Diese Fantasystory handelt von dem jungen Mädchen Halyna, welches bei einfachen Bauern aufgewachsen ist. Sie ist die Tochter des hohen Mediums, Sphera, welches die Welt des Lichtes mit ihrer Gottheit namens Haminas, beschützt hatte. Doch als sie mit Halyna schwanger wurde und in dem ungeborenen Kind die Seele eines todbringenden Racheengels lauerte, gab sie ihr Leben, um das gute Herz ihres Babys zu retten. Nun muss Halyna gegen das Böse in sich ankämpfen! Sie macht sich auf die Suche nach einer Nachfolgerin, die sie ablösen soll, um die Welt des Lichtes an ihrer Stelle zu beschützen. Doch der Racheengel lauert noch tief in ihr, und sein böses Erwachen ist nicht mehr aufzuhalten...
Acura - The Legend Of The Last Second
Kapitel 1-16
Sphera floh, zusammen mit ihrer erst wenige Wochen alten Tochter, auf ihrer treuen Hirschpatin, Haminas, durch den dunklen Wald von Heron. „Bitte, Haminas, beeil dich!“ Betete sie zu der Gottheit, auf dessen Rücken sie saß. Haminas sprintete einen steilen Abhang hinunter, Sphera drückte ihr Kind eng an sich. Sie wusste dass es kein Entkommen gab und sie betete, betete dass ihre Seele mit der ihrer Schutzgottheit in Frieden ruhen würde, betete dass ihre Tochter ihren Platz als Guardian Medium einnehmen könnte. Die Hirschgöttin keuchte, ihre Wunde war sehr tief. Doch sie musste das kleine Kind in Sicherheit bringen, bevor ihre Kräfte schwanden! Hinter sich hörten sie näher rückende feindliche Truppen! „Schneller, Haminas!“ Flehte das Medium Sphera. Der Pfad auf dem sie flohen wurde von Tageslicht durchströmt, die Grenze der Welten war zu sehen! Eine helle Lichtwand stieg vom blühenden Feld auf in den Himmel, erhellte den dunklen Nachthimmel. Sie preschten über die Weide, nur wenige Meter hinter ihnen wichen die Blumen und das Gras, der Bosheit der Schatten. Kurz vor der Grenze stoppte das heilige Hirschwesen und stieg. „Sphera! Weshalb flieht Ihr noch?! Eure Wunden sind von Schatten vergiftet, Ihr könnt nicht in Euer Reich! Ihr seid mein!“ Der Schattenprinz Garan kam mit betont langsamen Schritten auf das Medium zu. „Noch heute Nacht werdet Ihr sterben!“ Versprach er. „Das ist mir bewusst!“ Haminas schnaubte und legte sich in das grüne Gras. Sphera stieg von ihrem Rücken hinab. „Jedoch wird meine Blutlinie noch lange nicht aussterben!“ Sie drehte sich ihrem Todfeind zu und setzte die Kapuze ihres edlen Seidenumhangs ab. „Was zur..?!“ Garan erstarrte, als er das schneeweiße Baby sah, welches in ein Seidentuch gewickelt in den Armen seiner Mutter lag. „Gebt es mir!“ Fauchte er! „Lebe wohl..“ Sie gab dem Kind einen Kuss auf die Wange, legte es in eine Tasche und hing diese ihrem Gott um. Eine Träne floss über ihr Gesicht. Dann drehte sie sich um und zog Pfeil und Bogen, um ihrer Partnerin den Rücken freizuhalten. Haminas erhob sich ein letztes Mal und brach mit der Wucht, welche nur von Göttern aufgebracht werden kann, mit ihrem anmutigen Körper in die Lichtwand der Grenze. Sie drückte ihren starken Leib durch die Wand, in ihrem Körper brannte das Schattengift wie tausend Sonnen! Sie legte das Baby behutsam ins Gras. Eine goldene Träne tropfte auf die Stirn des Mädchens. Dann drehte sich das liebevolle Geschöpf um, verließ die Zone des Lichts und kämpfte Seite an Seite mit ihrer Herrin gegen die Schatten. Den letzten Kampf, den sie jemals bestreiten mussten.
Sie lagen im von ihrem eigenen Blut getränkten Gras. Nebeneinander. Unzertrennlich. Die letzten Atemzüge schmerzten in Spheras Brustkorb. Leise flüsterte sie zu ihrer Partnerin und auch besten Freundin : „Alles wird gut. Wir sehen uns gleich wieder, es sind nur wenige kurze Momente. Lass los, ich bin da.“ Und Haminas ließ los. Genau wie sie. Ihr verebbter Herzschlag hallte im ganzen Land wieder und ihr unendliches Bedauern spürten alle magischen Wesen über ihren letzten Atemzug.
„Halyna, lebe..“
Die junge Bauersfrau, Jasmine, pflügte gerade das riesige Feld ihrer armen Familie, als sie aufhorchte. Das Geschrei eines kleinen Kindes drang in ihre Ohren. Jasmine legte ihre Sense weg und lief, immer von dem Geräusch geleitet, über das goldfarbene Feld. Bis sie an den Ursprung des jämmerlich klingenden Weinens kam. Das kleine Kind, was direkt an der Grenze zum Schattenreich lag, war ganz allein. „Nanu?“ Langsam näherte sich Jasmine dem kleinen Baby, was auch sofort aufhörte zu schreien. „Wer bist du denn?“ Liebevoll nahm sie das Mädchen in den Arm und sah sich um. „Und was machst du hier so allein draußen? Das ist viel zu-„ Sie stoppte abrupt und starrte auf die Gottheit, welche dort, im Schattenreich lag. Der riesige Hirsch bewegte sich nicht. Und die junge Dame daneben auch nicht. „Sphera.. Haminas..“ Völlig benommen trat sie etwas heran. „Das ist doch unmöglich..“ Tränen stiegen ihr in die Augen. „Jasmine..!“ Eine sanfte Stimme drang von dem Himmel herab zu der jungen Bäuerin. „Jasmine, ich habe nicht viel Zeit. Die Macht des Bösen fand einen Weg, über mich und meine treue Gottheit, Haminas, zu siegen. Doch Ihr seid nicht verloren, denn das kleine Mädchen in Euren Armen, ist meine Nachfolgerin und Tochter, Halyna. Ich flehe Euch an, lasst sie nicht hier allein. Kümmert Euch um sie, sie wird eines Tages an meiner Stelle über das Volk des Lichts wachen. Wenn sie ihr siebzehntes Lebensjahr anbricht, schickt sie fort. Sie soll das Licht der Götter suchen gehen, soll sich ihre Gottheit erwählen, an dessen Seite sie Euch beschützen will.“ Jasmine lauschte angespannt der Stimme von Sphera. Viele Tränen der Trauer liefen ihre zarten Wangen hinunter. Doch auf einmal hörte sie hinter sich ein keuchen! Erschrocken fuhr sie herum, es lief ihr eiskalt den Rücken hinunter. Dort, hinter der Grenze der Welten! Ein Schatten stand im dunklen Reich und beobachtete die junge Bauersfrau. „Ein Gesandter der Schatten.“ Erklärte die vom Himmel sprechende Sphera. „Jasmine, nehmt meine Tochter und flieht aus dem Land der Wasserfälle! Ich bitte Euch! Sucht die Nymphen, dort seid ihr sicher! Nun geht! Garan weiß schon bescheid!“ Ihre Stimme wurde leiser. „Flieht! Flieht so schnell Ihr könnt!“ Hörte die wunderschöne Jasmine nur noch, dann rannte sie los, über das Feld ihrer Familie, die Brücke des kleinen Baches und schnell in ihr Haus. Dort saß ihr Mann, Aaron. „Was ist denn los, mein Liebling?“ Fragte er besorgt, als seine wunderschöne junge Frau hereineilte und stand sofort von seinem kleinen Hocker auf. Jasmine erzählte ihrem Gatten alles, was ihr passiert war, sie weinte bittere Tränen. Das Kind in ihren Armen schrie nicht. Es war wach. Und es lauschte seiner neuen Mutter. Liebevoll strich der besorgte neue Vater des kleinen Mädchens seiner Frau eine schwarze Locke aus dem Gesicht. Seine eisblauen Augen sahen direkt in ihre, die mit den Tränen aussahen wie ein tiefblaues Meer. „Wir werden unsere Sachen nehmen, das Haus und unser Feld verkaufen, und der Bitte unseres Mediums nachgehen.“ Und so taten sie es. So schnell sie konnten, wickelten sie ihre Besitztümer in einige alte Laken und Tücher und luden sie auf ihre Kutsche. Schon am nächsten Tag war das Haus verkauft, nicht viel hatte Aaron für die kleine Hütte und das daran liegende Feld bekommen, jedoch ging es nicht anders. Aaron spannte sein Pferd vor die Holzkutsche, dann nahmen er und seine Gattin darin Platz. Das Kind hatte sie eng an sich gedrückt. Die Peitsche knallte und der Wagen begann zu rollen. Noch einen letzten Blick warf Jasmine auf ihr so geliebtes Heim. Und sie wusste, sie würden niemals hierher zurückkehren.
Fast 17 Jahre später.
„Halyna, aufwachen! Wir müssen reden!“ Müde öffnete Halyna ihre wunderschönen grünen Augen. Sie setzte sich auf und zupfte sich einige Heu Halme aus ihrer langen, blonden, lockigen Haarpracht. „Nun komm endlich!“ Ertönte nochmals die drängende Stimme ihrer lieben Mutter von unten. Fix sprang sie aus ihrem Heuhaufen, welcher als ihr Bett diente, und eilte zur Leiter, um ihr Dachbodenzimmer zu verlassen. Sie stieg hinab und drehte sich um. Da standen ihre Eltern. Sie sahen traurig aus. „Mama? Papa? Was ist denn los? Warum schaut ihr mich denn so traurig an?“ Verzweifelt sah sie zwischen ihren so geliebten Eltern hin und her. „Du musst fort reiten.“ Sagte ihr Vater knapp. „Und du wirst mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zurückkehren.“ Sie schluckte. „Was? Jetzt schon? Aber..“ Ihr Vater schlug auf den Tisch. Mit geballter Faust. „Kein Aber! Packe deine Sachen und beeil dich!“ Tief atmete sie durch, sprintete dann wieder die Leiter hinauf und verdrängte voller Wut und Schmerz ihre Tränen. Jasmine fiel Aaron um den Hals und begann fürchterlich zu weinen. Er jedoch starrte nur mit ernstem Blick seiner Tochter hinterher, ersetzte Trauer, Schmerz und Angst durch Wut. Schnell war die kleine Tasche des Mädchens gepackt und sie stellte sich auf die obersten Sprossen ihrer Leiter. Ihr Blick schweifte über alles in diesem Zimmer. Draußen war es dunkel und es regnete, jedoch sah sie bei jedem Blitz ihr Heuhaufen Bett, in dem sie seit sie ein Baby war geschlafen hatte. Ihre Spielecke, in der sie als kleines Mädchen mit Strohpuppen gespielt hatte. Ihren kleinen Hocker, auf dem sie seit ihrem 16. Lebensjahr jede Nacht gesessen und in die Sterne am Nachthimmel gestarrt hatte. An jenem Tag hatte sie ihre Bestimmung von ihren Eltern erfahren. Aber nicht wann sie ihre Herkunft einholen würde. Das fiel ihr jetzt wieder ein. Auch dass dies eigentlich nicht ihre Eltern waren. Ihr echter Vater war unbekannt, ihre Mutter tot. Wen hatte sie denn noch, wenn Jasmine und Aaron sie jetzt wegschickten? Keinen! Wieder entfachte Wut in ihr, energisch stieg sie die letzten Sprossen hinab und schritt an ihren Eltern vorbei, zur Haustür. Noch einmal drehte sie sich um und sah ihre ‚Familie‘ an. Ihr Vater sah selbstsicher und fordernd aus. Ihre Mutter hatte ihr Gesicht in seiner Brust vergraben. Halyna schnaubte, öffnete ohne ein Wort zu sagen die Tür und verließ das Haus. „Sie wird es schaffen. Sie ist ein starkes Mädchen, ihren Weg wird sie finden.“ Sprach Aaron zu seiner Gattin und streichelte ihr Haar.
