Für Karin... Doch ja... Sie sind schön... ;-)
ANDAMAR
Ein Roman
Von
Stefan Bartels
Für Alexander und Laura
Nichts ist so wie es scheint.
Kapitel 1.
Dachbodenfunde
In diesem Sommer war die Hitze schier unerträglich, also trieb er sich im Haus herum.
Ferien waren in dieser Form besonders ätzend, erst Recht wenn man das zweifelhafte Vergnügen besaß, sie bei den Großeltern verbringen zu dürfen.
In diesem verstaubten von Snobismus getränktem Haus machte das Leben einem das Atmen schwer.
Aber Wenn man zusätzlich zu dieser Miesere auch noch Eltern besaß, denen die Karriere wichtiger war als der einzige Sohn, saß man Sprichwörtlich in der Scheiße.
Wohlstand empfand er zwar beruhigend, aber irgendwann auch langweilig.
Ob man es nun glauben mochte oder nicht, Ihm wäre es lieber gewesen, er wäre als Sohn eines Maurers geboren, damit er mit ihm ab und an zum Fußball gehen, oder ein Bier trinken könnte.
Wenigstens hätte er ihn dann kennen gelernt.
So stromerte Joseph durch dieses riesige pompöse Haus und wirkte sichtlich gelangweilt.
Hier gab es nichts.
Nichts was ihn interessieren konnte zumindest.
Grandma und „Er“ waren in die Stadt gefahren um einen Notar aufzusuchen, der Grund?
Was auch immer, Geld regierte diese Familie und wenn etwas gab was diese Familie mehr liebte als Geld dann waren es Geheimnisse.
Sie verschleierten aus Gewohnheit schien es ihm, auch wenn es banal war, noch so unwichtig – es durfte niemand wissen…
Wie albern.
Auf dem Weg in sein Zimmer, das im Dachgeschoss des Hauses lag, und trotz seiner Dachlage erstaunlich kühl zu dieser Tageszeit war, passierte er diese ominöse Klappe in der Decke, die zum Dachboden führte.
Er blieb einen Moment stehen, und sah hinauf.
Sollte er?
Warum eigentlich nicht? Er war allein, die Angestellten kümmerten sich um das Mittagessen, niemand würde ihn stören.
Allerdings war es ziemlich indiskret auf dem Dachboden herumzustöbern, was dort lagerte ging ihn schließlich nichts an!
Aber es reizte ungemein, es kribbelte in den Fingern.
Vielleicht fand er dort etwas was ihm die Zeit ein wenig verkürzen könnte!
Ein Blick hineinwerfen konnte kein Verbrechen sein.
Also los.
Ein Stuhl war schnell gefunden, denn in den langen Fluren dieses Hauses standen Haufenweise Stühle die nicht zum Sitzen gedacht waren, Ihre Aufgabe bestand lediglich darin gut auszusehen und alt zu sein.
Mit anderen Worten: Scheiß drauf!
Er hatte damit gerechnet auf Widerstand zu stoßen, doch zu seiner Überraschung öffnete sich die Klappe ohne jeglichen Laut.
Der Hausmeister leistete ganze Arbeit schien ihm.
Die Klappleiter war schnell ausgefahren, vorsichtshalber noch einen Blick die Treppe hinabgeworfen… freie Bahn.
Es roch muffig dort oben, wie Dachböden im Allgemeinen eben rochen.
Die Luft kitzelte in der Nase, und reizte ihn zu einem Niesen, das er in der Hohlen Hand zu ersticken suchte.
Leider mit weniger Erfolg als geplant.
Er horchte, aber nichts regte sich.
Also weiter.
Ãœberall herrschte der Zustand, der im ganzen Haus die Oberhand behielt.
Ordnung.
Irgendwie war ihm Ordnung seit dem Tag als er dieses Haus wieder einmal betreten hatte zuwider.
Sie wollte immer schon in sein Leben eindringen, aber er kämpfte tapfer dagegen an.
An den Regalen und Stapeln vorbeischlendernd, untersuchte er die Pakete und Kartons die dort gelagert wurden, und warf ab und zu einen Blick in die eine oder andere Kiste.
Plunder.
Der Schatz der Familie Froud also, wertvoller Plunder und verstaubte Langweiligkeiten.
Unter dem Regal an der Stirnseite des Dachbodens, stand ein weiteres Paket, eines von vielen zwar, und dennoch. Etwas unterschied es von den anderen.
Zum einen war dieses Paket mit einem Band umschnürt, das sonderbar aussah.
Als Joseph sich näherte, erkannte er eine Briefmarke darauf, die seinem Kumpel Alex gefallen hätte, sie sah so fremdländisch aus, wie es irgendwie nur ging.
Diese Kordel, Schnur, wie auch immer, schien aus einem seltsamen braunen Material zu bestehen, das bei genauerem Hinsehen aussah wie eine vertrocknete Schlingpflanze.
Die Adresse der Frouds stand darauf geschrieben, in Lettern die wohl ein Kind nur hätte schreiben können, krakelig und schief.
Einen Moment fühlte er sich beobachtet, drehte sich nach links und rechts um, bevor er das Paket hervor zog.
Es war schwer, der Inhalt musste dicht gepackt sein, es gab keinen Laut von innen preis.
Öffnen? Wie sollte er erklären?
Am besten war es, er würde…
Schnell stand er auf, wuchtete das Paket vor seinen Bauch, und stieg eilig die Klappleiter wieder herunter. Er roch nach Schweiß stellte er fest, Angstschweiß sicherlich.
Aber dieser Kick, dieses Unternehmen das er vollzog machte sichtlich mehr Spaß als erwartet.
Jetzt, machte er allen eine lange Nase, er führte die Familientradition der Frouds weiter und hatte nun auch ein Geheimnis.
Er stellte seinen Fund auf den Boden, und schloss eilig die Klappe, er fürchtete auf den letzten Metern in sein Zimmer noch entdeckt zu werden.
Als er seine Beute vom Teppich abhob entfuhr ihm ein leiser Fluch, denn das Paket hatte im Laufe der Zeit einen beträchtlichen Anteil des Dachbodenstaubes für sich beansprucht.
Dieser hatte sich nun in einem feinen Abdruck auf dem teuren Persischen Teppich verewigt.
Ärgerlich versuchte er die Spuren mit dem Fuß zu verwischen, als er Stimmen im unteren Flur wahrnahm.
Einen kurzen Sprint durch den Flur ließ die Stimmen Gott sei Dank schnell zurück.
In seinem Zimmer ließ er das Paket auf sein Bett fallen, und sich selbst in den Ohrensessel.
Das war verdammt knapp.
Er betrachtete seinen Dachbodenfund jetzt eingehender.
Das Papier allein sah schon merkwürdig genug aus, die Kordel, dieses braune, verschrumpelte Zeug! Und die Briefmarken!
Er beugte sich darüber und wischte den Staub herunter.
Costa Rica? Was zum Teufel machte seine Familie dort?
"Joseph alter Knabe, Du wirst es nie erfahren wenn Du nicht nachschaust!"
Er sprach vornehmlich altklug und Besserwisserisch mit sich und der Welt, denn er war von Haus aus ein Snob.
Seine Freunde waren Snobs, selbst die Katze im Salon wirkte Arrogant.
Nur wenn er allein war, gab er sich wie er es wollte, wie er „wirklich“ war.
Es war äußerst befreiend zu rülpsen und zu fluchen wenn es niemand hörte. Auch das einfache rumhängen in Shirt und Jeans genoss er dann.
