Während immer größere Teile der Galaxie im Chaos versinken und die alten Ordnungen zerfallen scheint es, als gäbe es keine Hoffnung mehr einen Krieg zu verhindern. Die Via können die Kontrolle über die Erde an sich reißen, während die menschliche Flotte den Kampf längst an einer anderen Front führt. Rafail Coel versucht weiterhin die Artheraner von einem sinnlosen Angriff auf die abtrünnige Kolonie Artherium abzuhalten Und dann sieht es so aus als liegt ein letzter Funken Hoffnung vielleicht in der Vergangenheit Bildquelle : exploding star fotolia.com
Nathan Teach sah von einem Computerbildschirm auf. Das Medizindeck der Kronos war wie ausgestorben. Er ging erneut eine Liste mit Namen durch. Namen von Toten.
Sie hatten noch immer keine genaue Übersicht, wie viele sie verloren hatten. Die Kronos war während der Schlacht bei Goodsprings selbst schwer beschädigt worden und große Teile der menschlichen Flotte waren sogar vollkommen zerstört. Die Gesamtverluste zu zählen, das blieb anderen überlassen. Doch wie viele waren ihm unter den Händen weg gestorben? Ein dutzend ?
Und für wie viele war wiederum jede Hilfe zu spät gekommen?
Der Arzt wendete sich wieder der Namenliste zu.
Wieder wurde sie um einen Eintrag kürzer.
Einen Moment zögerte er, dann schloss er das Programm. Es sah nicht gut aus.
Selbst wenn ihn die kalten, harten Zahlen nicht kümmern würden… sie hatten zusammen mit denen, die auf der Erde geblieben waren beinahe drei Viertel der ursprünglichen Crew verloren.
Und er konnte nicht einmal jemand die Schuld dafür geben. Coel vielleicht… aber der Mann hatte nur getan, was er für das richtige hielt. Nein… es gab keine Schuldigen außer…
,, Haben sie ihren Bericht fertig ?“ , riss ihn eine Stimme aus seinen Gedanken.
,, Nein Hal, das habe ich nicht.“ , knurrte Teach.
,, Verzeihen sie.“ , erwiderte die KI. ,, Ich schätze, d as war das, was Menschen als unangemessen bezeichnen würden.“
Er erwiderte einen Augenblick nichts, sondern öffnete wieder die Liste, die er dann mit den medizinischen Unterlagen abglich.
,, Vielleicht ist das etwas, das sie nicht verstehen aber… gibt es so etwas wie Schicksal Hal ?“
,, Schicksal stellt die Ausrede des einzelnen dar, sich nicht kümmern zu müssen. Seltsamerweise, werden sie sich trotzdem umsehen, wenn sie sich verfolgt fühlen. Es gibt Dinge, die Determiniert sind. Planetenbewegungen, Geschoßbahnen, Schwerkraft, Lichtgeschwindigkeit. Menschliche Entscheidungen sind jedoch beinahe unvorhersehbar, da nicht immer Logisch gesteuert. Auf eine Weise bewundere ich das. “
,, Wenn sie gesehen hätten, was ich gesehen habe… Es gibt so viel Merkwürdiges und Unverständliches hier draußen und ich habe mehr als genug davon gesehen, schätze ich.“
,, Worte sind keine Beweise. Nur Logik. Und ihrer Logik des Unverständlichen nach wären die Via und mit diesen die Erbauer und die Unity so gut wie Götter. Darauf wollen sie schließlich hinaus, vermute ich. Ich bezweifle das dem so ist.
Wenn ein Wunder oder Schicksal nur etwas, ist, das sie nicht erklären können, weißt das auf einen Beobachtungsfehler ihrerseits hin nicht auf ein aussetzend er Naturgesetze.“
,, Sie sind eben nur eine Maschine. Ich verlange nicht, das sie das Verstehen. “
,, Das setzt voraus, das würd meinen Blickwinkel auf die Wirklichkeit verschlechtern. Jeder Mensch folgt genau der Wahrheit, die er verdient“
,, Und das soll jetzt heißen ?“
,, Ich weiß es nicht. Ich versuche mich grade an instinktiven Handlungsweisen.“
Teach schüttelte den Kopf, bevor er sich wieder seiner traurigen Liste zuwendete. Um es hinter sich zu bringen, ging er schnell die letzten Namen durch und entfernte sie, bevor er das Ganze an die Brücke schickte. Solange Coel nicht an Bord war, war ein wenig unklar, wer eigentlich das Kommando hatte, aber vermutlich würden entweder Seyonn oder Ägir das übernehmen.
Er stand auf und sah sich auf dem nun leeren Medizindeck um. Man hatte einen Teil des dritten Decks abgetrennt und zu einem zwar mehr provisorischen aber voll ausgestatteten Krankenhaus umgebaut. Trotzdem hatte es nicht gereicht…
Das tat es wohl nie. Egal in welchen Konflikt es ging… er wurde immer unterschätzt, bis es zu spät war.
Ägir Meksis sprang aus seinem Sitz auf dem Kommandodeck der Kronos auf.