Halyna ging nicht. Sie rannte. Rannte bis sie an dem kleinen Stall des Rappen Vamon angelangt war. Sie riss das Gatter auf, sattelte so schnell sie konnte das Pferd, verstaute ihr Gepäck in den Satteltaschen und stieg auf. „Heya!“ Schrie sie und trieb das Pferd, welches schwarz wie die Nacht war, an. Vamon stieg und preschte los! Sie sprangen über den Zaun, welcher ihr Grundstück umgab und galoppierten in den Sonnenaufgang, Richtung Innenstadt. Die Menschen, welche wach waren, starrten aus ihren Fenstern auf das Mädchen, welches auf dem prächtigen Pferd in ihre Bestimmung ritt, hinunter. Laut knallten die Hufe des riesigen Friesen auf den Steinboden nieder. „Halyna! Warte, mein Kind!“ Schrie Marie, die älteste Frau der Stadt, und kam mit einigen ihrer Verwandten die Straße hinunter geeilt, auf Halyna zu. Diese hielt ihr Pferd an. „Ihr alle habt es gewusst!“ Wütend ließ sie Vamon steigen. „Ihr alle habt gewusst dass ich heute gehen muss! Ich konnte mich nicht lang genug vorbereiten!“ Bedrohlich funkelten ihre Augen. „Halyna, bitte.. Es tut uns leid! Aber was sollten wir denn tun?!“ Marie hustete. „Ihr hättet es mir schon als ich klein war sagen sollen, ihr alle habt mich verraten!“ Tränen der Verzweiflung rannen über ihr vom Regen durchnässtes Gesicht. „Es tut uns so leid!“ Wimmerte Mara, die Tochter von Maria und stützte ihre gebrechliche Mutter. „Wir wollten es dir sagen, aber keiner konnte es!“ Verzweifelt sah sie Halyna an. „Verräter!“ Schrie diese und trieb ihren Rappen vorwärts. Im Galopp rasten die beiden durch die Straßen der Nymphen Stadt ‚Holy Tale‘ davon. „Halyna, warte!“ Rief Mara ihr noch hinterher, doch sie hörte es schon nicht mehr. Zu tiefst verletzt und enttäuscht ritt sie einfach aus der Stadt, ohne zu wissen wohin sie eigentlich musste. Wo sollte sie schlafen, essen und trinken? Wo würde sie Freunde finden? Und vor allem : Wo war denn eigentlich ihr Ziel? All diese Fragen bescherten ihr Kopfschmerzen. Der kalte Wind pfiff in ihre Ohren und ihre Haare waren tropfnass. Doch sie ritt weiter.
Es war später Nachmittag, als sie Vamon endlich anhielt. Ein kleines Dorf namens ‚Welling‘ schien ihr eine gute Raststätte zu sein. Sie stieg vom Rücken ihres starken Pferdes und führte es zu einem Trog, wo Vamon sich mit Wasser stärkte. „Ich wusste, du würdest kommen.“ Eine heisere alte Dame tauchte neben Halyna auf und sah sie ermattet an. „Du suchst ein Bett für die Nacht, Nahrung und einen Rastplatz für dein Pferd, nicht?“ Sie lächelte leicht. Halyna nickte sanft. „Na dann, sieh, dort ist meine Weide. Sattle dein Pferd ab und komm herein in die gute Stube!“ Es regnete noch immer, das Mädchen zitterte am ganzen Leib. Nur mit Mühe schaffte sie es, ihren besten Freund abzusatteln und ihm das Zaumzeug abzunehmen. Dann brachte sie ihn auf die Weide, nahm wieder ihren ebenfalls durchnässten Sattel mit ihrem Gepäck darin und betrat das kleine aber feine Haus der alten Frau. „Ich hoffe du magst Löwenzahntee?“ Lächelte die Frau wieder und bereitete eine Kanne heißen Tee zu. „Leg den Sattel und das Zaumzeug dort in die Ecke neben meinen Kamin, da wird alles schön trocken. Und dann zieh deine Sachen aus, ich gebe dir gleich ein feines Nachthemd.“ Sie schmunzelte leise und suchte aus ihrem Schrank ein blaues Seidenhemd heraus. Halyna tat wie ihr gesagt wurde und zog sich dann dankbar lächelnd das Hemd über. Dann suchte die Dame eine Decke und hängte diese ihrem Schützling um die zarten Schultern. „Nimm Platz, du hast sicherlich Hunger und Durst, bist ja schließlich durch halb Phorien gereist – und das in weniger als einem Tag!“ Halyna setzte sich schüchtern auf die kleine Bank die an einem Tisch stand und kauerte sich zusammen. Der Kessel zischte laut und die Frau goss Tee in zwei Tassen. Lieblich lächelnd stellte sie dem Mädchen eine davon auf den Tisch, dazu ein Brot mit Butter und Käse. „Iss, trink, du brauchst es.“ Sie setzte sich auf einen alten Stuhl und nahm einen Schluck von ihrer eigenen Tasse Tee. Halyna schniefte. Solch eine liebe Frau war das, doch Halyna hatte nichts was sie ihr hätte zurückgeben können. Das machte ihr sehr zu schaffen. „Ich danke Ihnen vielmals.“ Sagte sie leise und biss von dem Brot ab. „Für meine Enkelin mache ich das doch immer.“ Halyna verschluckte sich und hustete. „Oh, tut mir leid, ich hätte warten sollen bis du den Mund leer hast!“ Sagte die alte Dame entschuldigend und klopfte dem Mädchen auf den Rücken. „Ihre.. Was?!“ Fragte Halyna ungläubig, als sie sich wieder gefangen hatte. „Ja, ich bin deine Großmutter, Liebes.“ Sie lächelte müde. „Unmöglich.“ Halyna starrte in ihre Tasse Tee und schüttelte seicht den Kopf. „Meine gesamte Familie wurde von Garan getötet, Ihr lügt.“ Ihr Kiefer zitterte und sie schluckte ihre Tränen hinunter. „Ja, ich hatte vermutet, dass du das denken würdest.“ Seufzte die Dame und trank einen Schluck Tee. „Ich kann es dir auch nicht beweisen. Ich kann dir nur erzählen, was für ein toller Mensch Sphera war. Ein wahres Medium. Immer wieder setzte sie sich für Kranke ein, wies die zu stolzen zurecht und teilte ihren gesamten Besitz mit denen, die ihn dringender brauchten. Sie war mit Leib und Seele bei allem was sie tat und wich niemals davor zurück, ihr Volk zu beschützen. Sie opferte uns alles was sie opfern konnte, zum Schluss sogar ihr Leben. Dies gab sie jedoch nicht für einen von uns, sondern für dich.“ Wieder erschien dieses müde Lächeln auf den Lippen der alten Frau. Halyna schluckte. „Ich wünschte sie hätte es nicht getan..“ Murmelte sie gerührt und eine dicke Träne rollte über ihr Gesicht. „Na, na. Wer wird denn schon weinen? Und stelle nicht infrage, was deine Mutter für dich tat, es wird schon richtig gewesen sein.“ Tröstend legte die Dame ihren Arm um das Mädchen. „Wie genau ist es passiert?“ Fragte Halyna entschlossen. Diese eine Frage hatte sie ihren ganzen Mut gekostet. Und die alte Dame, die, wie sich herausstellte Sophia hieß und wirklich die Großmutter des jungen Waisenmädchens war, erzählte ihrer Enkelin, wie sich die tapfere Sphera dem Bösen in den Weg gestellt hatte, um ihr kleines Kind zu retten…
„Es ist also wahr..“ Sagte die bedrückte Jenia, als sie das Schlafgemach der werdenden Mutter betrat und setzte sich zu Dieser auf den Rand des Bettes. „Ja. Aber es ist ein gesundes, kleines Mädchen. Sie ist gut für das Volk.“ Sphera streichelte ihren leicht gerundeten Bauch mit der kleinen Halyna darin und sah ihre Freundin ernst an. „Blödsinn!“ Entgegnete diese aufgebracht. „Sie wird uns ins Unglück stürzen! Unsere Existenz ist in Gefahr, wenn du sie bekommst!“ Schrie sie und stand auf. Mit geballten Fäusten und wutverzerrtem Gesicht stellte sie sich vor ihre Freundin. „Zügle deine Wut, Jenia!“ Sagte Sphera kühl, aber bestimmt. „Nein! Du solltest deinen Verstand benutzen! Du willst uns wohl alle umbringen?!“ Keifte die zierliche Brünette aufgebracht. Sophia stürzte in den Raum. „Was ist denn hier los? Ihr schreit ja das ganze Tal zusammen!“ Aufgeregt betrachtete sie die beiden Freundinnen, welche sich wütend in die Augen funkelten. „Gar nichts. Nur eine Meinungsverschiedenheit.“ Sphera erhob sich und stand nun direkt vor Jenia, welche vor Zorn schnaubte. „Sphera, sie wird uns töten. Dieses Kind wird ein Racheengel, ich sah es! Und meine Vorhersagen stimmen! Immer!“ Hasserfüllt starrten sich die ehemaligen besten Freundinnen an. „Jenia! Es reicht! Richte nie wieder das Wort gegen meine Nachfolgerin, sonst schwöre ich dir..!“ Tränen der Wut stiegen Sphera in ihre grünen Augen und sie strich sich eine goldene Locke aus der Stirn. „Du ziehst es deiner besten Freundin und treusten Mitstreiterin vor?!“ Brüllte Jenia verletzt. Sphera sog scharf die Luft ein und sah Jenia an. „Ich werde sie behalten! Dies ist mein letztes Wort!“ Damit rempelte sie Jenia aus dem Weg und rauschte aus dem Haus ins Freie. Ratlos sah Sophia ihrer Tochter hinterher und schüttelte den Kopf. „Sie wird zur Besinnung kommen. Ganz sicher.“ Tröstete sie Jenia, doch diese schnaubte nur, setzte sich auf das Bett und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Sphera hingegen rief ihre Gottheit, Haminas herbei. Der Hirsch mit dem goldenen Fell und den tiefschwarzen Augen kam angetrabt und schmiegte sich sofort tröstend an die mittlerweile weinende junge Frau. „Wenigstens du bist mir geblieben..“ Sagte sie, schniefte und streichelte das seidige Fell ihrer Gefährtin. In ihren Gedanken hörte sie Haminas leise antworten ‚Und das werde ich immer..‘ Der Halbengel lächelte sanft und stieg auf den Rücken ihrer Freundin. „Lass uns dahin reiten, wo sie uns nicht finden. Wir müssen reden..“ – ‚Ich weiß..‘ Und schon sprinteten sie los. Nach einigen Schritten hoben sie ab und ritten gemeinsam durch den Himmel. Die Sonne ging allmählich unter und sie erreichten endlich eine kleine Wolke. „Hier ist es gut, denke ich.“ Das Medium stieg von ihrer Göttin herab und setzte sich auf die weiche Wolke. Haminas legte sich neben sie. ‚Du wolltest reden..?‘ Erwartungsvoll sah sie ihre Herrin an…
„Mehr von diesem Gespräch bekam die kleine Elfe, welche ihnen mit Mühe gefolgt war, um mir zu berichten, was sie taten, leider nicht mit. Tja, auch die hatte eben begrenzte Flugkräfte.“ Sophia sah ihre Enkelin an, welche nur stirnrunzelnd in ihre Teetasse starrte. „Aber es geht ja noch weiter.“ …
