Biografien & Erinnerungen
*My boy Lollipop* - ~~~

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"*My boy Lollipop* - ~~~"
Veröffentlicht am 01. August 2013, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Hum... Ich habe Troja brennen sehen...soll ich noch mehr sagen? Aber nachdem der Rauch sich verzogen hatte, musste ich die langen Jahrhunderte standesgemäß hinter mich bringen und so gewöhnte ich mir an, viele gute und auch mal weniger gute Bücher zu lesen, Musik zu hören und zu machen, im Garten zu pütschern, zu schreiben...Jau, das wär's dann mal.
*My boy Lollipop* - ~~~

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Beschreibung

Die frühen Jahre...

 

Mitten in Deutschland herrschte der blanke Terror. Angst griff nach kleinen Kinderherzen, hielt sie im harten Klammergriff, denn SIE war unerbittlich, verschlang uns, die Inkarnation der Macht: unsere Grundschullehrerin Frau Ziethen. Sie war Gorgone und Nemesis in einem, gab unserem Dasein einen Stempel nach dem anderen für nicht gemachte Hausaufgaben, Schwätzen während des Unterrichts, unsaubere Heftführung und für versonnenes Träumen in den Unterrichtsstunden.

 

Ihr könnt euch denken, dass ich trotz aller Angst, die ich vor diesem Drachen hatte, dennoch eine stattliche Anzahl dieser kleinen schwarzen (!!!) Stempel in meinem Hausheft nach Hause trug, aber noch weitaus mehr dieser hässlichen „Icons“ nannte ER sein Eigen: Uwe, der hübsche blonde Junge aus der letzten Bankreihe. Uwe war das, was meine Eltern „einen richtigen Jungen“ nannten, ein deutscher Michel aus Lönneberga, immer zu Streichen und liebenswertem Unfug aufgelegt, und dabei bezaubernd wie kaum einer. Uwe war der Schwarm von uns Mädchen und löste gigantische Zickenkriege unter Siebenjährigen aus, die sich in Zwicken, Haare ziehen und gemeinen Singsprüchen auf dem Pausenhof entluden: „Cas-sy hat nen Zahn verlorn, Cas-sy sieht jetzt doof aus!“ Und das natürlich immer dann, wenn Uwe es hören konnte.

 

Meine Mutter wunderte sich, warum ich auf einmal so „mädchenhaft“ war, bis dato war ich nämlich ein ausgemachter Junge gewesen, bastelte mit meinem Vater an Motoren herum und trug eigentlich nie richtig saubere Kleidung. Mein Lieblings-Outfit war eine alte Lederhose meines Lieblingscousins mit einer Bluse oder einem T-Shirt. Und meine Fingernägel waren nie richtig sauber… Aber seit ich mich in Uwe verguckt hatte, betrieb ich einen unglaublichen Körperkult, ich ging sogar so weit, mich einmal an Mamas Parfum zu vergreifen, was mir prompt einen der berüchtigten „Ziethen-Stempel“ einbrachte.

 

Der derart Umschwärmte bekam davon offensichtlich nichts mit, er trieb sich mit den Jungen der Klasse auf dem Hof herum und la Ziethen in den temporären Wahnsinn, was uns Fans natürlich noch mehr für ihn einnahm, war da doch einer, der alle Eigenschaften eines Helden, eines Drachentöters besaß- Mut, Witz und Sorglosigkeit. Aber es war so furchtbar schwer, an den Süßen heranzukommen, ich jedenfalls war zu naiv und unerfahren, mein Bruder war ein Kleinkind, somit kannte ich das andere Geschlecht noch nicht so gut.

 

Doch meine Chance sollte kommen, und zwar schon bald. An unserer Grundschule gab es einen Raum, das „Aquarium“, in welchem Schüler beaufsichtigt wurden, deren Lehrer verhindert waren. Diesen Raum mochten wir, denn er besaß sechs bodentiefe Fenster mit langen blauen Vorhängen, hinter denen wir uns prima verstecken konnten, was manche Lehrer durchaus zuließen. La Ziethen hatte zu unser aller Glück selten Aufsicht, und somit waren diese Stunden bei uns über alles beliebt. Unser Pastor, der den katholischen Religionsunterricht gab, war nicht zum Unterricht erschienen, und so hieß es „ab ins Aquarium!“ Und Uwe war -  ka-tho-lisch! Schnell bildetet sich ein Pulk aufgeregter Zweitklässlerinnen um ihn und seinen Freund Robbie, aber sicherlich nicht wegen Robbie. Das Gekicher und Gegluckse war so lebhaft, dass Frau Hörnschemeyer mehrmals auf ihr Pult klopfen und „Kinder, bitte etwas leiser“ rufen musste, aber richtig böse war sie uns nicht.

