Heute im Schwimmbad
Heute war ich Schwimmen. Es war um die Mittagszeit. Nach einigen Stunden Gartenarbeit war es erfrischend und wohltuend sich im kühlen Nass zu erfrischen und gleichzeitig etwas für die Fitness zu tun. Unter den Badegästen fiel mir ein älteres Ehepaar auf. Schon mehrmals hatte ich die Beiden im Schwimmbad gesehen. Wenn das Wetter gut ist verbringen die beiden wohl den Vormittag oder vielleicht auch den ganzen Tag im Bad. Der Mann hatte offensichtlich eine verminderte Sehkraft. Seine Frau wies ihn auf dies und jenes hin, schaute nach ihm, wenn er ins Wasser ging. Er kam ganz gut zurecht. Ich hörte ein liebevolles: „Schatz, schwimme mir einfach nach, wenn Du kannst.“ Es war schön diesen liebevollen, zärtlichen Umgang bei einem älteren Ehepaar wahrzunehmen. Es freute mich. Diese Vertrautheit, das füreinander Dasein, die Liebe, die aus den Worten dieser Frau klangen war berührend. Was die beiden wohl alles gemeinsam bewältigt haben in ihrem Leben? Wie lange sie sich wohl kennen? Er sprach kaum etwas, dieser Mann. Vielleicht kann er nicht mehr sprechen. Vielleicht mag er einfach nicht reden, ich weiß es nicht. Schön, dass er einen liebenden Menschen an seiner Seite hat. Ich freute mich sehr über und für diese beiden Menschen. Er hatte einen Sonnenhut auf und eine Sonnenbrille. Der Hut blieb auf dem Kopf und die Brille auf der Nase während er schwamm. Nach zwei Bahnen wollte er wieder raus aus dem Wasser. Diese beiden Menschen zeigen wie Leben sein kann. Liebevoll, rücksichtsvoll, zärtlich, vertraut.
Warum nur verlieren viele Ehepaare nach vielen Jahren des Zusammenlebens diese zärtlichen, liebevollen Worte. Weil die Liebe gegangen ist? Weil nur Gewohnheit die Basis ihres Zusammenseins ist? Weil man im Grunde „genug“ hat vom Anderen? Vielleicht weil man irgendwann aufgehört hat zueinander zärtlich zu sein und den Weg zurück nicht mehr findet? Ich kenne nicht viele ältere Ehepaare, die das Wort „Schatz“ so häufig aussprechen wie diese Dame im Schwimmbad. Schlimmstenfalls sprechen sie sich mit „Mutter“ und „Vater“ an. Das gibt es, habe ich persönlich erlebt. Vermutlich ist das Mutter- bzw. Vatersein so wichtig gewesen in ihrem Leben, dass sie auch, wenn die Kinder aus dem Haus sind, daran festhalten. Vater und Mutter ist ihr Kleidungsstück, das sie Tag und Nacht tragen.
In Restaurants habe ich schon des Öfteren beobachtet, wie Paare zwar gemeinsam speisen, in Gedanken jedoch jeder bei sich ist. Sie haben sich nichts mehr zu sagen. Vielleicht trauen sie sich auch nicht zu sagen, was da zu sagen wäre.
Wie langweilig ist das Leben mit einem Menschen, wenn man sich nichts mehr zu sagen hat?
Sich mitteilen können, das Gefühl verstanden zu werden empfinde ich als wichtig. Es gibt auch Ehepaare, die meinen sie müssten miteinander reden. Das „Müssen“ macht die Freude an der Kommunikation zunichte. Eine Bekannte meinte, dass in Ihrer Beziehung über alles geredet werden „muss“. Ihr Mann wollte wohl irgendwann gar nicht mehr reden und suchte das Weite. So kann es auch gehen.
Da drängt sich mir die Frage auf:
Wie oft sage ich eigentlich Schatz?
Viel zu selten!