Beschreibung
Viele sind schon auf diese Art verschwunden.
Viele wurden schon entfĂŒhrt.
Viele wurden schon trainiert.
Viele haben schon diesen Schmerz gefĂŒhlt, der bis auch die Knochen geht.
Viele ... viele ...
Doch sie ist die Erste, die erkennt, was wirklich dahinter steckt
III - Matthew
6:50
Wie jeden Morgen drehte ich meine tĂ€gliche Morgenrunde durch die Einrichtung. Der Rundgang begann so wie immer bei den Klassenzimmer. Es waren zwanzig StĂŒck, davon waren heute sechs belegt. Manche hatten Mathematik, andere Physik und eine der Oberstufenklassen Chemie. Deutsch, Kunst und Musik wurde bei uns nicht unterrichtet. Lediglich die naturwissenschaftlichen FĂ€cher, die NaWis, und Sprachen. Mehr lief hier nicht.
Vom Materialienzimmer ging ich den Gang hinunter in die Untergeschosse. Hier lagen die Trainingshallen. Ich begann von hinten, mit Halle achtzehn. Das war die Kletterhalle mit dem Turm und gerade war Day dabei, die Kletterwand hinaufzukraxeln. Manchmal konnte der Jungen einem wirklich leid tun, doch meistens war es mir egal. Normales Training war das und ich konnte wegen ihm nicht eine Ausnahme machen. Ich musste dafĂŒr sorgen, dass alle in Form und bereit fĂŒr ihre spĂ€tere Aufgabe waren. Dazu zĂ€hlte, dass man seine Angst ĂŒberwand und bereit war, alles fĂŒr seinen Boss zu tun.
Ein paar Hallen weiter war gerade Verteidungstraining mit Bewertung. Die SchĂŒler standen sich gegenĂŒber und trugen heftige Duelle aus. Ein Blick auf den Bildschirm am Eingang der Halle sagte mir, dass vierunddreiĂig Fys eingeteilt waren, ich konnte aber nur zweiunddreiĂig zĂ€hlen. Zwei waren demnach schon erledigt und in den KrankenflĂŒgel geschickt worden. Hart, aber nicht zu Ă€ndern.
In den anderen Hallen war nichts auffÀlliges zu bemerken, dem einem oder anderem Fy schrie ich etwas zu, manchmal teilte ich dem Trainer noch etwas mit.
Als ich an Halle drei angekommen war, empfingen mich GewehrsschĂŒsse. Hier fand ebenfalls Training mit Bewertung statt, wie mir die groĂe Punkte anzeige mitteilte, allerdings ging es um das SchieĂen mit Halbautomatikgewehren.
Tarina, die Trainerin, brĂŒllte gerade einen Befehl und die Gesamte Abteilung sprintete zum Tisch mit den Monitionstaschen, hĂ€ngte sie sich um und begab sich in höchsten Tempo wieder zu seinem Platz vor einem der Zielscheiben. Ein Magazin wurde herausgezogen und mit dem leeren getauscht und geschossen. Dann ging das ganze von vorne los.
Ich beobachtete die Truppe eine Weile, bis mir das kurze, durcheinandergebrachte haar von Cay auffiel. Sie stand breitbeinig da und feuerte eine Kugel nach der anderen ab. Jede ging in die Mitte der Zielscheibe.
Nach einer Weile befahl Tarina, die Gewehre abzulegen und zwei Duzend Runden durch die Halle zu laufen. Alle fĂŒnfzehn Anwesenden entfernten das Magazin, legten die Waffe ab und liefen los. Es war mehr ein Sprint als ein Lauf, aber das war hier Standard.
  „Zieh die Arme weiter durch, Cay!“, rief ich quer durch die Halle und das MĂ€dchen war mir einen bitterbösen Blick zu. Ich grinste. Sie war die einzige, die sich von meinen Anweisungen nicht beeindrucken lies und so weitermachte, wie sie es immer tat. Vor ein paar Wochen habe ich angefangen, ihr fĂŒr jeden missachteten Befehl fĂŒnfzehn Minuten lĂ€ngeres Training oder lĂ€ngeren Dienst aufzudrĂŒcken. Bis zum Abend hatte sie locker ein bis zwei Stunden erreicht.
Zu meiner Verwunderung wurden Cays Armbewegungen wirklich lÀnger und kraftvoller. Ich legte den Kopf ein wenig zur Seite und verschrÀnkte die Arme vor der Brust, als die Abteilung auf mich zukam.
  „Los, ein wenig zĂŒgiger Leute. Ihr habt noch zwanzig Runden!“, rief Tarina, als ich mich umdrehte und die Halle verlies.