Am späten Abend kehrte Sphera zurück. Sie war von schwarzem Blut übergossen und betrat mit eiligen Schritten die kleine Hütte im Tal der Nymphen. Wütend knallte sie ihren Bogen, welcher ebenfalls tiefschwarz gefärbt war, auf den Tisch und sah ihre Mutter nur flüchtig an. „Drachen. Schattendrachen.“ Sagte sie schnell und kramte ihre Rüstung aus dem Schrank. „Wie bitte..?“ Sophia wurde bleich im Gesicht. „Hier über unserem Tal. Es sind viele. Wir haben einige getötet, aber es werden einfach nicht weniger!“ Sofort packte Sophia ihre junge Tochter am Handgelenk. „Wir rufen die Soldaten! Du allein wirst nicht viel gegen sie ausrichten können! Du musst fliehen!“ Doch Sphera riss sich los. „Niemals! Ich muss mein Volk beschützen, koste es, was es wolle!“ Fauchte sie und zog sich ihre Rüstungsteile an. „Was sollen wir denn ohne dich tun?! Denk auch mal an dich! Denk an euch..“ Sie sah den Bauch an, in dem ihre Enkelin verborgen lag. Plötzlich lauschten sie auf. „Schritte!“ Zischte Sophia. Sie hatte recht. Schwere Eisenstiefel kamen auf das Haus zu. Gerade wollte Sphera ihren Bogen mit einem Pfeil zur Hand nehmen, da griff Sophia nach einer Schatulle, holte blitzschnell ein Ledersäckchen heraus und öffnete dieses. Dann steckte sie ihre Hand hinein, nahm reichlich von dem Pulver, welches sich darin befand und streute es auf ihre Tochter. Diese konnte sich nicht mehr darunter hinweg ducken. Die werdende Mutter verlor sofort ihre Menschliche Form, verwandelte sich in den Samen einer Pusteblume und war somit unauffällig. In diesem Moment knallte die Tür auf und in der Türschwelle stand der junge Schattenprinz, Garan. „Hallo, Sophia.“ Sagte er und trat ins Haus. „Was wollt Ihr?“ Fragte die selbstsichere Frau und atmete tief durch. Garan lachte. „Nette Begrüßung! Wo ist denn Eure liebe Tochter? Und denkt nicht, dass Ihr mich austricksen könnt. Ich bin gut informiert..“ Er kam einige Schritte näher. „Sphera ist nicht hier. Schon lange nicht mehr.“ Log Sophia. Garan schlug mit seiner Faust auf den Tisch, dieser zerbarst sofort in tausend Teile. „Lügt mich nicht an!“ Brüllte er aufgebracht! Sophia schluckte. „Ich weiß, dass sie bei Euch ist.“ Prüfend sah er sich um. „Sagt mir jetzt wo sie ist, oder ich werde unfreundlich!“ Drohte er. Sophia sah ihn gleichgültig an. „Garan, Ihr glaubt nicht wirklich, dass ich meine eigene Tochter an Euch verraten würde?“ Fragte sie kühl. „Ich habe mir schon gedacht, dass Ihr sie beschützen würdet.“ Er schmunzelte. „Leider wird Euer Trotz weder Euch das Leben retten, noch ihr!“ Mit diesen Worten zerschlug er den Stuhl neben sich. Sphera war unentschlossen, was sie tun sollte. Sollte sie sich und ihr Kind in Sicherheit bringen und dafür ihre eigene Mutter im Stich lassen? In ihrer jetzigen Gestalt hatte sie wohl kaum eine Wahl. Sie konnte nur entweder bleiben und abwarten was geschehen würde, oder hinausfliegen. Diese Entscheidung nahm ihr ein Windstoß, welcher durch das Fenster hereinkam, ab. Die Briese wehte sie direkt zur Tür hinaus. Verzweifelt versuchte sie dagegen anzukämpfen, doch sie hatte keine Chance. Kurz bevor sie ganz hinaus wehte, drehte sich Garan zu ihr um und erstarrte. „Netter Versuch!“ Hörte man seine dunkle Stimme raunen und er setzte sich sofort in Bewegung, um Sphera, dessen Tarnung aufgeflogen war, mit der Hand zu fangen. Sophia reagierte so schnell sie konnte, sprang auf den Rücken des Schattenprinzen und rettete ihrer gerade erst erwachsen gewordenen Tochter somit das Leben. Das Medium sah nur noch, wie ihre Mutter Garan in den Hals biss, dann knallte ein weiterer kräftiger Windstoß die Tür zu und Sphera schwebte davon.
„Das kann doch nicht sein!“ Unterbrach Halyna ihre Großmutter entsetzt. „Meine Mutter hat dich im Stich gelassen?!“ Völlig fassungslos sah sie die alte Dame an. „Sie hatte keine andere Wahl. Aber wie du siehst habe ich es ja überlebt.“ Ein sanftes Lächeln beruhigte das Mädchen. „Ja, aber es war nicht richtig.“ Sagte sie trotzig. „Sie hatte es ja auch eigentlich nicht freiwillig getan.. Naja, es geht weiter. Sei still und hör zu.“ …
Nach vielen Kilometern ließ die Wirkung des Pulvers nach und Sphera bekam endlich ihre Menschengestalt zurück. Lange schon war sie nicht mehr im Tal der Nymphen. Sofort sah sie über sich die vielen dunklen Wolken und viele schwarze Drachen am Himmel, welche in Richtung ihrer Heimat flogen. „Mama..“ Sie schluchzte. Leise rollten erste Tränen über die helle Haut ihres Gesichts, ihre grünen Augen wurden pechschwarz. Doch sie fuhr erschrocken zusammen, als sie hinter sich Schritte hörte. Hastig drehte sie sich um und hob die Hand, bereit demjenigen, der dort war, kräftig eins zu verpassen, doch sie stoppte mitten in der Bewegung und ließ die Hand wieder sinken. Haminas stand dort und trippelte unsicher auf einer Stelle herum. „Haminas..!“ Sphera fiel ihrer Gefährtin um den Hals, und weinte bittere Tränen der Verzweiflung. ‚Du und deine Tochter müsst hier weg. Es herrscht ab heute Krieg in diesem Land, die Schatten suchen dich überall.‘ Die Stimme der Göttin klang besorgt und aufgebracht zugleich. „Ja.“ Sagte das Medium nur knapp und stieg mit einem Ruck auf den Rücken von Haminas. Diese rannte sofort los, über das Feld und dann mit einem Sprung in den Himmel. Sphera sah nur noch, wie hinter sich etliche Häuser von Feuerfontänen niedergebrannt wurden. Die Drachen steckten erbarmungslos alles in Flammen, was ihre rot glühenden Augen erspähten. ‚Du kannst nichts mehr für sie tun.‘ Sprach Haminas die Wahrheit aus. Das wusste Sphera. „Ja. Es würde nichts ändern, wenn ich mit ihnen sterben würde. Oder?“ Verunsichert sah sie die Hirschgestalt an. ‚Nein. Dein Tod würde ihre Herzen ohne Hoffnung und voller Sorgen ausklingen lassen.‘ Ein bestialisches Brüllen erschütterte das Land, für einen kurzen Moment stürzte Haminas ab, so laut und unerträglich waren die Schreie, die der böse Prinz Garan ausstieß. „Sphera!“ Hörte man seine von Hass und Wut geprägte Stimme schreien. „Ich werde Euch finden! Es ist egal wie weit Ihr flieht, ich werde Euch kriegen und auslöschen! Das schwöre ich!“ Und Sphera hoffte dies. Sie wollte Rache. Rache für ihr Volk! Rache für ihre Mutter! Doch zuerst floh sie zu den Sterblichen Menschen um dort ihr Kind zu bekommen. In der Stadt ‚Jernan‘ fand sie Schutz. Dort verweilte sie einige Wochen. Monate. Bis es endlich soweit war und sie ihr Kind gebar. „Willkommen in deiner Welt, kleine Halyna..“ Flüsterte sie ihrer kleinen Tochter zu. Doch in diesem Moment schon wusste sie, dass Halyna anders war. In ihr schlug ein bösartiges Herz. Das Herz eines Racheengels. …
„Nein!“ Halyna unterbrach ihre Großmutter wieder. „Ich bin doch kein Racheengel! Die sind ausgestorben, schon vergessen?! Abgesehen davon sind das die boshaftesten Geschöpfe, die die Welt je gesehen hat!“ Versuchte Halyna, Sophia zu erklären. „Du bist die Letzte deiner Art, glaub mir. Und noch ist dein Herz rein. Doch es wird nicht mehr lange so bleiben.“ Wütend starrte ihre Enkelin sie an. Doch sie wusste tief in sich, dass Sophia recht hatte. „Deshalb, und hör mir jetzt gut zu, musst du bevor du dein 20. Lebensjahr anbrichst, dein Volk gerettet haben und eine Nachfolgerin erwählen. Denn dann wirst du sterben, nicht mehr du selbst sein. In dir wird eine neue Seele heranwachsen und diese wird dich dann ablösen. Bis dahin darfst du nicht mehr in unserem Land sein, oder es wird viele Menschen ihr Leben kosten. Der Rest der Geschichte erklärt noch so Einiges.“ Halyna nickte. „Ich werde es schaffen. Für meine Mutter.“ Sie lächelte und weinte zugleich. „Ich weiß. Möchtest du jetzt den Rest der Geschichte hören?“ Fragte Sophia liebevoll. „Ja, gern.“ Stimmte ihre Enkelin zu. …
Als die junge Halyna gerade einige Wochen alt war, und friedlich in ihrem Bettchen lag, bekam Sphera Besuch von einem Wahrsager. „Hallo, mein Kind.“ Begrüßte er den Halbengel, Sphera, und umarmte sie. „Hallo, Samian.“ Lächelte das Medium, und ließ den alten Herren eintreten. Er atmete sofort tief durch. „Die Luft erdrückt mich. Dein Kind hat die boshafteste Aura, die ich je spürte. Es wird eine große Gefahr.“ Bedauernd sah er die junge heranwachsende Dame an. „Bitte.. Sie braucht nur Zeit bis zu ihrem 20. Lebensjahr, das reicht schon! Ich weiß, du kannst es nicht aufhalten, aber verzögere es bitte wenigstens..!“ Flehte sie und setzte sich verzweifelt auf ihr Bett. „Nun gut, ich kann es versuchen.“ Er hielt seine Hände über das Baby und konzentrierte sich. Das Kind sah ihn ruhig an und seine großen grünen Augen funkelten. Dann nahm Samian ein Gefäß aus Bernstein und zog die Bosheit von 20 Jahren mühevoll aus dem kleinen Körper heraus. Halyna fiel in einen tiefen Schlaf. Dann verschloss Samian das Gefäß sorgfältig und verstaute es in seiner Tasche. „Es tut mir leid, dass ich nicht mehr für euch beiden tun kann. Du selbst musst auch etwas dafür tun, das Kind muss in die Schattenwelt und dort einen Schluck vom See der Schwarzmagie trinken. Nur diese kann ihr die 20 Jahre lang das Herz rein halten. Ich hoffe, diese Zeit wird ausreichen, um uns zu retten.“ Mit eiligen Schritten verließ er ohne sich zu verabschieden das Haus. „Bitte.. Halyna.. Du musst das schaffen..“ Die Mutter setzte all ihre Hoffnung in dieses kleine, schneeweiße Geschöpf. Dann nahm sie eine Tasche, legte ihr Kind hinein und verließ ebenfalls das kleine Haus. Es war draußen bereits dunkel, doch sie wollte so schnell wie möglich ins Reich der Schatten, solang sie noch im Krieg waren würde es vielleicht nicht allzu vielen boshaften Kreaturen auffallen. Also stieg sie mit ihrer Tochter auf Haminas‘ Rücken. „Wir müssen ins Schattenreich, zum See der Schwarzmagie.“ Klärte sie ihre Begleiterin auf. ‚Jawohl.‘ Sagte Haminas knapp und galoppierte in den Himmel. Nach fast 2 Stunden gelangten sie an der Grenze an. Sphera umschloss ihr Kind mit einem Arm und hielt sich mit dem anderen an Haminas‘ Fell fest. „Bereit?“ Fragte sie ihre treue Göttin. Diese gab keine Antwort, sondern sprintete auf die grell leuchtende, goldfarbene Lichtwand zu. Mit einer enormen Kraft brach sie hindurch und fand sich auf der Schattenseite wieder. Noch einmal drehten sie sich um und Sphera sah mit Tränen gefüllten Augen die große Lichtwand an, dann rasten sie los. Ungebremst huschten sie über die Felder, hier zu fliegen wäre zu riskant gewesen. Hinein in den Wald, immer weiter und immer schneller ritt das Medium mit ihrer Tochter durch das Land des Feindes. Sie mieden Pfade und Wege, um nicht gesehen zu werden. Es ging bergauf, doch Haminas schnaubte nicht einmal, geschweige denn dass sie langsamer wurde. Ihre starken Beine trugen sie und ihr Medium durch die Wälder des Bösen, ohne auch nur ansatzweise Schwäche zu zeigen. Nach einer langen, anstrengenden Reise kamen sie endlich am besagten See an. Sofort stieg Sphera ab, sie wusste dass es gefährlich war. Behutsam gab sie ihrer Tochter genau einen Schluck vom Schattenwasser, es war schwarz wie die der Nachthimmel im Schattenreich. Ohne Sterne. Einfach nur schwarz. „So, so..“ Sphera erstarrte. Gerade hatte sie sich wieder auf Haminas‘ Rücken setzen wollen, doch sie stoppte in der Bewegung. Diese Stimme kannte sie nur zu gut. Schnell und unauffällig Hauchte sie ihre Tochter an. Aus dem Mund des Mediums kamen leuchtende Feen, nicht größer als Sandkörner, nahmen der jungen Frau ihre Tochter ab und ließen diese unsichtbar werden, um mit ihr hinter einen Strauch zu schweben und sie dort zu verstecken. „Wenn das mal nicht mein liebes, lang gesuchtes Medium ist! Deine Anwesenheit ist unverkennbar, du müsstest eigentlich wissen dass ich sie spüre.