„Wo willst du eigentlich mit mir hin?“ fragte Samarin Ajagu, der sie schon eine Weile hinter sich her führte.
„Warte ab! Ich will dir etwas zeigen“, war seine knappe Antwort.
„Aber so sag doch endlich was!“
„Gedulde dich! Warum seid ihr Menschen nur so ungeduldig?“
Das wollte Samarin sich nicht nachsagen lassen und deswegen hielt sie nun den Mund.
Nach etwa einer Stunde blieb Ajagu unvermittelt stehen.
„Sind wir nun endlich da?“ überwand sich das Mädchen zu fragen.
„Ja, ich werde dir nun die Augen verbinden, damit du es richtig genießen kannst“, antwortete der Suki.
Samarin ließ es sich widerwillig gefallen und wurde dann von ihrem Freund weitergeführt. Sie hörte auf einmal Wasser rauschen und Vögel singen. Ajagu nahm ihr schon nach kurzer Zeit die Augenbinde herunter und nun sah das Mädchen, was er gemeint hatte.
Vor ihr war ein großes Tal aufgetaucht. Sie und der junge Suki standen noch etwas oberhalb und so konnte sie alles überblicken.
„Das ist wunderschön! Wie kann so etwas in einem Wald sein? Ich dachte der Wald wäre nicht so groß“, rief sie.
„Ich sagte doch, lass dich nicht von Äußerlichkeiten täuschen“, meinte Ajagu.
„Aber ich kann nicht glauben, dass wir immer noch im selben Wald sind.“
„Wir sind es aber. Es ist doch wunderbar hier, oder? Ich bin oft hier. Dieses Tal kennen nicht viele Sukis. Lulika hat es mir einmal gezeigt. Nur sie, Jendara, Catagia und ich kennen diesen Platz. Komm lass uns nach unten gehen!“
Als erstes kamen die beiden an einem See vorbei, der in vielen Farben schimmerte. Es konnte kein normales Wasser sein, dafür war es zu undurchsichtig.
„Was ist das für ein See? Sein Wasser ist so seltsam“, fragte Samarin deswegen.
„Es ist ein verzaubertes Tal, ein Sukital. Warum sollte es dann hier normales Wasser geben“, meinte Ajagu.
Die junge Frau nickte und sie gingen weiter. Es folgten noch viele solche Seen und auch die Bäche führten solch verzaubertes Wasser mit sich.
„Hast du nicht Lust baden zu gehen?“ fragte Ajagu am letzten See des Tales.
„Gerne, aber ich habe keine Schwimmsachen bei mir“, versetzte das Mädchen.
„Das ist kein Problem. Ich gehe hier oft baden und meine Cousine kommt manchmal auch mit. Wir haben hier Badesachen deponiert“, sagte der Suki lächelnd und zog zwei Päckchen aus einem versteckten Erdloch.
Samarin hatte noch nie zuvor solche Badekleidung gesehen. Die Menschen gingen in kurzen Hosen und kurzen Hemden ins Wasser. Die Männer zogen manchmal auch nur eine kurze Hose an. Doch die Kleidung, die Ajagu hervorholte, bestand aus gummiartigem Stoff. Ajagu nahm für sich einen kurzärmeligen Anzug und Samarin reichte er den selben.
„Damit geht ihr schwimmen?“ fragte sie erstaunt und drehte das Kleidungsstück in den Händen hin und her.
„Ja, diese Anzüge dienen dazu, damit sich der Körper nicht unterkühlt. Ihr Menschen braucht so etwas eigentlich nicht, weil ihr den geringen Temperaturumschwung kaum wahrnehmt. Wir würden aber erfrieren, wenn wir nicht solche Anzüge tragen würden. Wir können nur die Arme, Füße und den Kopf unbedeckt lassen, da diese Teile unseres Körpers nicht auf Wasser reagieren“, erklärte der Junge.
„Aha, ich weiß eben noch viel zu wenig über euch Sukis“, meinte Samarin nur und suchte sich dann einen versteckten Platz an dem sie sich umziehen konnte. Ajagu ging ebenfalls zu solch einem Platz.
„Ich komme mir ziemlich komisch in diesem Ding vor“, erwähnte Samarin, als sie wieder aus den Bäumen hervor kam.
„Du wirst dich daran gewöhnen. Wenn wir wieder hier her gehen, nimmst du deine eigene Kleidung mit. Du wirst ja noch eine Weile bleiben, nicht wahr?“ wollte Ajagu wissen.
„Natürlich bleibe ich noch. Mir geht es zwar schon wieder besser, aber geheilt bin ich noch lange nicht, meint Jendara. Außerdem muss ich noch auf vier meiner Freunde warten. Sie machen sich jetzt auf den Weg nach Dunikani und ich werde mit ihnen dann meinen Freunden folgen, die ja jetzt bald von hier aufbrechen werden.“
„Es werden noch mehr deiner Freunde kommen? Ach ja, Lulika hatte dich ja darum gebeten, sie hierher zu beordern.“
„Ja genau. Es sind auch die Königskinder von Azieren dabei. Ich hoffe, dass sie es bis zu uns schaffen“, meinte Samarin noch und dann schubste sie ihren Freund ins Wasser. Der kam glucksend wieder nach oben und seine langen Haare klebten ihm überall im Gesicht. Ajagu band sie schnell mit einem Zopfband zusammen und warf dann seine Freundin so unerwartet ins Wasser, dass diese nicht mehr ausweichen konnte. Sie verbachten einen langen Teil des Nachmittags lachend und schreiend im See und Samarin war seit langer Zeit wieder einmal richtig glücklich.
Mariet war mit den drei Jüngeren nun aufgebrochen. Es hatte lange gedauert bis sie sich von Zirga und Marigus trennen konnten. Die Frau hatte bitterlich geweint und Mariet war es nicht besser gegangen, aber es musste nun einmal sein.
„Wieso dürfen wir nicht hier bleiben? Es ging uns doch gut“, fragte Sylathi, als sie am Tag ihre Rast einlegten. Es war schon wieder so heiß, dass man kaum atmen konnte, unter dem behelfsmäßigen Sonnendach konnte man es gerade noch aushalten.
„Samarin hat uns gerufen und ich vertraue ihr, also gehen wir zu ihr. Leg dich jetzt schlafen, wir müssen heute Nacht einen anständigen Marsch hinlegen, damit wir schnellstens aus Azieren kommen. In Schamanah wird man uns dann nicht mehr so leicht finden“, erwiderte Mariet.
„Wer sucht uns denn?“
„Ich glaube, dass Samarin Angst hat, dass der Zauberer uns finden könnte. Er sucht uns schon die ganze Zeit, aber er hatte bis jetzt keinen Erfolg. Ich hoffe nur, dass wir ihm nicht begegnen werden“, meinte Mariet noch und war auch schon eingeschlummert. Die beiden Jungen schliefen schon lange, aber Sylathi lag noch eine Weile wach und grübelte über ihre jetzige Lage nach.
31. Streit unter Brüdern und Sorge um Asmielle
Ajagu und Samarin verließen erst spät am Abend das geheimnisvolle Tal und hatten somit auch das Abendmahl verpasst. Als sie den Marktplatz der Stadt erreichten, warteten dort schon Jendara und Linga auf sie.
„Was fällt euch ein, einfach nicht zum Essen zu kommen?“ brüllte Ajagus Bruder los.
„Ich war mit Samarin im Rinabtal. Wir hatten einfach keine Lust zu gehen. Es ist doch unser Pech, wenn wir nichts zu essen bekommen“, verteidigte sich Ajagu.
„Was glaubst du, was Mutter und Vater sich für Sorgen gemacht haben? Du hättest wenigstens Bescheid sagen können. Du wirst nun sofort zu ihnen gehen und dich für dein Verhalten entschuldigen.“
„Das werde ich nicht! Jendara, ich bin nicht mehr der kleine Junge, den man herum kommandieren kann. Ich habe ein Recht auf mein eigenes Leben und dann kann ich auch selbst bestimmen, ob ich zum Essen erscheine oder nicht. Ich werde zu Vater und Mutter gehen, aber ich werde ihnen nur sagen, dass ich wieder hier bin.“
„Was fällt dir ein so mit mir zu sprechen?“ keifte der Ältere der beiden.
„Ich spreche wie es mir beliebt. Du bist nur mein Bruder, nicht mein Vormund. Es ist unserer Eltern Sache, ob sie böse auf mich sind oder nicht. Du hast mir nichts mehr zu befehlen!“ schrie Ajagu und nahm Samarin bei der Hand, um mit ihr zum Palast zu gehen.
„Du wirst schon sehen, was du davon hast.“
„Du kannst doch auch einfach vom Abendmahl fern bleiben, warum sollte ich es nicht dürfen?“
“Du bist unausstehlich geworden. Ich glaube Samarin hat einen schlechten Einfluss auf dich.“
„Werde jetzt nicht beleidigend! Samarin kann gar nichts dafür. Ich bin nur endlich auf die Idee gekommen selbst zu denken und mir nicht alles befehlen zu lassen“, versetzte Ajagu und verließ damit den Platz. Samarin immer noch an der Hand.
„Dieser verdammte Bengel. Ich will nur sein Bestes und er wirft mir vor, ihn zu bevormunden“, meinte Jendara fassungslos.
