wir alle sind spezialisten!
Endlich habe ich den Grund meiner ständigen Müdigkeit eruiert! Nein, es liegt nicht daran, dass ich des nächtens meine Zeit in Bars verbringe. Was denken Sie denn von mir? Ich habe auch keine kleinen Kinder, welche die Angewohnheit haben stündlich munter zu werden und dann eine gute halbe Stunde Beschäftigung benötigen.
Es war gar nicht so einfach den wahren Grund herauszufinden.
Was ich alles überlegt habe. Ist es mein überdurchschnittlich hoher
Kaffeekonsum? Liegt es an der Straßenbeleuchtung, die mich manchmal des nächtens kein Auge zumachen lässt?
Nun bin ich mir absolut sicher: Es liegt an meinen gefühlten 32 Jobs. Was heißt hier Angeber! Armes Schwein würde es eher treffen. Und nein, ich übertreibe definitiv nicht. Es sind eventuell noch mehr, da ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch nicht alle identifiziert habe.
Abgesehen davon, habe ich es tunlichst unterlassen mir auszurechnen, was da an Zeitaufwand für mich erwächst.
Neben der „normalen“Arbeit, die es mir erlaubt meine Rechnungen zu bezahlen, und glauben sie mir, das sind nicht gerade wenig ...
Stopp – eigentlich sind es ja zwei Tätigkeiten, welchen ich aufgrund der zahlreichen Kosten nachgehen darf.
So weiter geht’s. Wo war ich? Ach ja bei den unzähligen Zusatzjobs. Genau, also neben dem sogenannten Broterwerb, bin ich zusätzlich unter anderem als Bankangestellter, Verkäufer, Tankwart, Recyclingexperte, Kellner, Trafikant, Gärtner, im öffentlichen Dienst und so weiter tätig.
Da beschleicht mich vorab eine weitere Erkenntnis. Es wundert mich keineswegs, dass die Arbeitslosenrate dermaßen hoch ist, wenn wir alles selbst machen dürfen. Aber weiter im Text …
Ich merke, obwohl ich sie nicht sehen kann, sie schenken meinen Worten weiterhin keinen Glauben. Lassen sie mich einfach erläutern, wie es zu einer derartigen Umtriebigkeit gekommen ist.
Auf den folgenden Seiten finden sie ein paar Beispiele.
Tankwart
Nicht nur, dass ich seit Jahren, oder Jahrzehnten selbst tanken darf – vielen Dank dafür - bin ich auch gezwungen – nein, ich darf natürlich – die Scheiben selbst reinigen, den Reifendruck überprüfen, Wasser nachfüllen und so weiter.
Seit einiger Zeit darf ich auch Herr über den Tankautomat sein. Das ist ein äußerst erhebendes Gefühl, wenn ich vor einem Tankautomat stehe und mit der Beschreibung so was von überhaupt nicht zurecht komme!
Bargeldzahlung ist nicht möglich, nur
mit Karte. Gut. Karte einschieben – warten – Code eintippen – warum jetzt schon, ich habe noch gar nicht getankt – warten – Betrag auswählen – was weiß ich was es kosten wird – ich rechne – tippe ein – warten – Quittung – ja von mir aus – warten – hurra, ich darf endlich tanken.
Wie lange hat das gedauert? Egal, ich kann es nicht ändern.
Wie gerne hatte ich es, als ich einem Tankwart einfach den Schlüssel in die Hand gegeben habe und ihn mit den einfachen Worten - „Super voll, bitte“ - dazu bewegen konnte seinen Job zu
machen. Und ich konnte in der Zwischenzeit einfach den Geruch des Benzin genießen.
Dieser Herr, an den ich in diesem Zusammenhang denke, hat seine Arbeit wirklich gerne gemacht. Was man ihm übrigens auch deutlich angemerkt hat.
Kellner
An sich sind Buffets ganz nett - anzusehen.
Abgesehen von der unbändigen Gier der Menschen, die bereits Stunden vor der Eröffnung mit jeder Menge Porzellan bewaffnet angestellt sind, darf ich mich um meine kulinarischen Genüsse selbst kümmern.
Mich mit einer Horde wild gewordener, in Panik geratener, zu Wölfen mutierten, unterzuckerten Lebewesen um eine Schüssel Kartoffelsalat streiten. Da kann ich ja gleich zu Hause bleiben und mit den Verwandten essen.
Ich vermute, dass in Zukunft der Abwasch ebenfalls vom „Gast“ zu bewältigen ist. Die Tischtücher zum mitnehmen – daheim waschen, trocknen und bügeln.
In diesen Selbstbedienungs..., wie soll man es wirklich nennen. Restaurant – irgendwie nicht passend.
Sie wissen, was ich meine – an der Autobahn oder am Flughafen. Eine wunderbare Möglichkeit in das Gastgewerbe reinzuschnuppern. Ich darf mir alles selbst nehmen.
Ein Tablett, Servietten, Besteck, Glas und Speisen. Mein Getränk darf ich dann selbst zapfen – egal was ich nehme.
Außer ich entscheide mich für eine Flasche, die ich nur schwer öffnen kann, da der Flaschenöffner an einer etwa zwei Zentimeter langen Minikette angebracht ist – damit ja niemand auf die Idee kommt, den unwahrscheinlich wertvollen Kapselentferner in die Tasche zu stecken.
Schaffe ich es dann bis zur Kasse, ohne etwas zu verschütten, muss ich nochmal an den Beginn, denn ich habe mein Besteck vergessen.
Verkäufer im Baumarkt
Waren das noch Zeiten, als man in den Laden ging und stückweise Schrauben, Beilagscheiben, oder Muttern kaufen konnte? Einzeln Glühbirnen ordern konnte, ohne gezwungen zu sein eine Vorteilspackung mit mindestens zehn Stück zu kaufen.
Diese Zeiten sind zurück. Beinahe.
In meinem Baumarkt wird dies seit einiger Zeit wieder angeboten. Der Nachteil dabei, alles zum selbst aussuchen, abwiegen, abzählen, in ein Säckchen packen und das Etikett mit dem Preis drauf kleben. Und das
Hinweisschildchen, das offene Ware nicht umgetauscht werden kann, setzt voraus, dass ich mich auch mit dieser Materie vollkommen vertraut machen muss.
Ich bin genötigt, nein Verzeihung, auch hier darf ich natürlich als mündiger Bürger, alles was ich an Baumaterialien oder Haushaltshilfen benötige selbst wählen. Wenn es nicht passt oder fehlerhaft ist, kann ich es ganz einfach umtauschen.
Was mich wiederum meinen Job als Tankwart intensiver erleben lässt, da der nächstgelegene Baumarkt rund 20 Kilometer von meinem bescheidenen Domizil entfernt liegt.
Datenspezialist
Online ist hier das Zauberwort.
Bei einigen Errungenschaften kommt man ja kaum dran vorbei. Damit die Insassen der Firmen nicht überstrapaziert werden, erhalte ich in regelmäßigen Abständen elektronische Post.
In dieser werde ich aufgefordert meine Angaben zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Damit ich in meinem Interesse von dem jeweiligen Unternehmen professionell serviciert werden kann.
Verstehe ich da irgendwas falsch – Service ist doch … egal.
FORTSETZUNG GARANTIERT ...