“ Langsam drehte sich Sphera um. „Ich habe Euch schon lange gesucht. Leider haben wir nicht viel Zeit, da ich nur Euch umbringen muss und dann den Krieg gewonnen habe!“ Er lachte und trat an den Halbengel heran. Sie zog sofort ein Messer und ging in Angriffsstellung. „Verschwindet! Ich werde nicht einfach aufgeben!“ Fauchte sie und sah ihn drohend an. „Aber, aber. Wer wird denn gleich so unfreundlich werden?“ Er kam noch ein Stück näher, war nun kaum noch einen Meter von ihr entfernt. Sphera sah die Narbe an seinem Hals. Dort hatte Sophia hinein gebissen, als sie das Leben ihrer Tochter rettete. Garan bemerkte, wo sie hinsah und grinste. „Ja, deine Mutter Sophia hat ein ganz schön starkes Gebiss für einen normalen Menschen.“ Bemerkte er. „Und flink ist sie auch, ist mir doch glatt entwischt, dieses Biest.“ Der Prinz schüttelte den Kopf. „Aber was soll’s. Sie wollte ich sowieso nicht.“ Er seufzte und räusperte sich dann. „Schon fast schade, dich zu töten. Aber naja..“ Schneller als das Medium gucken konnte, stand er direkt vor ihr, Nase an Nase, und sein vergiftetes Schwert bohrte sich in das reine, unschuldige Herz der Frau. Sie schrie auf, sackte zusammen und ließ ihr Messer fallen. Doch sie zog seine Waffe eigenhändig aus ihrem Leib und richtete sich auf. Ihr silbernes Blut klebte daran. Sie warf die Klinge mit dem tödlichen Schattengift zu Boden, drehte sich ruckartig um und erstarrte, als sie sah, dass Haminas von der Spitze, die den Leib ihrer Herrin durchbohrt hatte, ebenfalls eine tiefe Wunde hatte. „Nein! Haminas!“ Die Göttin schnaubte. ‚Steig auf!‘ Hörte Sphera ihre Gefährtin in ihre Gedanken dringen. Bevor Garan sie packen konnte, saß sie schon auf ihrer Hirschgöttin und die Feen brachten ihr Kind heran. Sie drückte es an sich, es war nicht mehr unsichtbar, als die Feen es nicht mehr berührten und davon flogen. Doch da sie Garan ihren Rücken zugedreht hatte, sah er das Baby nicht. Haminas preschte los, so schnell wie noch nie zuvor! Die beiden spürten, wie sich das Gift in ihnen verteilte und in ihren Adern kochte. Doch das Kind, Halyna, sie musste überleben! Garan schrie ohrenbetäubend laut, dass seine Soldaten den Krieg beenden sollten und in ihr Land zurückkehren mögen. Dann setzte er sich auf ein pechschwarzes Pferd, welches aus dem Wald gelaufen kam und neben ihm anhielt, trieb es an und verfolgte die vergiftete Göttin und ihre Reiterin. Im Reich des Lichts wurde es währenddessen ruhiger. Die Schattenwesen verschwanden allesamt. Das Blutvergießen hatte ein Ende gefunden. Vorerst. Sophia, welche sich mit einigen ihrer Freunde in einem Haus eingeschlossen und versteckt hatte, trat zum ersten Mal seit Wochen vor die Tür. Sie wusste, dass ihre Tochter sie gerettet hatte. Und sie kannte den Preis, welchen Sphera dafür bezahlt hatte. Ihr Leben.
„Den Rest haben dir sicher deine Adoptiveltern, Aaron und Jasmine erklärt. Richtig?“ Halyna nickte seicht. „Sag mal.. Was ist mit Jenia passiert?“ Fragte sie. Plötzlich wurde Sophias Mine ernst. „Sie hat die Seiten gewechselt und kämpft nun an der Seite von Garan.“ Erklärte sie kühl. „Die beiden hatten sich verlobt, noch bevor ich von ihrem Verrat wusste. Vielleicht wusste Sphera dies und hat sie deswegen verstoßen, aber genau kann ich es nicht sagen. So wie ich meine Sphera kannte, hatte sie es geahnt und Jenia abgewiesen, um den Verrat, welchen diese geplant hatte, ins Leere laufen zu lassen. Komischerweise jedoch, hatte Jenia offensichtlich nicht ein Wort über dich bei Garan verloren. Er wusste nicht von dir, bevor er dich sah.“ Halyna schluckte. „Und wo sind mein Vater und.. Mein Großvater..?“ Fragte sie unsicher. Sophia sah auf ein Bild, welches an der Wand hing. Ein wunderschöner Soldat mit schneeweißen Engelsflügeln lächelte in die Kamera. „Dies ist dein Großvater, Nehan. Er starb für unser Volk im Krieg gegen die Streitkräfte Garans, noch bevor ich von meiner Schwangerschaft mit Sphera wusste.“ Sie seufzte. „Er war ein ganz besonderer Mann, mein Nehan. Sphera hatte so viel von ihm.“ Traurig lächelte Sophia das Bild ihres verstorbenen Gatten an. Dann schüttelte sie den Kopf. „Und dein Vater.. Seine Identität ist geheim geblieben, nur Sphera und ich wussten seinen Namen. Luanyan ist der heiligste aller Engel, der stärkste aller Krieger. Dein Vater.“ Halynas Herz schlug schneller. „‘Ist‘? Du meinst er lebt?!“ Fragte sie ungläubig. „Halyna..“ Fing Sophia an. Da dämmerte Halyna, was ihre Großmutter meinte. Sie ließ den Kopf hängen. „Luan.. Das ist doch der Name der Grenze der Welten.. Richtig?“ Gefasst sah sie Sophia ins Gesicht. „Dein Vater opferte sich um das Volk des Lichts zu schützen. Vor einigen Jahren noch, herrschte ein gewaltiger Krieg um die gesamte Welt. Unser Volk war kurz davor, zu verlieren. Doch dein Vater benutzte uralte Nymphen Magie, um uns alle zu retten. Er beschwor einen mächtigen Zauber, welcher ihm die Kraft verlieh, eine Grenze zu ziehen. Also reiste er um die Welt und zog hinter sich eine lange Linie, die Grenze der Welten. Schließlich ließ er seine eigene Seele dort hinein wandern. Denn dies war der Preis für diesen alten Schwur, den er zahlte.“ Halyna wusste nicht, was sie fühlen sollte. Stolz, so eine Familie gehabt zu haben? Wut, dass sie sie alle allein ließen? Angst, allein zu sein? „Doch..“ Begann Sophia, die sah, wie nahe ihre Enkelin den Tränen war. „Er hatte sich verabschiedet. Seine letzten Worte waren an Sphera und dich gerichtet. Du ruhtest damals noch in ihrem Bauch, sicher und geborgen. Er versprach, bei dir zu sein, wenn du dich selbst verlierst. Du solltest nur zu ihm kommen, er würde dir zuhören.“ Halyna fühlte die Tränen ihre Wangen hinunterlaufen. Sie war glücklich. Glücklich, dass sie dieses Wissen erreichte. Ihre Großmutter nahm sie liebevoll in den Arm. Das Mädchen war ihr so dankbar, dass sie all dies von ihr erfahren hatte. „Danke..“ Murmelte sie und schlief dann erschöpft in Sophias Armen ein.
Halyna fand sich in einem Blumenfeld wieder. Es war wundervoll, ruhig und so vertraut. Sie stand auf und ging. Ging einfach völlig gelassen durch die bunten Blumen, das weiche, saftige Gras. In der Ferne graste Vamon. Doch als er sie sah, trabte er fröhlich zu ihr und schmiegte sich an sie. „Hallo, mein Hübscher.“ Begrüßte sie ihn und streichelte seine Nüstern. Er schnaubte zufrieden. Dann ließ er wieder den Kopf sinken und graste weiter. Halyna lächelte und setzte sich neben ihn auf die Erde. Sie fühlte ihre Umwelt, roch den frischen Duft des Friedens, sah in die Ferne und dachte einfach nicht mehr nach. Ihr Kopf war mit wundervollen Liedern gefüllt, ihre Augen schlossen sich. Doch dann hörte sie ein Lachen. Es kam ihr bekannt vor und sie riss die Augen wieder auf. Hektisch sah sie sich um. Und da, wieder! Das war ein Lachen, was sie schon lange nicht mehr gehört hatte. Ihr eigenes. Verwirrt stand sie auf und drehte sich im Kreis. Nirgends war jemand zu sehen. Als sie sich wieder zu Vamon drehen wollte, war er weg! Scharf sog sie die Luft ein. Plötzlich erspähte sie in der Ferne eine Person. Wieder das Lachen. Die Person trat näher. Alle Blumen, die sie berührte verwelkten und starben sofort. Halyna schnappte nach Luft, die Aura dieses Wesens raubte ihr den Verstand, sie war so mächtig, so bösartig! Als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass diese Person dort eine Frau war. Kurz darauf stand sie nur noch wenige Meter von dem Mädchen. ‚Diese Aura.. Sie erdrückt mich..‘ Dachte Halyna und ihre Beine gaben nach. Ihr Körper wurde zu Boden gedrückt. Dann erkannte sie die junge Frau vor sich. Schmerzhaft brannte sich der Gedanke in ihr Herz, dass diese Frau dort, sie selbst war. Das Mädchen japste. „Hallo.“ Grüßte die Frau. Ihr Gesicht blieb jedoch emotionslos. Ernst blickte Halyna sie an und rappelte sich mühevoll auf. „Wer bist du?“ Fragte sie sofort. Ihr Gegenüber schüttelte den Kopf. „An deiner Stelle wäre ich nicht so dreist! Man sagt Hallo, wenn man jemanden trifft!“ Ihre Stimme wackelte ein wenig vor Zorn. Doch dann beruhigte sie sich wieder. „Aber da du ja ich bist, vergebe ich dir diesen kleinen Fehltritt.“ Halyna hatte also recht gehabt. Das war sie. Ihre Zukunft. Böse. Plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf : ‚Wenn sie diese Person töten würde, gäbe es Frieden!‘ Ihr Gegenüber schüttelte nur wieder den Kopf. „Ich kann deine Gedanken hören, du Kind. Und ich möchte dich warnen, wenn du mir näher kommst, ist dies dein Tod.“ Halyna schluckte. Die böse Halyna schnaubte nur. „Sag mal, was ist dein Problem?“ Fragte sie zickig. „Was ist so schlimm daran, böse zu sein? Meine Güte ja, man tötet ein paar Menschen. Die haben aber noch nicht einmal Fähigkeiten! Sie sind sterbliche, normale Menschen. Kommen schon um, wenn sie ein wenig bluten! Solche Wesen sind zum Sterben geboren. Sieh dir zum Beispiel die arme alte Oma an. Die macht’s auch nicht mehr lange! Ihre Lebenserwartung ist nicht sehr hoch, das weißt du. Sie wird noch umkommen, bevor du 20 Jahre alt bist – Du wirst diesen Kampf allein bestreiten müssen!“ Der Racheengel setzte sich ins Gras, welches schon tot war. „Und Nymphen, Feen, Elfen, all diese Lebewesen sind nutzlos! Können nur Dinge zum Blühen bringen, die wir eh wieder zerstören.“ Die tiefschwarzen Haare der Frau waren so lang, dass sie über ihren ganzen Rücken, bis auf den Boden reichten. „Du und ich. Wir zwei würden sogar Garan in den Hintern treten! Und Oma und dein Pferd können wir auch retten. Denk mal nach! Wir wären unschlagbar, das absolute Böse.“ Zwei spitze, weiß funkelnde Eckzähne blitzten hinter ihrer Oberlippe hervor. Halyna sah in die Ferne. Und sie begann, wirklich darüber nachzudenken, den Vorschlag ihrer eigentlichen Feindin anzunehmen. Sie könnte ihre Oma retten, und Vamon auch! Aber so viele Lebewesen würden umkommen.. Es war nicht richtig. Das wusste sie. Und auch, wenn es ihr schwer fiel : Dieses Angebot konntesie nur ablehnen! Deshalb schüttelte sie schließlich den Kopf. „Nein.“ Sagte sie knapp. „Gut. So sei es..“ Langsam stand die Frau auf und klopfte sorgfältig all den Staub der vertrockneten Blumen von ihrem schwarzen Kleid. Dann wandte sie sich zum Gehen ab. „Ach ja, und..“ Mitten in ihrer Bewegung hielt sie inne und drehte den Kopf halbwegs zu Halyna, welche schon kaum noch die Kraft zum Stehen hatte, da diese starke, böse Aura ihr immer noch ziemlich zusetzte. „Wenn du es dir anders überlegen solltest, denk einfach an mich. Ich erscheine dann in deinem nächsten Traum.“ Damit verschwand die junge Dame schon nach wenigen Schritten im Nichts.