Er kramte eine Schere aus seinem Schreibtisch hervor, und schnitt vorsichtig die Schnüre durch, die durchaus widerstand leisteten.
Als diese entfernt waren, überlegte er eine Unterlage zu benutzen damit das Bett nicht allzu sehr von Staub und Spinnweben verdreckt würde.
Denn Spuren zu hinterlassen war sicherlich nicht ratsam, das Personal tratschte gern nach oben, auch die Zigaretten die er achtlos hatte liegen lassen hatten zu einem Riesen Eklat geführt.
Als Froud gab man sich eben nicht dem Luxus des kleinen Mannes hin.
Ätzend.
Also nahm er ein Handtuch aus seinem Bad, und breitete es auf dem Boden aus.
Das sollte genügen.
Das Papier war schnell entfernt, es kam ein Kasten darunter zum Vorschein der sein Interesse auf Hochtouren brachte, er sah so ungewöhnlich konstruiert aus, denn er bestand zum größten Teil aus einem Material das scheinbar Kokosfaser zu sein schien!
Dieses Paket barg einen Schatz in sich, jede Wette.
Den Kasten zu öffnen war nicht schwer, er war lediglich mit einem Holzstopfen verschlossen.
Der Deckel klappte auf und zum Vorschein kam ein Haufen weißlich gelber Flocken, die Joseph vorsichtig zur Seite fegte.
Darunter lagen ein Stapel Bücher.
Enttäuschung konnte einem das Gesicht direkt entstellen.
Bücher, na Klasse! Sicherlich irgendein Buchhaltungsscheiß aus Moment! Aus Costa Rica?
Auf der oberen Kladde stand ein Name den er schon einmal gehört hatte.
In zierlichen Lettern geschrieben, mit einem graziösen Schwung darin stand der Name seines Onkels.
Timothy Froud.
Der Onkel Timothy, der bei einem Flugzeugabsturz in der Karibik umgekommen war.
Er schlug das Buch auf, und begann zu lesen.
14.04.1992 T.Froud, Andamar
Gott Sei Dank ich habe es geschafft. Ich weiß nicht wie viele Schutzengel ich hatte, aber Sie flogen schneller als diese Maschine.
Ich glaube das obige Datum stimmt, ich habe versuche nach dem Absturz die Tage zu zählen um etwas aus der alten Welt zu erhalten.
Obwohl es nicht mehr wichtig ist.
Ich weiß nicht einmal genau wo ich bin, die Menschen hier nennen es Andamar, wenn ich es richtig verstanden habe, keiner hier spricht Englisch, auch Französisch und Spanisch war eine Bauchlandung.
Ich glaube nicht, das ich jemals in die Zivilisierte Welt zurückkehren werde, alles was mir bleibt, ist dieses Papier aus dem Wrackcontainer den ich in der Bucht gesichtet und inspiziert habe.
Also schreibe ich meine Geschichte nieder, in der Hoffnung irgendwann gelesen und verstanden zu werden.
Dies ist mir ein besonderes Bedürfnis, denn in dieser Welt, ja! Es ist eine andere Welt!, geschehen Dinge, die ich niemals erkannt und erst Recht niemals überlegt habe.
Ich bin glücklich hier.
Dies ist meine Geschichte, und ich beginne von Anfang an.
Teil 1.
Andamar
Kapitel 2.
Verborgene Träume
14.04.1992 Timothy Froud, Andamar
Mein Name ist Timothy Froud, geboren in der ehrenwerten Familie Froud in Glostershire England.
Mein Vater ist der hoch geehrte Frank Froud, Mitglied des Hohen Hauses, und Träger des Verdienstordens der Queen.
Meine Mutter entstammt der Königlichen Familie, wenn auch nur in geringem Maße, das machte Sie gerade für meinen Vater wahrscheinlich interessant.
Ich denke Heute das Sie eine Trophäe für ihn war.
Heute… Heute ist sowieso alles anders, aber dazu komme ich noch.
Ich wuchs mit meinem Bruder Ralph in einem Haus auf, das Geborgenheit und Angst für mich bedeuteten, Geborgenheit da uns dort nichts und niemand etwas anhaben konnte, wir waren die Frouds, man weilte unter sich.
Angst hatte ich immer, Angst etwas falsch zu machen, mich daneben zu benehmen, etwas zu sagen, das mich in Misskredit bei meinen Eltern bringen konnte.
Ralph war da anders, er war der geborene Froud, einer aus der „direkten Linie“ wie mein Vater zu sagen pflegte.
Für ihn schien in den Augen meines Vaters die Sonne.
All diese Dinge habe ich erst begriffen als diese Dinge für mich nicht mehr existierten.
Und dabei war ich eigentlich doch glücklich dort.
Warum auch nicht? Die Zukunft versprach mir Wohlstand und einen festen Stand in der „Gesellschaft“ meiner Familie und deren Freunden.
Irgendwann, da würde ich vielleicht sogar die Nachfolge meines Vaters antreten, und meinem Stand entsprechend handeln und denken.
Mir hätte viel Früher auffallen müssen, das ich diese Dinge eigentlich gar nicht wollte!
Als ich etwa fünfzehn war, sprach ich viel mit mir selbst, ich konnte dann einfach frei Reden und musste mir keine Gedanken um die Konsequenzen meiner Worte machen.
Es befreite mich in einer Art und Weise, die mir Angst machte.
Ich glaubte fest daran, verrückt zu sein, eine Tatsache die mir manchmal fast den Verstand raubte.
Ich entdeckte Gedichte für mich, mein Vater wäre verrückt geworden wenn er erfahren hätte, das ich meinen Gedanken den Künsten zugewandt hätte!
„Brotlose Kunst mein Junge, Du bist ein Froud und die Frouds werden Ihre Pflicht erfüllen!“
Da blieb keine andere Wahl, als meine Gedichte heimlich zu schreiben.
Ich schwelgte dort in Gefühlen die ich niemals sonst hätte ausleben können!
Ich war das schwarze Schaf hinter goldenen Türen.
Ich lebte dieses Leben wie in einem Film, tat was mir aufgetan war, und verhielt mich korrekt.
Mehr erwartete man nicht von mir.
Im Prinzip einfach, und dennoch so schwer.
Ich sehnte mich nach jeder freien Minute in denen ich mein Herz auf die Reise schicken konnte, fernab der Etikette, weit entfernt von dem was ich eigentlich war, darstellte!
Ich bin in diesen Tagen blind gewesen, jetzt, nach all dieser Zeit bin ich sehend, der Einäugige ist König unter den Blinden.
Mein Bruder Ralph schien mich zu belauern. Er hatte feine Antennen für Dinge die ihn nichts angingen, ein Talent für Geheimnisse und die außergewöhnliche Ader ihnen auf die Spur zu kommen.
Um mir mehr Zeit zu ergattern, täuschte ich eine ominöse Krankheit vor, ich hatte gut recherchiert, es geradezu minutiös geplant.
Aber Ralph, er hatte mich von der ersten Minute an durchschaut.
Er hielt mich immer schon für einen Weichling, für ihn war ich kein „Froud“.
Jetzt erst Recht nicht mehr.
Er schnüffelte mir hinterher, ich hatte den Eindruck nicht eine Minute allein zu sein, er stellte mir Fragen, genau durchdachte perfide Angriffe auf meine Tarnung als Schwächeanfälligen Teenager, der einfach seine Ruhe benötigte – Auszeiten nahm.
Ich hasste ihn nicht! Nein! Er war mir auf die Schliche gekommen, mit seinen überragenden Fähigkeiten zu kombinieren führte er mich stets an seiner unsichtbaren Leine.