„Ich muss deinem Bruder Recht geben. Du bist zu streng mit ihm. Du hast ihm wirklich nichts mehr zu befehlen. Er ist ein junger Mann und möchte sein eigenes Leben leben. Was Samarin betrifft, musst du dich bei ihr entschuldigen. Sie würde nie jemanden beeinflussen. Du hast ihr sehr weh getan und ich dachte, dass du mehr Feingefühl hättest. Ich werde nun wieder zu Pali und Binita gehen, sie vermissen mich bestimmt schon“, meinte Linga, die sich die ganze Zeit zurückgehalten hatte.
Nun stand Jendara allein auf dem riesigen Platz und grollte vor sich hin. Sollte Linga doch Recht haben?
„Warum war dein Bruder nur so wütend?“ wollte Samarin von ihrem Freund wissen.
„Er ist schrecklich, er versucht immer mir irgendwelche Befehle zu erteilen und ich muss gehorchen. Damit ist nun aber Schluss. Gehen wir zu meinen Eltern und ich werde ihnen sagen, dass ich ab sofort selbst entscheide, ob ich zum gemeinsamen Essen erscheinen werde oder nicht“, sagte Ajagu und stapfte in die Richtung des Palastes. Samarin lief ihm hinterher.
Jendara war in der Zwischenzeit zu seinem Haus zurückgekehrt und wachte über Asmielles Gesundheitszustand. Ihr ging es zwar durch Lingas Hilfe schon etwas besser und er glaubte auch, dass sie in zwei Tagen mit den anderen aufbrechen konnte, aber er machte sich trotzdem große Sorgen um sie. Es konnte nicht gut sein, wenn die Argos ihren Körper durch Heilkräfte so schnell genesen ließen. Irgendwann musste der Körper doch verrückt spielen. Warum haben die Argos im Schloss sich nie vermehrt, sondern sind immer auf der gleichen Anzahl geblieben? Es musste doch einen Grund dafür geben. Waren vielleicht viele daran gestorben, weil sie ihren Körper nicht auch einmal richtig krank sein lassen haben? Jendara hatte so viele Fragen im Kopf und wusste keine Antworten. Sollte er mit seiner seltsamen Cousine Lulika sprechen? Würde diese eigenartige Frau ihn überhaupt empfangen? Er wusste, dass sie nur Ajagu zu sich ließ und er hatte gehört, dass auch Samarin ihre Zuneigung gefunden hatte. Außerdem war Linga den ganzen Nachmittag bei ihr gewesen. Sein Bruder und dieses Mädchen waren aber selbst irgendwie seltsam und passten zu Lulika, aber würde sie sich auch mit ihm unterhalten? Jendara wusste, dass sie ihn nicht besonders Leiden konnte, weil er ihr zu streng und realistisch denkend war. Jetzt legte er sich aber erst einmal schlafen
„Willkommen Sohn. Warum warst du nicht bei uns heute Abend?“ begrüßte der König Ajagu nicht besonders herzlich.
„Ich bitte um Verzeihung, aber ich bin kein kleines Kind mehr. Mein Bruder Jendara darf auch fern bleiben, wenn er will. Ich möchte mir dies nun auch herausnehmen. Ich habe einen schönen Tag mit Samarin im verzauberten Tal verbracht und wir hatten einfach keine Lust schon so früh zu gehen. Es ist unser Pech, wenn wir nichts mehr zu Essen bekommen. Also warum habt ihr euch solche Sorgen um mich gemacht?“ erklärte der Prinz.
„Wir haben einfach nicht begreifen wollen, dass du erwachsen geworden bist, nun müssen wir es wohl. Wir werden dir nicht mehr so viele Vorschriften machen. Wir hoffen auch, dass du dir bald eine Frau suchst. Du weißt, dass du als jüngster Sohn der Thronfolger werden wirst und deine Mutter und ich möchten uns bald in den Ruhestand begeben. Wir hoffen, dass du eine Frau deines Standes finden wirst“, versetzte Hija mit einem herablassenden Seitenblick auf Samarin. Das Mädchen hatte sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten und senkte nun den Kopf, als sie den Blick des Königs bemerkte.
„Ich werde eine Frau finden, aber noch nicht jetzt. Ich möchte noch einige Zeit warten“, erwiderte Ajagu.
Die Unterhaltung war beendet und Ajagu und Samarin verließen den Königssaal. Der Sukiprinz wollte seiner Freundin den Palast zeigen.
„...also in diesem Zimmer schlafe ich und im angrenzenden Raum habe ich meine Tage verbracht, bevor du kamst. Ich war schon lange nicht mehr in diesem Zimmer“, erklärte Ajagu, als er mit Samarin im letzten Zimmer seines Rundgangs angekommen war.
Er öffnete nun die großen Flügeltüren zum Salon. Man sah, dass er seit einiger Zeit nicht mehr hier gewesen war. Doch das Zimmer wirkte sehr gemütlich. Der Boden war völlig mit Kissen bedeckt und an den Wänden hingen dicke Teppiche mit Geschichten der Sukis. Ajagu zog seine leichten Schuhe aus und hüpfte flink über einige Kissen, bis er zu dem einzigen Tisch im Raum kam. Samarin sah ihm belustigt zu und tat es ihm nach einiger Zeit gleich. Der Prinz hatte sich in die weichen Kissen fallen lassen und die Augen geschlossen.
Samarin lag neben ihm, ebenfalls in einem Kissenberg. Sie träumte vor sich hin und merkte erst nach einiger Zeit, dass Ajagu gar nicht mehr neben ihr lag. Sie war allein in dem Salon und fühlte sich ziemlich eigenartig. Ihr schien es, als würde etwas Böses auf sie zu rollen. Da sah Samarin aber auch schon etwas Unfassbares. Der Zauberer Tamarus stand an der Tür und sah sie mit kalten Augen an.
„Was wollt Ihr von mir? Wie ist es Euch überhaupt gelungen in diese Stadt zu kommen? Die Sukis schützen sie und ihr habt kein Recht hier zu sein“, keifte Samarin los, äußerlich unbeeindruckt über die Anwesenheit von Tamarus, doch Innerlich spürte sie eine tiefe Angst. Sie hatte ihm noch nie ohne Schutz ihrer Freunde gegenüber gestanden. Konnte er ihr etwas antun?
„Ich sehe, dass es Euch gut geht. Ich werde diesen Zustand aber nicht mehr lange dulden. Ihr dachtet bestimmt, dass ich mich nach meiner Niederlage in der Gespensterstadt nicht mehr blicken lasse. Da habt Ihr Euch aber getäuscht. Ich habe schon halb Azieren in der Hand und die andere Hälfte werde ich auch bald beherrschen. Ihr lebt hier wie in einem Traum und habt keine Ahnung, was in Eurem Heimatland vor sich geht. Ich werde Azieren besitzen und alle die sich dem König verschrieben haben ermorden!“
„Warum erzählt Ihr mir davon? Es müsste Euch doch nur recht sein, dass wir hier in Dunikani nichts von den Sachen in Azieren mitbekommen haben.“
„Das könnte es mir, aber ich kann die andere Hälfte des Landes nicht bekommen, ohne die Haarspange von Euch. Habt Ihr sie jetzt endlich?“ fragte Tamarus mit gieriger und verzweifelter Stimme.
„Nein, aber selbst wenn ich sie hätte, würde ich sie Euch bestimmt nicht aushändigen. Was wollt Ihr noch, Ihr seid doch nicht nur deswegen gekommen“, wollte Samarin wissen, sie versuchte ihrer Stimme einen festen Klang zu geben, was ihr auch beinahe glückte.
„Eigentlich wollte ich Euch und Eure Freunde gleich hier töten, aber es macht Spaß euch zu jagen und dieses Spiel will ich noch nicht aufgeben. Ich werde euch töten, verlasst euch darauf, aber noch nicht jetzt und nicht bevor ich die Haarspange habe.“
„Schweigt, elender Zauberer! Wie konntet Ihr es wagen in unsere Stadt einzudringen? Wir leben nicht in einem Traum und wir wissen, wenn ein Eindringling in Dunikani ist. Was fällt Euch außerdem ein, unsere Gäste zu belästigen?“ fauchte Ajagu, der hinter dem Zauberer aufgetaucht war.
„Der kleine Sukiprinz ist auch wieder hier. Ich dachte, die Schlange würde Euch länger aufhalten. Ich werde nun gehen, aber ich komme wieder und ich werde siegen. Die Rache eines Zauberers sollte man nicht unterschätzen“, schrie er noch und war in einer schwarzen Rauchwolke verschwunden.
„Diese Kröte, hat er dir Angst eingejagt?“ fragte Ajagu und eilte auf leichten Sohlen zu ihr. Samarin schüttelten Weinkrämpfe. Sie war froh, dass sie noch lebte, denn sie hatte nicht geglaubt, dass Tamarus einfach so gehen würde.
Der Prinz nahm sie sanft in seine langen dünnen Arme und streichelte ihr das Haar.
„Ich dachte, er würde mich umbringen. Er wollte es schon einmal tun. Ich hasse ihn so sehr! Warum kann er mich nicht in Frieden lassen? Er hat mich doch schon in seinem Turm genug gequält und gedemütigt“, schluchzte das Mädchen. Es hatte seinen Kopf an die schmale Brust von Ajagu gedrückt und konnte sich einfach nicht fassen.
