Während immer größere Teile der Galaxie im Chaos versinken und die alten Ordnungen zerfallen scheint es, als gäbe es keine Hoffnung mehr einen Krieg zu verhindern. Die Via können die Kontrolle über die Erde an sich reißen, während die menschliche Flotte den Kampf längst an einer anderen Front führt. Rafail Coel versucht weiterhin die Artheraner von einem sinnlosen Angriff auf die abtrünnige Kolonie Artherium abzuhalten Und dann sieht es so aus als liegt ein letzter Funken Hoffnung vielleicht in der Vergangenheit Bildquelle : exploding star fotolia.com
Die zweite Ebene des Hauses bestand aus einem großen Raum, in dessen Mitte sich ein einzelner breiter Tisch befand. Die Oberfläche bestand aus einem holografischen Computerschirm und dem darüber hängenden Projektor. Im Moment jedoch war das Gerät abgeschaltet.
Die Fenster der Halle gingen nach allen Richtungen und erlaubten einen Rundumblick über die Siedlung und das sie umgebende Land. Der große Glasturm im Zentrum der Stadt war auch von hier noch gut zu erkennen.
Die Wände waren schräg du bildeten wohl bereits einen Teil des Dachs.
Eine weitere Tür am Ende des großen Saals bildete die einzige Trennung des Dachgeschosses.
Durch die Finster fielen grade die letzten Strahlen Tageslicht und mit einer einzigen Geste vor einem Bewegungsmelder aktivierte Elth die Lichter im Raum.
Als alle am Tisch Platz genommen hatten begann er.
,, Ich bezweifle, dass wir einen Angriff auf Artherium verhindern können.“ , stellte er gleich klar. ,, Es Ist wie ich sagte : Selbst wenn der Häuserrat beschließt untätig zu bleiben…“
,, Würden einige auf eigene Faust handeln.“ , ergänzte Adams.
Der Artheraner nickte.
,, Wir haben aber noch Zeit. Ich persönlich werde die Entscheidung so lange wie möglich ehrauszögern. Bis dahin weiß ich hoffentlich, auf welcher Seite die einzelnen Linja stehen. Was ich von ihnen brauche, ist irgendetwas, womit ich sie hinhalten kann. Vaas kann mich zusammen mit Darween und Istarie jederzeit überstimmen und eine Einigung erzwingen. Es sei denn, ich habe die Möglichkeit, sie genau davon abzuhalten. Vaas will diesen Krieg genau so wenig wie ich, da bin ich mir sicher. Aber er wird tun was seien Position im Rat stärkt. Ich muss ihm etwas anbieten, damit wir eine Pattsituation erreichen.“
,, Sie brauchen Handlungsfreiraum.“ , stellte Coel fest. ,, Um dann den Rest zu überzeugen.“
,, Sofern dies möglich ist, ja. Istarie ist noch unentschlossen. Wenn ich sie und Vaas auf unsere Seite bringe, bleibt nur noch Darween. Und um ihn… kümmern wir uns wenn es soweit ist. Ich arbeite noch an einem Plan.“
,, Könnten sie ihn nicht einfach überstimmen ?“ , fragte Adams. ,, Wenn sie eine Mehrheit haben…“
,, Das Haus Kaladar überstimmen ? Unmöglich.“ , entgegnete Elth.
,, Ist sein Einfluss so groß geworden ?“ , wollte Aine wissen.
,, Er war schon immer gefährlich. Selbst noch auf Artherium.“ , antwortete Elth nur, erläuterte das aber nicht weiter.
,, Für mich klingt das immer noch, als wollten sie in erster Linie nur ihre eigene Position stärken.“ , bemerkte Martin.
