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„Ich möchte wissen, wo wir campen? So ist es mir lieber, wenn wir so bald wie möglich das Zelt aufschlagen, auch wenn es erst Mittag ist.“
Das Glucken-Empfinden der Frau, – ein besserer Ausdruck mir momentan nicht einfĂ€llt - - die sesshaft wie sie nun einmal ist, nervös wird, wenn es Abend wird und sie weiĂ immer noch nicht, wo sie heute Nacht sein und das Zelt aufgeschlagen haben wird. Sie muss ihre Sieben Sachen an ihren Platz wissen, gerĂ€t doch sonst innerlich etwas aus den Fugen,
gleich diesem Empfinden meiner Ex, Sehnsucht zu verspĂŒren, frĂŒhere Menschen, die sie mal geliebt hat oder ihr sehr viel wert waren, vor allem Exgeliebten, wiederzusehen. Irgendetwas hĂ€lt mich von solchem Tun und Trachten ab, niemals ich es tun wĂŒrde und es nicht gut finde und nachgrade unappetitlich-sentimental, eine Sackgasse, ein Rondell, Kreuzverkehr ohne Ausfahrt, ohne es begrĂŒnden zu können.
Mir indessen gefĂ€llt es, irgendwo zu sein, an irgendeinem Badestrand z. B., aus dem ich, wie stets nach dem Schwimmen, wie neugeboren und gleich jenem besagten Urzeit-Fisch aus dem Meer an den Strand an Land krieche, um dort einen neuen Lebensabschnitt, eine neue Ăra seiner Spezies zu beginnen,
gefĂ€llt es, mir jetzt die Frage zu stellen, wohin, die ich mir nicht beantworte, sondern mich der totalen Offenheit ausliefere, einer betĂ€ubend-schönen Ohnmacht der Freiheit und so hell, rege und wach bewusst mir zu sagen: es steht mir jeder Weg offen, alles ist offen, ĂŒberall hin kann ich mich wenden, keine MĂŒhsal empfinden, um einen festen Standort zu haben, nichts belastet meine Zukunft und mein Jetzt, ich bin frei. Ich habe die wirkliche Wahl, ĂŒber mich zu entschieden, ich bin, der ich sein will durch von keinem beeinflusste Willensanstrengung, voilĂ
Aber ich kann meine Ablehnung umschreiben und beschreiben, mittels eines Gleichnisses, das mein Tun verstÀndlich macht.
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Wir sind an einem Ort, der eine sehr schöne Kneipe mit Terrasse hat, vor der man auf einen breiten, flachen und kristallklaren Strom hinabschauen kann. Kaum etwas Schöneres kann es geben, an einem solchen Platz zu sein: eine gemĂŒtliche, von coolen Leuten besuchte Kneipe mit Blick auf diesen klaren, starken Bergfluss mit Geröll, der diesen Ort erst lebendig macht, zum Leben erweckt inmitten der toten, architektonisch anziehenden, alten und fremdlĂ€ndischen HĂ€userfassaden.
Und so ist uns dieser Ort teuer und lieb geworden, zumal er rar ist. Denn wann werden wir wieder auf solch ein romantisches PlĂ€tzchen treffen? Vermissen werden wir ihn, wĂ€hrend wir in der staubigen WĂŒste Ă€chzen und auf uns warten Tage in Langeweile und Agonie gleichförmiger oder von Werbeplakaten verhĂ€sslichter HĂ€user-Orte mit kaum lauschigen PlĂ€tzen und Kneipen. Nichts garantiert uns, dass es bald wieder so heimelig sein wird wie hier.
Aber wir haben doch die Zelte abgebrochen und es geschafft, wie freilich nur ich es empfinde. Ein unweit von hier befindlicher Bergsee lÀsst uns aber nicht gÀnzlich abreisen und hÀlt ein bisschen die Illusion aufrecht, lÀnger hier zu bleiben.
Auf der Weiterreise kommen wir erneut in die NĂ€he und Reichweite jener schönen Ansammlung von Dingen und interessanter Menschen, wo sich diese Terrasse befindet, dieser Fluss und diese HĂ€userunikate, denn allzu verlockend ist doch solch ein reizvoller Platz. „Machen wir doch noch einmal Halt!“
Aber nein, nicht mit mir.