,, Verdammt nochmal.“
Aus einem Lüftungsschacht aus der Wand war ein vierbeiniges, orange-weißes Fellknäul gestürzt, das ihn fast zu Tode erschreckt hatte.
Die brennende Pfeife fiel ihm dabei aus dem Mundwinkel und verteilte glühenden Tabak über seine Hosenbeine, den er schnell abklopfte.
,, Was ist denn los ?“ , wollte Seyonn wissen, der grade den Raum betrat.
,,Die verdammte Katze ist los“ , brummte der Mann und sah nur noch, wie das Tier unter dem Zwischenraum einer Steuerkonsole und der nächsten Verschwand.
Seyonn betrachtete den Handelsmarine-Navigator einen Augenblick schweigend. Ein kaum sichtbares Lächeln lies seien Züge kurz etwas lebendiger wirken.
Ägir wirkte wie jemand, der durch die Zeit gefallen war. Das raue, bärtige Gesicht gab ihm das Aussehen eines Seemanns aus vorangegangenen Jahrhunderten. Aber das täuschte. Der Navigator war vielleicht einer der fähigsten Piloten, die man sich vorstellen konnte.
Das Symbol der Handelsmarine, jenem Zusammenschluss aus Export-Unternehmen, das die Wirtschaft auf der Erde weitgehend am Laufen hielt, prangte auf der Schulter seiner Kleidung. Ein Globus mit davor abgebildetem Transportschiff.
,, Wollten sie irgendwas ?“ , fragte Ägir, aber nicht mehr ganz so schlecht gelaunt. Der kleine Shock war ihm eigentlich ganz recht. ,, Zum Nichtstun verdammt zu sein schmeckt mir einfach überhaupt nicht.“
,, Ich denke, ich kann das verstehen.“ , antwortete Seyonn. ,, Haben sie schon Teachs Abschlussbericht über die Verluste ?“
Ägir nickte nur zu einer Konsole im Raum. Das Kommandodeck stand voll mit technischer Ausrüstung. Computer waren im Halbkries an den Wänden verteilt und mehrere Kameras ermöglichten einem Blick nach draußen.
Bei den meisten Computersystemen wurde heute auf holografische Interfacetechnik gesetzt. Nur auf den meisten Schiffen hinkte diese Technik etwas hinterher, da sie zu leicht beschädigt wurde.
Der Unity-Abgesandte sah sich die kurze Liste nur einen Bruchteil einer Sekunde an.
,, Sieht schlecht aus, wie ?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
,, Mit uns… sind vielleicht noch 15 Leute an Bord.“ , sagte Seyonn.
,, Das Schiff ist wieder flott, dafür fehlt die Besatzung. Und ich bezweifle das wir die GTDF um Hilfe bitten können…“
,, Nein, sie hätten Wilkonson hören sollen. Er macht seine Drohung ernst uns töten zu lassen, wenn wir uns noch einmal im Gebiet des Parlaments zeigen. Typisch menschlicher Überreaktion.“
,, Das heißt ?“
,, Das heißt ich werde mir etwas überlegen.“ , entgegnete er.
,, Sie hätten Rafail nicht fortschicken sollen.“ , meinte Steel.
,, Und was hätte das geändert ? Wenn Coe, hier wäre, was hätte das verbessert? “ , fragte Henry Wilkonson, der Vorsitzende des Erdparlaments. Die Frage klang nicht vorwurfsvoll. Nur Müde.
Sie standen im Hof eines grauen Gebäudeblocks mit verspiegelten Fenstern, der sich gut zwanzig Stockwerke in die Höhe Streckte.
Black Star News war einmal eine Radiostation gewesen. Jetzt war es genau so stillgelegt, wie die meisten Betriebe auf dem Planeten.
Ein Gittertor gewährte einen Blick hinaus auf die Straße, grade eine Patrouille bestehend aus knapp zwei Meter großen, dunkel gepanzerten Gestalten vorbeimarschierte, ohne die zwei Männern auch nur eines Blickes zu würdigen.
Rote Augen schimmerten unter schwarzen Panzerkappen hervor. Streng geradeaus gerichtet. Ohne Regung. Jede der Gestalten trug eine Waffe, die auf die Entfernung an einen simplen Stab aus Glas erinnerte. Aber das täuschte…
Es waren die Bodentruppen ihrer Eroberer.
Bisher hatten sich Admiralität und einige Mitglieder der Regierung hier verstecken können. Wobei verstecken vielleicht das falsche Wort war.
Es schein die Via schlicht nicht zu kümmern, was sie taten.
Die fremden Truppen waren auf den Straßen, besetzten die öffentlichen Bauten, kontrollierten den Verkehr…
Und wer sich ihrer Herrschaft wiedersetzte bekam das zu spüren.
Ansonsten aber blieb es ruhig. Lediglich, dass man nur noch ein einziges Signal über Funk reinbekam.
Und wenn man einen Fernseher einschaltete… überall die gleiche Eindeutige Botschaft.
Die Worte hatten sich Steel ins Gedächtnis gebrannt, wie den eisten anderen mittlerweile auch.