„Hey, Halyna! Alles in Ordnung?“ Oma Sophia schüttelte ihre Enkelin heftig, sodass diese schweißgebadet aus ihrem Alptraum erwachte. „Uff, ich dachte schon du hyperventilierst!“ Seufzte die alte Dame und setzte sich auf die Bettkante des immer noch völlig verstörten Mädchens. Sophia bemerkte sofort, dass es kein gewöhnlicher Alptraum gewesen sein konnte. „Magst du es mir vielleicht erzählen?“ Fragte sie und tupfte mit einem Tuch liebevoll die zahlreichen Schweißperlen von der Stirn ihrer Enkelin. Halyna nickte und erzähle ihrer Großmutter von ihrem Traum. Gespannt hörte die alte Dame zu, nickte immer wieder und runzelte die Stirn. Schließlich hatte Halyna alles erzählt und seufzte verzweifelt. „Was soll ich nur tun? Ich will dich nicht verlieren!“ Bittend sah sie ihre Oma an. Diese lächelte nur schwach. „Du wirst es schaffen. Du bist eine Legende und wirst diesem Titel nachkommen – auch ohne mich.“ Sanft streichelte ihre Hand über die Wangen des Mädchens. Das stimmte. Sie war eine Legende, gemacht um die Welt zu retten!
Ein halbes Jahr später.
Halyna wohnte nun bei ihrer Großmutter, sie überlegte. Dachte nach. Doch die letzten Wochen waren anstrengend gewesen. Nächtliche Alpträume in denen sie immer wieder von dem Racheengel überfallen und angegriffen wurde, machten ihr das Leben schwer. Kaum eine Nacht verging, in der sie mehr als 3 Stunden Schlaf bekam. Schreiendes Erwachen weckte jedes Mal auch ihre Großmutter, Sophia, welche sich daraufhin immer sofort ihre Kerze schnappte, in ihre Pantoffeln schlüpfte und hinüber ins Zimmer ihrer Enkelin eilte. Dort setzte sie sich an den Bettrand des Mädchens und ließ sich alles erzählen, was in den Träumen passierte. Eines Tages jedoch träumte Halyna etwas anderes. Gerade als die teuflische Halyna auf das Mädchen zustürmte, um ihr einen Dolch in die Brust zu rammen, erschien ein wunderschönes, goldenes Geschöpf und baute seinen anmutigen, blendend hell leuchtenden Körper vor dem Mädchen auf. Mit einem Schrei verschwand die böse Frau – genauso, wie das Geschöpf. „Offensichtlich ein Gott!“ Sophias Augen wurden groß und größer. „Was für ein Tier ist es?“ Fragte sie, ganz aus dem Häuschen vor Aufregung. „Ich weiß es nicht.“ Murmelte die verstörte, junge Lady und senkte den Blick. „Es ist so hell, dass ich nicht einmal seine Umrisse erkennen kann.“ Erklärte sie. „Vielleicht sogar dein Gott, Halyna.“ Das Mädchen runzelte die Stirn. Hatte Sophia in der Hinsicht Recht? War das wirklich ihr Gott gewesen? Ihr Gefährte, den sie schon bald finden würde? Sie sah zu Boden und dachte nach. „Leg du dich noch etwas zur Ruhe, der Postbote müsste gleich kommen ich muss zur Tür.“ In diesem Moment klopfte es schon an der Tür und Sophia verließ das Zimmer. Doch gerade als sich die junge Frau wieder hinlegte, flogen Fenster und Tür weit auf und ein unheimlicher Wind rauschte durch das Zimmer. Halyna erschrak furchtbar, sprang auf und eilte zur Haustür – sie stand weit offen. Von Sophia keine Spur. „Großmutter?!“ Halyna raste aufgebracht durch das kleine Haus, doch sie fand niemanden. Schließlich riss sie den alten Holzschrank von Sophia auf, griff sich den Bogen und die Pfeile die darin verstaut waren, sprang einfach aus dem Fenster, über den Zaun der Weide von Vamon und hechtete auf dessen Rücken. In der Ferne zogen dunkle Wolken dahin, denen folgte das Duo ungehalten. Halynas Herz raste vor Wut. ‚Ich bringe sie um! Bringe alle um, die dafür verantwortlich sind!‘ Schwor sie in Gedanken und trieb Vamon nun noch schneller voran. Tränen standen in ihren Augen. Nur weil sie bei ihr geblieben war, ist dies hier geschehen! Nur ihretwegen! Ihr Herz schmerzte und zog sich zusammen. Sie spürte wie ihre Zeit ablief. Zwar stand ihr 18. Geburtstag erst kurz bevor, doch sie fühlte dass ihr Herz Dunkelheit barg und schon jetzt damit zu kämpfen hatte. Allmählich holten sie die Wolken ein, Nebel umgab sie doch sie hielten nicht an – sie mussten Sophia retten! Die Menschen und die anderen Fabelwesen denen sie begegneten, hatten schon sichtlich Mühe sich zurecht zu finden. Sie sprangen nur eilig aus dem Weg, um nicht mit dem Rappen zusammen zu stoßen. Näher und näher kamen sie den Wolken, dunkler wurde die Umgebung und schon fast in blickdichter Luft war sie sich sicher : Sie musste direkt in der Wolke sein! Doch genau wie die Wolke, durften sie nicht an Geschwindigkeit verlieren. „Halyna..!“ Eine unbekannte Stimme rief ihren Namen. „Nicht langsamer werden, Vamon!“ Sagte Halyna eilig zu ihrem Gefährten und zog Pfeil und Bogen. „Gebt mir Sophia!“ Schrie sie aufgebracht. Wer war hierfür verantwortlich? Direkt hinter ihr auf ihrem großen, tiefschwarzen Pferd erschien eine Frau. „Hm, so siehst du also heute aus? Faszinierend – du bist fast noch schöner als deine Mutter.“ Sagte sie. Vamon trat mitten im Galopp aus, wollte dieses dunkle Wesen von sich herunterwerfen, doch es gelang ihm nicht. Halyna drehte sich um und richtete ihren Pfeil direkt auf die Dame im schwarzen Kleid, welche etwas überrascht schien. „Ich will meine Großmutter! Sofort!“ Fauchte sie wutentbrannt. „Halyna, ich bin es. Jenia. Du kannst mir doch vertrauen!“ Halyna sah Jenia ungläubig an. „Du bist Jenia?“ Fragte sie verunsichert wirkend. Jenia nickte lächelnd. „Ja! Ich freue mich, dich zu sehen!“ Sie war auf einmal überaus freundlich und schien nicht zu wissen, dass Halyna bereits erfahren hatte, dass Jenia zu Garan gehörte. Sie wurde stumm und blass. In ihrem Kopf erschien eine Stimme – eine wundervolle, ruhige Frauenstimme sagte eindringlich immer wieder : „Töte sie, sonst wird sie es tun! Töte sie!“ Halyna senkte erst ihre Waffen und Jenia strahlte. „Verräterin.“ Murmelte Halyna dann plötzlich und bevor Jenia hätte fliehen können, bohrte sich ein Pfeil in ihre Brust und schwarzes Blut entrann der dabei entstandenen Wunde. Vor Schreck erstarrt blickte sie erst auf das Mädchen ihr gegenüber und dann auf den in ihr steckenden Pfeil. Nach nur wenigen Augenblicken löste sie sich in Luft auf, genau wie der Nebel und die Wolke um sie herum. Vamon wurde langsamer und hielt irgendwann schließlich an. Halyna sah sich um, wo war Sophia? Einige Meter weiter lag jemand am Boden – absolut regungslos. Sie sprang von ihrem Pferd und eilte zu ihrer dort liegenden Großmutter. „Oma! Ich bin es, Halyna! Bitte antworte mir doch!“ Tränen der Angst und Verzweiflung rollten über ihre zarten Wangen. „Lass mich nicht allein..!“ Sie ließ verzweifelt ihren Kopf auf den Körper der alten Frau sinken und weinte bitterlich. In dem Moment, als ihre Tränen durch den Stoff der Dame gelangten und ihre Haut berührten, schnappte diese nach Luft! Halyna schreckte auf, sah ihrer letzten Verwandten ins Gesicht und erstarrte. Sophia rappelte sich auf und hustete. Ihre Haut bekam wieder Farbe und ihre Augen spiegelten ihr Leben wider. Ihre Enkelin fiel ihr um den Hals, weinte noch lauter als zuvor – vor Freude. „Ich dachte du wärst..“ Begann sie einen Satz, doch brachte es nicht übers Herz, ihn zu Ende zu sprechen. „Nein, ich bin da. Und ich werde auch bleiben.“ Halyna half ihrer Großmutter auf die Beine, stützte sie jedoch noch. „Wo ist Jenia?“ Sophia sah sich um. Das Mädchen schluckte und sah zu Boden. „Ich glaube ich habe sie getötet..“ Sagte sie leise. Sophias Augen wurden immer größer. „Wie hast du das gemacht?!“ Fragte sie völlig verwundert. „Hat sie sich nicht gewehrt?!“ Halyna schüttelte den Kopf. „Nein, sie wusste nicht dass ich bereits über ihren Verrat informiert war. Ich habe ihr einen Pfeil in den Leib gerammt, noch bevor sie darauf gekommen war. Ich habe sie getötet, obwohl sie mir so viel hätte erzählen können, so vieles über meine Mutter..“ Wieder in dem Haus von Sophia angekommen, räumte Halyna die vom Wind verursachte Unordnung wieder auf und erzählte ihrer Großmutter nebenbei was genau während ihrer Abwesenheit passiert war. „Vermutlich war ich wirklich tot gewesen, es gibt eine uralte Legende über das was heute passiert ist. In dieser Legende heißt es, wenn 2 Wesen, eines des Lichts und eines der Dunkelheit, eine Auseinandersetzung haben, bei der eines von beiden stirbt, kann ein Verbündeter des toten Wesens mit einer einzigen Träne eines der Todesopfer seines Feindes wieder zum Leben erwecken. Wie es scheint war dies wohl mehr als eine Legende und du hast mich, das Opfer von Jenia, wieder zum Leben erwecken dürfen.“ Halyna zerbrach sich den Kopf noch lange darüber, ob das wirklich wie in der Legende passiert war, ob sie alles richtig gemacht hatte und vor allem, was sie alles hätte erfahren können, wenn sie Jenia nicht gleich getötet hätte. Und wer war diese Frauenstimme in ihrem Kopf gewesen, die ihr gesagt hatte, dass sie Jenia umbringen sollte? Es waren so viele Fragen in ihren Gedanken, alle waren sie unbeantwortet. So viele Dinge die sie sich wünschte, von denen sie jedoch wusste, dass sie niemals in Erfüllung gehen würden. Diese Gewissheit zog sie hinunter in eine tiefe Depression – wie ein dunkler Wald, in dem jeder Baum ein Hindernis war, welches man nicht sehen konnte.