Ein paar Momente hatte ich sogar den Eindruck Verständnis zu sehen, vielleicht ein Geheimnis, das ER hatte, eines das wir vielleicht teilen könnten!
Aber diese Ahnung erwies sich wie viele Andere als ein Trugbild.
Er war das was mein Vater sich gewünscht hatte, smart, clever, Überlegen! Ein Froud.
Es tat ungemein weh manchmal zu realisieren nicht so wie er zu sein.
Ich wusste irgendwann das er meine Gedichte gefunden haben musste, er verwendete in den Sätzen die er sagte manchmal Auszüge aus ihnen.
Ich wurde allerdings nicht verraten, vielleicht war es Wink mit dem Zaunpfahl, vielleicht Rücksicht, oder einfach die Gewissheit immer die Nummer eins bei unserem Vater zu bleiben, einfach weil er ER war.
Wie auch immer.
Die Zeit ging ins Land, ich kann jetzt erkennen das ich mich immer mehr veränderte, anders war, ohne es in diesem Stadium meiner Entwicklung zum Mann zu erkennen.
Ich leistete meinen Beitrag, schloss die Schule ab, erlernte das was von mir erwartet wurde.
Ich war im Grunde ein braver Sohn mit einem Geheimnis.
Oh! Geheimnisse waren immer sehr beliebt in dieser Familie, vor allem Sie zu bewahren war so eine Art von Leistungssport für uns.
Ich hatte meine, Ralph hatte seine durch meine, und Vater und Mutter krönten die ganze Sache mit Ihrer Sammlung davon.
Ich machte mit, hasste es aber trotzdem.
Es war diese Fassade die mich störte, wie bei einem irren Massenmörder gab man der Umwelt eine Aufführung von „Das Leben der Frouds“.
Der Hintergrund, sozusagen der Backstage Bereich war für Außenstehende tabu.
Dort brodelte der Kessel in dem die Informationen, Lügen, Intrigen kochten, und durch uns wurde das Feuer nie ausgehen.
Was ist das Heute! Heute erscheinen mir diese Dinge so weit weg! Ein Universum trennt mich davon.
Das Sternenlicht umgibt mich wie ein Mantel aus Zufriedenheit.
Joseph sah auf.
Sein Onkel Timothy?
DER TIMOTHY FROUD!
Damals, hatte er die Augen seines Vaters genau beobachtet.
„Ich hatte einmal einen Bruder, er starb bei einem Flugzeugunglück, eine tragische Geschichte, sprich bitte nicht mit deinem Großvater darüber in Ordnung?“
Es war der Blick in seinen Augen, der ihn Lügen strafte.
Die Trauer um seinen Bruder war darin nicht zu erkennen, es stand Gleichgültigkeit in diesem Blick.
Er war in einer Zwickmühle gestrandet, deren Konsequenzen für Joseph klar waren.
Dieses Paket wurde niemals geöffnet.
Niemand konnte daher wissen das Timothy Froud, der Tot geglaubte Bruder und Sohn unter Umständen sogar noch lebte!
Kapitel 3.
In die Tiefe des Raumes gespuckt
Die Zwickmühle in der sich Joseph nun befand, gab ihm zu denken.
Er hatte nicht besonders viele Optionen in dieser Sache.
Es wäre natürlich einfach gewesen, seine Großeltern davon zu unterrichten, im Sinne von: „Hey Grandma Grandpa! Ich habe dieses Paket hier gefunden, und stellt euch vor! Mein Onkel Timothy lebt vielleicht noch! Wir sollten ihn suchen!
Wenn es nicht einen Haken an der Geschichte gäbe.
Seine Großeltern.
Die Beschreibung seines Onkels hatte einen Effekt erzielt, er entdeckte eine Seelenverwandtschaft.
Er sah seinen Großvater so wie er, ein Respektriese mit einer unwiderruflichen Autorität die ihn umgab wie ein Schutzschild.
Es kam einfach nicht in Frage diese Option zu Rate zu ziehen, er würde ihm diese Bücher sofort wegnehmen, sie sicherstellen wie auch immer man diesen Akt auch ausdrücken mochte.
Das wäre in diesem Moment wirklich fatal, doch eine weitere Option, die Durchsicht der Bücher und eine anschließende Reaktion darauf, schien einfach logischer in diesem Moment.
Er wollte so viel wie möglich über ihn erfahren, wie er sich entwickelte, was sich ereignete, Wie er WAR!
Er entdeckte einen Menschen auf Papier, sozusagen eine Sagengestalt über die Informationen, die vorher unterdrückt und verheimlicht wurden, plötzlich und unerwartet in seine Hände fielen.
Sein Instinkt sagte ihm das dies mit Sicherheit der einzige „wahre“ Schatz in diesem Haus war.
Er war nahezu unbezahlbar.
Der Entschluss stand also fest.
Er musste soviel erfahren wie er konnte, was dann geschah würde er nicht kontrollieren.
Vielleicht sogar nicht kontrollieren wollen…
Ereignisreiche Tage in diesem langweiligen heißen Sommer standen ihm bevor.
Joseph nahm das Buch zur Hand, und strich über die Blätter, die einen eigenartigen Geruch absonderten.
Er roch nach Meer, Sand, vielleicht auch ein wenig nach Abenteuer.
Er wollte mehr.
15.04.1992 Timothy Froud, Andamar
Hier sitze ich nun, vor meinem Papier.
Es scheint alles so weit weg zu sein, die Dinge an die ich mich erinnern kann schreibe ich hier nieder um sie vielleicht einmal, wenn ich sie ganz vergessen habe wieder hervor zu holen.
Wenn ich das dann noch will, mich erinnern meine ich.
An dem Tag als es passierte, ich den Schritt über die Grenze tat, unfreiwillig sicherlich, war ich eigentlich mit meinem Leben glücklich.
Glück ist eine Definition die ich hier einmal vorsichtig gebrauchen möchte, denn seitdem klaffen meine Ansichten über dieses Thema weit auseinander.
Ich erinnere mich noch daran was vorher geschah, ich war glücklich, denn in meinem Leben hatte sich etwas verändert.
Ein Mensch war in mein Leben getreten, unerwartet, wie ein Funke, der eine Kerze entzündete.
Es war mein Geburtstag, mein 22. Jahrestag, an dem mein Vater mir nach dem Frühstück feierlich eröffnete, es würde ein Party zu meiner Ehre stattfinden.
Geburtstage liefen in diesem Haus meines Vaters immer auf die gleiche Weise ab.
Die Froudsche Variante also.
Man gratulierte, es wurden Hände geschüttelt, die Schulter geklopft, feierlich wurden Geschenke überreicht, eine Geste die der Gralsfindung gleich kamen.
Ralph weilte zu diesem Zeitpunkt in Trento um dort die Textilfabriken der Familie zu reorganisieren, mein Vater sagte immer gern: „Das Ruder einschlagen“.
Er gratulierte mir am Telefon, es klang so belanglos wie die Nachfrage einer Telefonnummer bei der Auskunft.
Es war mir ohnehin nicht wichtig, wir wechselten damals ein paar höfliche Floskeln und verabschiedeten uns Kühl.
Ich hasste meine Geburtstage, viel mehr noch als Neujahrempfänge oder Weihnachten, denn ich stand im Mittelpunkt.
Ich war niemals gern Mittelpunkt des Geschehens.
Ich ahnte noch nicht was der „wirkliche“ Anlass für diese Party war.
Noch nicht!
Er eröffnete mir nebenbei er hätte ein paar Leute eingeladen die für mein Weiterkommen in der Gesellschaft sicherlich nicht ohne Nutzen sein könnten!