,, Und wenn dem so wäre, änderte das nichts an meinen Zielen. Ich bin nicht so dumm zu glauben, sie hinters Licht führen zu können. Es gab genug misstrauen zwischen unseren Völkern. Wir spielen hier mit offenen Karten.“ Der Artheraner sah einen Moment ernst in die Runde. ,, . Zumindest hoffe ich das.“
,, Ich könnte anbieten mit dem Direktor der Kolonie zu reden.“ , schlug Coel vor. ,, Hammond ist sicher nicht so dumm, sich auf einen Krieg mit den Artheranern einzulassen. Die Verteidigung der Kolonie ist stark, aber nicht unüberwindbar, für eine ganze Flotte. Das weiß er. Vielleicht ist er einsichtig. Dann muss es zu keinem Kampf kommen.“
,, Er wird den Planeten sicher nicht ohne Gegenleistung aufgeben.“ , gab Aine zu bedenken.
,, Bevor wir uns darüber Gedanken machen können, müsst der Rat erstmals zustimmen. Das wird nicht so schnell passieren. Sie werden darüber nachdenken müssen … und damit ist es vielleicht genau was wir suchen.“
,, Der Vorschlag würde sicher für genug Aufregung sorgen um uns Zeit zu verschaffen.“ , stellte Aine fest.
,, Mehr als genug.“ , erklärte Elth und stand auf. ,, Wenn sie dem zustimmen… dann haben wir vielleicht doch eine Möglichkeit, das ganze friedlich Beizulegen.“
Der Artheraner entschuldigte sich kurz, bevor er die kleine Runde verließ und durch die Tür am anderen Ende des Raums verschwand.
Martin sah einen Augenblick still in die Runde. ,, Damit wäre die Entscheidung wohl gefallen.“
,, Ich hoffe es.“ , meinte Coel. ,, Aber noch ist nichts sicher. Aine… wie lange kann das dauern, bis sich der Rat endgültig entscheidet?“
,, Ich weiß es nicht.“ ,antwortete sie. ,, Aber ich bezweifle, das es zu einer Abstimmung kommt, bevor sich jeder seiner Position sicher ist. “
,, Also, erst wenn die Entscheidung schon im vornherein fest steht wie ?“ , fragte Martin. Seine Stimme klang wie eine Mischung aus lachen und grimmigen Missmut.
,, Sie reden, als ob sie glauben, das wäre alles ein Scherz.“ , stellte Adams fest.
,, Alles ist ein Scherz.“ , erklärte Martin ,, Ein schlechter, müder Witz, der absolut nicht zum Lachen ist. Aber ein Witz.“
Elth kehrte zurück an Tisch. Er trat, ein Tablett in der Hand, aus der Tür am Ende des Raums.
Ein durchsichtiger Glaskrug stand darauf mit fünf Bechern darum verteilt. Der Krug enthielt etwas, das Coel ein wenig an schwarzen Tee erinnerte.
Der Artheraner stellte das Gefäß auf dem Tisch ab, bevor er sich wieder setze.
,, Erlauben sie mir doch ihnen im Zeichen der Gastfreundschaft noch etwas anzubieten.“
Coel wusste nicht genau, wie er reagieren sollte. Es wäre sicher unhöflich abzulehnen…
,, Sicher. Danke…“ Er sah zu Aine.
,, Das ist normal.“ , erklärte die Artheranerin leise. Vermutlich bekam Elth trotzdem etwas mit.
,, Ich weiß, sie hatten bisher nicht die besten Erfahrungen gemacht . Das beruht wohl auf Gegenseitigkeit.“ , meinte er, während er langsam den Tee oder was immer es war auf die einzelnen Becher verteilte.
Martin nahm als erster eines der Schälchen vom Tisch. Der dunkle Inhalt war kalt, nicht kochend, wie er erwartet hatte.
Der Pilot probierte langsam. Tatsächlich erinnerte das Ganze an gesüßten Tee.
,, Gar nicht schlecht.“ , kommentierte er nach einem weiteren Schluck.
,, Ich wäre vorsichtig damit.“ , ermahnte ihn Aine.