„Halyna, in 2 Tagen wirst du 18 Jahre alt sein – ich glaube es wäre nicht richtig für dich, weiter hier zu bleiben.“ Sophia und ihre Enkelin saßen gerade am Frühstückstisch und verzehrten ein Brot. Das Mädchen starrte in ihre Teetasse. „Ich weiß auch, dass es nicht richtig wäre. Aber wo soll ich denn hin? Ich weiß immer noch nicht, wo ich meinen Gefährten finden soll. Und die bösen Träume machen mir trotz des Happy Ends auch zu schaffen.“ Murmelte sie. „Du wirst deinen Weg schon finden, da bin ich sicher. Und die bösen Träume werden auch aufhören, sobald du deinen Gott gefunden hast. Seine magische Aura wird dich davor ganz sicher bewahren.“ Versuchte die alte Dame, ihre Enkelin aufzuheitern. „Aber wer weiß, wie lange es dauern wird ihn zu finden! Oder ob ich das überhaupt schaffen werde! Ich habe nicht im Geringsten eine Ahnung, in welche Richtung ich muss oder wer mir auf meinem Weg alles helfen wird. Und woher soll ich wissen, wer Freund und wer Feind ist?“ Die Verzweiflung die in ihr lungerte, sah man ihr wirklich an. „Aber am besten breche ich noch heute auf – sobald die Sonne beginnt, unterzugehen.“ Sie stand entschlossen auf. Sophia nickte nur. Auch ihr würde es schwer fallen, ihre Enkelin einfach so ziehen zu lassen, aber sie wusste dass es richtig war. Alles andere hätte katastrophale Folgen für sie und das Volk des Lichts, also blieb keine andere Wahl. Halyna verließ schweigend den Raum und begann ihre Sachen zu packen. Desto schneller sie damit fertig wurde und hier verschwinden konnte, umso besser. Sie wusste dass es die Lage nur schwerer machen würde, sich lange den Kopf darüber zu zerbrechen und zu warten bis es irgendwann keinen anderen Weg mehr gibt. Sie atmete tief durch und faltete ihre Kleidungsstücke ordentlich zusammen, verstaute sie in einer Tasche die sie nachher an dem Sattel von Vamon anbringen würde. Ihre Großmutter kam herein und gab ihr ein Brot und etwas Wasser. „Du wirst es brauchen.“ Lächelte sie. Dankbar nickend steckte das Mädchen den Proviant in die Tasche, schloss diese dann und richtete sich auf um aus dem Fenster zu blicken. „Die Sonne verschwindet bald.“ Sophia sah alles andere als glücklich damit aus. „Du wirst mir sehr fehlen, ich kann dir gar nicht sagen wie dankbar ich dir für das alles bin. Ohne dich wüsste ich nicht, wo ich jetzt wäre.“ Halyna umarmte ihre Großmutter herzlich. „Dafür bin ich doch da, Kleines. Aber bevor du gehst habe ich noch etwas für dich.“ Sie zog ein Lederband aus ihrer Tasche. Daran hing ein smaragdgrüner Edelstein. „Diesen Stein hat Sphera geliebt. Er war das Hochzeitsgeschenk deines Vaters an sie.“ Der Stein war geformt wie ein Notenschlüssel. Halynas Herz raste, sie hielt die Luft an während sie die Kette in der Hand hielt. Eine kleine Träne floss über ihre Wange. Jetzt hatte sie etwas, was nur ihr gehörte – es war nur für sie bestimmt! „Deine Mutter trug sie bis zu ihrem Tode.“ Sophia nahm ihrer Enkelin die Kette wieder aus der Hand und hing sie ihr um. Augenblicklich glühte der Anhänger wie eine grüne Flamme, doch durch das von ihm verursachte Licht brannte nicht. Es gab seiner Trägerin Kraft. „Und jetzt beeil dich, die Sonne ist fast weg.“ Sie gingen zusammen bis zur Haustür und standen schließlich genau an derselben Stelle, an der Sophia das Mädchen aufgegriffen hatte – völlig durchnässt und verwahrlost. Noch einmal umarmten sich die beiden, Halyna wusste noch nicht dass dies für lange Zeit das letzte Mal wäre. Sophia wusste es, doch sie schwieg darüber, um ihrer Enkelin nicht den Mut zu nehmen, welchen sie sich mühevoll aufgebaut hatte. „Ich werde dir Briefe schicken, versprochen!“ Mit diesen Worten öffnete sie das Gatter, an dem Vamon schon ungeduldig auf und ab trabte. Schnell sattelte sie ihr Pferd, befestigte die Tasche mit ihren Besitztümern am Sattel und stieg auf seinen Rücken. „Ich hab dich lieb.“ Lächelte sie. „Ich dich auch, meine kleine Halyna.“ Noch einmal blickte die alte Dame hinauf auf ihre Enkeltochter. Dort saß sie, auf dem tiefschwarzen Friesen, ihre goldenen Locken in einem ordentlichen Zopf zusammen gebunden, gekleidet in eine kurze, schwarze Hose, einfache hellgrüne Waldläufer Schuhe und ein edles, rotes Oberteil, mit einer funkelnd leuchtenden Halskette, die ihren jadegrünen Augen glich. Noch einmal lächelten sie sich an, dann trabten Vamon und seine Reiterin davon. Winkend verabschiedete sie sich von den netten Dorfbewohnern, die sie in ihrer Zeit bei Sophia kennengelernt hatte. Sie alle hofften mit ganzem Herzen auf die junge Frau, vertrauten ihr in jeder Hinsicht. Und sie wussten, dass dies kein Fehler sein konnte. Am Tor, an dem das Dorf Welling endete, trieb sie den Rappen an und die beiden preschten los in den anliegenden Wald. Sie wusste dass sie ihr Land, Phorien, verlassen musste. Also beschloss sie, bei einer Richtung zu bleiben, denn irgendwann müsste sie dann ja aus dem Land heraus kommen. Sie sah sich um und ließ Vamon eine kleine Pause in der er nur noch langsam gehen musste. „Schöner Wald..“ Murmelte sie vor sich hin und genoss die frische Luft, die der Wind seicht durch das Grün trug. Kurzerhand drehte sie sich auf dem Sattel um, legte sich auf den Rücken und betrachtete das dichte Blätterdach über sich. Dann schloss sie die Augen und entspannte sich ein wenig. Irgendwann muss sie wohl eingeschlafen sein, denn sie erwachte mit einem großen Schrecken und setzte sich auf. „Dieser dumme Traum.“ Seufzend sah sie sich um. Es war schon fast morgens und die Sonne begann, aufzugehen. Um sie herum war nur Feld – nichts als unendliche Weiten. Vamon musste unheimlich lange gelaufen sein. Sie drehte sich um und streichelte seinen Hals. „Hast du nicht auch eine Pause gemacht? Du musst doch ganz kaputt sein, komm, halt an und ruhe dich aus!“ Besorgt sah sie ihr tapferes Pferd an, doch Vamon ging einfach weiter. Sie stieg von seinem Rücken hinunter und ging neben ihm. „Möchtest du ein bisschen Brot und Wasser?“ Fragte sie ihn liebevoll. Er schnaubte nur erschöpft, doch hielt nicht an. Halyna griff in ihre Tasche und holte ein großes Stück Brot und den Beutel mit Wasser heraus. „Halt doch mal an..!“ Sie stellte sich ihm in den Weg und er stoppte. Seine Beine zitterten und er atmete schwer. „Leg dich bitte hin. Nur eine Stunde. Okay?“ Sie sah ihrem Gefährten genau in die Augen und sie wusste dass etwas nicht stimmte. „Bitte.“ Wiederholte sie trotzdem und der Rappe ließ seinen Körper langsam zu Boden sinken. Erleichtertes Schnaufen ließ Halyna lächeln. Sie hielt ihm das Brot hin, welches er dankbar fraß. Schließlich setzte sie sich neben ihn und wartete geduldig bis er fertig gekaut hatte. „Wasser?“ Sie streichelte seine Nüstern und kramte ein Schälchen aus ihrer Tasche, welches sie für ihr Pferd mitgenommen hatte. In die Schale füllte sie reichlich Wasser und hielt es ihm hin, er trank es aus und schnaubte wieder. Doch dieses Mal klang es zufrieden. „Mach ruhig die Augen zu, ich passe auf dass nichts passiert.“ Vamon schmiegte seinen Kopf an Halyna und schloss die Augen, er schlief ein wenig. Halyna blieb wie versprochen wach. Sie zählte die restlichen verbliebenen Sterne am Himmel, bis diese ganz und gar verblassten. Die Sonne schien sehr hell, als Vamon seine Augen wieder öffnete. Er sah sehr erholt aus und stupste seine Freundin liebevoll an. Sie lächelte. „Na, ausgeschlafen? Möchtest du weiter?“ Sofort stand das Pferd auf und wartete nur darauf, dass seine Besitzerin auf seinen Rücken kletterte und sie weiter konnten. Kaum auf dem Sattel angekommen, raste Vamon los. Er schien wirklich gut geschlafen zu haben und war erholt wie ein junges Fohlen. Sie ließ ihm freien Lauf und er galoppierte den Feldweg entlang. Es war ein langer Weg, doch irgendwann kamen sie an einer Brücke an, die über einen schmalen Fluss führte. Dort stärkten sie sich mit Wasser und schließlich schwammen sie hindurch, da die Sonne so prall schien. Sie entdeckten sogar einige Apfelbäume, von denen Halyna mühelos ein paar Äpfel hinunter pflückt. Einige davon verstaute sie für später. Schließlich ließen sie sich zufrieden und satt ins Gras fallen. Die warme Sonne trocknete Kleider und Fell, schon nach kurzer Zeit waren die beiden wieder trocken. „Lass uns noch ein wenig hier bleiben, ich finde es so schön!“ Sagte sie ganz in Trance, schloss die Augen und genoss das angenehme Licht. Doch sie schlief nicht ein – dieser Traum würde wieder kommen und die Idylle dieses wunderschönen Ortes zerstören. Doch dann bemerkte sie dass der Boden leichte Schwingungen aufwies. Sie öffnete sie Augen, setzte sich auf. Auch Vamon spitzte die Ohren : Ja! Die beiden hörten es ganz genau, Pferdehufe kamen im Galopp näher! Die Gefährten standen auf und Halyna war unschlüssig, was sie tun sollte. Verstecken oder sich stellen? „Komm, mein Guter!“ Flüsterte sie und führte Vamon hinunter in den Fluss, versteckte sich mit ihm im tieferen Wasser genau unter der Brücke. Einige Augenblicke später knallten lautstarke Hufe auf das Holz über ihnen, doch sie wurden langsamer. ‚Mist, bestimmt haben sie uns gesehen!‘ Beunruhigt schluckte das Mädchen. „Wir müssen diese Prinzessin endlich in den Griff kriegen, sie macht unser Reich noch arm!“ Es war eine Männerstimme, welche diese Worte sagte. Halyna lugte unauffällig unter der Brücke hervor. ‚Prinzessin..?‘ Dachte sie. Sie war also nicht mehr in ihrem Land, denn dieses besaß schon lange keine Könige, Kaiser, Prinzen oder Prinzessinnen mehr. Sie sah wie einige Männer in schweren Rüstungen von ihren Pferden stiegen und sich ebenfalls mit Äpfeln stärkten. ‚Verdammt, wenn sie an den Fluss gehen um etwas zu trinken, fliegen wir auf!‘ Sie hielt die Luft an und beobachtete weiter. Es waren allen Anscheins nach Soldaten. „Ja, aber wie sollen wir das anstellen? Dieses Balg ist rücksichtslos und habgierig und ihr dummer Vater unterschlägt ihr keinen einzigen Wunsch!“ Meckerte einer von ihnen genervt. „Und außerdem soll sie doch dieses Haustier haben..“ Murmelte ein anderer. „Pah! Das ist doch auch nur eine dieser Gruselgeschichten, die uns das Königshaus erzählt, damit keiner einen Aufstand wagt!“ Der Erste klang nun ziemlich wütend. Doch Halyna atmete erleichtert auf, als die Soldaten wieder auf ihre Pferde stiegen. „Und das zieht auch ganz gut, also ich würde nichts dergleichen wagen wollen!“ Trug ein Dritter bei. Die anderen beiden Männer, die das Mädchen sah, schwiegen einfach nur. „Karoe ist dem Untergang geweiht, und das alles nur wegen einem dummen Kind!“ Beschwerte sich der Erste wieder. Mehr verstand Halyna nicht, denn die Männer ritten im Eiltempo davon. „Wir sind also im Land Karoe, davon hat Sophia erzählt! Es war mal ein sehr reiches Land, doch in den letzten Jahren ist sein Vermögen so sehr geschrumpft, dass jetzt Armut herrscht.“ Besorgt blickte sie in die treuen Pferdeaugen ihres Freundes und sie hatte das Gefühl, dass er sie verstand. „Lass uns mal nachsehen, was das mit der Prinzessin so auf sich hat.“ Sie führte den Rappen aus dem Fluss heraus und stieg auf seinen Rücken. Die Männer in der Ferne sah sie noch gerade so in einen Wald verschwinden. „Aber wir sollten aufpassen, dass uns die Soldaten nicht begegnen. Die würden uns sicher erst einmal für Diebe oder sowas halten oder gar bestehlen und einsperren.“ Im Gedanken an ein grausiges, kaltes Gefängnis schauderte sie. Das gehörte sicher nicht zu ihrem Plan und würde ohnehin auch viel zu viel Zeit kosten, sie musste ja schließlich ihren Gott finden und einen Nachfolger auswählen. Doch diese Geschichte mit der habgierigen Prinzessin ließ sie einfach nicht in Ruhe, sie musste dem Land einfach helfen. Aber wie? Über diese Frage zerbrach sie sich stundenlang den Kopf, während sie mit Vamon durch den großen Wald ritt, in dem zuvor schon die Soldaten verschwunden waren. Am besten würde sie mit dieser Prinzessin einfach mal ein Wörtchen reden, es ging ja nicht, dass nur wegen ihr das gesamte Land pleite war! Gerade als sie diesen Entschluss gefasst hatte, sah sie am Ende der Lichtung einen Ausgang. Desto näher sie diesem kam, umso unwohler fühlte sie sich. Irgendetwas sagte ihr, dass sie dahinter großes Elend finden würde. Und dieser Gedanke gefiel ihr ganz und gar nicht. Langsam schritt das Duo aus dem dichten Wald heraus und sofort wusste Halyna, woher dieses negatives Gefühl rührte. Eine riesige Stadt lag direkt vor ihr, doch sie sah schon von weitem kein bisschen schön aus. Misstrauisch steuerten sie auf das Tor zu, welches in die Stadt führte. Es sah alt aus und schien sehr brüchig. Doch auf einem Schild direkt daneben stand geschrieben : ‚Nocara‘. Dies war wohl der Name der Stadt.