Weiter zieht es mich, weiter, ins Neue, Ungewisse, vielleicht noch Schönere!
Weiter zieht es mich.
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BefĂŒrchtet hat er bereits, dass sie noch einmal diese Kneipen-Terrasse heimsuchen will und also diesen Ort nicht so schnell hinter sich lassen kann und doch, tatsĂ€chlich, er kann es kaum glauben, wieder unterwegs sind sie.
Sie ist weitergefahren.
Er lacht voll Freude darĂŒber.
„Und schau, da ist schon wieder ein Igel!“
Er deutet auf den vorbeiflieĂenden Fluss, auf dem ein kleiner, junger, gerade seine Federn erhaltener Schwan mit seinen wie gestutzten und unausgewachsenen FlĂŒgeln dahinstrampelt und sich abmĂŒht, in Fahrt zu geraten. Sein weiĂer Leib plĂŒscht sternhaufenförmig ab, stolzgeschwellt plustert er sich auf und blendet mit seinem ErblĂŒhen alles, was ihm ĂŒber den Weg kommt.
Ihre GesichtszĂŒge verschattet ein melancholischer Zug, der wohl durch das Stichwort „Igel“ aufgerĂŒhrt worden ist, Symbol ihrer jetzt verlorengehenden und beendeten Sesshaftigkeit, einen Moment aber nur, bis sie erneut von diesem sĂŒĂen Romantikanblick eingefangen wird und wieder lĂ€chelt. Er denkt, jetzt ist sie so weit, nun hat sie die Reiselust ganz ĂŒbermannt und jetzt kann er seinen Spruch loslassen.
„Schau her, es kommt mir nicht darauf an, mich zu entspannen und zu erholen, sondern herumzukommen, heute hier, morgen dort, wenn möglich, ĂŒberall hinzureisen. Ich will sagen können, seht her, hier ist die Karte. Wohin immer ihr drauf spucken mögt, dort bin ich schon gewesen!“
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Wir treffen ein PĂ€rchen, das sich darĂŒber streitet, wer fahren darf.
DarĂŒber kann ich nur lachen.
Ich bin froh, meine Ruhe zu haben, vertrĂ€umt in die fortfliegende Landschaft schauen zu dĂŒrfen und schreiben zu können. NatĂŒrlich ist sie, die Fahrerin, mittlerweile schon auf die Idee gekommen, die SitzplĂ€tze zu tauschen, zwar nicht so sehr, weil ihr die Lust zum Fahren vergangen wĂ€re, als vielmehr infolge einer Frage, die sie sich gestellt haben mochte. „Warum fĂ€hrt der so ungern? Was kann so schön sein, nicht zu fahren? Nur da im Beifahrersitz rumzuhĂ€ngen, den Kopf aus dem Fenster zu hĂ€ngen...Vielleicht ist das schöner als Fahren? Ich mĂŒsste es doch auch einmal ausprobieren.“
Genau, was findet der nun so angenehm, nicht fahren zu mĂŒssen, das muss ich mal ausprobieren, schauen wir einmal, was dahintersteckt. So Ă€uĂert sie jedes Mal, wann wir Rast machen, diesen Wunsch. Aber es kommt stets dazu, dass sie sich „automatisch“ ans Steuer platziert oder besser sich wieder fahrend mit dem Steuerhand in der Hand vorfindet, nicht ohne Ărger, Verdruss bei ihr und AmĂŒsement, Selbstironie bei mir und auszustoĂen: „Jetzt sitze ich schon wieder am Steuer! Ach!“ und ich mich kaputt lache.
Konsterniert verkĂŒndet sie: „Am nĂ€chsten Parkplatz, Haltestelle, egal wo, wo man halt halten kann, stoppe ich!“
„Okay!“ Ich bin bereit, mich in mein Schicksal zu fĂŒgen.
