Einleitung
Eine kleine Sammlung von "Carpe Noctem"-Gedichten
Carpe Noctem - die ungewollte Fassung
Grauer Himmel schwache Strahlen,
Licht deckt sich auf am Horizont
Und während die Vögel mit ihren Gesängen
Erfreuen des Lebens Herzen abermal,
Lieg ich hier, auf dem Bauch, auf dem Rücken,
Der Blickt geht von Deck bis zum Kissen,
Lider fallen nieder, doch reißen sie wieder auf,
Mein sehnlich Wunsch nach dem stillen Kopfe,
Nur der, der wird vertan verworfen aussortiert
Nein ich, ja ich, bleib wach vom Sonnenuntergang
Bis hin zur Mondenflucht,
Schlafes Bruder, nun der steht mir bei
Doch die Augen schließen weiter nicht.
Carpe Noctem - die plurale Fassung
Liebreizend trittst du ein,
Ich schau zu dir, dein Blick er ruht auf mir,
Doch von ruhen keine Rede,
Es giert die Flamm in mir, lüsternd Feuer,
Die Schlang erregt den Sündenfall,
Und wie wir uns dem Fleische hingeben,
Der Lust föhnen und die Engel geifernd starren,
Nun so verfließt sie die einsam Zeit,
In unbedeutender
Erinnerung, weniger lethargisch Melancholie,
Cholerisch weckst du die Nachbarschaft,
Ich hingegen, der Sanguiniker, bleib einfach
Nah bei dir und meiner Lust.
Carpe Noctem - die federnde Fassung
Sanfte Federn, bunte Farben,
Polsterung und Kissenbezug,
Auf dem Bauch liegen, drehen, wenden,
Träumend abdriften, jetzt erst realisieren,
Was der Tag im Sonnenlicht
Für Schatten vollbracht hat.
Die Nase zu, der Atem
Wird lauter, der Partner genervt,
Fußtritte in der Nacht bis man
Aufwacht – `Was gibt’s?´ - `Du schnarchsts!´
`Kann ich was dafür?´
Schneller Kompromiss, die Lider sind
müde:
Ich lieg auf dem Sofa,
Die Katze bleibt in Kaschmir gehüllt.
Carpe Noctem - die konservierte Fassung
Die Nacht dunkel,
Der Mond scheint hell,
Die Glotze leise läuft,
Doch bin ich nicht daheim.
Wander umher, im Schatten der Stadt,
Schau umher, außer mir kein Wanderer,
Doch dort im Dämmerlicht,
Im roten Spelunkenschein,
Ein leichtes Mädchen, federgleich,
Und ebenso an Stoffe knapp.
Ich sprech sie an, kurzer Dialog, nicken,
Führ ich sie schnell daheim.
Mein Leib er giert, die Seele lüsternd,
Zück ich mein blankes Messerlein,
Stich um stich erliegt sie nieder,
Muss sie nur noch in Scheibchen schneiden,
Das Kühlfach, es ist nun voll,
Doch warten muss ich ein paar Wöchlein lang,
Bis der Metzger wieder seine Runden ziehen kann.
Carpe Noctem - die vollendete Fassung
Im schwarzen Mantel des Tages,
Eingehüllt in Vogels Balzgesang,
Liegt er nieder, nach dem Werke,
Nun vollbracht vor ihm liegt,
Ein Kunststück geformt von Götzenhand,
Im segenvollen Licht der Nacht,
Kein Blendwerk das ihn verleite,
Weder Schlang noch Ziegenkopf,
Nur das Ich im Dunkel, gefangen
In Muse, Stille und Werkes Blut.
Und wenn nun auch des Meisters
Knochen brechen, das Herz zu
Schlagen stoppt, so mag er
Doch ewig Leben in seinem Schaffen,
Seiner Muse Traum und Lust.