Er erwähnte kurz das sie in Begleitung ihrer Töchter kommen würden.
Dieses Augenzwinkern deutete ich von Anfang an richtig.
Es fand also ein Casting statt, eine Art Brautschau für mich, ein Viehmarkt der besten Partien Englands.
Nur für mich.
Ich war der Verzweiflung nahe! Aber wie diese Dinge immer laufen, es geschah am Ende etwas das ich nicht voraussehen konnte.
Nach Geschäftsschluss raubte ich mir ein paar Minuten um meiner Leidenschaft der Poesie zu frönen.
Inmitten dieser Tätigkeit wurde ich von meinem Vater zu sich gerufen.
Das tat er natürlich nicht persönlich! Man hatte in diesem Stand seine Angestellten die solch lästige Dinge erledigten.
Ich kam der Aufforderung natürlich nach, blieb mir eine andere Wahl?
Als ich das Arbeitszimmer meines Vaters betrat, fand ich ihn in gewohnter Pose vor.
Er saß entspannt hinter seinem Wurzelholz Schreibtisch, mit hochgezogenen Augenbrauen und gefalteten Händen.
Er sah aus wie ein Richter, und ich fühlte mich wie auf dem Weg zum Schafott.
„Mein Junge!“ begann er damals feierlich, er verzichtete darauf mir Platz anzubieten, ich komme auf diese Einzelheiten erst jetzt wo alles vorbei ist!
„Mein Junge! Ich habe diese Party nur für Dich organisiert, um Dir eine wertvolle Lektion in diesem Leben als Mann dieser Familie näher zu bringen!“
Wie edelmütig nicht wahr? Sozusagen von Mann zu Mann! Ich war nicht wirklich beeindruckt glaube ich…
„Nun! Wie Du vielleicht bemerkt hast, steht hinter jedem wichtigen Mann in der Gesellschaft auch eine starke Frau!, Sieh mal deine Mutter an, ist Sie nicht die perfekte Gastgeberin?“
Ich weiß noch genau was in meinem Kopf vorging.
Ich dachte: Sicher! Sie hat die Arbeit der langweiligen Konversation mit langweiligen Menschen, das macht Sie nun wirklich perfekt!!!
Ich konnte damals so zynisch in meinen Gedanken sein.
„Ich habe die Absicht, Dich in näherer Zukunft für einen Posten zu rekrutieren, der vielleicht der wichtigste in diesem Geschäftsjahr sein könnte, und da Du in diesem Fall einige Jahre im Ausland arbeiten müsstest, würde ich es begrüßen Dich in festen Händen einer guten Ehefrau zu sehen!“
Ich muss wohl ein wenig dämlich dreingeschaut haben in diesem Moment, denn mein Vater zog die Augenbrauen noch etwas höher als normal.
Er wollte mich verheiraten wie ein Sultan seine Tochter!
Ich war so geschockt von dieser Nachricht, das ich mich setzte.
Er hätte mir sowieso keinen Platz angeboten, ich ging diese Provokation einfach ein.
„Junge glaub mir es ist zu Deinem besten!“ hörte ich ihn an diesem Abend sagen.
Die Frau, ganz ehrlich, interessierte mich nicht einmal.
Ausland! Ich sollte mehrere Jahre weg von hier!
Was für ein wundervoller Gedanke!
Ich nahm sogar eine Ehefrau dafür in Kauf fürchte ich.
Dieses Gespräch war beendet, mein Vater hatte gesprochen, ich hatte wie ein artiger Sohn zugehört.
Der Abend, ich weiß nicht mehr genau, war so langweilig wie immer glaube ich.
Allerdings tat sich etwas neues auf, eine Art – öffnen der Büchse der Pandora.
Es tut weh diese Zeilen zu schreiben.
Ich sah sie sofort.
Sie war schlichtweg atemberaubend.
So – normal.
Sie war die Tochter des größten Geschäftspartners meines Vaters, ich war sofort ihren Augen verfallen, diesem koketten aufdringlichen Blick, der jedem anderen standhielt.
Im Grunde war sie eigentlich relativ unattraktiv.
Es war Liebe, ja! Liebe auf den ersten Blick.
Ich war umgeben von diesen stoischen, gut erzogenen jungen Frauen in Chanel gekleidet und parfümiert.
Aber ich sah nur sie.
Sah, wie sie mich belächelte, der erkorene Hahn im Korb, der wählen sollte welche Herzdame diese Festivität als neue Missis Froud verlassen sollte.
Es ging hier nicht um Liebe, Geduld, Romantik, Kompromisse! Nein nicht einmal um Symphatie!
Ich war schlappe hundert Millionen Pfund wert.
Ein dicker Brocken sozusagen.
GELD! Ich meine GELD! Wie lächerlich das klingt, allein der Gedanke daran erweckt in mir eine alberne Stimmung.
Ihr war es tatsächlich völlig egal.
Sie missachtete mich mit ihrem spöttischen Blicken, die mich absolut in Rage brachten.
In Rage nach ihr.
Letzten Endes war ich es, der sich um SIE bemühen musste.
Ich glaube es war Ihr Plan.
Wenn ich Sie doch nur noch einmal in den Armen halten könnte! Wie ich mich nach Ihr sehne! Nach Ihr und unserem… Der Schmerz ist es der mein Herz in Stücke reißt.
Ich war erpicht darauf, das meine erwählte Dame des Herzens nicht einfach so wieder von mir ging, doch meine Verpflichtungen auf dieser Party ließen dies nicht sofort zu.
Sie ließ es allerdings zu, das ich Ihren Abschied von meinen Eltern mitbekam, als die Party erst richtig langweilig wurde.
Ich tat etwas Unglaubliches, mein Gott ich wollte ich könnte es noch einmal tun!
Ich lief ihr nach, in meinem feinen Smoking rannte ich wie ein Derwisch hinter der Limousine her, und als Sie stoppte fand ich keine Worte.
Sie zog mich einfach hinein, an meiner Krawatte, und lachte mich aus.
War es das nicht Wert? Ausgelacht werden und mit dieser forschen koketten jungen Dame, die von den anderen ihres Äußeren wegen gemieden wurde in der Nacht zu verschwinden?
Immerhin von meiner eigenen Party.
Der Viehauktion im Hause Froud!
Es war der erste Tag meiner großen Liebe, und der letzte Tag in meinem Alten Leben.
Joseph legte das Tagebuch nieder, und lächelte.
Was für ein Schlawiner! Der erste der in dieser Familie gewagt hatte die Klingen mit Großvater zu kreuzen.
Im Geiste stellte er sich das Gesicht des alten Mannes vor als er erfuhr das der Ehrengast sich mit einer Frau aus dem Staub gemacht hatte.
Während seiner eigenen Party!
Was für ein Hammer.
Sein Vater wäre außer sich vor Wut gewesen, ER hätte diesen kleinen Ausflug nicht gewagt.
Joseph begann sich zu fragen ob er selbst es sich getraut hätte.
Wohl eher nicht.
Sicher war es mutig, allerdings auch äußerst brüskierend für den Rest der Familie.
Er dachte manchmal wirklich wie ein Froud, schon irgendwie peinlich oder?
16.04.1992 Timothy Froud, Andamar
Ich musste einfach an dieser Stelle unterbrechen, meine Sinne ordnen, und mich wieder sammeln.
Der Schmerz kommt manchmal wie ein gefährliches Tier daher, und reißt große Wunden in mein Herz.
In dieser Nacht, war ich so glücklich wie nie vorher in meinem Leben.