,, Vom Pfad abgefallene. Wir sind die Erlösung. Die Via sind gekommen um euch auf euren wahren Weg zurückzuführen. Jeder Wiederstand wird nicht geduldet.“
Mit dem zunehmenden auseinanderfallend es Parlaments war es ihnen unmöglich gewesen, einen funktionierenden Wiederstand aufzubauen und mit dem Fehlen dem Defensivflotte war es ein kurzer Kampf gewesen. Ein paar Tage Wiederstand, dann hatten die Via den Planeten vollständig unter Kontrolle.
Cain Steel sah einen Augenblick zum Himmel.
,, Vermutlich nicht viel.“
Zwei große, pfeilförmige, Schatten schwebten fast direkt vor der Sonne. Schiffe.
Vielleicht waren ihre Eroberer auch deshalb so unbesorgt, weil sie die absolute Lufthoheit besaßen.
Zwar hatten Steel und Wilkonson Kontakt zu den verstreuten GTDF-Soldaten, den Männern und Frauen der Galactic Trading and Defense Forces , aber solange sich zwei Schlachtschiffe direkt im Orbit des Planeten befanden… jeder Wiederstand hier unten ließ sich mit einem gezielten Schlag auslöschen.
Ein einzelner Mann näherte sich aus dem Gebäude. Ein durcheinander aus blonden Rastalocken fiel ihm ins Gesicht.
Zwei bewaffnete GTDF-Soldaten stellten sich ihm in den Weg, aber Steel winkte sie beiseite.
,, South, oder ?“ , fragte Wilkonson, als er die Gestalt entdeckte.
,, Bürgerlicher Name Leo Gogol. Ich glaube nämlich nicht das das noch eine Rolle spielt.“ , erwiderte dieser. Der ehemalige Moderator war mit dem ständigen Störsignal der Via jetzt wohl praktisch Arbeitslos.
,, Das stimmt wohl…“ , meinte Steel. ,, Wollten sie etwas ?“
,, Die Via senden nach wie vor einfach mal auf jeder Frequenz.“ , sagte Gogol.
,, Und ich schätze mal, das wir nichts dagegen tun können ?“ , wollte Wilkonson wissen. ,, So können wir uns unmöglich organisieren.“
,, Was wohl der Sinn des Ganzen ist. Hey Leute herhören, jetzt haben wir hier das Kommando zumindest noch…“
,, Noch ?“
Der Mann sah hoch zu den zwei Schiffsschatten am Himmel. ,, Nun, das Signal ist ziemlich stark und blockiert jedes unserer eigenen. Aber wenn wir nur genug… Energie hinter stecken, sollten wir auch Nachrichten durch bekommen. Allerdings würde so ein Energieanstieg wohl auch jedem einzelnen Via verraten, von wo.“
,, Uns sind also fürs erste weiterhin die Hände gebunden ?“
,, Genau das sage ich.“
Coel stand einen Moment unsicher vor ihr.
Dann neigte er sich langsam zu Aine. Es war nur eine flüchtige Berührung ihrer Lippen.
Die Artheranerin entwand sich ihm wieder, wich ein Stück zurück bis zur Tür und verschwand nach drinnen.
Er folgte ihr ohne wirklich zu merken, das sich seine Füße bewegten.
Elektrische Laternen brannten in den Fensteröffnungen des Raums, den er betrat.
Coel sah sich nur flüchtig um.
Bretterwände, die fast mit dem umgebenden Baum zu verschmelzen schienen.
Aine stand regungslos in der Nähe eines der Fenster und sah über die, bis auf einige Lichter, dunkle Siedlung.
,, Rafail.“
Die Gestalt wirkte ungewöhnlich zerbrechlich.
Aber er wusste, dass das täuschte. Normalerweise. Nur hier und heute nicht.
Sie schien plötzlich genau so unsicher, wie er sich fühlte.
Vorsichtig, als hätte sie einen Fremden vor sich, trat sie auf ihn zu.
Er spürte ihre Hand auf seiner Wange. Aine musterte ihn einen Augenblick aus dunklen Bernstein-Augen.
Wild spürte er ihr Herz klopfen. Und sein eigenes…
Es bahnte sich etwas an, was sie nicht zu beeinflussen schienen.
War das Wahnsinn? Er wusste es nicht. Er wusste nur er liebte sie.
Coel Strich mit den Händen langsam über ihren Schultern. Wohlwissend um die noch nicht ganz verheilte Verletzung, achtete er darauf möglichst sanft vorzugehen.
Sie schreckte nicht vor dem kalten Metall seiner Hände zurück.
Ihr weiches Fell fühlte sich seltsam an, als würde man direkt in einer Wolke greifen.
Er spürte, wie sie ihre Finger in seinem Rücken vergrub.
Es bedurfte keiner Worte mehr. Beide waren sich grundsätzlich einig in dem, was sie wollten
Ihr Körper glühte als er sie schließlich an sich zog
Sie ergriff seine Hände, führte sie dahin, wo sie sie haben wollte und zog ihn mit sich…