Romane & Erzählungen
Sonnenblume und Bitterschokolade - TEIL ZWEI

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"Sonnenblume und Bitterschokolade - TEIL ZWEI"
Veröffentlicht am 25. August 2013, 4 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Mein Leben ist bisher von ständigem Wandel geprägt gewesen. Ich habe in der biologischen Landwirtschaft gearbeitet, in einer Schreinerei, habe die Berufsausbildungen zur Medizinisch-Technischen Laboratoriumsassistentin abgeschlossen und auch zur staatl. dipl. Erzieherin. Ich habe über dreissigmal den Wohnort gewechselt, die längste Zeit habe ich dabei in Bayern verbracht. Zweimal war ich verheiratet und habe drei erwachsene Kinder. Daneben hatte ...
Sonnenblume und Bitterschokolade - TEIL ZWEI

Sonnenblume und Bitterschokolade - TEIL ZWEI

Einleitung

Am anderen Morgen nach dem überraschenden Kennenlernen, melden sich erste Ängste und Befürchtungen....

Gescheiterte Fluchtversuche

Als der Junge durch die einsetzende Morgenkühle erwachte, wusste er zuerst nicht wo er sich befand, und was geschehen war. In seinen wirren Träumen war er wieder einmal vor seinem Vater geflohen, der versucht hatte ihn mit einem Messer umzubringen, und vor seiner Mutter, die ihm sein Zimmer - den einzigen Zufluchtsort - mit riesigen Topfpflanzen vollgestellt hatte. In seiner Verzweiflung war er aus dem Fenster gesprungen, und war anstatt sich beim Aufprall auf den Pflastersteinen der Hofeinfahrt das Genick zu brechen, weich in einem Feld voller Sonnenblumen gelandet, welches sich - von einem unsichtbaren Windhauch bewegt - in weiten Wellen wiegte und bis zum Horizont erstreckte.

Er war Ewigkeiten zwischen den übermannshohen Blumen entlang gelaufen, dem fernen Horizont zu, der seine Freiheit und Sicherheit bedeutete. Doch schien er ihn nie zu erreichen, und wenn er zurück sah, stand sein Elternhaus noch immer nur ein paar Schritt von ihm entfernt, und er konnte das irre Gesicht seines Vaters hinter den Scheiben erkennen, der draußen nach ihm suchte.

Schwer atmend und mit echten Tränen im Gesicht war er aufgewacht, und schmiegte sich nun ohne nachzudenken an den warmen, weichen Körper neben ihm, der eine seltsame Mixtur aus Mädchenduft und Maschinenölgstank ausströmte.

Als es ihm gelang seine verklebten Augen durch intensives Reiben frei zu bekommen, und auch seine Erinnerung an den gestrigen Abend in Fetzen wieder in seinem noch morgenmatten Gehirn eintrudelte, erschrak er über den eigenen Wagemut, seinen Körper  an ein fremdes Mädchen zu pressen, welches offensichtlich inzwischen splitterfasernackt neben ihm lag. Schnell versuchte er von ihr abzurücken, so lange sie es nicht bemerkt hatte, dass er sich unsittlich verhalten hatte.

Sein Fluchtversuch war allerdings von ebenso wenig Erfolg gekrönt, wie derjenige in seinem sich fast jede Nacht wiederholenden Albtraum: Erstens schon deshalb, weil sie beide zusammen in einem Schlafsack eingeklemmt waren, der vom Morgentau durchtränkt, pitschnass an ihnen klebte, zweitens - und das ließ ihn die Flucht vergessen, den Anstand und auch seine in den letzten Jahren angehäuften Ängste - weil sich das fremde Mädchen, ob seines Gezappels im Schlaf bewegte, besitzergreifend einen starken Arm um ihn schlang und seinen Kopf in das warme weiche Kissen ihrer Brüste drückte, welche die Natur nicht gerade sparsam ausgestattet hatte. An diesem Platz, der ihm den Wolken gleich erschien, auf denen angeblich die Engel schwebten, wurde ihm die Luft - durch einen blumigen Duft versüßt, der von ihm ausströmte - schnell knapp, so dass er einen Augenblick hoffte, so sterben zu dürfen von der Übermacht der sich ihm  plötzlich offenbarenden Weiblichkeit erstickt - möglichst bevor das fremde Mädchen das Desaster entdeckte, das sich nun zwischen seinen Beinen anbahnte.

Zu seiner Beruhigung stellte er fest, dass er seine Unterhose noch am Leib trug, wenn sie nun auch von innen her stark gedehnt wurde, und er befürchten musste, dass sie unter dem Druck reißen würde.