Sie war so – wunderbar, Sie strahlte eine Aura von Energie aus, die ich wie ein heilendes Balsam absorbierte, einatmete!
Alles an ihr war provozierend für mich, ob es nun diese arrogante Art und Weise war mit der Sie sich ausdrückte, oder dieser unausweichliche Blick, der allem standhielt, der mich durchbohrte und gleichzeitig wärmte.
Wir unterhielten uns über Dinge, die mir die Schamesröte ins Gesicht trieben, ganz locker! So natürlich wie es nur ging.
Sie schien nicht zu wissen wann ihr Mundwerk Einhalt finden musste, von ihren Lippen klangen vulgäre Ausdrücke, die ich sonst nie benutzt hätte, wie französische Liebesgedichte.
Sie war so anders!
Als wir an diesem See anhielten (Das war Ihre Idee! Ich war damals so spontan wie ein Faultier im Hochsommer) hämmerte Sie gegen die Trennscheibe der Limousine, und als der Fahrer sie herunterfahren ließ nahm ich an das Sie ihm dafür ein Trinkgeld geben würde.
Aber sie tat es nicht.
Sie beugte sich umständlich vor, schob dem Fahrer ein Kaugummi in die Hand, und gab ihm einen Schmatz auf die Wange.
„Danke mein Bester!“ flötete sie keck, und schon war Sie wieder bei mir.
Ich kann mich noch erinnern wie peinlich mir das war, und wie sehr ich mich plötzlich danach sehnte das sie mich berühren würde.
Es war eine wunderschöne Nacht, wir liefen den Weg hinunter in völliger Dunkelheit, Sie hatte meine Hand genommen, und trabte lachend und hüpfend vor mir her.
Ich war so starr vor Freude über diesen einen Augenblick, das ich ihn am liebsten eingefroren hätte.
Aber das war nicht möglich.
Heute, nach all dem, bemerke ich das dieser Moment sehr wohl eingefroren wurde, in meinem Herzen liegt es auf Eis, und es tut weh wenn ich versuche ihn aufzutauen.
Als wir den See erreichten, blieb sie plötzlich stehen, und sah mich an.
Wie diese Augen mich umschlingen konnten! Sie stand da, völlig außer Atem, und lächelte.
Die Welt hätte untergehen können, mir wäre es einerlei gewesen.
„Schwimmen wir?“ fragte sich mich, und wartete nicht auf eine Antwort, das tat sie niemals habe ich hinterher festgestellt, Sie stellte einfach schon im Vorfeld von sich selbst beantwortete Fragen.
Vielleicht habe ich deshalb mein Herz so schnell an Sie verloren.
Wir schwammen also auf den See hinaus, in diesem unglaublich kalten Wasser.
Wir waren nackt, Sie jedenfalls, ich hatte mich nicht getraut meinen Slip auszuziehen (typisch!)
Ich wollte Ihr nahe sein, ich lechzte danach eine flüchtige Berührung zu erhaschen, einen Blick auf sie zu werfen! (Am Ufer hatte ich mich respektvoll umgedreht als Sie sich auszog).
Als wir ungefähr die Mitte erreicht hatten, blieb Sie Wasser tretend auf der Stelle stehen.
„Weißt Du was?“ fragte sie atemlos.
„Nein!“ antwortete ich „Was!“
„Ich finde Dich echt langweilig!“
Es war zugegeben ein ganz schön herber Rückschlag für mich.
Und so wie ich war, drehte ich ab, und schwamm wieder auf das Ufer zu.
Ich hätte es besser wissen müssen! Schalt ich mich selbst, Sie hatte mich einfach nur vorgeführt, mich peinlichen Situationen ausgesetzt und dem überheblichen reichen Froud einen herben Schlag auf die Zwölf gegeben.
Am Ufer, watete ich aus dem Wasser, der Zorn brannte in mir wie ein Feuer.
Ich hatte doch tatsächlich für diese Blöde Kuh meine Familie enttäuscht und die Party meines Vaters zu MEINEN Ehren platzen lassen.
Ich muss wirklich Lachen in diesem Moment, aber weiter…
Ich hatte gerade meine Hose angezogen als Ihre Arme mich umschlangen.
Elektrisiert war ich, jenes Gefühl, das einen erwischt wenn man zu Tode erschreckt ist.
„Ich denke wir können Dich noch ändern!“ sagte Sie einfach, als hätte Sie mich niemals beleidigt!
Aber diese Berührung war innig, Ich spüre immer noch Ihre Nackte Haut an meinem Rücken, fühle die Wassertropfen eiskalt meinen Steiß hinab laufen.
Ich drehte mich um, und schon berührten mich Ihre Lippen, forderten einfach, ohne eine Zeitspanne abzuwarten in der ich Ihren Kuss erwidern konnte.
Sie war meine erste Frau, ich war unbeholfen, linkisch versuchte ich Sie zu streicheln, und ich schwöre bei Gott es war genau das was Sie erhofft hatte.
In dieser Nacht lernte ich eine Art von Körperlichkeit kennen, in der ich erblühte wie eine Mitternachtsrose.
Wunderschön brach sich das Mondlicht auf Ihr, Sie hatte einen Körper den ein anderer Mann, vielleicht viele andere Männer nicht als erachtenswert betrachtet hätten, doch für mich war Sie die schönste Frau auf Erden.
Natürlich war ich jung, unerfahren, die erste Sexuelle Erfahrung vernebelte meine Sinne in einem nicht unbeträchtlichen Teil, aber Sie war es die ich sah, nicht ein Gesellschaft geprägtes Körperliches Ideal das zu erfüllen galt.
Ich schlief nicht mir Ihr, sie nahm einfach das was Ich erhoffte.
Und als wir schwer atmend uns in den Armen lagen, der Mond sein Licht auf Ihren fahlen Hintern leuchten ließ, wollte ich nirgendwo anders auf der Welt sein, nur hier bei dieser Frau.
In dieser Nacht wurde mir nicht nur das Geschenk der körperlichen Liebe zuteil gemacht, ich bekam auch ein Geschenk das ich seit diesem Tag für immer verloren habe.
Ein verlorenes Geschenk.
Joseph war in einer fiebrigen Stimmung gefangen, die seine Hände zittern ließen.
Waren es diese Schilderungen die ihn so aufgeregt und hektisch machten? Er schnüffelte in den Privaten Aufzeichnungen seines Onkels und las die Beschreibung seiner ersten Liebesnacht.
War das nicht indiskret?
Er hatte gewollt das jemand diese Zeilen las, sonst hätte er sie nicht aufgezeichnet, es war ein Erbe das hier in seinen Händen lag.
Es kam ihm plötzlich dieser eine Satz seines Vaters in den Sinn, als er sich wieder einmal nicht korrekt verhalten hatte.
Es war ihm herausgerutscht, ein Faux Pax den er sich nicht oft erlaubte.
„Es wird nie wieder in dieser Familie einen solchen Versager geben wie meinen…“
Er hatte im Anschluss an diesen Satz beschämt geschwiegen, auch die Reaktion seiner Mutter war jetzt, in diesem Moment betrachtet höchst merkwürdig gewesen.
Es schien ihm nun, als hätte Sie die Luft angehalten, als erwartete sie eine noch schlimmere Entgleisung von ihm.
Welche das wohl sein gemocht haben könnte war ihm allerdings schleierhaft.
Die nächsten Zeilen im Tagebuch fanden darauf keine Antwort.
Als ich in dieser Nacht das Haus meiner Eltern betrat, fand ich gähnende Leere vor, die Spuren der Party waren beseitigt worden, es war glaube ich so um die vier Uhr in der Früh.