Schon die ersten Meter in diesem Gebiet zeigten die Armut, die es plagte. Kleine Kinder in schmutzigen, kaputten Sachen, die traurig umher schlichen, Frauen und Männer die neidisch und verachtend auf die herbei reitende Halyna sahen. Viel zu kleine, staubige Häuser, welche aussahen, als würden sie gleich in sich zusammen fallen. Tiere liefen frei umher, Ziegen, Pferde, Kühe, Schafe, Hunde, Katzen und sogar einige Hühner konnte das Duo sehen. Und von all den Wesen die dort waren, egal ob Mensch oder Tier, keiner sah glücklich aus, sogar abgemagert schienen sie. Ein kleines Mädchen mit schwarzem, zerzaustem Haar kam herbei gelaufen und tippte Vamon an, dieser blieb sofort stehen und senkte den Kopf. Das Kind, welches vielleicht gerademal 5 oder 6 Jahre alt war, streichelte seine Nüstern. Halyna lächelte und stieg vom Rücken des Tieres ab. „Hallo, du!“ Sagte sie freundlich und beugte sich zu dem Mädchen hinab. „Hi!“ Sagte dieses knapp, ohne den Blick von Vamon zu lassen. „Wie geht es dir?“ Fragte Halyna etwas irritiert, sie wollte sich mit dem Kind anfreunden um so vielleicht etwas über den Weg zum Königshaus heraus zu finden. „Nicht gut.“ Wieder nur eine knappe Antwort. „Warum denn das?“ Die junge Frau blieb hartnäckig. „Ich habe Hunger.“ Doch dagegen wusste sie ja etwas. Sie öffnete eine Satteltasche und holte einen Apfel heraus, reichte diesen dem kleinen Mädchen. Zum ersten Mal sah das Kind Halyna ins Gesicht, ihre eisblauen Augen wurden groß und größer. „Hier, bitte. Ich schenke ihn dir.“ Eine kleine, zitternde Kinderhand näherte sich der Frucht und nahm sie behutsam entgegen, drückte sie eng an sich. Immer wieder wechselte sie dazwischen, den wundervoll roten Apfel anzustarren und ihn wieder an sich zu drücken. „Iss ihn, dann geht es dir bestimmt besser.“ Riet ihr Halyna. Sofort biss sie hinein, strahlte übers ganze Gesicht. Die Menschen die um sie herum gingen, starrten grün vor Neid auf das kleine Kind herab, was schon bald alles was essbar am Apfel war, gegessen hatte und sich dann umsah. Schließlich lief sie zu einem krank aussehenden Pony, gab diesem das Kerngehäuse und kam dann wieder zurück, streichelte Vamon weiter. „Geht es dir etwas besser?“ Lächelnd sah Halyna ihr ins Gesicht. „Ja.“ Sie nickte. „Gut. Denn jetzt brauche ich auch deine Hilfe.“ Sie hockte sich neben das Mädchen. „Wo finde ich das Königshaus der Stadt Nocara?“ Fragte sie gerade heraus. Die Kleine zeigte in eine Richtung. „Da lang. Am Ende des Weges nach links und dann bist du da.“ Die junge Frau erhob sich. „Danke, du hilfst mir wirklich sehr.“ Sie holte noch einen Apfel aus der Tasche und gab ihn dem verwahrlosten Mädchen, welches ihn an sich nahm und einfach schnell davonlief. Halyna nahm die Zügel von Vamon und führte ihn in die Richtung, die ihr das Kind gezeigt hatte, danach links und schon stand sie vor einem großen, alt aussehenden Schloss. „Egal wer kommt und was er tun will, lasse niemanden an dich ran.“ Sagte sie eindringlich zu ihrem Gefährten und band ihn an eine Stange, lief die Treppen hinauf und klopfte an das große Tor der Gemäuer. Es öffnete sich und eine alte Dame stand vor ihr. „Hallo, mein Name ist Halyna. Ich möchte mit dem König und der Prinzessin sprechen! Ich komme um zu helfen!“ Bittend sah sie die Frau an. „Naja, du siehst nicht so aus wie eine Mörderin die einen Anschlag plant.. Komm herein.“ Dankbar lächelnd trat sie ein, sah sich um. Es wirkte nicht als wenn hier jemand wohnen würde, alles war verstaubt und sah unglaublich alt aus. Sie folgte der alten Dame bis zu einer großen Holztür und wartete, als die Frau angeklopft hatte. „Herein!“ Hörte man eine Männerstimme vom Inneren des Raumes rufen und sie betraten den großen Saal. Alte Kronleuchter hingen an den Wänden, der Fliesenboden war schwarz-weiß mit einem langen, roten Teppich der bis zu einem nicht gerade edel aussehenden Thron führte, auf dem ein alter, grauer Mann saß. Sonst war nichts in diesem Zimmer. „Wer seid ihr und was wollt ihr von mir?“ Fragte er genervt und musterte Halyna genau mit seinen trüben Augen. „Mein Name ist Halyna und ich komme, um zu helfen!“ Sagte diese entschlossen und blieb einige Schritte vor dem Thron stehen.
Hinter sich hörte sie die alte Dame den Saal verlassen und die Tür ins Schloss fallen. „So, so. Du willst mir, Marus Lenean, König von Karoe also helfen, ja?“ Der alte Mann schmunzelte. „Und wobei genau willst du mir helfen, kleine Halyna?“ Fragte er dann lächelnd. „Ich hörte, Euer Königreich würde von Armut geplagt. Und, versteht mich bitte nicht falsch, aber dass Eure Tochter nicht gerade unschuldig daran wäre, kam mir auch zu Ohren.“ Unsicher blickte sie Marus in die Augen, dieser nickte nur und senkte seinen Blick. „Nun, meine Tochter ist nicht gerade sparsam, was Geld angeht. Aber ich kann ihr doch nicht ihre Wünsche abschlagen, das arme Kind musste so viel durchmachen in den letzten Jahren! Der Tod ihrer Mutter hat uns alle sehr mitgenommen, doch ich bin sicher, dass es sie am meisten getroffen hat.“ Halyna schluckte. Dieses Gefühl kannte sie, auch sie hatte ja ihre Mutter verloren. Und ihren Vater auch. „Könnte ich versuchen, mit ihr zu reden? Ich bin sicher, ich würde ihr damit helfen.“ Überrascht sah der König das Mädchen an und lächelte dann schief. „Ihr scheint mir sehr klug zu seien, Halyna. Von mir aus versucht Euer Glück. Meinen Segen auf gutes Gelingen habt Ihr.“ Das Mädchen verneigte sich tief. „Ihr findet sie, wenn ihr die Treppen hinauf geht, im obersten Zimmer. Ich denke sie ist auf ihrem Balkon, wie immer.“ Sprach Marus und sein Blick verriet, wie besorgt er war. „Danke, König Marus.“ Lächelnd drehte sich Halyna um und verließ den Saal, schloss vorsichtig die große Tür hinter sich und lief mit schnellen Schritten die Treppe hinauf. An der Wand über dem Geländer, an dem sie sich festhielt, hingen eingestaubte, aber doch prächtige Gemälde. Auf ihnen waren immer nur drei Personen abgebildet : König Marus in jungen Tagen, eine wunderhübsche, blonde Frau und ein kleines, ebenso blondes Mädchen. ‚Ob das die Prinzessin und die verstorbene Königin sind..?‘ Dachte Halyna und blieb an eine, Bild stehen, auf dem sie alle zusammen waren. Hand in Hand der König und die Dame, vor ihnen das Mädchen. Sie alle lächelten und sagen wirklich glücklich aus. Die junge Frau seufzte und stieg dann die letzten paar Treppenstufen hinauf, lief über einen kurzen Flur und dann noch eine Treppe hoch. Endlich oben angekommen war dort nur eine einzige Tür. Vorsichtig klopfte das Mädchen an, lauschte dann. „Herein.“ Hörte sie eine sanfte, bedrückt klingende Stimme von innerhalb des Raumes sprechen und trat leise in das Zimmer. Sie staunte, war völlig verblüfft, als sie die Einrichtung sah. Nie im Leben käme man darauf, dass dieser Raum zum Rest des verkommenen Schlosses gehören könnte! Die Wände waren golden bemalt, der Boden mit weinrotem Teppich ausgelegt und überall lagen Edelsteine, Halsketten, Ohrringe, Armreife, Haarspangen und die schönsten Schminksachen verteilt auf dem Boden. Außerdem sah sie dort eine Kommode, einen riesigen Kleiderschrank, einen Tisch, Stühle und ein Bett, welches so groß war, dass 4 Leute darin hätten schlafen können – all diese Möbel waren aus purem Gold angefertigt. Mitten auf dem großen Bett saß, ganz verloren aussehend, ein Mädchen. ‚Die ist ja gerademal 13, wenn’s hochkommt!‘ Halyna war verblüfft. „Hallo. Was ist dein Anliegen?“ Fragte das Kind und musterte Halyna kritisch. „Mein Name ist Halyna und ich bin hier, um mit dir zu sprechen.“ Sagte diese ruhig und schloss die Tür hinter sich. „Du bist doch die Prinzessin, richtig?“ Das Mädchen schnappte empört nach Luft. „Pah! Natürlich bin ich das! Prinzessin Lihana Lenean, Tochter von Marus, König von -..“ Halyna unterbrach sie indem sie ihren Satz zu Ende sprach. „- von Karoe, ich weiß.“ Das verschlug der Kleinen erst einmal die Sprache, doch sie fing sich nach einigen Momenten wieder. „Ja. Richtig. Also, was willst du mit mir bereden?“ Fragte sie. „Ich hörte, Euer Königreich leidet unter Geldproblemen. Ist dem so?“ Lihana zuckte mit den Schultern. „Mag sein. Und?“ Halyna schnaubte. „Ich möchte daran etwas ändern!“ Sagte sie dann entschlossen. Doch die Prinzessin brach nur in schallendes Gelächter aus. „Du? Mir und meinem Königreich? Helfen?“ Sie ließ sich auf ihren Rücken auf das Bett fallen. „Keiner kann das. Nicht einmal das Guardian Medium Sphera wäre dazu in der Lage gewesen.“ Sagte sie kühl. „Und es soll auch keiner! Ich kann nicht glücklich sein, dann sollen sie es auch nicht!“ Trotzig verschränkte sie ihre Arme vor der Brust. Halyna wurde blass. Um ihre Fassung ringend atmete sie tief durch. „Du kennst Sphera..?