Bitterschokolade hatte schon immer einige Jahre jünger ausgesehen, als er es wirklich war, und so wurde er auf der Schule von den Mädchen noch als Kind angesehen, auch wenn er schon längst zum Mann gereift war. Das hatte dazu geführt, dass er versuchte zu verstecken, was seine Altersgenossen stolz vor sich her trugen, und nach eigenen Angaben bereits fleißig dem dafür gedachten Zwecke zuführten.

Sein gegen seine geballten Willen sich rasant vergrößerndes Körperteil, hatte jedoch nun aufgehört sich der Diktatur seiner Scham zu beugen und in viel zu weiten Jeans zu verkriechen.

An diesem schönen, klaren Frühsommermorgen, als eine strahlende, blendende Sonne die scharf gezackten Konturen der nahen Berge überstieg und ihre in der langen Nacht blank geputzten Strahlen spielerisch über den spiegelglatten See gleiten ließ, an diesem Morgen wehte trotz aller Peinlichkeit und Sterbenswünsche in der Hose des Jungen die Fahne der Revolution.

Als diese zwecks akuten Platzmangels an ein hügelartiges Hindernis anstieß, wurde das vorher tief schlafende und leise schnarchende Mädchen auf sie aufmerksam. Ihr Atemrhythmus veränderte sich, ihr Herz, welches bislang unter seinem Ohr auf ihrer Brust ruhig und gemächlich gepumpert hatte, schlug einen anderen Takt an. Unwillkürlich schmiegte sie sich noch näher an in heran (falls das überhaupt möglich war) und drückte ihren Unterleib gefährlich an den Sträfling, der zu entkommen suchte. Dabei stieß sie zwischen den unregelmäßig gewordenen Atemzügen, leise gurrende Töne aus. Bitterschokolade versuchte durch drehen und Wenden sein Gesicht aus der Umklammerung ihrer fülligen und unzweifelhaft für die prekäre Situation hauptverantwortlichen Oberweite zu berfreien. Das hatte zunächst Erfolg, als ihm jedoch beim ersten tiefen Atemzug der moschusähnliche Duft in die Nase stieg, der von weiter unten im Schlafsack hervor kroch, ließ er sich  kapitulierend wieder in die Federkissen sinken. Dann lieber doch nicht atmen…


In seinem verzweifelten Kampf ums Überleben hatte Bitterschokolade nicht bemerkt, dass Sonnenblume zuerst ein schläfriges Auge für die Außenwelt geöffnet hatte, dann schon etwas wacher das zweite, welches wie sein Vorgänger  in der Sonne in strahlendstem Bllau aufleuchtete, wie ein kleiner Stern.

Mit diesen Augen hatte sie den Jungen in ihrem Schlafsack, dessen Anwesenheit sie erstaunlicherweise nicht nur ohne Panikatacken ertragen, sondern sogar als angenehm empfunden hatte, liebevoll betrachtet.

Im Gegensatz zu Bitterschokolade war ihr Schlaf - wie immer - traumlos gewesen, und sie erinnerte sich sofort und in allen Einzelheiten an alles was am Abend zuvor geschehen war:


Zuerst waren sie sich im alten Boot gegenübergesessen, mit gesenkten Köpfen und Stimmen hatten sie sich gegenseitig aus ihrem Leben erzählt, bis tief in die Nacht hinein. Dinge, die Beide noch nie ausgesprochen und einem anderen Menschen anvertraut hatten, purzelten über ihre Zungen, als hätten sie nie etwas anderes getan. Von Zeit zu Zeit bewegten sie sich ein wenig, wenn ihnen das lange starre Sitzen zu unbequem geworden war. Dann knarrten die alten, verdorrten und morschen Bohlen unter ihnen, als würden sie sich in ihr Gespräch einmischen, zustimmend nicken und von der schönen Zeit erzählen, als das Boot noch, mit einer adretten Dame am Bug und einem edlen Herren auf der längst entschwundenen Ruderbank, durch die Wellen gezischt war, einem geheimen Liebesnest am romantischen Seeufer entgegen.


Sie hatte weniger auf die Worte seiner ausführlichen Erzählungen gelauscht, als auf den Klang seiner Stimme, die fahrigen Bewegungen seiner Hände, die ausdrucksvolle Sprache seiner dunklen, geheimnisvollen Augen, die eher zu einem Mädchen zu passen  schienen, als zu einem Jungen mit ihrer bewegten Sprache und dem Kranz aus langen Wimpern, wie das Seegras am Uferrand des stillen großen Wassers.

