fragen anzubringen: „Darf’s noch ’was sein?“ – die wir durch plötzlich angestrengtes Vertiefen in unsere Lektüre versuchen, erst gar nicht sich stellen zu lassen, endet dies doch stets bei Abschlägigkeit peinlich und unangenehm. Man würde ihnen doch zu gerne eine Umsatzsteigerung wünschen, fehlte nicht das nötige Kleingeld.

Jetzt wieder steht eine Bedienung unter dem Türrahmen und lugt zu uns her, klamm, heimlich und scheel aus den Augenwinkeln, so dass ich mich gezwungen sehe, meine Schreibanstrengungen zu vergrößern, auch wenn ich nicht die blasseste Idee habe, was ich niederlegen könnte. Aber schreibe einfach, so tue wie wenn, als ob man schriebe; zwar schreibt man, aber sagt nichts aus, wenn das denn geht, jedenfalls, wie Paul Watzlawick aus Palo Alto seinerseits schon wusste: man kann nicht nicht kommunizieren, oder besser noch das andere Axiom angeführt: sobald man über die Kommunikation spricht, ist dies das untrügliche Zeichen dafür, dass etwas nicht mit dieser stimmt.

(Ich lasse diese gerade aus der Situation entstandenen Sätze stehen. Man möge mir die Wilderei im Sumpfgefilde eines anderen Autoren nachsehen.)

 

Ich erhebe mich zwischendurch und suche die Toiletten auf, wozu ich die Bedienung nach dem Weg fragen kann, wofür sie sich sichtlich dankbar erweist und zeigt, hat sie ja etwas zu tun bekommen.

Nach kurzer Bestätigung meiner Erwartungshaltung mit Blick auf den frisch riechenden und sauberen Toilettenraum suche ich Seelentrost auf dem dort an der Tür gepickten selbstfabrizierten Hinweiszettel. Auch hier werde ich nicht enttäuscht mit meiner Annahme, es stecke bestimmt darin ein Orthographiefehler, meist bei der Substantiv-Bildung des Verbs – richtig!

Wären es hingegen deutschsprachige Betreiber würde ich vor Entsetzen mein Gesicht verziehen über ein englisches Genitiv-s. Beim Fall und überbeflissenen Abriss der dt-dt Mauer ist leider bei manch einem dieses überflüssige Partikelchen hängengeblieben. Da sieht man einmal, wie viel unnötiger Staub dabei aufgewirbelt worden ist.

Ich verlasse wieder gutgelaunt die Toilette, werfe den herumstehenden Angestellten hinter ihrem Tresen ein Lächeln zu, das sie gerne parieren, indem sie es sofort aufmerksam aufpassen, wenn auch leider falsch auffassen und doch zu unser beider Glück und Zufriedenheit richtig zurückgeben.

Wen kümmert’s schon?

Dann pirsche ich mich von hinten an die Mitfrau heran. Ich lege die Hände über ihre Augen und frage: „Wer ist es?“

„Hm, oh!“

„Bin ich ein Einheimischer? Einer hier vom Ort?“, mit verstellter dialekteingefärbter Stimme gezischt (Leser aus dieser Region wissen, wo wir uns gerade befinden; tut aber nichts zur Sache).

Der bislang simpel Dreinschauende und heimlich neugierige Blicke aussendende vom Nebentisch vertieft sich mit einem Mal mit heißem Begier und ernster Anstrengung in sein liebevoll und vernachlässigt auf dem Tisch ausgebreitetes Lokalblättchen.

„Hm, oh!“

„Wer bin ich also? Bin ich vielleicht Ausländer mit guten Sprachkenntnissen von neben Ihnen am Tisch?“

Dieser erwidert meine Worte mit einem Schmunzeln, Respekt! Er nickt verständlich mit dem Kopf und lächelt freundlich zu mir herüber.

Ob er verstanden hat, worauf ich anstupste?

Wenn juckt’s? Ihn am allerwenigsten und er schmunzelt nachgerade.

Wenn Spaß sein muss, ist der kürzeste Weg der schnellste und beste, also lass fahren die überflüssigen Artikel im Deutschen. Sie sind eh zu schwierig. Ob Du den Mond nun als Frau oder Mann ansprichst, wird ihn kaum erzürnen, oder? 

Aber wahrscheinlich grinst sich der Mann jetzt sowieso einen, weil ich meine, er verstünde uns nicht. Da täuscht Du Dich aber, denkt er, Du Neunmalkluger, lache und freue Dich nur, Naivling. Ich weiß es besser, haha.

Sie hat mich endlich geraten, ich lasse die Arme fallen und zwinkere beim Hinsetzen noch einmal ostentativ nach links und rechts:

„Du ziehst aber auch wirklich die Männer wie die Blüten die Bienen an, dass muss ich Dir schon sagen, sobald ich Dir nur den Rücken zukehre, das ist schon so etwas von kokett, dass es nicht mehr feierlich ist.“

Sie lacht und schaut sich begehrlich ihre Eroberungen an, als wolle sie sie am liebsten auf der Stelle vernaschen.

Ich bin mir bewusst, dass mein Verhalten die Schamschwelle des guten Benehmens verletzt und auf seinem Weg über die Grenze des Unhöflichen bis Unfreundlichen, wenn nicht Diffamierenden geschritten ist.

Aber sicher kann ich mir nicht sein, selbst wenn die Betroffenen so tun, als ob sie meine Bemerkungen überhaupt nicht verstanden haben. Ist auch besser so.

 

 

Buch erhältlich unter:

http://www.pentzw.homepage.t-online.de/literatur.html

 

 

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