 

Mir wurde das Getue der Mädchen bald zu blöd und ich zog mich mit einem Lolli hinter einen der Fenstervorhänge zurück. Gelangweilt und etwas verstimmt nuckelte ich an meinem Lutscher und achtete nicht darauf, dass der Lolli klebrige Spuren auf Gesicht und Kleid hinterließ. Es war ein Himbeer-Lolli, die waren besonders lecker, wie ich damals fand. Auf einmal stand Uwe neben mir, hinter besagtem Vorhang, und sagte trocken „Du hast dich ganz schön vollgesaut!“ Wo war das Mauseloch, in das ich hätte kriechen können? War das peinlich… Sicher war ich zu allem Überfluss auch noch rot wie eine Tomate geworden und am liebsten hätte ich geweint, als Uwe noch hinzufügte „ … aber ich mag dich, du bist nicht so albern wie die andern Mädels“. Und dann drückte er mir ein dicken Kuss auf meine klebrigen Lippen… alles hinter besagtem Vorhang. Den Kuss selber habe ich eigentlich in keiner besonderen Erinnerung mehr, aber fortan „gingen“ Uwe und ich miteinander, wie die anderen Mädchen neidisch sagten. Erst der Übergang auf die weiterführende Schule setzte unserer „Romanze“ ein Ende.

 

Aber das tollste war, dass ich in Uwes Fußballverein mitspielen durfte. Als einziges Mädchen!

 

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Hörbuch

Über den Autor

cassandra2010

Hum... Ich habe Troja brennen sehen...soll ich noch mehr sagen? Aber nachdem der Rauch sich verzogen hatte, musste ich die langen Jahrhunderte standesgemäß hinter mich bringen und so gewöhnte ich mir an, viele gute und auch mal weniger gute Bücher zu lesen, Musik zu hören und zu machen, im Garten zu pütschern, zu schreiben...Jau, das wär's dann mal.

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pekaberlin Tja, und ich ... - ... hab im Kindergarten die Schönste geheiratet (Damenwahl)!
Leider haben wir uns aus den Augen verloren, und frönen nun beide der Bigamie (Oder noch mehr?).

Süße Geschichte, gut erzählt und so gar nicht klebrig.

Liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
Zentaur Liebe Cassy,

süß dein kleiner Ausflug in die Kindertage

mein erster Schulhof - Schwarm hieß Fred und wir waren unzertrennlich von der 1. bis zur 3. Klasse. Ach war dit schön.

lg Helga
Vor langer Zeit - Antworten
DoktorSeltsam Erstklassig, da gibt es nichts. - Ach ja, die Sabine. Mensch, war ich in die Sabine verknallt. Leider war die Sabine mit Abstand das schönste Mädchen zwischen hier und Weiß-nicht-wo, und ich hatte Pickel, die sich anschickten, die Welt und den Rest des Sonnensystems zu erobern. In gewisser Weise ein Wink des Schicksals mit dem sprichwörtlichen Zaunpfahl. Ansonsten wäre ich heute möglicherweise der Vater ihrer fünf Plagen...äh...Blagen. So ging Sabine an mir vorbei - und die Pickel, soweit ich weiß, haben bereits den äußeren Rand unseres Sonnensystems erreicht. Jawoll, Jungs, jetzt nicht aufgeben. Gibt bei anderen Lebensformen bestimmt auch jede Menge pubertierender Jugendlicher!

Salü

Dok
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Zauberhafte - Erzählung!

max
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Süsse Erinnerungen... - die wohl ein jeder in sich trägt. Interessant wäre es zu erfahren was wohl der Uwe heute so treibt.
Vor langer Zeit - Antworten
Karimela Zucker;-) - Eine echt süße Geschichte. Schön geschrieben und sie versetzt einen zurück in die eigene Schulzeit. Mein erster Schwarm hieß auch Uwe und hat mir immer meine Schultasche getragen;-) Ich war übrigens immer schon ein "Mädchen";-)
Liebe Grüße und einen schönen Tag
Karimela
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Kicher ... - Deine hübsche Geschichte erinnerte mich an die "Knutsch-Ecke", die wir auf Klassenfeten einzurichten pflegten: Eine Wolldecke wurde so in einer Ecke aufgehängt, dass man dahinter zu zweit verschwinden konnte, allerdings waren wir da schon etwas älter als 7.

Eigentlich mag ich den Ausdruck nicht besonders, aber hier passt er: Gern gelesen, Cassy. Wirklich.

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
kiki79 Eine - "süße" Erinnerung! Schön geschrieben.
kiki
Vor langer Zeit - Antworten
Gelixx Liebe Filosa, eine zauberhafte himbeersüße Liebesgeschichte, die so schön klebrig ist - mit einen lieben Gruß Geli
Vor langer Zeit - Antworten
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