„Aber was hat er dir denn angetan oder möchtest du nicht darüber sprechen?“
„Ich glaube, ich sollte es endlich jemandem erzählen und du bist bestimmt der Richtige dafür, da ich dir sehr vertraue. Selbst als ich schon weit vom Turm entfernt war, wachte ich nachts ständig durch Albträume auf. Er hat mich wie eine Hure benutzt und ich konnte mich nicht dagegen wären. Er lähmte meine Gedanken und das viele Male. Außerdem hat er mich für Experimente benutzt und ich habe wegen ihm eine riesige Narbe auf dem Rücken.“
Samarin hob ihre Bluse am Rücken nach oben und es wurde eine zwar schmale, aber vom Nacken bis zur Hüfte reichende Narbe sichtbar. Ajagu fuhr erschrocken zusammen.
„Ich bewundere dich für deine Kraft. Wie konntest du das nur solange mit dir herum tragen? Weiß nicht einmal Asyet davon?“
„Nein, du bist der Erste, der davon erfahren hat. Asyet wollte ich im Turm nicht zur Mitwisserin machen und auf der Reise fand ich keine Kraft zum Reden. Daniel konnte ich erst recht nichts sagen. Ich habe mich so sehr geschämt. Der Zauberer hat immer wieder neue Lösungen und Salben an mir ausprobiert und die Narbe habe ich von einem Zauberstab, den er an mir getestet hat.“
„Aber Daniel muss doch deine Narbe gesehen haben?“
„Soweit ist es zwischen uns nie gekommen und wenn ich mich umgezogen habe, drehte ich ihm nie den Rücken zu. Empfindest du nun weniger für mich, nachdem du das erfahren hast?“ fragte Samarin vorsichtig.
„Warum sollte ich das? Du trägst keine Schuld daran, dieser Tamarus sollte sich schämen einem Menschen so etwas anzutun. Du bist ein wunderbares Mädchen und ich liebe dich“, erwiderte der Suki und nahm seine Freundin noch fester in den Arm. Samarin beruhigte diese Geste und sie hörte auf zu weinen. Daniel hätte nicht so reagiert, dachte sie noch. Dann fielen ihr auch schon die Augen zu und sie träumte von Ajagu und dem verzauberten Tal.
Als sie nach einigen Stunden erwachte lag sie noch immer im Salon von Ajagu. Es war schon dämmrig geworden und gerade zündete eine Dienstbotin die magischen Lampen im Raum an. Das Dienstmädchen sah Samarin verwundert an.
„Was macht Ihr im Zimmer des Prinzen?“ fragte sie mit einer schönen Stimme. Solch einen Klang hatte Samarin noch nie zuvor gehört. Das Mädchen hatte etwa Samarins Größe und ihr Haar war fast schwarz. Sie trug die normale Dienstkleidung, die bei den Sukis aus einem einfachen Kleid aus nur einem Stoff bestand.
„Ich habe geschlafen“, meinte das Menschenmädchen und wollte aufstehen, als sie bemerkte, dass sie unbekleidet war. Wo waren ihre Kleider? War der Traum von Ajagus Berührungen doch kein Traum gewesen? War das die Art, auf die die Sukis Zärtlichkeiten austauschten? Samarin hatte ein schönes Gefühl im Bauch und dachte, wenn es so war, dann war es wunderschön. Sie musste Ajagu danach fragen. Wo war er eigentlich?
„Wisst Ihr, wo der Prinz ist und wie heißt Ihr eigentlich?“ wollte sie deshalb von dem Sukimädchen wissen.
„Der Prinz ist bei seinen Eltern, wegen einer Besprechung. Mein Name lautet Jakiana.“
„Würdet Ihr mich bitte wieder alleine lassen, Jakiana?“
„Wie Ihr wünscht, Menschenfreundin des Prinzen“, sagte sie etwas steif.
„Mein Name ist Samarin“, meinte das Mädchen noch, als Jakiana den Raum verließ.
Wie sollte sie hier heraus kommen, wenn Ajagu nicht kommen würde? Samarin saß nun schon seit fast zwei Stunden hier und wartete. Draußen war es schon richtig dunkel geworden und Asyet würde sich bestimmt schon Sorgen machen. Sie hatte in der Hoffnung ihre Kleider zu finden, schon fast das ganze Zimmer durchsucht. Immer darauf bedacht, dass sie wusste, dass niemand in der Nähe war. Was hatte Ajagu nur vor? Warum nahm er ihre Kleider weg? Würde er heute überhaupt noch kommen? Doch da hörte Samarin plötzlich die Tür aufgehen. Schnell deckte sie sich mit den Kissen zu und hoffte, dass es ihr Geliebter war. Es war wirklich Ajagu. Er trug ein Tablett mit Essen und Getränken bei sich, zog leichtfüßig die Schuhe aus und kam auf Samarin zu.
„Wo warst du die ganze Zeit? Ich dachte du kämst heute gar nicht mehr“, begrüßte ihn das Mädchen.
„Hast du gut geschlafen?“ erwiderte der Prinz ohne auf die Frage seiner Geliebten einzugehen.
Samarin sah ihn verstört an und entschloss sich dazu, ihre wütenden Fragen herunterzuschlucken.
„Ja, ich habe gut geschlafen. Aber wo sind eigentlich meine Kleider? Was ist passiert, ich kann mich nur noch undeutlich daran erinnern. Aber diese Erinnerungen erzeugen ein schönes Gefühl in mir, was hast du nur mit mir gemacht?“
„Ich habe dir gezeigt, wie Sukis sich gern haben. Bei euch läuft alles über den Körper, aber bei uns mehr über Gefühle. Ich habe aber zu unseren Gewohnheiten, deine menschlichen hinzu gefügt, oder besser du hast es. Ich war überwältigt von dir. So etwas habe ich noch nie erlebt. Wie fandest du es?“
„Genauso schön, ich dachte eigentlich, dass ich träume, aber nun kann ich mich wieder besser erinnern“, meinte das Mädchen und nahm gerne ein Stück Gebäck entgegen, das ihr Ajagu auf einem Teller reichte.
Ja, sie konnte sich nun wieder an jede Kleinigkeit erinnern und es wurde ihr immer noch ganz anders zu Mute, wenn sie ihren Gedanken freien Lauf ließ. Es war wunderbar gewesen und kaum zu vergleichen mit den eigentlichen menschlichen Zärtlichkeiten. Sie hatte zwar auch davon einfließen lassen, aber zum größten Teil hatte Ajagu ihr seine Fähigkeiten gezeigt. Sie wollte es so schnell wie möglich wiederholen. Das was bei den Menschen ein Kuss ist, führen die Sukis auf andere Weise ebenso oft mit ihren Frauen und Freundinnen aus. Es ging durch Gefühle und Gedanken, aber man spürte es wie eine Berührung.
So verbrachten der Prinz und das Mädchen aus Azieren noch die ganze Nacht miteinander und genossen es. Ajagu gab Samarin das Vertrauen in die Männer zurück. Daniel hatte schon ein bisschen Vorarbeit geleistet, doch konnte er Samarin den ganzen Hass gegen Männer nicht nehmen. Denn Tamarus war der erste Mann in ihrem Leben gewesen und sie hatte durch ihn so viel Schreckliches erlebt, doch Ajagu löschte diese Erlebnisse durch seine grenzenlose Liebe völlig aus.
„Bereust du diese Nacht?“ fragte Samarin den erschöpften Ajagu, der neben ihr im Bett lag.
„Wie könnte ich das nur?“ flüsterte er und spielte dabei mit ihren langen Haaren.
„Nun, du musst doch bald heiraten...“, das Mädchen sprach nicht weiter.
„Ich weiß, was du meinst. Ich möchte dich deswegen auch fragen, ob du meine Frau werden möchtest? Ich weiß, dass meine Eltern eigentlich eine Sukifrau als Königin wollen, aber ich möchte mit dir leben und keinem sonst.“
„Das kommt sehr überraschend. Ich dachte, ich bin nur eine Affäre für dich, aber das deine Gefühle so weit gehen, hätte ich nie zu träumen gewagt. Würdest du mir etwas Zeit lassen, um zu überlegen?“
„Aber natürlich! Ich liebe dich und werde auf dich warten“, hauchte Ajagu und küsste sie dann leicht auf die Wange.
„Ich liebe dich auch so sehr und ich werde dir heute Nacht sagen, wie ich mich entschieden habe. Treffen wir uns an eurem Baum der Wahrheit, das ist doch der beste Platz für solch eine Entscheidung, oder nicht?“ fragte Samarin und spielte dabei mit den Fingern des Prinzen.
„Das finde ich eine sehr kluge Wahl. Ich werde um Mitternacht dort auf dich warten. Nun werde ich gehen und dir deine Zeit zum Überlegen geben. Ich werde den ganzen Tag mit meinem Vater über den Plänen unserer Stadt sitzen müssen und dich sehr vermissen“, meinte der Suki und küsste Samarin zum Abschied. Das Mädchen lächelte ihn an und erwiderte: „Ich werde dich ebenfalls vermissen, mein Geliebter.“
„Und er will dich wirklich heiraten?“ fragte Asyet verwirrt.
„Ja und ich glaube, dass ich es auch möchte. Ich habe so etwas wie mit ihm noch nie erlebt. Ihm kann ich alles sagen und er hat mir endlich die Angst vor den Männern genommen“, überlegte Samarin. Die beiden Mädchen saßen in ihrem Gästehaus auf dem Boden vor dem Kamin und tranken Tinua.