,, Wieso ?“
,, Das ist Myristica-Tee, wenn mich nicht alles täuscht “ , sagte Adams. ,, Eine Art in Alkohol aufgekochte Baumrinde. Das ganze lässt sich leicht mit abgeschwächtem Koloniebrand gleichsetzen.“
Koloniebrand war eine hochgradig illegale Droge, die aus Kräuterauszügen der verschiedensten Planeten bestand. Was letztlich drin war unterschied sich von Planet zu Planet und zumindest auf den Zentralwelten der Menschheit war der Besitz oder Verkauf absolut Verboten. Die weniger entwickelten Kolonien jedoch machten größtenteils ihre eigenen Gesetze oder ließen diese auch mal außer Acht.
,, Ich schätze, sie werden einige Setzlinge von Artherium mitgebracht haben?“
,, Tatsächlich, ja. Woher wissen sie davon?“
,, Meine… Familie lebte… kurze Zeit vor dem Krieg auf Artherium.“ , antwortete der Doktor. Er rückte sich kurz die Brille auf der Nase zurecht, bevor er sich selbst eine Tasse nahm.
Martin trank ab jetzt deutlich langsamer.
Elth wendete sich an Coel ,, Sagen sie, wie haben sie Artherium erlebt ?“
,, Wieso wollen sie das wissen ?“ , fragte er.
,, Ich war noch relativ jung, als wir den Planeten verloren. Zwar sind die meisten Erinnerungen recht klar, aber vielleicht will ich es trotzdem von ihnen hören.“
,, Subjektive Erinnerungen wie ?“ , meinte Coel. ,, Ich war da, fragen sie Aine. Es ist nicht mehr wichtig. Alles ist Asche.“
,, Ich verstehe.“ Elth warf einen Blick aus dem Fenster. Die Sonne war jetzt vollkommen hinter dem Horizont verschwunden und nur noch ein schwacher rötlicher Schimmer Tageslicht blieb zurück.
,, Es ist spät, ich muss zurück zum Rat.“ , erklärte er. ,, Aber bevor sie gehen, der Rat hat einige Häuser für sie eingeteilt, falls sie über Nacht nicht zu ihrem Schiffzurückkehren möchten.“
,, Da wohnt doch sicher jemand ?“ , wollte Adams wissen.
,, Es gibt viele leer stehende Bauten.“ , erklärte Aine. ,, Manchen von uns wandern zwischen unseren Siedlungen hin und her, statt sich irgendwo niederzulassen. Deshalb gibt es immer freie Plätze.“
,, Ich würde es ja wirklich vorziehen, nicht ständig hin und her fliegen zu müssen.“ , sagte Martin. ,,Ausnahmsweise.“
Coel brauchte nicht lange zu überlegen. ,, In diesem Fall… Danke.“
Als sie hinaus auf die Straße traten, musste Coel feststellen, dass der Boden etwas zu weit entfernt schien. Vermutlich eine Nachwirkung des Tees, obwohl er vorsichtig gewesen war.
,, Ich schätze, für heute war das wohl alles, was wir tun konnten.“ , sagte Martin.
Coel nickte. ,, Wir haben alle etwas Ruhe nötig, schätze ich mal.“
,, Ich vermisse es schon, das mal nichts versucht uns alle umzubringen.“ , meinte der Pilot. ,, Von ein paar Artheranern abgesehen, aber die sind ja geradezu harmlos.“
,, Trotzdem.. das Ganze war… merkwürdig. Was genau sollte das?“ wollte Adams wissen. ,, Es sieht einem Artheraner nicht ähnlich einfach so offen zu sprechen.“
,, Daher wissen sie, das Elth uns vertraut.“ , erklärte Aine. ,, Fragen und Antworten. Ihr habt einen Satz dafür… Wissen ist Macht. Wissen, so geringfügig es sein mag, ist ebenfalls Macht. “
,, Also mehr eine Art Ritual.“ , stellte der Doktor fest ,,Das ist was sie auf der Kronos getan haben, nach Isaari, richtig ?“
Aine antwortete nicht.