“ Fragte sie leise. „Aber natürlich! Sie ist für uns alle dahin geschieden, einfach so hat dieser bösartige Garan sie -..“ Diesen Satz konnte die stolze Lihana nicht aussprechen. „Ich weiß. Und du wirst mir niemals glauben, wer ich bin.“ Die Hände der jungen Frau zitterten leicht, sie bemühte sich, ihre Tränen zurückzuhalten. „Ich bin die Tochter von Sphera, des verstorbenen Mediums. Und ich bin hier, um dir zu helfen, bevor ich meinen Nachfolger wähle, meinen Gott finde und dann über die Lichtgrenze gehe, um nie wieder zurück zu kehren.“ Die Augen der Prinzessin wurden groß und größer. „Was.. Was sagst du da?“ Fragte sie heiser. „Ich glaube dir kein Wort!“ Sie richtete sich auf und funkelte Halyna prüfend an. „Nur die echte Tochter Spheras kann mir eine Frage beantworten, nur so wenige kennen die Antwort, dass du die Echte sein müsstest, um mir die richtige zu geben.“ Gelassen blickte Halyna ihr in die Augen. „Stell die Frage.“ In ihrem Kopf wüteten viele Gedanken, sie machte sich auf die schwersten Fragen gefasst, die ihr einfielen. „Wie hieß der Mann, von dem Sphera schwanger wurde?“ Scharfe Blicke ruhten auf der jungen Frau. „Luanyan. Der heiligste aller Engel, stärkste aller Krieger.“ Sämtliche Farbe wich aus dem Gesicht der Prinzessin, sie sprang auf, rannte auf Halyna zu und fiel ihr um den Hals. „In dir fließt das Blut der größten Heldin, die es jemals gab!“ Schluchzte sie. Halyna legte lächelnd ihre Arme um das kleine Mädchen. „Lass mich dir helfen, Lihana. Bitte. Meine Mutter würde das auch wollen.“ Bat sie das Kind in ihren Armen. „Du musst nur deinen Reichtum verkaufen und aufhören, so viel zu verlangen. Dann wird dein Volk wieder reich und nie wieder hungern müssen.“ Doch die kleine Prinzessin schüttelte nur den Kopf. „Ich muss die Sachen dem Teufel geben, damit er mir meine Mutter wieder bringt. Ich werde sie freikaufen.“ Halyna ging ein Licht auf. „Erzähl mir, wie du auf so etwas kommst.“ Sagte sie und setzte sich mit dem Kind aufs Bett und Lihana begann zu erzählen …
Vor 4 Jahren kam die Königin, Viya, stürmisch ins Schloss geeilt. „Lihana, pack deine Tasche! Schnell! Wir müssen gehen!“ Sie schob ihre kleine, 9 Jahre alte Tochter die Treppe hoch. „Warum denn Mami?“ Fragte diese nur verwirrt und blieb auf der 4. Stufe stehen, sah besorgt ihre Mutter an. „Erkläre ich dir später, nun mach schon!“ Ihre Mutter wandte sich der großen Tür, welche in den Thronsaal führte zu und riss diese auf. „Marus, er ist hier!“ Schrie sie und ihr Gatte sprang sofort auf. Er befahl den Wachen, seine Frau zu beschützen und schickte sie vor das Schloss, um dort zu patroulieren. „Er wird dich nicht bekommen, ich verspreche es dir.“ Er nahm seine Gemahlin in den Arm. In diesem Moment sprang das Eingangstor des Schlosses auf, ein lebloser Soldat wurde in die Eingangshalle geschleudert. Die kleine Lihana stand dort noch immer, und sie blieb regungslos. Der Soldat verfehlte sie nur haarscharf und krachte hinter ihr auf die Treppenstufen. Durch den Eingang trat eine bösartige Gestalt hinein, schwarz wie die Nacht mit einer roten Maske im Gesicht, durch die blutrote Augen blickten. „Lihana, lauf schnell hoch!“ Rief Marus, als die riesige Schattenfigur sich in die Richtung des Kindes drehte. „Wir haben einen Packt, Viya!“ Das war die tiefste Stimme, die die Prinzessin jemals gehört hatte, sie klang bitterböse und ernst. „Ich gab deiner Tochter ihr Leben und zog dir dafür 40 Jahre deiner eigenen Zeit ab! Begleiche deine Schuld bei mir!“ Fauchte das Geschöpf, wandte sich dem Königspaar zu und näherte sich diesem dann. Marus zog sein Schwert und stellte sich vor seine Frau, doch er wurde von einer riesigen Pranke einfach aus dem Weg gefegt. „Du oder deine Familie, wähle!“ Nur wenige Meter vor der Königin blieb das teufelsgleiche Wesen stehen, scharrte mit allen Vieren auf der Erde. Der König lag bewusstlos neben seinem Thron. „Mama..!“ Lihana lief, ungeachtet dessen, dass dort eine Bestie stand, zu ihrer Mutter und umklammerte diese eng. „Liebling, ich muss gehen. Wir werden uns irgendwann wiedersehen, versprochen.“ Sie beugte sich hinunter und gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn. „Nein!“ Lihana begann zu weinen, hielt Viya am Arm fest und ließ nicht los. „Ich werde Garan nicht dienen. Frag den Teufel nach einem Rätsel, er muss dir eines geben. Und suche mich nicht allein.“ Flüsterte diese ihrer Tochter flüchtig ins Ohr. „Ich will ein Rätsel!“ Rief die Prinzessin dem Geschöpf entgegen, welches knurrte. „Bringe mir etwas im Wert der Welt des Lichts, dann bekommst du deine Mutter wieder.“ Dann holte es wieder mit einer Pranke aus, packte Viya und verschwand mit ihr …
„Seitdem habe ich meine Mutter nicht mehr gesehen. Alle halten sie für tot, aber ich weiß dass sie lebt. Ich fühle es.“ Halyna starrte nachdenklich ins Leere. „Deshalb brauche ich all diese Sachen. Ich muss meine Mutter aus der Hölle befreien, muss sie freikaufen!“ Erklärte Lihana. „Ich verstehe. Aber, sag mal.. Was hat das mit dem ‚ihre 40 Jahre für dein Leben‘ auf sich?“ Fragte Halyna. Lihana sah zu Boden. „Bei meiner Geburt war ich schwer krank. Schon nach wenigen Atemzügen hörte mein Herz auf zu schlagen. Meine Mutter hat ein Buch von Sphera bekommen, in dem eine Formel stand, durch die man mit dem Teufel höchst persönlich um Leben verhandeln kann. Sphera war dagegen und riet meiner Mama davon ab, aber sie liebte mich mehr als ihr eigenes Leben und ging auf den Packt mit dem Teufel ein, der besagt, dass ich mein vollständiges Leben bekomme, und ihr dafür 40 Jahre ihres eigenen abgezogen würden. Sie ging darauf ein und mein Herz begann zu schlagen.“ Nachdenklich sah Halyna zu Boden. „Und du denkst wirklich, dass all dieser Plunder hier irgendwann einmal den Wert der Welt des Lichts haben könnte?“ Fragte sie zweifelnd. Doch Lihana zuckte nur mit ihren Schultern. „Ich wusste nicht, was sonst wertvoller sein könnte. Oder an was denkst du da?“ Die junge Frau atmete tief durch. „Du sollst sie nicht alleine suchen. Das heißt, du sollst dich mit jemandem zusammen auf den Weg machen und sie suchen gehen. Ich werde dich begleiten. Vielleicht bin ich ja, was er will.. Immerhin bin ich die höchste Feindin der dunklen Welt.“ Doch das Kind schüttelte nur eilig den Kopf. „Nein! Er wird dich töten oder sogar Garan übergeben, das will und kann ich nicht zulassen.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ich werde es schaffen, ihn zu besiegen. Meine Vorfahren waren begnadete Krieger, er wird mich nicht so leicht bekommen, das verspreche ich dir!“ Unentschlossen stand Lihana auf, öffnete eine kleine Truhe neben ihrem Bett und holte aus dieser ein Buch heraus. „Darin müsste stehen, wie man in das Reich des Teufels, in die Hölle kommt.“ Sie legte das alte, staubige Buch auf ihr Bett und schlug es auf, begann sofort im Inhaltsverzeichnis nach dem passenden Kapitel zu suchen. „Hier ist etwas. Der letzte Weg.“ Sie las sich das komplette Kapitel durch, versuchte stirnrunzelnd zu verstehen, was dort nieder geschrieben war. „Den letzten Weg lauft auf dem Steg, wählt gut die Zahl eurer Schritte, begeht stets nur die Mitte. Habt keine Angst vor der Nacht, eure Angst gäbe ihr Macht. Sieben, acht, neun, zehn, Vorsicht! Ihr seid dabei zu weit zu geh’n! Denkt ihr, ihr steht richtig, ist Folgendes nun wichtig : Ein Tropfen Blut aus reinem Mut, dann jenes magische Namenwort, wird euch bringen an den verfluchten Ort.“ Sie seufzte. "Das ist ja so weit fast alles verständlich, nur was für ein Wort soll das denn sein..? Und welcher letzte Weg?" Sie wälzte das Buch weiter. "Ich weiß es vielleicht. Also das mit dem Weg. Die Grenze, Luanyan, hat keinen Anfang und kein Ende. Das ist klar. Aber es gibt den Ort, wo er begann die Grenze der Welten zu ziehen. Es war ein Steg an einem See, welcher aus Tränen von verstorbenen Seelen besteht. Vermutich ist dieser Steg gemeint." Gab Halyna ihr Wissen preis. "Mit dem Wort könnte Viya gemeint sein..." Lihana atmete tief durch. Sie musste ihre Mutter retten, koste es was es wolle.
shirley Ich gebe zu nur ein paar Stellen eingelesen zu haben. Sie erinnern mich sehr an meinen eigenen Stil. Allerdings bin ich schon einige Jahre älter. Allein dafür bekommst du von mir fünf Sterne, ist ja klar. Nein im Ernst- du schreibst gut. Doch wie ich mich auch selbst immer kritisiere - es geht besser. Lasse dir mit den einzelnen Szenen mehr Zeit. Das ist die Kunst. Für den Leser geht es zu schnell. Man möchte mehr eintauchen, was du aber mit deinem Tempo nicht zulässt. Ich wette, du stehst auf HdR, oder? Egal, insgesamt lesenswert. Nur eben eigentlich zu kurz für einen Roman. Ein Baby muss wachsen. Lass es wachsen. Vielleicht nimmst du es dir in ein paar Jahren nochmal vor. Wirst sehen, was da noch geht. LG Shirley |