“Er ist ein Mann - er ist gefährlich!”, hatte eine warnende Stimme in ihrem Kopf ihren Zeigefinger erhoben. “Schick’ ihn weg, bevor er dein Leben zerstört!”

“Er gehört mir, er ist mein für immer!”, hatte das Organ in ihrer Brust geflüstert, welches sie bislang für einen Stein gehalten, und ihm keine Beachtung geschenkt hatte.

“Du bist wohl irre geworden!” keifte ihr Kopf, “Tod und Zerstörung garantiert!”

“Ich weiß!”,  hatte das wiederauferstandene Herz geantwortet. “und Liebe!” Diese letzten Worte hatte es nicht ausgesprochen, sondern im Schweigen verborgen um sie vor weiteren Anfeindungen zu schützen. Doch ihr Kopf war schlau geworden im Laufe der Jahre und ertappte ihr Herz sofort: “Du weißt genau, dass Liebe eine Selbsttäuschung mit hohem Kostenaufwand ist, wie kannst Du nur!”, warf sie dem wildgewordenen Teil ihrer selber vor.

“Ich weiß!”, antwortete dieser nur, sich wiederholend, “aber es ist MEIN Selbstbetrug, er gehört mir und Punkt!”


Sonnenblume hatte nach diesem inneren Zwiegespräch bemerkt, dass ihr ein großer Teil der letzten Erzählung des Jungen verloren gegangen war. Als er sie gefragt hatte, was sie davon halte, konnte sie nicht antworten, und obwohl ihr Scham gänzlich unbekannt war und Reue, war sie leicht errötet, als sie seinen weit geöffneten Augen nicht die Antwort geben konnte, nach der sie sich sehnten.

Stattdessen hatte sie unwillkürlich eine seiner Hände zwischen die ihre genommen und wiegte sie nun dort hin und her, hatte mit dem ausgestreckten Zeigefinger verträumt die Linien seiner Handinnenfläche nachgefahren.


“Komm leg Dich neben mich!”, hatte ihre Stimme gesagt, und er folgte ihr traumwandlerisch, als würde sie ihn bereits wie eine Marionette an den Fäden ihrer gerade erwachten Liebe führen.

Nebeneinander - immer noch mit Sicherheitsabstand - auf dem ausgebreiteten Schlafsack im Boot liegend, hatten sie gemeinsam den Sternenhimmel betrachtet, und angefangen eigene fantastische Geschichten zu erfinden, von den Planeten von denen sie angeblich ursprünglich gekommen waren. Dabei hatten sie ihre Hände keinen Augenblick los gelassen, und der Junge war so neben ihr eingeschlafen.

Sonnenblume hatte noch nie Probleme damit gehabt, sich zu nehmen, was ihrer Meinung nach zu ihr gehörte. Wer ohne Geld auf der Straße lebt, dem bleibt ja auch nichts anderes übrig, wenn er überleben will.

So hatte sie sich selber aus-  und den schlafenden Jungen zu sich heran gezogen, den Schlafsack um sie beide geschlossen und …


“Sag mal...was machst Du da eigentlich?”, flüsterte Sonnenblume gespielt entsetzt, als sie die Versuche Bitterschokolades bemerkte, ihrer weiblichen Ãœbermacht zu entkommen, “tut dir das nicht weh?”


Damit griff sie kurzerhand ohne Umschweife nach unten in den Schlafsack und befreite den Revolutionär aus seiner Unterwäschen-zelle. Der Junge schnappte überrascht und aufs höchste erregt nach Luft, doch als ihm dämmerte, was das Mädchen mit ihm vor hatte, war es schon zu spät: Sie hatte sich mit einem Schwung auf ihn gerollt und ihn in sich verschlungen. Seine mit einem Schlag aussetzenden Denkfunktionen - die vorher jahrelang unablässig rund um die Uhr gearbeitet hatten - konnten nur noch einen SOS-Hilferuf ausstoßen, bevor sie endgültig im purpurroten Nebel versanken: “Ich heiße Hans, wir haben kein Kondom, ich werde dich auch ganz sicher heiraten!”




