Beschreibung
Anna muss über die Herbstferien zu ihrer Oma Pauline in ein kleines Dorf am Ende der Welt. Klar, ihre Oma ist nett aber sie erzählt immer so viele langweilige Geschichten über ihre Kindheit die niemand hören will. Mit der Zeit wird Anna aber klar, dass die Erzählungen ihrer Oma dramatisch und real sind. Sie findet sich wieder in einer Welt aus Geschichten über den 2. Weltkrieg die sie zu faszinieren beginnen.
Traurige und witzige Geschichten nach einer wahren Begebenheit.
Kapitel 1
Der Wagen mühte sich die holprige Straße hinauf, die zu dem Haus von Anna´s Oma führte. Sie war gesäumt von Schlaglöcher, so dass Anna auf ihrem Sitz herumgeschleudert wurde, wie in einer Achterbahn. Genervt sah sie aus dem Fenster und versuchte nicht an das zu denken, was ihr die nächste Woche bevor stand. Endlose Geschichten, keine Internetverbindung und niemand der mit ihr spielen konnte. Statt dessen beobachtete sie, wie der leichte Herbstwind die bunten Blätter von den Bäumen fegte. Sie landeten auf den großen Wiesen, die das kleine Dorf umgaben und bildeten einen herbstlichen See aus Laub. Viele der Bäume waren Apfelbäume, die ideal zum Klettern gewesen wären. Aber Anna war dreizehn Jahre. Sie kletterte nicht mehr auf Bäume, kein Mädchen aus ihrer Klasse tat das noch, sie also auch nicht. Um nicht auf die Idee zu kommen, in den nächsten Tagen noch einmal her zu laufen um vielleicht doch hinauf zu klettern wandte sie sich ab, obwohl es sie in den Fingern juckte die nasse Rinde zu spühren und ihr Haar sich nach einem Wundstoß sehnten, hoch in den Baumkronen, der es zerwuschelte. Stur richtete sie ihren Blick gerade aus. Das Auto hatte den mühsamen Weg beinahe hinter sich gebracht und fuhr nun die letzten Meter bis zur Einfahrt hinauf.Â
Der Schotter des großen Vorhofes knirschte unter den Reifen als Anna´s Mutter den Wagen vor die große Garage neben dem alten Haus lenkte. In der offenen Garage stand immer noch das Auto von Anna´s Opa, der vor knapp fünf Jahren gestorben war. Es war ein dunkelgrüner,  länglicher Kombi, den sie immer sehr gemocht hatte. Nicht zuletzt weil sich in der Beifahrerschublade immer eine kleine Dose mit Zitronenbonbons befunden hatte, die ihr Opa hervorgeholt hatte sobald Anna eingestiegen war. In der rechten Hintertür war eine kleine Delle, die ihr kleiner Cosin dem Auto mit einem Basketball beigebracht hatte und die Scheiben waren durch Staub und Spinnenweben grau gefleckt geworden. Mit einem unterdrückten seuftzer öffnete Anna die Wagentür und stieg aus. Als sie sich zum Kofferraum umwandte um ihr Gepäck auszuladen traf sie zufällig auf den Blick ihrer Mutter, die sie forschend ansah. Schnell sah sie weg und wuchtete ihre Taschen auf den Boden. Aber natürlich konnte sie vor ihrer Mutter und ihrem Blick nicht weglaufen, die jetzt genau neben ihr stand und das Gepäck musterte. "Schatz ich weiß du hast dir deine Herbstferien anders vorgestellt.", begann sie vorsichtig. Doch Anna wollte es nicht hören. Keine Entschuldigung und keine Erklärung. Es war ja sowiso nichts mehr daran zu ändern. Sie würde ihre eine Ferienwoche, auf die sie sich so gefreut hatte, bei Oma Pauline verbringen müssen. Kein Halloween mit ihren Freunden und kein Chat mit ihren Klassenkammeraden. Nur ihre Oma und die Geschichten, die sie ihr erzählen würde. Stundenlang und tausendmal hintereinander. Also drehte sie ihrer Mutter den Rücken zu und begann die erste Tasche mit ihren Kleidern über den Kies richtung Haustür zu schleifen. Von der Garage gingen zwei Wege ab. Der dünne, steinerne Weg zu ihrer Linken führte zu dem großen Garten,neben dem Haus. Eine großer Gemüsegarten, danach ein paar Stufen und schon stand man auf einer großen Wiese mit Apfel-, Kirsch- und Birnenbäumen. Im Sommer war der Garten ein Paradis mit Obst so viel man essen konnte. Aber im Herbst wurden die Bäume kahl und trugen keine Früchte mehr. Sie standen einfach nur da und frohren.
Der rechte Weg  war zugleich die Schottereinfahrt, die sie auf das ANwesen geführt hatte. Sie war, wie das ganze Gelände, durch einen braunen Holzzaun eingerahmt, dessen Farbe abblätterte. Anna blieb vor dem Haus stehen und sah hinauf. Es war in einem weißgelben Ton gestrichen und hatte vier Stockwerke, inklusive Keller und Dachboden. Die braunen Fensterläden an allen Fenstern waren geöffnet und das rostrote Dach streckte sich hoch in den Himmel. Hinter sich hörte sie wieder die Stimme ihrer Mutter:"Anna, es tut mir Leid. Aber dein Vater und ich brauchen einfach mal wieder ein bisschen Zeit für uns. Du bist bei Oma doch gut aufgehoben und hier gibt es so viele Möglichkeiten um Spaß zu haben. Du musst allem nur eine Chance geben." Anna verbiss sich die spitze Antwort, die ihr auf der Zunge lag und drückte auf die Klingel. Die raue Stimme ihrer Oma rief in breitem schwäbischen Akzent: "Ich komm gleich!" Anna verdrehte die Augen. Sie selbst sprach Hochdeutsch und es hörte sich schrecklich an wenn sie auch nur versuchte den schwäbischen Akzent ihrer Großmutter zu imitieren. Es knackte kurz als der Schlüssel in der Tür gedreht wurde, dann öffnete Oma Pauline die Tür. Sie war mollig aber nicht dick, trug eine blau-weiß gemusterte Schürze und hatte weiße Haare, die sie zu einer Dauerwelle frisiert trug. Anna´s Mutter schob sich an ihrer Tochter vorbei und stellte ihre Stimme ebenfalls auf schwäbisch um. "Hallo Mama!", sagte sie kurz und begann dann die Taschen in das Haus zu tragen. Oma Pauline beachtete ihre Tochter nicht weiter und trat einen Schritt auf ihre Enkeltochter zu. "Hallo Schatz", grüßte sie Anna, lächelte und schloss sie in ihre Arme. Auch auf deren Gesicht schlich sich nun ein Lächeln, obwohl sie sich alle Mühe gab es vor ihrer Mutter zu verbergen. "Hallo Oma", murmelte sie wärend sie sich an ihr vorbei in das vertraute Haus schob.