Allerdings war ich nicht allein.
Mein Vater saß in einem Lehnstuhl mitten in der Halle und erwartete mich mit einem Blick voller Verachtung.
Allerdings gab er sich nicht die Blöße seinen Worten einen inkorrekten Tonfall zu erlauben.
„Soso, da bist Du nun also?“
Das waren seine Worte, für immer brannten Sie sich in mein Gehirn ein.
Ich schwieg, konnte nicht antworten, ich war mir trotz meiner Augenblicklichen Glückseligkeit, meiner Schuld bewusst.
„Ich habe unseren Gästen gesagt, Das Du Dich nicht wohl fühlst, so war Dein verschwinden bis auf einige Personen erklärbar!“
Einige Personen? Ich wusste nicht und habe nicht erfahren was er damit meinte.
„Ich nehme an, das Du eine Begründung für diesen Affront darlegen kannst?“
Ich weiß nicht mehr ob es Angst oder Stolz war, vielleicht eine Mischung aus Trotz und Glück, dieser Cocktail beflügelte mich allerdings dazu diese Worte zu sagen, es war fast ein tätlicher Angriff für ihn.
„Ich war mit Susan zusammen, Susan Frost, Du kennst Ihren Vater, und bevor Du mich unterbrechen kannst, es war schließlich Sinn und Zweck dieser Party mir eine Braut zu wählen nicht wahr? Das war es doch was Du damit bezweckt hast! Nun: ich kann Dir sagen das ich eine Frau für mich gefunden habe, in der heutigen Nacht war ich mit Ihr zusammen!“
Seine Mimik ließ mich schlussfolgern, das er meine Worte durchaus verstanden, aber in keiner Weise anerkennen würde.
„Sie ist nicht standesgemäß für Dich!“ das waren seine Worte, denen ich wohl nicht widersprechen sollte.
Ich tat es trotzdem.
„Das ist mir egal Vater, denn ich liebe Sie!“
Er lachte mich aus.
Ich stand da, mit zerwühltem nassen Haar, meinem Hemd in der Hand, schmutzigen Hosen und einem störrischen Blick, und mein Vater lachte.
„Liebe!“ japste er damals „Wir sind Frouds Junge! Wir heiraten nicht aus banalen Dingen wie Liebe!“
Ich war zornig über diese Impertinente Art sich über mich lustig zu machen, und warf in meiner Wut mein Hemd von mir vor seine Füße.
„Vater ich habe mit Ihr geschlafen, ich will Sie, und auch wenn es Dir nicht gefallen mag! Es ist mein Wille, und dieses Mal werde ich mich deiner Diktatur nicht unterwerfen!“
War ich das der diese Worte gesprochen hatte?
Es grenzte fast an ein Wunder.
Ich machte damit einen schwerwiegenden Fehler.
Schlimmer als ich mir die Konsequenzen dafür ausrechnen konnte, doch diese folgten auf dem Fuße.
Als erstes sah ich meinen Vater aufstehen und auf mich zu gehen.
Dann erhielt ich die erste und letzte Ohrfeige meines Lebens von ihm.
Mein Gesicht brannte, vor Wut oder von seinem Schlag, ich weiß es nicht mehr genau, vielleicht war es etwas von beidem.
„Du wirst Sie nicht mehr treffen!“ befahl er mir.
„Doch das werde ich!“ erwiderte ich.
„Ich verbiete es!“
Zum ersten Mal wurde seine Stimme lauter als ich es gewohnt war.
„Das kannst Du nicht!“ ereiferte ich mich.
Dann, er beruhigte sich schneller als ich erwartet hatte, lächelte er plötzlich.
„Wir werden sehen!“ sagte er ruhig und gelassen.
Am nächsten Tag schickte er mich auf eine Reise nach Costa Rica, es stand eine Fusion mit einer Spirituosen Gesellschaft an, und ich sollte den Deal perfekt machen. Ralph war unabkömmlich, also musste ich es tun.
Mich zu weigern hätte keinen Sinn gemacht, ich hielt es sogar für besser diesem Haus eine Weile zu entfliehen.
Ich rief Susan an, erklärte ihr, und beschrieb Ihr die Nacht nach unserem Treffen.
Sie machte mir Mut, versicherte mir das es sicherlich eine Lösung geben würde wenn ich zurück käme, die Wogen werden sich glätten versprach Sie.
Ich blieb acht Wochen dort, in diesem heißen lauten Land, wir telefonierten mehrmals täglich, immer wenn meine Zeit es mir erlaubte.
Zuhause rief ich nur an wenn es Geschäftlich nötig war.
Mein Vater trug mir an einem Abend kurz vor der Rückreise auf, noch zwei Wochen zu bleiben um die Abschlüsse mit unserem Anwalt zu überwachen, zu einem Zeitpunkt als ich wieder zurück wollte, zu Susan dem Menschen den ich so vermisste als wäre er ein Teil meiner Seele geworden.
An diesem Abend rief Sie mich an, und in Ihrer Stimme hörte ich sofort das etwas besonderes Geschehen war.
In dieser Nacht sagte Sie mir das Sie von mir schwanger sei.
Joseph ließ seine Lektüre wieder sinken.
Ein Kind! Sein Onkel hatte ein Kind!
Niemand, niemand hatte in seiner Familie jemals erwähnt, das es einen weiteren Froud gab.
Er hielt sich für das einzige Enkelkind der Familie.
Sein Magen schien nur noch aus einem harten Klumpen zu bestehen, einer homogenen Masse die sich fortwährend in ihm bewegte.
Wussten seine Eltern, seine Großelter überhaupt davon?
Natürlich wussten Sie es! Der Vater seiner damaligen Freundin musste doch nach der Herkunft dieses Kindes gefragt haben.
Allerdings, kam es ihm in den Sinn, könnte sie auch verschwiegen haben wer der Vater war, oder jemand anderes trat an die Stelle von Onkel Timothy.
Im Hintergrund dieser Gedanken rotierten seine Hirnwindungen bereits darüber, wer diese Susan wohl sein könnte.
Susan, Susan… Er sprang hoch als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss.
Der beste Freund seines Großvaters, sein Geschäfts und Golfpartner Simeon Sturges hatte eine Tochter, die Susan hieß!
Und wenn diese Susan eben „diese“ Susan war, dann wäre es doch ein Leichtes herauszufinden, ob dort ein Kind geboren war!
Er musste lediglich übertrieben vorsichtig recherchieren und seinen Großvater zu den richtigen Äußerungen bringen, ohne das auffiel…
Ohne es selbst zu registrieren hatte er bereits einen Entschluss gefasst.
Am Abend würde Großvater wie jeden Tag am Kamin sitzen und seine Zigarre rauchen, eine von diesen widerlichen Cohibas aus Kuba die er so abgöttisch liebte.
„Wenn Du einmal heiratest mein Lieber!“ hatte er einmal gesagt: „Wirst Du die Gesellschaft einer guten Zigarre mehr schätzen als die Deiner Frau.“
Er glaubte zwar nicht wirklich daran, aber er hatte auch nicht gewagt zu widersprechen.
Er hatte nur wissend genickt, eine Geste die bei Großvater immer sehr gut ankam.
Es war schon absonderlich einfach, die Menschen hinter einer Fassade zufrieden zu stellen, deren Identität nur man selbst kannte.
Sein selbst wand sich gerade um das Problem und die Lösung dessen.
Bis dahin allerdings wollte er mehr erfahren, er legte sich auf sein Bett, dieses Viktorianische Ungetüm auf dem Napoleon wahrscheinlich schon geschlafen hatte, und begann weiter zu lesen.