Fortsetzung folgt


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Über den Autor

Iriana
Mein Leben ist bisher von ständigem Wandel geprägt gewesen. Ich habe in der biologischen Landwirtschaft gearbeitet, in einer Schreinerei, habe die Berufsausbildungen zur Medizinisch-Technischen Laboratoriumsassistentin abgeschlossen und auch zur staatl. dipl. Erzieherin. Ich habe über dreissigmal den Wohnort gewechselt, die längste Zeit habe ich dabei in Bayern verbracht. Zweimal war ich verheiratet und habe drei erwachsene Kinder. Daneben hatte ich immer auch künstlerische Ambitionen: Musik, Malen, Schreiben, Theater spielen. Ich bin ein naturverbundener Mensch und lebe gern sehr einfach mit und in der Natur.
Seit 2008 lebe ich in Leipzig, habe mich von einer langen chronischen Krankheit kuriert und bin Anfang dieses Jahres (2017) nun in Rente gegangen. Die letzten Jahre habe ich eine Schreibpause eingelegt, zumindest auf dieser Plattform hier, aber nun bin ich wieder da.
Zeit für ein neues Spiel... Mal sehen was mir so einfällt...

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Iriana Re: Re: Re: -

Liebe Maria,
ich schreibe Dir nur das, was ich denke und fühle.
Du hast das großartig hinbekommen.

Ganz liebe Grüße,
ein Lächeln schicke ich Dir
Theresia



Dein Lächeln nehme ich jetzt mit auf meine Reise nach innen, zu Sonnenblume und Bitterschokolade an den wunderschönen Bodensee.

drück Dich, Maria ich hoffe wir lesen uns später...
Vor langer Zeit - Antworten
Rehkitz Re: Re: -
Zitat: (Original von Iriana am 30.08.2013 - 13:52 Uhr)
Zitat: (Original von Rehkitz am 30.08.2013 - 09:58 Uhr) Liebe Maria,
Du hast eine Art körperliche Liebe zu beschreiben das es jeder lesen darf,
ich bewundere Deine Art zu schreiben.
Ein ganz dickes Kompliment!!!

Ganz liebe Grüße
Theresia


Liebe Theresia,

vielen vielen Dank, das war meine schwierigste Gratwanderung. Eine jugendliche Liebe ohne Sexualität und deren mit allem Anderen verwobenen Probleme zu beschreiben, geht nicht. Aber ich hatte ziemliche Sorge bei der Beschreibung des ersten Mals (für Bitterschokolade) die Grenze zu überschreiten, die das feine Gewebe der Emotionen zerstört.

Deine Rückmeldung ist eine ganz grosse Erleichterung für mich, eine Bestätigung, dass mein Boot sicher auf der anderen Seite angekommen ist und ich die nächste Hürde nehmen kann...

Ich werde zwar wahrscheinlich kein ganzes Kapitel mehr der Sexualität widmen müssen, aber sie wird dennoch immer wieder zur Sprache kommen in Dialogen und auch kurzen Spots.

Dafür habe ich jetzt mehr Mut, vielen Dank nochmal,

alles Liebe,

Maria


Liebe Maria,
ich schreibe Dir nur das, was ich denke und fühle.
Du hast das großartig hinbekommen.

Ganz liebe Grüße,
ein Lächeln schicke ich Dir
Theresia
Vor langer Zeit - Antworten
Iriana Re: -
Zitat: (Original von Rehkitz am 30.08.2013 - 09:58 Uhr) Liebe Maria,
Du hast eine Art körperliche Liebe zu beschreiben das es jeder lesen darf,
ich bewundere Deine Art zu schreiben.
Ein ganz dickes Kompliment!!!

Ganz liebe Grüße
Theresia


Liebe Theresia,

vielen vielen Dank, das war meine schwierigste Gratwanderung. Eine jugendliche Liebe ohne Sexualität und deren mit allem Anderen verwobenen Probleme zu beschreiben, geht nicht. Aber ich hatte ziemliche Sorge bei der Beschreibung des ersten Mals (für Bitterschokolade) die Grenze zu überschreiten, die das feine Gewebe der Emotionen zerstört.

Deine Rückmeldung ist eine ganz grosse Erleichterung für mich, eine Bestätigung, dass mein Boot sicher auf der anderen Seite angekommen ist und ich die nächste Hürde nehmen kann...

Ich werde zwar wahrscheinlich kein ganzes Kapitel mehr der Sexualität widmen müssen, aber sie wird dennoch immer wieder zur Sprache kommen in Dialogen und auch kurzen Spots.

Dafür habe ich jetzt mehr Mut, vielen Dank nochmal,

alles Liebe,

Maria
Vor langer Zeit - Antworten
Rehkitz Liebe Maria,
Du hast eine Art körperliche Liebe zu beschreiben das es jeder lesen darf,
ich bewundere Deine Art zu schreiben.
Ein ganz dickes Kompliment!!!

Ganz liebe Grüße
Theresia
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