„Was ist mit Daniel? Und wieso hattest du Angst vor Männern?“ wollte Asyet wissen.
„Ich liebe Daniel nicht mehr und weiß nicht ob ich es jemals wirklich habe. Jetzt weiß ich was ich möchte, ich werde Ajagu heiraten. Was die Sache mit den Männern betrifft... Ajagu war der Erste, dem ich mein Geheimnis anvertraut habe. Ich werde dir davon erzählen, aber bitte stell mir keine Fragen zu diesem Thema“, sagte das Mädchen und ihr stiegen die Tränen in die Augen.
„Nun sag schon, was dich so bedrückt?“
Samarin erzählte alles und danach stellte Asyet wirklich keine Fragen, sondern nahm ihre Freundin nur stärkend in den Arm.
„Du bist dir wirklich sicher, dass du Ajagu heiraten willst? Es ist ein seltsamer Gedanke, eigentlich habe ich dich immer mit Daniel vor den Traualtar treten sehen und nun vermählst du dich mit einem Unsterblichen“, versetzte Asyet nach einer Weile.
„Aber ich werde selbst zu einer Unsterblichen. Hast du vergessen, dass aus mir ein verborgener Engel gemacht wird?“ fragte Samarin empört. Asyet meinte bestimmt, dass eine Heirat mit Ajagu nur Leid bringen würde, da er nicht durch Alter sterben konnte. Aber wie sehr würde sie Daniel weh tun, wenn er erfahren wird, dass sie heiratet? Doch hätte sie ihn geheiratet, würde er eines Tages sterben, da er ein normaler Mensch war. Samarin hegte aber absolut keine verliebten Neigungen mehr für ihren Freund. Es waren nur noch freundschaftliche Gefühle da und mit diesen sollte Daniel sich begnügen. Ajagu hatte sie so verzaubert und sie liebte nur noch ihn.
„Ich weiß, dass du zu einem Engel werden wirst, was ich aber immer noch nicht richtig begreifen kann. Wann wirst du dem Prinzen deine Entscheidung mitteilen?“
„Heute um Mitternacht beim Baum der Wahrheit und unter dem Angesicht des Mondes“, erwiderte das Mädchen, das verträumt vor sich hin starrte.
„Daniel wird es das Herz brechen. Willst du noch vor unserer Abreise heiraten?“
„Ja, ich möchte dich doch als meine Trauzeugin und Brautjungfer haben, wenn du möchtest?“
„Natürlich möchte ich und ich freue mich schon darauf, aber wird die Zeit noch reichen? Ich weiß nicht wie lange die Sukis brauchen bis sie heiraten, aber wir haben nur noch zwei Tage, bis unsere Reise beginnt. Leider wirst du ja nicht mitkommen können.“
„Es wird schon klappen. Ich werde Ajagu meine Bitte mitteilen und wir heiraten dann so schnell wie möglich“, meinte Samarin und stand auf.
„Wo willst du denn hin?“ wollte Asyet wissen, als sie bemerkte, dass ihre Freundin das Haus verlassen wollte.
„Ich werde einen Spaziergang machen und mich auf diesen großen Schritt vorbereiten“, flüsterte Samarin und verließ nun den Raum. Draußen schlug sie den Weg zum verzauberten Tal ein. Dort würde sie bestimmt Ruhe finden.
„Was hast du gesagt? Samarin will den Sukiprinzen heiraten? Das geht doch nicht, sie ist ein Menschenmädchen und er ein Unsterblicher“, schrie Linga los, als Asyet ihre diese Nachricht überbrachte.
„Sie wird ein Engel werden und dann genauso unsterblich sein. Sie ist von ihrer Entscheidung fest überzeugt und ich wünsche ihr von ganzem Herzen, dass sie glücklich wird. Sie hat schon so viel Schlimmes erlebt und deswegen glaube ich, dass sie mit einem Suki glücklicher werden wird, als mit einem Menschen“, erklärte Asyet und sie freute sich wirklich für ihre Freundin.
„Aber was ist mit Daniel? Liebt sie ihn denn nicht mehr und hat sie die Worte des Engels vergessen, dass sie für immer zusammen sein werden?“
„Der Engel hatte von einer lebenslangen Freundschaft gesprochen und jeder Mensch kann sein Leben nach seinen Wünschen bestimmen. Samarin hat ihres eben durch Ajagu geändert. Der Engel wusste bestimmt nicht, dass gerade ein Suki Samarin im Wald finden würde. Sie wird glücklich werden und ich möchte ihr nichts kaputt machen, deswegen hältst du auch den Mund darüber. Sie soll es selbst verkünden und du wirst nichts gegen diese Vermählung sagen. Haben wir uns verstanden?“ sagte das Mädchen mit Nachdruck und sah Linga dabei fest in die Augen.
„Wie du möchtest, ich bin zwar nicht sehr froh darüber, aber werde es akzeptieren müssen“, antwortete die Heilerin und widmete sich nun wieder ihren Heiltränken und Kräutern, die sie im Wald gefunden hatte.
„Danke Linga. Ich werde nun gehen.“
Asyet verschwand aus dem kleinen Vorzimmer von Jendaras Hütte. Hinter einem Vorhang lag Asmielle und hatte alles mit angehört. War ihre Schwester verrückt geworden? Es war schon schlimm genug, dass sie sich mit Menschen abgab, aber nun auch noch ein Suki? Asmielle hasste eigentlich alle anderen Wesen, außer Argos. Warum wusste sie selbst nicht aber sie wusste, dass sie an dieser Hochzeit nicht teilnehmen würde, wenn es zu vermeiden war.
Samarin kam von ihrer ausgedehnten Wanderung zurück. Das Gästehaus war verlassen und so zog sie sich nur schnell um und ging gemächlich zum Baum der Wahrheit. Ajagu würde bestimmt schon auf sie warten. Sie hatte etwas zu lange im verzauberten Tal verbracht und war für einige Zeit sogar eingenickt.
„Liebste, da bist du ja. Ich habe dich schon sehnsüchtig erwartet“, rief der Prinz leise. Nachdem sie sich vereinigt hatten, war das Band zwischen ihnen noch fester geworden. Ajagu war immer in Samarins Gedanken und umgekehrt war es genauso. Die Fähigkeit der Sukis durch Gedanken Zärtlichkeiten auszutauschen, kam Samarin sehr recht. Wenn sie ihren Geliebten für lange Zeit verlassen musste, konnte er wenigstens noch in ihren Gedanken bei ihr sein.
„Ich freue mich, dass du gekommen bist. Ich möchte dir meine Entscheidung mitteilen, wenn du sie noch hören möchtest“, hauchte das Mädchen und trat ganz nah neben ihren Freund.
„Natürlich möchte ich das. Ich konnte den ganzen Tag an nichts anderes denken.“
„Ich möchte deine Frau werden, von ganzem Herzen“, wisperte sie ihm ins Ohr.
„Ich möchte dein Mann werden, von ganzem Herzen“, flüsterte Ajagu zurück. Sie hatten ihre Liebe besiegelt und nun musste nur noch Ajagus Eltern Bescheid gesagt werden.
„Aber was werden deine Eltern dazu sagen? Sie können mich nicht gerade gut Leiden, wenn ich mich an den Blick deines Vaters erinnere.“
„Sie werden es verstehen müssen. Ich muss den Thron besteigen und wenn ich mich weigere, werden sie bloßgestellt vor ihrem Volk. Sie werden dich wie eine Tochter annehmen, wenn sie erst einmal sehen, was du für ein wunderbarer Mensch bist.“
„Wie schnell können wir heiraten? Ich möchte, dass meine Freundin Asyet noch dabei sein kann.“
„Wir können schon in zwei Tagen vermählt werden, wenn du es möchtest.“
„Ich möchte es! Kann denn ein solches Fest so bald gefeiert werden oder feiert ihr im kleinen Rahmen?“
„Es wird ein großes Fest geben und das ganze Volk von Dunikani wird anwesend sein. Ich bin der Prinz, deswegen kommen wir um eine öffentliche Trauung nicht herum. Doch wir Sukis feiern nicht so lange wie ihr Menschen, sondern das Fest geht schon bei Sonnenuntergang zu Ende und wir werden für uns alleine sein.“
„Soll ich mitkommen, wenn du mit deinen Eltern sprichst?“ fragte Samarin ihren Geliebten, der sich an den Baum gelehnt hatte. Er sah sehr müde aus. Kein Wunder, er hatte auch einen anstrengenden Tag hinter sich. Ajagu hatte von seinem Vater einen Teil der Sukistadt übertragen bekommen und sein Kopf schwirrte noch immer von den vielen Zahlen und Worten.
„Ja, wir werden zusammen gehen. Ich werde dich morgen früh vor dem Frühstück abholen und wir gehen zu meinen Eltern in den Palast. Nun entschuldige mich bitte, aber ich bin so müde und möchte nur noch in mein Bett. Der Tag und die Nacht, die wir zusammen verbrachten, hat mich doch sehr ausgelaugt.“
„Ajagu, ich habe noch eine Frage. Entschuldige, wenn sie vielleicht indiskret ist. Hattest du schon viele Frauen?“ Samarins Stimme zitterte beim Sprechen. Warum fragte sie eigentlich danach? Hatte sie Angst, dass er sie irgendwann betrügen könnte? Sie wusste selbst nicht, wie sie auf diese wirren Gedanken kam, was verriet schon die Anzahl der früheren Frauen?