17.04.1992 Timothy Froud, Andamar
Meine Güte! Ich hätte nicht gedacht, das mich die Erzählung dieser Geschichte immer wieder in solche Gefühlsregungen katapultieren würde.
Es ist wie ein Magengeschwür, das aufbricht und seine hässliche Saat in mir ausschleudert!
Es ist nicht einfach diesen Gedanken an Früher so objektiv nach zu gehen wie ich es gern wollte.
Immer wieder gerate ich in diese Melancholischen Schübe, die es mir Zeitweise unmöglich machen meine Hand ruhig über dieses Papier zu führen.
Aber ich will weiter erzählen, sonst bringt mich dieses Gefühl irgendwann um den Verstand! Ich hoffe dieses Tagebuch, meine Geschichte wird mir als Therapie sozusagen weiterhelfen.
In der Nacht des Anrufes brach ich völlig neben mir stehend zusammen.
Sie war Schwanger! Ein Kind das meine Lenden gezeugt, wuchs in Ihrem wundervollen Körper heran!
Tatsächlich machte ich mir mehr Sorgen darum wie es weitergehen sollte, anstatt mich über dieses Gott gegebene Geschenk zu freuen.
In diesen Augenblicken frage ich mich warum ich mich nicht selbst dafür hasse.
Ich wollte heim, schnell zu Ihr, meine Pflicht erfüllen heiraten! Mir schwirrten so viele Gedanken gleichzeitig durch den Kopf das es mich ganz verrückt machte vor Freude und tatsächlich vor Angst!
Was hatte ich denn zu befürchten? Das die Familie mich enterben würde? Mein Vermögen war in meinem zarten Alter von zweiundzwanzig bereits so hoch das ich es niemals geschafft hätte es unter normalen Umständen zu verbrauchen! Und wenn schon! Ich war intelligent, verstand mittlerweile mein Handwerk in dem ich tätig war, und war gleichermaßen Autark wie Willens!
Die Idee so schnell wie möglich zu Ihr zurückzukehren schwoll in mir an wie eine reife Frucht im Sommer.
Ich ließ alles stehen und liegen, packte das nötigste für mich ein, und begab mich auf direktem Wege zum Flughafen.
Unterwegs telefonierte ich und veranlasste auf Grund meiner hervorragenden Beziehungen eine Maschine nach London.
Es war mir völlig egal was mein Vater oder die Gesellschaft dessen von mir hielt, dies war mein einziger und dringender Wunsch in dieser Nacht.
Als ich den Flughafen erreichte (ich hatte sogar den Taxifahrer beleidigt und bedroht schneller zu fahren als erlaubt) zerrte ein böiger Wind an meinen Haaren.
Die Maschine war noch nicht aufgetaucht und ich musste meiner Meinung nach zu lange darauf warten.
Ich kann in meiner jetzigen Lage gar nicht verstehen wie ich so unglaublich Flegelhaft reagieren konnte, schließlich war Susan schwanger, und lag nicht im Sterben!
Ich schreibe es meiner Jugendlichen Aufregung zu, und belasse es deshalb dabei.
Die Maschine wurde schneller Startklar gemacht als Zulässig, das war auf Grund meiner kleinen Spende an die Piloten zwar nicht eben ehrenhaft, aber der Zweck heiligte in diesem Fall die Mittel.
Geld zu besitzen stellte sich hier mal wieder heraus, bedeutete klare Vorteile.
Ich konnte mich nicht einmal entspannen als wir in der Luft waren.
Mir stand der Sinn nach einem Hochprozentigen Getränk, aber leider war die Bordbar nicht aufgefüllt worden, so das mir nichts anderes übrig blieb, und ich mich mit den Beständen an Bier und Champagner zu befriedigen.
Wirkliche Genugtuung erbrachte diese Aktion aber nicht.
Vielleicht aber, rettete es mir am Ende das Leben.
Wenn das Leben das ich zu diesem Zeitpunkt geführt habe, wirklich Lebenswert war, mit der einen Ausnahme, ich war im Begriff Vater zu werden.
Es war vielleicht gerade dieser Gedanke der mich beinahe wahnsinnig machte.
Ich würde einen neuen Froud in die Gesellschaft einführen! Ein weiteres Kind der Sippe, das unter strengen Reglement aufwachsen würde, die selben Sätze gesagt bekommen würde, aber andererseits sicherlich auf Finanzieller Ebene für immer ausgesorgt hatte.
Ich hatte Susan, diesen Aspekt vergaß ich glaube ich in diesem Moment völlig.
Wie egoistisch das doch war!
Im Augenblick der nahenden Katastrophe war mir diese Grübelei vielleicht das einzige an was ich dachte.
Susan.
Ihre Worte hallten in meinem Kopf wider, Ihr Anblick, das Gefühl ihrer nackten Haut an meiner, all diese Dinge huschten schemenhaft an mir vorbei, als die Warnleuchte aufflackerte, und der Copilot nach hinten kam.
Seine Augen waren riesig groß für mich.
„Das Triebwerk“ sagte er, ich wollte nicken, ihn bestätigen, eine weitere Information aus ihm entlocken, aber der Anblick der Flammen durch das Bullauge der Maschine ließ mich für Sekunden erstarren.
Das Triebwerk brannte in einem Höllenfeuer.
Wir verloren an Höhe, ich weiß noch das ich schrie, ich brüllte ihn an: „Löschen Sie das Feuer ich muss nach London verstehen Sie denn Nicht!“
Nein, er verstand mich nicht, denn das sirren und Heulen der Turbine übertönte alle Geräusche innerhalb der Maschine.
Was dann geschah kann ich nicht wirklich exakt reflektieren, der Pilot stürzte vor mir auf den Boden, es war ein widerliches Knacken und Reißen zu hören, und das einzige, das einzige was ich wirklich noch beifügen kann war das Gefühl des eisigen Wassers an meiner Brust, das Gefühl grenzenloser Todesangst in mir, und die panische Schreie die aus meinem Körper entweichen wollten und vom Wasser erstickt wurden.
Dann war es so still, ein Cut (es kommt mir vor als sähe ich jetzt einen Film vor meinen Augen) und die Welt um mich herum, so gnadenlos und grausam, wurde schwarz wie nach dem Armageddon.
Es sind jetzt gute zwei Stunden vergangen (glaube ich zumindest) in denen ich mich wieder beruhigen musste.
Es ist so fürchterlich kalt in meiner Seele während ich diese Zeilen schreibe.
So kalt.
Kalt waren auch die Tränen die Joseph auf seinen brennenden Wangen spürte.
Es war ihm momentan schleierhaft, warum er so mit dieser Erzählung mitfühlte, ein Grund konnte sein, das er als einziger wusste wie er sich in dieser Zeit gefühlt hatte, so von Angst und Sorge überwältigt, das er die Heimreise überstürzt angetreten hatte.
Er fühlte mit ihm, es war als teilte er seinen Schmerz.
Unglaublich eigentlich.
Es brauchte eine Weile, bevor er sich gefangen hatte, und zu seinen eigentlichen Gedanken zurückkehren konnte.
Es war wohl offensichtlich, das dieses Schicksal nur dann jemals erhört werden würde, wenn er aufklären konnte was in der Zwischenzeit hier in Glostershire geschehen war.
Eine Geschichte parallel zu einer Geschichte.
Wunderlich aber wahr.
Während Joseph mit dem Buch in der Hand auf dem Bett hockte, in das Paket stierte und darüber nachdachte was ihn wohl im Laufe der Lektüre erwarten könnte, entdeckte er einen Gegenstand der ihm erst jetzt auffiel.
