Biografien & Erinnerungen
Ein gefährliches Element

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"Ein gefährliches Element"
Veröffentlicht am 02. August 2008, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Hundertzentimeterhürdenläuferin
Ein gefährliches Element

Ein gefährliches Element

Vor etwa zwei Wochen haben Peer und ich spontan entschieden nach der Arbeit  an den Strand zu fahren. Normalerweise würden wir dies nicht auf einen Freitagabend tun denn der Arbeitstag in der Saison ist sehr anstrengend und wir sind beide froh über ein wenig Ruhe. Aber an diesem Freitagabend war es anders denn der Quecksilber streifen im Thermometer kratze an der 30 Grad Marke und der Sonnenschein rief uns förmlich ans Wasser. Ein wenig Abkühlung konnte auch nicht schaden vor dem Schlafen gehen und zudem kommt noch dazu, dass der Strand nur 15min mit dem Motorrad von uns entfernt ist. Schnell waren die Handtücher im Rucksack verstaut und auf ging es.Am Strand von Scharbeutz wehte uns ein kräftiger Wind um die Nase und meine innerliche Vorfreude wuchs als ich feststellte, dass sich große Schaumkronen auf den Wellen bildeten. Die mitgebrachte Decke haben wir beide nur lieblos und in eile ausgebreitet um die Helme nicht in den Sand legen zu müssen. Wir brauchten keine zwei Minuten um uns unseren Kombis zu entledigen. Peer lief schnell und ohne zu zögern ins Wasser wobei ich mich immer etwas  zaghaft voran taste aber es dauerte nicht lang bis auch ich komplett nass war denn die Wellen waren so stark, dass mich das kühle, erfrischende Nass schnell umspült hatte. Es war eine lustige mit viel lachen verbundene Stunde. Peer und ich tobten uns so richtig aus. Mir kam es vor schon ewig nicht mehr so einen Spaß erlebt zu haben. Wir sprangen ungestüm in die Wellen und ich freute mich auf jede Welle die mich von den Füßen riss. Nebenbei stellte ich fest, dass man von zu viel geschlucktem Salzwasser sehr oft aufstoßen muss. Aber diese Bemerkung quittierte Peer mit einem Lachen. Ich soll doch den Mund zu machen, wer weiß was ich dann noch alles für Zeug schlucken würde, war seine Antwort darauf. Beim der nächsten Welle lief mir das Wasser durch die Nase in den Rachen und ich überlegt aber außer Wasseramphibien viel mir spontan nichts weiter ein. Als Peer merkte, dass die Strömung immer stärker wurde, sorgte er dafür, dass wir lachend und abgekämpft zurück ans Ufer paddelten. Und das war auch gut so denn ich hatte riesigen Hunger bekommen. Auf der Decke sitzend und in den Handtüchern eingerollt überlegten wir wo und was wir essen würden. Ich war noch immer ganz berauscht von unserem Spaß und fühlte mich rund herum wohl. Ungefähr eine halbe Stunde später, wir waren so gut wie trocken, kam ein Mann auf uns zu geeilt und fragte ob wir ein Handy dabei hätten, da drüben im Wasser riefe eine Frau nach Hilfe. Peer schmiss sein Handtuch beiseite und lief zurück ins Wasser. Zu erst blieb ich ruhig denn ich vertraute meine Freund ich wusste welche Kraft in ihm steckte, ich war mir sicher, dass er der Frau helfen konnte.Als ich aber merkte, dass sie nicht näher ans Ufer kamen, brach in mir Panik aus.Mein T-Shirt hatte ich mir zwischenzeitlich schon wieder über gezogen aber dies spielte nun keine Rolle mehr. Ich lief ins Wasser und ich kam ungefähr bis zur Hüfte aber die Wellen waren weit aus größer, dass mir das Wasser bis zum Hals spritzte. Ich hörte beide rufen aber ich konnte sie nicht verstehen. Ich war verzweifelt. Was war denn nun los. Schaffte er es? Schaffte er es nicht? Ich konnte sie doch nicht verstehen. Was sollte ich tun. Später habe ich erfahren dass Peer mir zu rief, dass ich die 110 anrufen sollte oder den DLG aber an die habe ich in meiner Aufregung so rein gar nicht gedacht. Ich lief zurück an den Strand zu dem Mann der uns auf das Unglück aufmerksam machte und stellte ihm genau diese Fragen. Das einzige was er sagte war, Hilfe. Ich habe in diesem Moment nicht funktioniert und war wütend auf die anderen Menschen dir nur zu schauten vom sicheren Rand aus. Ich überlegte nicht lang zog mir mein T-Shirt und meinen BH wieder aus und lief zurück ins Wasser. Peer und die junge Frau hatten es soweit geschafft, dass sie wieder Boden unter den Füssen hatten.Noch eine sehr starke Welle kam auf mich zu und riss mir die Beine weg, sie spülte über meinen Kopf und im ersten Moment drückte sich mich in Richtung Ufer und als die Welle in sich zusammen sackte zog sie mich mit in Richtung tiefes Wasser. Die Wellen waren viel stärker als noch vor einer halben Stunde und sie folgten nach einander in kurzen abständen es war mir kaum möglich auf die Füße zukommen ohne das mich die nächste auch schon wieder um riss.Als Peer registrierte, dass ich ihnen gefolgt bin hechtet er einen Meter zurück und zog mich am Arm raus. Er schrie mich an, ich solle raus. So einen Blick wie diesen hatte ich zuvor bei noch keinem Menschen gesehen.

