Gott für Fortgeschrittene (1)
Kapitel 1
Gott sucht Urlaubsvertretung
Gott sah auf die Erde herab, rieb sich sie Augen und schnaufte schwer.
Die Sommerferien standen vor der Tür, nur nicht vor dem heiligen Himmelstor.
"Um Himmels Willen! Auch Gott braucht mal Urlaub!", brüllte er die um ihn Versammelten an.
"Gibt es einen oder eine Freiwillige?
Los, nicht alle auf einmal, wer möchte mich für die Zeit der Sommerferien
vertreten?
Super Job, völlig unterbezahlt, aber dafür auch ganz und gar unterschätzt!", rief er die Frage in die Runde.
"Kein Engel wird sich seine Flügel freiwillig wund arbeiten! Soll er doch einen oder eine Dumme unter seinen geliebten Menschlein finden!", flüsterte ein hell leuchtender Engel und vergaß dabei, dass die glockenhelle Stimme eines Engels wie Musik in den Ohren Gottes erklingt.
In diesem Fall wohl eher wie Hardrock, jedenfalls ballte Gott die Faust und befahl: "So sei es.
Der oder die Nächste, die an das heilige Tor klopft, hat die Ehre, mich gottesfürchtig vertreten zu dürfen!"
Das Vertrauen zu seinen Engeln war nicht besonders groß und so schaute Gott hoffnungsvoll auf die Himmelspforte, als es dort klopfte.
"Nun mach doch schon auf!" Raunzte er den Engel Gabriel an.
Der schwang kurz mit seinen Flügeln und hatte nichts anderes zu tun, als flugs zur Pforte zu schweben, um eine kleine Seitentür zu öffnen.
Herein trat eine Frau, die nicht besonders
göttlich aussah.
Diese schmiss sich vor die Füße des Herrn mit den Worten: "Mein Gott, ich war dir schon immer so nahe, dass ich manchmal das Gefühl hatte, ein Teil von dir zu sein, was liegt da näher, als dich zu vertreten?"
Da staunte Gott aber, denn wie konnte diese Frau etwas von seinen Urlaubsabsichten wissen?
Sie kam doch gerade erst hier an!
Hmmm... dachte da Gott bei sich, sie sieht vielleicht nicht göttlich aus, aber sie scheint Vorausahnungen zu haben, schon mal eine gute Voraussetzung für
den Job.
Da bin ich aber mal gespannt, ob sie auch meine erste Prüfungsfrage gut beantworten kann.
Doch zunächst: "Wie heißt du denn, mein Kind?"
"Sieglinde. Sieglinde Schumann. Aber alle nennen, ähm...nannten mich nur Siggi, Herr."
Gott, der Vater, trat noch näher an die nicht mehr ganz junge Frau heran und legte ihr die Hand auf die Schulter.
"Meine liebe Sieglinde, ich freue mich, dass du schon auf Erden sehr gottesfürchtig
warst.
Dann weißt du sicher auch die Antwort auf meine erste Prüfungsfrage : Weshalb musste ich Lot´s Weib zu Stein werden lassen?"
"Pssst!", flüsterte Gabriel und Siggi wandte sich zu ihm um. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie sah Gott direkt in die Augen und sprach: "Weil sie sich umgedreht hatte. Und Gott, ähm, ich meine, Ihr hattet sie alle gewarnt, sich nicht zu der Stadt umzukehren."
Gott zog seine Stirn kraus, ihm war
Gabriels List selbstverständlich nicht entgangen. Doch schließlich ging es hier um seinen verdienten Urlaub und da wollte er natürlich auch nicht päpstlicher sein, als der Papst.
Und um überhaupt kein Risiko mehr einzugehen, beschloss Gott, auf weitere biblische Fragen zu verzichten.
Gabriel würde sowieso dazwischenfunken und er selbst war gedanklich schon beim Kofferpacken.
Doch eine letzte Frage musste er noch los werden: "Nun sage mir noch, liebes Kind. Weshalb glaubst du, dass du eine
würdige Vertretung für mich bist und wie hast du überhaupt von meinen Urlaubsplänen erfahren?"
"Aber Herr, erkennst du mich denn nicht?
Ich war doch auf Erden katholische Pastorin und habe dich dort schon vertreten.
Sooft wie wir miteinander gesprochen haben, daran müsstest du dich doch erinnern können."
"Ich weiß, mein Kind, ich weiß, und wie du weißt, bin ich doch überall und allgegenwärtig.
Ich entsinne mich auch an unsere Gespräche, wenngleich ich auch nicht
immer auf alles eingehen konnte und auch nicht brauchte, weil du gut warst und dir stets selbst zu helfen wusstest."
