Beschreibung
Ein Traum.
( Coverbild bearbeitet mit:
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Von oben pinkelte es auf meinen Kopf - die eigentlich wasserunlösliche Wimperntusche verschwamm, meine Haare hingen mir feucht im Rücken, und doch sah ich immer noch stechend klar. Ich war in einem Park, stellte ich fest. Ich wusste, dass ich diesen Park kannte, als kleines Kind war ich oft hier gewesen. Mit unschuldiger Freude spürte ich, dass ich willkommen war. Die Nachmittagssonne lugte an einigen nicht dunklen Stellen hervor und fand einen Weg an meine Augen. Schnell senkte ich den Blick und starrte auf den Pflasterboden, der, soweit ich mich erinnerte, eben noch nasse Blumenwiese war. Ich beobachtete ein Eichhörnchen, Hugo 99 wahrscheinlich, das emsig dabei war, in seinem Kobel zu verschwinden. Ich schluckte und rieb mir die Hände an der engen Jeans, die nicht zu meinem knalligen, ultraweiten Shirt passten oder zu den langen Anhängern an meinen Ohren, die als Totenköpfe in die Welt grinsten.
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Müde hielt ich mich an den kleinen Bäumen zu meiner Seite, die mich irgendwohin führen würden. Ein sauberer Schrei drang an mein Ohr, sodass ich eine Gänsehaut bekam, doch er verstummte wieder ebenso schnell, und kurz darauf hielt ich ihn für bloße Einbildung. Ich fühlte mich schmutzig und hässlich und dumm, wie ich ohne Ziel vor Augen umherirrte. Und da bemerkte ich ihn, er, dem meine ganze abstruse Gedankenwelt gegolten hatte - der Grund, weshalb meine Wangen gleich einer Alarmanlage rot anliefen und meine Augen fast tennisballgroß wurden und glänzten. Es pisste immer noch und wie es das tat! - und ich war dafür dankbar, denn es verschleierte meine pulsierende Sehnsucht.Ich wollte weder seine verdammt warme, ironische Stimme hören noch sein schiefes Lächeln sehen, das mich immer mehr an eine Ratte erinnerte. Ein verklärtes Grinsen setzte sich auf meinem Gesicht fest und alles in mir schrie danach,
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in seine Arme zu rennen und mich um ihn zu krallen. Doch da nahm ich die zierliche Gestalt ihm gegenüber wahr, wie sie wild gestikulierte, in ihrer weiblichen Schönheit und ihm die Hände wütend in den Bauch boxte. Sein Blick, der mit jedem ihrer zischenden Beleidigungen zärtlicher wurde, ruhte auf ihr - der Blick, unter dem nur ich aufseufzen durfte, der nur mir gehören sollte. Es tat weh, unglaublich weh, sie so zusammen zu sehen. Der Regen klatschte unkontrolliert auf meine Lider, ließ das Bild, das sich mir bot, wie einen verzerrten Filmeffekt wirken. Meine Tränen vermischten sich mit ihm, so, dass unklar war, was was war. Der Kloß, der sich hart und schwer in meiner Kehle gebildet hatte, erbebte unter dem Zittern meines Körpers.
„David." Meine Stimme erstarb. Ich erinnerte mich, dass ich auf dem endlos verzweigten Baum hinter ihnen gerne herum geklettert war; es war ein tolles Versteck gewesen. „Scheiße, man", flüsterte ich in die saubere Luft.
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Er liebt sie, wiederholte ich in Gedanken, solange, bis die Worte keinen Sinn mehr ergaben. Solange, bis ich mich umdrehen wollte, denn er hielt sie fest an den Handgelenken und seine von Narben entstellte Visage näherte sich ihrer unheilvoll langsam. Kurz, bevor ihre Lippen aufeinandertrafen, entfuhr mir ein lautes: „Nein!" Nichtsdestotrotz küsste er sie. Erst dann drehte er sich um und blickte mir geradewegs in die Augen. Die Gleichgültigkeit in seiner lässigen Haltung erschreckte mich, doch seine Ãœberraschung konnte er nicht tuschieren.Das Mädchen glotzte mich entgeistert an. Am liebsten hätte ich ihr die niedliche Fresse verunstaltet. „Ich hasse dich", formten meine Lippen lautlos. Doch meine Augen sprachen eine ganz andere Sprache, eine von Enttäuschung und Liebe. Und dann drehte ich mich um. Ich lief so schnell, wie es mir meine Beine erlaubten, vielleicht sogar noch schneller.
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Ich achtete nicht auf meine schmerzende Seite oder auf das trockene Husten, das mir entwich. Allein das Klopfen meiner Schuhe hielt mich fest in der Realität. Dann fiel ich hin, wurde unsanft in eine Pfütze geschmissen. „Wie soll ich das nur ertragen, David? Sag es mir, David, sag es mir", nuschelte ich mit geschlossenen Augen. Mein Gesicht war nass und verdreckt und übersät mit blauen Flecken. Mein Herz war gebrochen, gebrochen an einer Liebe, die wahrer nicht sein konnte. „Alex", raunte er und bevor ein fordernder Kuss meinen Protest unterdrücken würde, hauchte er mit totem Ernst, so etwas wie ernstem Tod in den kackbraunen Augen, die für mich das Allerschönste auf der Welt waren:
„Engel weinen nicht."
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