„Ich hatte nur sehr wenige Frauen bis jetzt. Warum willst du das wissen? Du zählst nun nur noch für mich, keine sonst“, antwortete der Prinz etwas gereizt.
„Entschuldige meine Frage, aber ich weiß nicht viel über deine Sitten und wie ihre es mit Frauen handhabt.“
„Vertraue mir, ich liebe nur dich, was vor dir war kann dir doch egal sein. Es ist für deine Zeitrechnung aber schon lange her, seitdem ich das letzte Mal eine Freundin hatte. Etwa einhundert Jahre und das brauch dich nicht zu betrüben. Wenn du mir schon solch eine Frage stellst, erlaubst du mir dann die selbe zu stellen?“
„Natürlich! Ich hatte vor Daniel nur diesen verdammten Zauberer, wenn man das überhaupt mitzählen sollte. Aber ich habe nie das mit Daniel gemacht, was ich mit dir erlebt habe. Wir sind nie so weit gegangen“, flüsterte sie noch und verließ dann den Platz vor dem Baum.
Ajagu ging, nachdem er Samarin noch eine Weile nachgesehen hatte. Er ließ sich sofort in sein Bett fallen. Trotzdem er hundemüde war, konnte er lange nicht einschlafen. Hatte Samarin noch immer nicht alle Schmerzen überwunden? Er würde sie ihr noch nehmen!
Mariet und ihre kleine Schar hatte Königsrial erreicht, nach einiger Anstrengung. Sie hatten sich bis aufs Letzte verausgabt und waren froh nun endlich etwas Pause machen zu können. Sie lagen gut in der Zeit und konnten es sich deshalb leisten, drei volle Tage in der Stadt zu bleiben. Mariet hatte ein paar Schmuckstücke verkauft, die nicht zu auffällig waren. So konnten sie sich ein gutes Gasthaus leisten, sogar eines des Roten Hauses. Schnell fanden sie ein Haus, das den Namen „Rote Ente“ trug. Mariet, Anel, Sylathi und Tamir traten ein. An der Theke stand ein bulliger Mann und zapfte gerade Bier. In dieser Nacht waren nicht viele unterwegs, da es auf Lichta zuging. Das größte Fest in ganz Azieren. Die Leute in Tostianne konnten noch in Ruhe feiern. Die andere Hälfte von Azieren stand schon unter der Herrschaft des bösen Zauberers Tamarus. Nur noch wenige Länder, die in der Nähe von Schamanah lagen, konnten sich gegen ihn und seine Monster wehren. Außerdem traute er sich noch nicht diese Länder anzugreifen, aber an den Grenzen herrschten schon verheerende Kämpfe. Doch in Königsrial lief noch alles in seinen geregelten Bahnen. Die Bewohner freuten sich schon auf das Lichtafest und ließen sich ihre Laune nicht verderben. Doch Mariet war traurig zu Mute. Es war das erste Mal, dass sie das Fest ohne ihre Eltern feiern musste. Es würde für die vier ein sehr trauriges Fest werden.
„Was wollt ihr Kinder?“ fragte der Wirt nach einer Weile, da sich die Gruppe noch immer nicht vom Fleck bewegt hatte, kamen sie ihm seltsam vor. Außerdem, was machten vier Kinder alleine in einem Wirtshaus.
„Wir wollten nach einem Zimmer fragen“, antwortete Mariet und kam näher zum Tresen hin. Ihre drei Verwandten folgten ihr schnell.
„Habt ihr denn auch genug Geld? Wir sind keine billige Unterkunft“, sagte der Mann mit energischer Stimme.
„Wir können auch im Voraus bezahlen, wenn Ihr das wollt“, erwiderte Mariet verschreckt.
„Entschuldige Mädchen, dass dich der alte Bronog so erschreckt hat, aber es ist nun mal seine Art“, erklang eine freundliche Stimme. Sie gehörte zu einer jungen Frau, die hinter dem Mann gestanden hatte.
„Wir haben natürlich ein Zimmer für euch und ich freue mich euch als unsere Gäste zu begrüßen. Aber erlaubt mir eine Frage, warum reisen so junge Leute ganz alleine durch diese Stadt? Ihr seid doch alleine, oder?“
„Ja, wir haben unsere Reisegesellschaft auf dem Weg hierher verloren und nun müssen wir uns alleine durchschlagen“, log Mariet und wunderte sich, wie schnell sie es gelernt hatte. Früher wäre sie bei jeder Lüge rot angelaufen, doch nur so konnten sie ihr Überleben sichern.
„Das ist ja schrecklich und gerade jetzt, wo doch bald Lichta ist. Kommt mit mir, ich werde euch das Zimmer zeigen. Dann macht ihr euch etwas frisch und Dila wird euch etwas zu Essen kochen. Mein Name lautet übrigens Indira, wenn es euch interessiert. Ich bin die Tochter dieses Brummbären und bleibe auch nur für kurze Zeit hier. Wie lange werdet ihr bleiben und was ist euer Ziel, wenn ich fragen darf? Würdet ihr mir vielleicht auch eure Namen verraten?“
Das Mädchen, das vielleicht zwanzig Sommer hinter sich hatte, lächelte und sah neugierig auf die kleine Schar.
„Natürlich dürft Ihr fragen. Wir möchten drei Tage, oder besser gesagt Nächte hier bleiben und unser Ziel ist Schamanah. Mein Name lautet Tiara und das hier sind Dara, Lasko und Hoki“, erwiderte Mariet und zeigte dabei nacheinander auf ihre Verwandten.
„Ihr habt sehr schöne Namen, sie stammen aus Tostianne. Seit ihr hier geboren?“
„Ja, in der Nähe von Jalai. Woher stammt Euer Name?“ wollte die Tochter des Grafen von Santania wissen. Währenddessen waren sie schon ins Treppenhaus gelangt und gingen nun, sie wussten es selbst nicht, den selben Weg den ihre Freunde schon vor vielen Wochen gegangen waren. Damals musste Samarin von Daniel getragen werden und wäre in diesem Haus beinahe gestorben.
„Er kommt aus dem Shami. Meine Mutter ist eine gebbürtige Shami. Es ist selten, dass Azierer sich mit Shamis vermischen, aber ich bin eines der seltenen Exemplare. Ich selbst bin auch gerade auf dem Weg nach Schamanah. Ich möchte meine Mutter besuchen. Sie ist schwer krank geworden und zur Erholung in ihr Heimatland gefahren. Sie wohnt zur Zeit im Palast.“
„Wollt Ihr nicht ein Stück mit uns reisen? Wir wollen in drei Nächten die Fähre nehmen. In die Richtung des Palastes müssen wir auch und da wäre es doch gerade passend für Euch, dass Ihr nicht alleine reisen müsst“, schlug Mariet vor, als Indira gerade die Tür zu der Kammer öffnete.
„Das wäre eine gute Idee. Mein Vater war sowieso nicht sehr begeistert davon, dass ich alleine reise. Ihr seit zwar selbst alle noch Kinder, aber es ist immer noch besser. Das soll jetzt nicht abwertend sein, aber ihr seit nun mal noch nicht besonders erwachsen.“
„Wir könnten Euch aber eine Hilfe sein. Tiara und ich beherrschen die Kunst des Nahkampfes“, erwähnte Sylathi überraschend. Es war tatsächlich so, dass Marigus ihnen Kämpfen beigebracht hatte. Gut, dass Sylathi daran gedacht hatte. Mariet wäre froh, wenn sie eine etwas ältere Begleiterin bei sich hätte. Mit Sylathi konnte sie keine guten Gespräche führen. Sie war in den letzten Monaten zwar erwachsen geworden, aber doch noch manchmal ziemlich kindisch.
„Das ist eine hervorragende Begabung. Ich möchte es im Palast von den Kämpfern auch noch lernen. Also werden wir zusammen weiterreisen. Ich freue mich, dass ich mit euch Bekanntschaft gemacht habe“, sagte Indira und schloss die Tür. Mariet ließ sich seufzend aufs Bett fallen und war froh sich endlich ausruhen zu können.
„Aufstehen, ihr Schlafmützen!“ rief eine sanfte Stimme in das Zimmer der kleinen Gruppe um Mariet.
„Was ist denn los?“ fragte Tamir verschlafen.
„Es gibt Frühstück und wir wollen doch noch die Fähre nach Schamanah bekommen“, antwortete Indira, der die Stimme gehörte.
Die drei Tage in Königsrial waren schnell vergangen und Mariet, Sylathi, Tamir und Anel konnten sogar mit Indira und ihrem Vater Bronog das Lichtafest feiern. Indira hatte mit Dila, dem Hausmädchen, ein köstliches Mahl zubereitet. Man merkte aber doch, dass der Krieg immer näher rückte. Früher wäre das Essen im Haus von Bronog Polhi viel üppiger ausgefallen, aber Mariet und die anderen waren froh, überhaupt feiern zu können.
„Wir kommen gleich runter, wenn wir mit packen fertig sind. Wie weit ist es eigentlich bis zum Fährhafen?“ erkundigte sich Sylathi.
„Es ist höchstens eine halbe Stunde zu Pferd. Ich werde dann unten auf euch warten“, damit war Indira aus der kleinen Kammer verschwunden und die vier zogen sich an und packten ihre Sachen zu Ende.