Dieser Blick war mir fremd und doch steckte in ihm so viel. Ich sah Angst, Angst um sich selbst und um mich vermischt mit tiefer Liebe zu mir. Natürlich machte ich mir erst später meine Gedanken dazu denn in diesem Moment war mir Denken eine unerreichbare Fähigkeit.
 Am Ufer machte die Frau einen sehr finsteren Eindruck mir gegenüber denn sie machte mir nochmals deutlich, dass ich den DLG hätte rufen sollen. Ich entschuldigte mich mehrfach mit den Worten, dass ich sie doch nicht verstanden habe. Peer gegenüber war sie sehr Dankbar denn er hatte ihr das Leben gerettet. Als Peer ans Ufer kam war ihm schlecht, er war kurz davor sich zu übergeben vom Salzwasser. Er konnte vor Anstrengung nicht reden und zitterte genau wie die Frau und ich am ganzen Körper wie Espenlaub.Er nahm mich in die Arme, ich weinte über meine Dummheit, vor Freude darüber, dass alles gut gegangen ist und darüber das uns so etwas passieren konnte. Peer war klar und das sagte er mir später, dass er für zwei Momente geglaubt hatte, dass nun sein Leben zu Ende ging. Er entschuldigte sich viele male dafür, dass er gewunken hätte und ich bedauerte zutiefst, dass ich nicht funktioniert hatte. Hunger hatten wir vorerst keinen mehr. 

Nach so einem Erlebnis wird einem erst bewusst wie verletzbar der eigene Körper ist, dass man eben doch nur aus Haut und Knochen besteht. Welch eine Kraft in der Natur steckt und wir beide haben gespürt welch kostbare Liebe uns verbindet. Denn keinen einzigen Moment hat einer von uns beiden daran gezweifelt, dass wir unser Leben für den anderen geben würden oder gemeinsam unter gehen. 

Am Montag wurden in den Zeitungen und im Radio Warnungen durch geben bezüglich der starken Strömungen die am Strand von Scharbeutz und Timmendorf vorherrschten und herrschen.
 
Für uns fast zu spät.

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evchen
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evchen Re: Ein gefährliches Element -
Zitat: (Original von Rattenfaenger am 21.08.2008 - 15:43 Uhr) Nach so einem Erlebnis wird einem erst bewusst wie verletzbar der eigene Körper ist, dass man eben doch nur aus Haut und Knochen besteht...

Sehr realistisch und spannend geschrieben, liebe evi*****
LG
Karl-Heinz


Auch für diese Worte danke ich dir sehr.
Übrigens finde ich es ganz große klasse, dass du die Passagen die dir besonders gefallen hervor hebst. Hab herzlich dank dafür. vlg evi
Vor langer Zeit - Antworten
Rattenfaenger Ein gefährliches Element - Nach so einem Erlebnis wird einem erst bewusst wie verletzbar der eigene Körper ist, dass man eben doch nur aus Haut und Knochen besteht...