Es glitzerte zwischen den Büchern hervor.
Hastig aufstehend, fischte er mit spitzen Fingern danach, und brachte ein Armband zu Tage.
Es war schlicht, vermutlich aus Muscheln oder Schildpatt entstanden, aber für ihn wunderschön.
Auf einem schmalen Plättchen, zentral aufgereiht, stand fast unleserlich ein Name eingeritzt.
„Susan“.
Er musste sie wirklich geliebt haben.
Haben? Vielleicht hatte er nicht nur! Vielleicht tat er es immer noch!
Zweifel hatte er hinsichtlich dieser Bücher sicherlich zu Recht, denn warum sollte er Sie nach Hause schicken wenn er diese Aufzeichnungen für sich und die Nachwelt anfertigte!
Eine unterbewusste Stimme in seinem Inneren mahnte ihn zur Logischen Denkweise zurück.
Es gab sicherlich eine zweite Option.
Was, wenn er auf sich aufmerksam machen wollte!
Wenn diese Bücher nur ein Auszug aus dem gesamten Werk waren?
Ein Hilferuf? Oder eine Abrechnung…
Derart verwirrt und aufgelöst, beschloss Joseph seine Gedanken wieder auf die Reihe zu bekommen.
Er warf sich in seinen Trainingsanzug, und zog die Laufschuhe über, ein Lauf durch den Garten war mit Sicherheit das was er jetzt brauchte um seine aufgeputschten Gedanken wieder auf eine Linie zu bringen.
Die ersten Meter waren wie immer eine Qual, doch als er erst einmal seinen Rhythmus gefunden hatte, und seine Atmung kontrolliert und erträgliches Maß annahm, konnte er seine wirren Denkvorgänge etwas ordnen.
Es war schon ein Vorteil, hier in diesem wunderschönen Garten laufen zu können wo er niemandem begegnen musste, allein seine Runden ziehen konnte, ohne gestört zu werden.
Er konzentrierte sich ganz auf das Geräusch seiner Schritte auf dem weichen Boden, dem Klang seiner Atmung und dem reinen Sauerstoff, der in seine Lungen eindrang.
Laufen konnte so etwas wie ein Exorzismus sein.
Diesem Zustand folgend, passierte er den Badeteich seiner Großmutter, einer ebenso begnadeten wie Leidenschaftlichen Schwimmerin.
Hier hatte auch er das Schwimmen bei Ihr erlernt, wie Ihre Kinder und sogar Ihr Mann es getan hatte.
Dort hielt sich jemand auf.
Dieser Jemand, war eine Art Unikum der Familie, er arbeitete das ganze Jahr hier im Park, schnitt Büsche, Bäume, mähte Rasen und tat viele Dinge von denen sein Großvater unkte das es besser sei sie nicht zu wissen.
Er hatte ihm aufgetragen wenn es möglich sei höflich zu sein, aber ansonsten seine Gesellschaft zu meiden.
Er war an die achtzig Jahre alt, er gehörte zweifelsohne zum Inventar dieses Geländes und seines Großvaters.
Er lebte in einem Gartenhaus irgendwo hinten im Park, er hatte es noch nicht entdeckt, es musste dort sein, wo die Geräte und Materialien lagerten.
Dem Umstand, das er in diesem Moment auftauchte und der Tatsache das er einfach da war, verdankte der alte Bill Hennings die erste Unterhaltung mit dem einzigen Enkel der Familie Froud.
„Sir?“ Joseph blieb einfach stehen und sprach ihn direkt an, woher zum Teufel diese Eingebung kam wusste er selbst nicht, im Grunde genommen war er ebenso überrascht wie der alte Mann.
„Master Joseph!“ erwiderte Bill Hennings mit aufrichtiger Freude, einer Eigenschaft die einem geistig behinderten Mann eine Aura von Glückseligkeit verschaffte.
„Sie sind doch schon sehr lange für unsere Familie, nun tätig nicht wahr?“
„Oh Ja Master Joseph!“ kam die prompte Antwort, die mit stolz geschwellter Brust ausgesprochen wurde.
„Sie kennen doch eigentlich jeden unserer Familie ein wenig, ist es nicht so?“
Bill nickte bestätigend. „Ja Master das ist bestimmt so, die Mädchen aus dem Haus erzählen mir viel!“ einen Moment schien er zu überlegen ob er das richtige gesagt hatte, und fügte schnell hinzu: „Aber nur gutes Master, nuuur Gutes!“
Er zog das „nur“ so lang, das es Joseph amüsierte.
„Kannten sie meinen Onkel Timothy?“
Er hätte ihm ebenso einen Tritt in die Magengrube versetzen können.
„Ich kenn den, kenn den Ja!, aber wissen Sie Master… nicht so richtig, nein – nicht so richtig…“
Joseph sah eine Mischung aus Angst und Geheimnis in seinen Augen, und in gewisser Weise hatte er nichts anderes erwartet, so war er nicht im mindesten überrascht.
„Kannten Sie auch Susan?“
So belanglos wie die Frage ausgeführt war, so erschreckend die Antwort.
„Gibt’s nicht! Susan gibt’s gar nicht, Der Tim der hatte keine Freundin, war ja immer Zuhause, und jetzt gehen Sie besser weiter bevor…“
Joseph horchte auf.
„Bevor was!“
„Bitte Master, Ihr Großvater wird mich rauswerfen, ich bin doch alt, und.. ich weiß doch nichts über den schrecklichen Streit als…“
Er zuckte vor seinen eigenen Worten zurück.
„Ein Streit?“ Joseph war so nahe am Ziel, das er nicht locker lassen konnte.
Auch Bill Hennings wusste das der Junge Froud nicht mehr von ihm lassen würde, eine Ausrede, eine Lüge würde ihm nicht mehr einfallen.
„Es war kurz nachdem er gestorben war, bei diesem schlimmen Unglück in der Karibik, sein Flugzeug stürzte ab und…“
„Ich weiß, reden Sie doch!“
„Nach seiner Beerdigung tauchte Sie im Haus Ihres Großvaters auf Master und sagte ihm…“
„Das Sie ein Kind erwartete nicht wahr?“
Der Gesichtsausdruck des alten Mannes wechselte von bedrückt zu verwundert.
„Aber! Woher wissen Sie das…“
Joseph schüttelte unwirsch den Kopf.
“Egal! Und dann?“
„Sie stritten miteinander, es ging nicht um Geld sie war selbst reich, Sie gab Ihrem Großvater die Schuld an seinem Tod Master, wie schrecklich nicht wahr?“
Joseph nickte, dennoch war ihm die Reaktion völlig klar, er selbst hätte wahrscheinlich nicht anders reagiert.
„Tja Master! Sie schrieen aufeinander ein, Master Froud war sehr zornig weil er wollte das Sie das Baby…“
Er stockte.
Er nahm seinen Rechen wieder auf, mühselig in seiner Bewegung, und hielt ihn vor Josephs Nase.
„Und jetzt Master verschwinden Sie! sonst…“
Er machte eine Ruckartige Bewegung und Joseph sprang erschrocken zurück.
„Hoh!“ rief er mehr belustigt als erschrocken „ganz ruhig Bill! Was ist denn los!“
„WEG!“ brüllte er drohen „Ich habe schon zuviel gesagt, keiner wird mir mehr entlocken können! Ich habs versprochen hab ich! Und dann tu ich es halten!“
Was immer er gesagt hätte, was auch immer er ihm erzählen wollte oder sollte, er würde es jetzt nicht mehr erfahren.
Die einzige Reak