Gedichte
Hieroglyphen

1. Version

Die Sonne aus der Wolkendecke

Bricht, und durch den hellen Brand

Glitzern funkelnd kahle Flecke

Auf Geröll und Fels und Sand

Manchmal, irgendein Insekt

Sieht man in der Nähe schweifen

Fast verspielt und wie erschreckt

Schwirrt es durch die lichten Streifen

Dort, wo einst das pure Leben

Blühte, strotzte – herrscht nun Luft

Vereinzelt flattern Spinnenweben

 In der kahlen, wüsten Gruft

Geschichten liegen hier begraben

Und nur ein Grenzstein lässt erahnen

Anhand gebleichter Großbuchstaben

Den Schimmer ferner Lebensbahnen

Es könnte aber auch die Zeit

Genagt dran haben, denn durch Fleiß

Entspricht manch handgemachtes Kleid

Eher Schreibkünsten von Wind und Eis

Getropfte Jahre flüsternd läuten

Ihr Glanz vernebelt ihren Bann

Ob jene Zeichen was bedeuten

Weiß der, der sie entziffern kann

2. Version

Brille vergessen

Verflixt noch mal!

Das Lesen wird dadurch zur Qual

Ich stehe am Bahnhof

Und schaue beflissen

Wohin die Bahn fährt

Das würd ich gern wissen!

Ich kann sie erkennen

Doch die Lettern verschwimmen

Die Buchstaben brennen

Beim Versuch, sie zu stimmen

Drum muss ich es wagen

Und Mitreisende fragen

Ich denk mir was aus

Schließlich will ich nach Haus!

3. Version

Geerbt hab ich's vom Vater wohl

Dass, wenn ich schreibe, jener Kohl

Recht liederlich in seinen Dellen

Mehr ähnelt den Gerätewellen

Wenn man was misst und wenn was sendet

Denn wenn man das Geschriebne wendet

Dann kann man gar nichts erst verstehen

Vereinzelt kann man Silben sehen

Die einem Worte vielleicht gleichen

Doch dem Verstand wird das nicht reichen

(Meine Lehrer, von den Dingen

Konnten davon Liedlein singen

Denn sie brauchten meinen Rat

Für den Wortliniensalat

Und der Sinn ward oft verwunden

STENO – habe ICH erfunden!)

Und wer von Hieroglyphen spricht

Der weiß eventuell gar nicht

Dass ich das Wort der Definition

Sprachlich anders spreche schon

Und wer’s nicht glaubt, der kann es prüfen

Bei mir heißt’s einfach:

Hüroglüfen...