Sehr realistisch und spannend geschrieben, liebe evi*****
LG
Karl-Heinz
Vor langer Zeit - Antworten
FSBlaireau Re: Re: Die Natur kennt keine Gnade -
Zitat: (Original von evchen am 05.08.2008 - 19:54 Uhr)
Zitat: (Original von FSBlaireau am 04.08.2008 - 12:50 Uhr) aber heute geh ich nicht mehr schwimmen!
*****


Kannst du ruhig musst halt nur nicht so eine Dummheit machen wie wir. ;-) Und vorallem sei vorsichtig. Danke dafür, dass du hier gewesen bist. vlg evi

Immer wieder gerne
Vor langer Zeit - Antworten
evchen Re: Die Natur kennt keine Gnade -
Zitat: (Original von FSBlaireau am 04.08.2008 - 12:50 Uhr) aber heute geh ich nicht mehr schwimmen!
*****


Kannst du ruhig musst halt nur nicht so eine Dummheit machen wie wir. ;-) Und vorallem sei vorsichtig. Danke dafür, dass du hier gewesen bist. vlg evi
Vor langer Zeit - Antworten
FSBlaireau Die Natur kennt keine Gnade - aber heute geh ich nicht mehr schwimmen!
*****
Vor langer Zeit - Antworten
Nera200 Re: Re: cool evchen -
Zitat: (Original von evchen am 03.08.2008 - 10:44 Uhr)
Zitat: (Original von Nera200 am 02.08.2008 - 17:17 Uhr) tolle geschichte muss ich dir sagen


Hallo Lisa,
Danke für dein Kompliment. Die besten Geschichten schreibt wohl doch das Leben selbst. vlg evi
ja ch weiß evechen ^^
Vor langer Zeit - Antworten
evchen Re: Ein ... -
Zitat: (Original von MarianneK am 02.08.2008 - 23:30 Uhr) Habe jetzt direkt Bauchschmerzen bekommen und mein Herz klopft wie verrückt. Habe total mit gelitten, denn ich kenne diese Strömungen. Wir sind damals auch mit viel Glück zurück an den Strand gekommen.

Liebe Grüße Marianne


Liebe Marianne,
ich habe deine Geschichte auch gelesen und ich musste beim schreiben an dich denken.
Ich glaube wenn man so etwas oder sowas änliches erlebt hat dann wird einem erst richtig bewusst was der Ausspruch "Nochmal Glück gehabt bedeutet." vlg evi
Vor langer Zeit - Antworten
evchen Re: cool evchen -
Zitat: (Original von Nera200 am 02.08.2008 - 17:17 Uhr) tolle geschichte muss ich dir sagen


Hallo Lisa,
Danke für dein Kompliment. Die besten Geschichten schreibt wohl doch das Leben selbst. vlg evi
Vor langer Zeit - Antworten
evchen Re: Adrenalin -
Zitat: (Original von Coeur am 02.08.2008 - 14:06 Uhr) Durch deine Zeilen habe ich dieses Drama miterlebt und das Blut gefror in meinen Adern...
Ein schreckliches und bleibendes Erlebnis.
Ich wünsche erholsame Tage
LG, Erna


Liebe Erna,
schön das du bei mir warst. Ja, dass kannst du mir glauben Spannung habe ich vorerst genug. :-)
vlg evi
Vor langer Zeit - Antworten
evchen Re: Schutzengel -
Zitat: (Original von spitzerblei am 02.08.2008 - 12:46 Uhr) Wir sind nur Menschen, aber auch Helden.

Musste meine kleine Joyce auch schon retten, Das Leben ist auf unserer Seite.

Adrenalin pur

Liebe Grüße Bernd


Ja du hast recht, ich habe nachts zu meinem Freund gesagt, dass uns irgendjemand da oben einfach noch nicht haben wollte. Gott sei Dank.
Ich danke dir für dein Kommi und freue mich darüber, das du hier gewesen bist. vlg evi
Vor langer Zeit - Antworten
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