Im Schankraum war schon reger Betrieb. Die Stadttore hatten zwar gerade erst geöffnet, aber trotzdem waren schon viele Reisende in der Stadt eingetroffen. Die meisten von ihnen waren Flüchtlinge und erzählten ihre Geschichten über die Flucht. In der heutigen Nacht würden noch viele Vertriebene kommen, die auf dem Weg nach Schamanah waren. Es hatte sich nun doch herumgesprochen, dass eine kleine Gruppe von Jugendlichen auf dem Weg zur Zauberin Karasalin war und so wollten die Vertriebenen lieber in Schamanah leben. Sie hatten auch gehört, dass es in diesem Land keinen Krieg gäbe und vielleicht fanden sie ja Samarin und ihre Kameraden, um zu ihnen zu stoßen. Mariet musste darüber etwas lächeln. Sie hätte nie gedacht, dass sie und ihre Freunde einmal solch einen Ruhm erlangten. Aber für das einfache Volk waren sie die großen Helden der letzten Tage und Wochen. Nur die Reichen waren nicht ganz einverstanden mit dieser Rettungsaktion, denn es waren ja keine Adligen unter den Kämpfern.
„Sodifol, können wir noch mit nach Schamanah fahren?“ fragte Indira den alten Mann. Sie schien sehr vertraut mit ihm zu sein.
„Da musst du Mostria fragen, kleine Indira. Er hat heute meinen Dienst übernommen. Ich bin etwas erkältet. Ihr könntet gerade noch so hereinpassen. Es verlassen ja immer mehr Menschen das Land, weil sie Angst vor dem Zauberer haben. Außerdem wollen sie alle Samarin und ihre Freunde finden. Ich hoffe, sie rennen nicht in ihr Unglück. Dieses Land ist nicht wie Azieren und ich habe mich schon immer etwas davor gefürchtet. Wohin willst du eigentlich und wer sind die Kinder, die dich begleiten?“
„Ich werde meine Mutter im Palast besuchen. Sie war doch schwer krank und erholt sich dort. Diese Kinder habe ich in der „Roten Ente“ kennen gelernt und wir möchten ein Stück zusammen reisen.“
„Ach ja, deine Mutter ist ja eine Shami. Ich vergesse das immer wieder. Sie halte ich noch für normal. Die wenigen Shamis, die ich bis jetzt gesehen habe waren alle etwas seltsam. Man merkt eben doch, dass sie sich mit anderen Rassen mischen. Das soll aber nicht unser Problem sein. Wirst du lange bei deiner Mutter Isadora bleiben?“
„Mein Vater möchte, dass ich dort länger bleibe, weil er Angst um mich hat. Da der Krieg doch immer näher kommt“, erklärte Indira.
„Das ist wohl auch besser so. Mostria will auch für eine Weile dort bleiben. Leider muss ich dann auch mitgehen. Ich kann den Fährbetrieb nicht alleine aufrecht halten. Er möchte etwas von den fremden Kulturen kennen lernen und ich muss ihn begleiten. Er ist ja mein Mündel“, erzählte Sodifol weiter und während sie sprachen, ging die Truppe zum Landungssteg. Mostria war gerade beim Verladen der letzten Gegenstände und grüßte Sodifol und die anderen nur flüchtig.
„Oh, mein armer Colon. Das Boot ist ja mal wieder übervoll. Eigentlich hättet ihr ja keinen Platz mehr darin, aber wir werden euch im Bootshaus mitnehmen. Wir werden es auf dieser Fahrt auch zu sechst dort aushalten“, sagte der alte Fährmann und führte Indira und ihre neuen Freunde zu einem kleinen Häuschen, das mitten auf dem Fährrumpf stand. Dort standen zwei festgenagelte Holzliegen und einige Stühle herum. Sodifol bedeutete ihnen auf den Pritschen Platz zu nehmen. Er selbst setzte sich auf einen der Stühle. Nach einer Weile kam Mostria. Der Kahn trieb nun gemächlich auf dem Wasser und Mostria brauchte nicht mehr lenken, da er an einem Seil ans andere Ufer geleitet wurde.
„Es ist schön dich wiederzusehen, Mostria. Wie lange haben wir uns nicht gesehen? Du lässt dich ja auch überhaupt nicht in der Stadt blicken“, begrüßte Indira den jungen Mann und umarmte ihn.
Sie waren alte Kinderfreunde. Früher hatte Sodifol mit Mostria einmal in Königsrial gewohnt, bevor er sich eine Hütte direkt an den Fluss baute. Seitdem gingen beide nur noch selten nach Königsrial. Doch er hatte Indira auch sehr vermisst, sie war eigentlich die Einzige, die ihm gefehlt hatte. Doch er konnte sich nicht durchringen zu ihr zu gehen. Sie war die Tochter eines reichen Wirtes des Roten Hauses und er eine Waise, der Fährmann werden wollte. Bronog hatte nie gern gesehen, dass sich seine Tochter mit Mostria traf, was seiner sturen Tochter aber egal war. Trotzdem hatten sie sich aus den Augen verloren, was war es doch für ein schönes Gefühl für Mostria seine Freundin wiederzusehen.
„Ich freue mich auch sehr, dass du hier bist. So haben wir wieder ein paar Stunden um uns zu unterhalten. Lass uns ans geschützte Heck gehen. Wir wollen doch in Ruhe miteinander sprechen, nicht wahr?“ erwiderte der junge Mann. Sodifol lächelte unauffällig und freute sich sehr für sein Mündel.
„Dann werden die anderen Herrschaften wohl mit mir vorlieb nehmen müssen“, meinte der Fährmann zu Mariet, Sylathi, Anel und Tamir. Die vier lachten nur.
„Meister Sodifol, wisst Ihr eigentlich, dass Ihr Samarin und ihre Freunde selbst über diesen Fluss gebracht habt?“ fragte Mariet nach einer Weile. Es hatte keiner gesprochen, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
„Ich habe sie nach Schamanah gebracht?“ keuchte der alte Fährmann und richtete sich auf seinem Stuhl auf.
„Ja, Samarin ist eine Freundin von uns und sie hat mir einmal geschrieben, dass wir Eure Fähre nehmen sollen, wenn wir nach Schamanah reisen. Mostria hat sie damals auf das Schiff gebracht.“
„Ich glaube, ich weiß wieder, wer es war. Mostria kam in dieser Nacht in allerletzter Minute und sagte, dass seine Bekannten unbedingt noch mit auf die Fähre müssten. Es waren zwei junge Frauen und zwei junge Männer. Das eine Mädchen habe ich mir noch näher betrachtet, weil sie sehr schön war. Sie hatte langes braunes Haar und war groß gewachsen.“
„Ihr meint bestimmt Samarin. Sie ist wirklich sehr schön und auch vom Wesen her der beste Mensch, den ich kenne“, sagte Mariet und lächelte den alten Mann freundlich an.
„Ihr müsst Mostria davon erzählen. Er freut sich bestimmt Nachricht von ihnen zu erhalten. Er hat schon oft darüber nachgedacht, was aus diesen vier Reisenden geworden ist. Da kommt er ja schon“, versetzte Sodifol und wies auf die beiden Gestalten, die sich auf das Bootshaus zu bewegten.
Nach einiger Zeit traten Indira und Mostria ein und nahmen nebeneinander auf einer der Pritschen platz.
„Dieses Mädchen hat interessante Neuigkeiten für dich, mein Junge“, fing Sodifol nach einiger Zeit an.
„Du hast Nachrichten für mich, wir kennen uns doch gar nicht“, sagte der junge Mann überrascht.
„Mich kennt Ihr nicht, dafür aber gute Freunde von mir. Samarin, Asyet, Ciran und Daniel. Ihr habt sie nach Schamanah gebracht“, erklärte Mariet.
„Du bist eine Freundin von ihnen? Ich hatte ja Leider nicht viel Zeit, um sie kennen zu lernen, aber Samarin schien mir eine wunderbare Frau zu sein. Sie strahlte so viel Kraft aus, obwohl sie erst dem Tod entkommen war, als ich sie traf. Sie hielt sich nur schwer auf den Beinen, hätte aber nie aufgegeben. Bist du auf dem Weg zu ihr?“
„Wir wollen sehen, ob wir sie finden. Ich werde ihr erzählen, dass ich Euch getroffen habe.“
„Das wäre nett und sage ihr viele, viele Grüße von mir. Ich werde dir außerdem meine Adresse mitgeben, dann können deine Freunde sich einmal bei mir melden. Ich wüsste gerne, was mit ihnen so passiert ist und sie endlich näher kennen lernen“, sagte Mostria noch und gab Mariet einen Zettel mit Name und Anschrift in Königsrial.
„Ich werde aber für eine Weile nicht da sein. Ich möchte mit Sodifol für einige Zeit in Schamanah bleiben. Ich weiß nicht, wie lange unser Land noch vor Tamarus sicher ist. Bis er sich nach Schamanah traut, wird es wohl einige Zeit dauern. Dort soll irgendwo diese mächtige Zauberin leben“, fügte er noch hinzu. Mariet nickte nur und packte den Zettel in eine der Taschen.
„Wie wollt ihr euch dort eigentlich ernähren?“ fragte Indira ihren langjährigen Freund.
„Ich weiß es noch nicht genau. Auf jeden Fall wollen wir uns auf den Weg zum Palast machen. Ich weiß aber auch noch nicht, ob Sodifol diese Reise schafft. Es ist ja immer noch ein ganzes Stück Weg vom Landungsufer bis zum Palast, aber wir wollen es versuchen. Sonst suchen wir uns irgendwo Arbeit und bleiben dort. Wir wollen so lange bleiben, bis es in Azieren wieder sicher ist.“
„Ist das nicht irgendwie feige? Die anderen Männer müssen kämpfen und Ihr lauft einfach davon?“ wollte Sylathi wissen.