Sieglindes Äugelchen bekamen einen leicht göttlichen Glanz, welches Gott mit Wohlwollen wahr nahm.
"Nun beantworte mir auch noch den zweiten Teil meiner Frage," sagte Gott voll der Gnade.
"Aber Herr, du hast mich doch selbst zu dir gerufen, und da ich noch im besten Alter bin, dachte ich mir, es muss einen besonderen Grund haben.
Von deinen Urlaubsplänen erfuhr ich vom Anschlag an der
Himmelpforte."
Gott rieb sich am Bart und überlegte einen Moment. Dann sprach er zu "Siggi":" Die Welt zu richten ist eine sehr verantwortungsvolle und anstrengende Sache, nur EIN Fehler kann alles verändern.
Denkst du, dass du bereit bist, diese Aufgabe auf dich zu nehmen?"
Sieglinde schaute ihn nur einmal prüfend an, als ob sie sicher gehen wollte, dass es auch Gott ist.
"Ja, aber du, ich meine SIE, wissen doch das ich "unten" schon eine gute Arbeit geleistet habe, und Sie verdienen einen
Urlaub. Glauben Sie mir, es wird schon klappen."
Und damit ging sie an ihm vorbei in das himmlische Reich.
Der Erzengel Gabriel hielt sich währenddessen dezent im Hintergrund.
Er war ein wenig verwirrt.
Sein Chef schien wirklich urlaubsreif zu sein oder er wurde einfach langsam alt.
Siggi, eine katholische Pastorin?
Wann hatte der Papst denn dazu seine Genehmigung gegeben?
Vielleicht hatte sie sich ja auch nur versprochen und meinte
evangelisch.
Auf alle Fälle würde er die Augen offen halten.Ja, ja sagte Gott sich, der natürlich die Gedanken seines Engels mit las, das mit den Kirchen und mit den verschiedenen Religionen hat er bisher noch nicht unter einen Hut bringen können und vor allem, dass sie mit seinem Namen hausieren gingen und Dinge taten, die er gar nicht gut heißen konnte.
Als er sie erschuf, gab er ihnen Verstand mit auf den Weg, damit sie selbstständig würden und er weniger Arbeit mit ihnen
hätte.
Schließlich gab es außer den Erdenmenschen in seinem Universum auch noch andere Bedürftige zu betreuen.
Sollte Sieglinde tatsächlich als Vertretung in Betracht kommen, dann musste sie sehr sorgfältig eingearbeitet werden. Aber wie sollte das auf die Schnelle funktionieren?
Außerdem war sie eine Frau... Konnte das gut gehen, wenn eine Frau ihn, Gott, der von jeher die Menschen beschützen oder wieder auf den rechten Weg bringen wollte, vertreten wollte?
Eine Frau mit Namen
Sieglinde?
Gott schluckte erst einmal. Dann aber wischte er seine Bedenken schnell beiseite.
Ach, zum Teufel, sagte er sich und bekreuzigte sich rasch vor sich selbst, was mache ich mir eigentlich für Gedanken?
Mich hat damals ja auch niemand eingewiesen und die Menschen hören sowieso nicht auf das, was ich von ihnen verlange.
Da kann man ruhig Katastrophen als Warnung zu ihnen schicken und sie ändern sich trotzdem
nicht.
Die kriegt jetzt eine Kurzeinweisung diese Sieglinde und dann bin ich weg.
Was soll schon passieren, es wird noch nicht mal einer merken, dass ich vertreten werde.
Siggi hatte schweißnasse Hände und merkte schnell, dass das hier oben nicht anders war als da unten.
Da stand sie nun vor Gott, hineingeschleudert in eine Situation, die verrückter nicht sein konnte. Sie wusste ja, wer an allem Schuld war!
Dann war ihr auch noch dieser
schreckliche Fauxpas passiert! Katholische Pastorin?
Siggi fragte sich, ob es ihr wohl jemand übel nahm, wenn sie für eine einzige, ganz kleine Zigarette betete?
Gott bekam etwas Gewissensbisse.
Obwohl er nach niemanden und nichts zu fragen hatte, fand er es nicht gut, den Erdenwurm so einfach ins kalte Wasser zu werfen, denn schließlich stand sein Name und Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.
Und diejenigen, die es merkten, dass er vertreten wurde, sollten es nicht zu sehr
merken.
Nein, nein beschloss er, eine richtige und tiefgründige Einarbeit musste schon sein und gedachte dabei der Mithilfe seines göttlichen Gefolges inklusive seines Sohnes, der damals für die Erde zuständig war und des Heiligen Geistes.
Er übersah auch ganz großzügig die kleinen Wölkchen, die aus der Richtung Sieglinde kamen, denn schließlich hatte er es ihr auf Erden auch gestattet.
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