,, Das heißt dann wohl ja.“ , verabschiedete sich Martin lachend. ,, Ich denke ich finde den Weg.“
Auch Adams nickte ihnen nur noch einmal kurz zu und verschwand dann langsam den Weg in Richtung Siedlung entlang.
Während der Doktor die ersten Häuser passierte, konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er von irgendwo beobachtet wurde. Aber nicht aus einem der Fenster wie bei ihrer Ankunft hier. Nicht von den Artheranern…
Er blieb ein paar Mal stehen und sah sich um, entdeckte aber niemanden.
Vielleicht nur ein Tier, überlegte Adams. Vermutlich war es harmlos, wenn es sich so nah an die Siedlung herantraute.
Aber irgendetwas sagte ihm, dass es kein Tier war. Jemand verfolgte ihn…
Cole blieb mit Aine allein zurück.
Sie streckte ihm eine Hand hin ,, Kommst du ?“
Einen Augenblick sah er unsicher zu Boden.
,, Was ?“ , unterbrach die Artheranerin die Stille.
Er lachte kurz, bevor er ihr folgte. ,, Ich fühle mich öfter mal wie ein Idiot. Wegen mir. Aber du bist die einzige, die das selbst hinbekommt.“
,, Du bist kein…“
,, Ich weiß, nur eine, dumme… menschliche Formulierung.“ , unterbrach er sie. Er hatte Angst… war es das? Er musste es zumindest sich selbst gegenüber zugeben. Angst, dieses zerbrechliche Band zu sehr zu belasten, das zwischen ihm und Aine lag. Aber… es hatte wohl schon ganz andere Schwierigkeiten überstanden, nicht? ,, Ich liebe dich.“
Aine blieb stehen. ,, Ich… weiß.“
,, Wirklich ? Ich habe es nur nie… ausgesprochen.“ Coel zuckte mit den Schultern ,, Ich bin wirklich nicht gut in so was.“
Die Artheranerin schwieg eine Weile , während sie Seite an Seite weitergingen.
,, Der Häuserrat wird das nie akzeptieren.“
,, Und kümmert dich das noch ?“ , wollte Coel wissen.
,, Nein.“ Sie war stehen geblieben und drehte sich zu ihm um. ,, Und dich?“
,, Wenn mich kümmern würde, was irgendjemand von mir meint.“ Wäre vermutlich einiges anders gelaufen, überlegte er. ,, Mich interessiert, was du denkst…“
Wie zur Antwort Drückte sie ihm einen raschen Kuss auf den Mund.
,, Ich glaube immer noch an dich. Was immer noch passiert… Ich bin da.“
Mit diesen Worten löste Aine sich wieder von ihm und er musste sich beeilen, um mit ihr Schritt zu halten.
Sie erreichten die Randbereiche der Siedlung. Hier standen nur noch wenige der moderneren Kernbauten, sondern zunehmend Häuser, die man einfach in die Kronen der Bäume gezimmert hatte.
Als grade die letzten Strahlen Sonnenlicht verschwanden hielt die Artheranerin vor einem der Bäume an.
Einen Augenblick später leuchtete eine Reihe von Laternen in den umliegenden Bäumen auf. Eine in den Baum geschnitzte Treppe führte nach oben und Aine verschwand nach oben.
Coel folgte ihr Rasch die Treppe hinauf, die sich mehrmals um den Baum wandte.
Es war einer dieser Momente, die nie vergehen zu schienen wollten, als er endlich das Ende des Aufstiegs erreichte, eine leine Plattform.
Aine stand an der Tür zum Haus und wartete dort. Ein schwaches Lächeln auf den Lippen.
Er konnte seinen Puls rauschen spüren.
Was jetzt ?
Die Frage hing zwischen ihnen. Aber nur einen Moment lang…