„Du sagst das so einfach, kleines Mädchen. Aber ich möchte gerne noch etwas leben und ich weiß, dass ich eigentlich meinem Land helfen sollte. Ich möchte Schamanah gerne kennen lernen und außerdem fühle ich mich Azieren schon lange nicht mehr so verbunden. Ich hoffe, dass Samarin und ihre Freunde die Zauberin Karasalin finden. Jedoch möchte ich mich aus diesem Krieg gerne heraushalten. Bitte haltet mich nicht für feige, ich habe andere Gründe, die ich euch aber nicht nennen möchte“, erläuterte Mostria und sah aufmerksam seine Reisegefährten an. Sie machten bedrückte Gesichter, verstanden Mostria aber irgendwie.
„Lasst uns nun nicht mehr darüber sprechen. Es gibt genug Probleme zur Zeit und dann sollte man sich doch einmal etwas ablenken“, sagte der junge Mann noch.
Samarin saß auf einem riesigen Bett im Sukipalast. Es war der Tag ihrer Hochzeit und sie war furchtbar aufgeregt. Jakiana, das Mädchen, das Samarin einmal im Zimmer des Prinzen erwischt hatte, war bei ihr. Sie holte gerade die Hochzeitskleidung hervor. Es war das Kleid, das auch schon Ajagus Mutter und Großmutter getragen hatten. Seine Eltern waren noch immer nicht besonders begeistert von dieser Hochzeit, aber sie sagten auch nichts dagegen, da sie spürten, dass ihr Sohn dieses Menschenmädchen wirklich liebte. Eigentlich war es ja nicht normal, dass man nur wenig Zeit nach dem Kennen lernen heiratete, aber Samarin und Ajagu konnte es nicht schnell genug gehen. Samarin wollte unbedingt, dass Asyet noch dabei war und darum musste es eben so sein. In einem anderen Fall hätte das Mädchen aus Azieren bestimmt nicht so schnell zugestimmt.
„Jakiana, ich bin froh, dass du bei mir bist. Ich bin so aufgeregt und Asyet durfte ja Leider nicht in den Palast kommen. Sie wird am Festplatz gebraucht und ihr muss auch noch beigebracht werden, wie man bei einer Sukihochzeit Trauzeuge ist. Ich glaube immer noch, dass ich träume“, sprudelte es aus der jungen Frau heraus.
„Du bist wirklich ganz schön aufgeregt, aber das wäre ich glaube ich auch. Wann heiratet man schon einmal einen Prinzen? Ich freue mich so für dich, aber es ist schade, dass ihr euer Glück nicht auskosten könnt. Ich hoffe, dass ihr mit eurem Abenteuer Erfolg habt und Karasalin findet. In Azieren muss es ja sehr schlimm zugehen, wenn dieser Zauberer dort herrscht“, erwiderte Jakiana und breitete die Brautgewänder neben Samarin auf dem Bett aus. Sie bestanden aus einem Kleid mit mehreren Lagen Stoff. Jede Schicht hatte eine andere Farbe und es sah aus, als hätte man einen Regenbogen in diesem Kleid eingefangen. Die Sukis liebten es sowieso sehr, wenn ihre Kleidung bunt war. Aber einige trugen auch dezentere Farben. Samarin zog sich das Gewand über. Es reichte bis zum Boden und im Rücken wurde es mit einer Schleife gerafft. Außerdem hatte es eine zwei Meter lange Schleppe und war einfach wunderschön. Jakiana zog der Braut noch dunkelblaue leichte Schuhe an und steckte ihre Haare in Sukitradition fest. Sie flocht Zweige mit Blumen und viele farbige Schleifen in Samarins langes Haar. Zum Schluss hatte sie lauter kleine Zöpfe, diese wurden im Nacken mit einem breiten Band gehalten. Samarin sah umwerfend aus. Jakiana schminkte Samarin noch ganz leicht mit einem Puder, das ihre ganze Haut glitzern ließ. Dann war die Braut fertig angezogen und konnte nach unten zur Königin gebracht werden. Diese wollte sie erst begutachten, bevor die Braut vor die Menge trat.
„Ihr seit sehr schön, Menschenkind. Ich habe keine gute Meinung von Euch, wie Ihr wisst, aber ich werde Euch kennen lernen und dulden“, sagte Ajagus Mutter kühl. Dulden, wie das klang, wie sollte Samarin je mit ihr auskommen, wenn sie schon gleich zu Anfang so sprach. Doch es störte die junge Frau heute nicht viel, denn sie war so in einen Rauschzustand verfallen, dass sie die schneidenden Worte gar nicht wahrnahm.
„Mein kleiner Engel, da bist du ja“, sagte Ajagu und bewunderte seine zukünftige Frau. Das Hochzeitskleid stand Samarin ausgezeichnet.
„Vielen Dank, mein Liebling“, hauchte das Mädchen.
Ajagus Mutter betrachtete die Szene mit Argwohn. Wie konnte ihr Sohn nur in ein Menschenmädchen verliebt sein und es nun auch noch heiraten?
„Mutter, ich hoffe, dass du nicht viel von deiner Wut an Samarin ausgelassen hast. Wir werden nun in unseren Tempel gehen“, meinte der junge Suki noch und nahm seine Braut am Arm. Er führte sie aus dem Eingangsportal des Palastes. Seine Mutter, Jakiana und einige Diener folgten ihnen. Asyet würde dort schon auf Samarin warten und sie dann in den Tempel hinein führen. Daniel würde auch anwesend sein. Er hatte sich zuerst gesträubt, dann aber doch zugestimmt. Der Vater des Prinzen würde schon dort sein und auf das Paar warten. König Hija war zwar auch nicht sehr begeistert von dieser Hochzeit, aber er akzeptierte die Entscheidung seines Sohnes und versuchte zu Samarin freundlich zu sein.
„Ajagu, ich bin so aufgeregt“, wisperte Samarin ihrem Gemahl ins Ohr.
„Das kann ich gut verstehen. Du heiratest und dann auch noch einen Unsterblichen. Ich bin selbst nervös. Wir werden es aber schon schaffen“, flüsterte der Prinz zurück und drückte leicht Samarins Hand.
Nun waren sie am Tempel angekommen. Es war kein gewöhnlicher Tempel, wie ihn die Menschen hatten. Er bestand ebenfalls fast nur aus Glas, aber ihn umgab zusätzlich noch eine Aura, die man durch ein Glitzern in der Luft wahrnahm, jedoch nicht beschreiben konnte. Der Tempel hatte etwas verzauberndes an sich und die Menschen, die ihn heute das erste Mal sahen, staunten nicht schlecht über dieses Wunderwerk.
„Seid ihr bereit?“ fragte der Priester, als das Brautpaar am Altar angekommen war. Die beiden nickten. Der Priester fing an in der Sprache der Sukis zu beten und die anderen seiner Rasse fielen mit ein. Ajagu übersetzte das Gebet für Samarin. Nach dieser Preisung ihres Gottes begann der Priester mit der Trauung.
„Prinz Ajagu Lysis von Karasinasa wollt Ihr Samarin Somaril zur Frau nehmen?“ sagte der Suki in feierlichem Ton.
Der Prinz kreuzte die Finger, was seine Zustimmung zeigte. Die Sukis beschworen eine Ehe nicht mit Worten, sondern mit dieser Gebärde.
„Samarin Somaril wollt Ihr Prinz Ajagu Lysis von Karasinasa zum Mann nehmen?“
Das Mädchen kreuzte ebenfalls die Finger.
„Ihr seid nun Mann und Frau und sollt euch für immer lieben und eure Götter ehren. Lasst keine Schuld auf Euch kommen und seid gut zueinander“, fügte der Priester zum Schluss noch hinzu. Ajagu küsste Samarin und nahm sie dann bei der Hand.
„Liebe Festgäste, wir werden nun in das verzauberte Tal gehen, um zu feiern. Die Tische sind gedeckt und wir wünschen Euch allen viel Freude an dieser Feier“, rief König Hija. „Es wird die Feier sein zur Hochzeit meines jüngsten Sohnes und auch eine Feier, die meinen Ruhestand hervorruft.
Von nun an wird Ajagu regieren. Ich werde ihm immer noch mit Rat und Tat zur Seite stehen, aber er hat nun das Sagen.“
Die Gäste hatten aufmerksam zugehört und fingen nun an zu klatschen, dann begaben sich die Sukis und die kleine Gruppe von Menschen und Argos ins Tal, das Ajagu Samarin schon gezeigt hatte.
Es wurde ein großes Fest, die ganze Stadt war zugegen und auch noch einige Stadthalter aus fernen Orten.
„Und Samarin, wie fühlt man sich so als frischgebackene Ehefrau?“ fragte Asyet ihre Freundin und umarmte diese.
Asyet, Linga, Pali, Ciran, Asmielle, Binita und schließlich auch Daniel hatten sich etwas von der großen Gesellschaft abgesetzt. Ajagu konnte nicht bei ihnen sein, obwohl er es liebend gern gewesen wäre, aber er musste noch mit so vielen Leuten sprechen, dass er einfach nicht vom Festplatz weg konnte. Es war aber noch seine Cousine Lulika bei der kleinen Gruppe. Sie unterhielt sich mit ihrer alten Freundin Linga.