Es kommt aber, bevor wir an einem solchen gelangen, ein Umleitungsschild fĂŒr diejenige Stadt, die wir anfahren.
Ich wittere meine Chance.
„Stopp mal!“, sag ich. „Da geht es links nach A!“
„Das ist ja eine Umleitung.“
Wissend, dass sie stets die öffentlichen Wege penibel befĂ€hrt, zeige ich ihr auf der Karte den Weg, der auch ĂŒber B nach A fĂŒhren wĂŒrde.
Der verbohrte Esel mit Scheuklappen schlÀgt mit den Hufen auf.
„Aber da ist extra nach A ein Schild ausgewiesen!“
„Na gut, fahr! Derjenige, der fĂ€hrt, bestimmt den Weg.“
Befriedigt, weil ihren Willen gelassen worden, fÀhrt sie links ab und denkt nicht mehr an einen Fahrerwechsel.
Jubilierend vertiefe ich mich wieder ins Schreiben.
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Wenn sie unbewusst nicht will und nicht das bekommt, was sie möchte, z. B den Zeltplatz zu verlassen, fÀhrt sie schon oftmals im Kreis, verpasst eine Ausfahrt, die offensichtlich ist, nur um das Verlassen des Zeltplatzes hinauszuschieben.
Oder aus anderen GrĂŒnden lĂ€uft ziemlich viel schief, sie findet nicht den geradesten Weg und stellt sich unwillkĂŒrlich stur und verbohrt.
So sind wir auf der Suche nach einem Veranstaltungsort in einer unbekannten Stadt, die wir ausgestorben und leergefegt vorfinden. Doch einen Mann, scheinbar AuslĂ€nder, der nicht einmal dieses fĂŒr uns AuslĂ€ndische hierorts spricht, zumindest keinen Ton herausbringt, findet sie wert zu befragen, aber keine von jenen, die einheimisch aussehen und sind, denen man nach dem Weg fragen könnte und darf.
Sie fĂ€hrt stur weiter und nichts stoppt sie, nicht mal der vernĂŒnftige Vorschlag fruchtet, jetzt einmal langsamer zu fahren, dort kommen StraĂenschilder oder es könnte jemand in der nĂ€chsten Seitengasse zu erblicken sein. Nur mehr stur der Nase lang. Immerhin, wir tasten uns endlich an eine groĂe Markthalle heran, ein modernes Messezentrum, umgeben von vielen blank sanierten Fabrikhallen, wo unser Ziel lokalisiert sein könnte und was dieser Umgebung gut zu Gesicht stĂŒnde, nĂ€mlich ein alternatives Kultur- und Musikfestival. Aber weit und breit nichts als leere Hallen, zudem keine Menschenseele. GroĂe, moderne Hallen können kaum öder wirken als diese frisch renovierten. Endlich, als wir schon weiter gefahren sind, heraus aus diesem groĂen HĂ€user-Hallen-Industrie-Komplex, dort an der Ecke eine Frau mit Fahrrad, Hund und einem Kind auf einem Dreirad. Die könnten wir anfahren und fragen. Dazu mĂŒssten wir in eine kleine StraĂe einbiegen, die, wie sie behauptet, um diese zu umgehen und zu meiden, als FuĂgĂ€nger- und Fahrradweg ausgewiesen ist.
„Da darf man nicht mit dem Auto durchfahren!“, gesagt und in die Pedale getreten, das Ganggetriebe durcheinandergewirbelt und Gas gegeben, so dass sie mit 50 km im RĂŒckwĂ€rtsgang auf dem leeren ParkgelĂ€nde zurĂŒckschnellt und eine Kehrtwende vollfĂŒhrt, um zurĂŒckzufahren, woher wir gekommen sind. BloĂ sprachlos bin ich.
Endlich findet sich jemand, der uns dorthin zurĂŒckweist, wovon wir vorhin geflĂŒchtet sind und die einsam gehende Frau mit Anhang gewesen ist und wo gerade um die Ecke sich der gesuchte Veranstaltungsort befindet und zu erblicken ist.
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Buch erhÀltlich unter:
http://www.pentzw.homepage.t-online.de/literatur.html
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