„Auch nicht anders als vorher, außer das ich total glücklich bin. Das war ich aber auch schon vor der Hochzeit. Ich hätte nie gedacht, dass ich so schnell heiraten würde, aber nun ist es eben passiert. Nur schade, dass ihr gleich nach dem Fest aufbrechen müsst. Lasst ihr Binita nun bei mir, oder nehmt ihr sie gleich mit?“ sprach Samarin und erwiderte Asyets Umarmung.
„Wir wollten sie lieber bei dir lassen. Linga hängt zwar sehr an ihr, aber zu dir hat sie doch ein innigeres Verhältnis und wir möchten sie nicht von dir fortnehmen“, antwortete Asyet.
„Das ist aber schön von euch, so habe ich immer eine Erinnerung bei mir. Ihr werdet mir alle so fehlen.“
„Du wirst mir auch ganz schön fehlen, meine geliebte Freundin. Ich hoffe nur, dass es Mariet und die anderen bis hierher schaffen. Ich muss mich nun verabschieden, die anderen möchten gehen“, sagte Asyet mit wackliger Stimme. Die beiden Freundinnen umarmten sich ein letztes Mal und wünschten sich viel Glück. Beide hofften, dass sie sich in der Kristallstadt wiedersehen würden. Auch Linga und Pali verabschiedeten sich mit einer Umarmung. Nur Ciran begnügte sich damit ihr die Hand zu geben und alles Gute zu wünschen. Daniel gab Samarin auch nur flüchtig die Hand. Er hatte es immer noch nicht verkraftet, dass sie ihn nicht mehr liebte und nun auch noch jemand anderes geheiratet hatte.
Samarin sah ihren Freunden noch lange nach. Sie stand alleine, immer noch abseits von den anderen und ihr liefen die Tränen über das Gesicht. Lulika war mit ihren Freunden gegangen, um sie wieder aus dem Bannkreis der Sukis zu bringen. Alleine wären sie nie von hier fortgekommen, denn der Wald war hier um Dunikani eigentlich ein anderer als der Wald, der auf den Landkarten von Schamanah verzeichnet war.
Die Gruppe würde nach Nurimar reiten, die dritte Stadt ihrer Reise.
„Mein Schatz, was ist denn mit dir los? Du hast dich gar nicht mehr blicken lassen. Meine Eltern waren etwas sauer darüber. Unsere Verwandten wollen dich gerne kennen lernen und nun sind schon alle zu Bett gegangen. Ich hoffe, dass du sie wenigstens morgen empfangen wirst“, meinte Ajagu, als er Samarin endlich gefunden hatte. Sie hatte unter einem der Bäume gesessen, die im verzauberten Tal standen.
„Entschuldige Ajagu, aber ich habe meinen Freunden nachgetrauert. Sie fehlen mir jetzt schon so“, erwiderte die junge Frau.
„Es muss schwer für dich sein, aber bald kommen ja deine anderen Kameraden und du wirst selbst von hier fortgehen. Ich glaube, diese Trennung wird noch viel schmerzlicher werden.“
„Da könntest du Recht haben. Lass uns schlafen gehen, ja?“
„Natürlich. Wir werden heute die erste Nacht in unserem neuen Zimmer verbringen. Ich hoffe dir wird es dort gefallen.“
„Es ist überall schön, solange du nur bei mir bist“, hauchte Samarin und sie ging mit ihrem Gemahl in die Richtung des Palastes.
Mariet und ihre Begleiter waren inzwischen in Schamanah angekommen und kamen nun als erstes durch die Ruinen des Dorfes, das Samarin und ihre Freunde beinahe zum Verhängnis geworden wäre. Doch die Gruppe, die aus Mariet, Sylathi, Anel, Tamir, Indira, Mostria und Sodifol bestand, sah nichts anderes als vermoderte Holzhäuser. Das Wetter war an diesem Tag besser, als gewöhnlich für diesen Ort.
„Wir haben Glück. Ich weiß noch, als ich Samarin und ihre Freunde hier abgeladen habe, tobte ein fürchterlicher Schneesturm. Verlassen wir diesen Ort aber nun lieber sehr schnell. Er soll verwunschen sein. Die Bewohner dieses Ortes sind einfach verschwunden. Niemand weiß, was mit ihnen geschehen ist und ich will es eigentlich auch gar nicht wissen“, erklärte Mostria.
Die anderen stimmten ihm zu und so durchquerten sie das zerfallene Dorf eilig. Nun lag vor ihnen eine riesige Graslandschaft. Der Winter beherrschte diesen Landstrich von Schamanah, aber in etwa einer oder zwei Tagesreisen war schon wieder der Sommer anwesend. Die Truppe bestieg ihre Pferde. Da Mostria und Sodifol bis zum gestrigen Abend nicht genau gewusst hatte, ob sie in Schamanah bleiben würden, hatten sie auch keine Pferde bei sich. So ritt Mostria zusammen mit Anel und Sodifol mit Tamir. Sie würden bis zum Palast der Königin sowieso gemeinsam reisen und dort konnten sich die beiden Männer immer noch zwei Pferde besorgen. Indira hatte ihr eigenes Tier, das Alidor hieß. Es war ein prächtiger Hengst und alle beneideten sie um ihr Pferd.
„Was Samarin wohl gerade macht? Wie lebt man wohl bei den Sukis?“ überlegte Mariet laut.
„Es muss bestimmt ein schönes Leben sein. Sie haben nicht die selben Probleme wie wir Menschen und leben sehr friedlich, wie ich gehört habe. So sollen sie jedenfalls früher gelebt haben, denn eigentlich hieß es ja, dass sie nur noch Sagengestalten wären“, meinte Mostria.
„Das habe ich auch schon gehört, denn in Santania, wo wir einst gelebt haben, kennt man diese Geschichten nicht. Doch für eine Weile haben wir bei unseren Verwandten in der Nähe von Jalai gewohnt und sie haben uns von den Sukis erzählt. Ich freue mich, wenn ich diese Wesen kennen lernen kann“, erwiderte Mariet.
„Ich hoffe, dass ihr es bis dorthin schafft. Aber habt ihr eigentlich keine Angst alleine zu reisen?“
„Nein, eigentlich nicht. Wir werden es schon irgendwie schaffen. Wo werden wir das nächste Mal anhalten? Die beiden Kleinen werden langsam müde.“
„Wir werden in Trinadire übernachten. Von dort ist es dann auch nicht mehr weit bis zum Palast. Könnt ihr euch noch eine Übernachtung in einem Wirtshaus leisten?“ wollte Mostria wissen, als er sein Pferd auf die Hauptstraße von Schamanah lenkte. Dort herrschte ein geschäftiges Treiben und es war nicht mehr so ruhig, wie auf den Nebenstraßen.
„Ja, wir haben noch genug Geld. Aber lass uns nun schneller reiten, damit wir endlich von den Pferden kommen“, meinte Indira und spornte ihr Tier an. Die anderen taten es ihr gleich und so stoben sie über die Hauptstraße.
Asyet und ihre Freunde waren in der Zwischenzeit bis zur dritten Stadt vorgedrungen. Nurimar war nur ein kleiner unbedeutender Ort, der aber direkt an der Hauptstraße lag und dadurch vielen Reisenden als Übernachtungsort diente. Auch die Gruppe um Asyet machte dort Pause und war gerade in ein Gasthaus eingezogen. Es war eines der wenigen Gaststätten, die in Schamanah dem Roten Haus gehörten.
„Ciran, sieh dir den Wirt einmal an. Ist das nicht Toujin, unser Mitschüler aus dem Roten Haus?“ fragte Daniel seinen Freund.
„Du hast Recht, das ist Toujin, der alte Trunkenbold. Der wird sich freuen alte Bekannte zu sehen“, meinte Ciran und ging auf den Tresen zu. Toujin war gerade damit beschäftigt Bier in Krüge zu füllen und bemerkte die Neuankömmlinge nicht.
„Alter Saufbold, bekommt man hier denn nicht einmal eine anständige Bedienung“, polterte Ciran.
Der Wirt sah erschrocken auf, doch als er seinen früheren Mitschüler erkannte, stieg ein Lächeln in sein hübsches Gesicht. Toujin war breitschultrig und hatte kurzes helles Haar. Er schien aus den kälteren Ländern von Azieren zu stammen.
„Ciran, mein alter Kumpel, was machst du denn hier und da ist ja auch noch Daniel. Was hat euch nur hierher verschlagen?“ rief der Wirt, der ungefähr fünfundzwanzig gewesen sein könnte.
„Wir sind auf einer Reise und brauchen nun zwei Zimmer“, antwortete Ciran und deutete auf die übrigen seiner Freunde.
„Da habe ich bestimmt noch etwas frei. Aber wie kommt es, dass ihr mit einem Jungen und lauter Mädchen reist?“
„Wir haben sie auf der Reise aufgelesen. Zuvor waren nur Daniel, Asyet und ich auf der Reise und noch eine Freundin, die aber erst in einiger Zeit wieder zu uns stoßen wird. Nun erzähl du mal, was du in Schamanah machst?“ wollte Ciran von Toujin wissen.
„Du weißt, dass ich schon immer gern etwas viel getrunken habe. Da hat unser Meister gesagt, dass ich nicht zum Kampf geeignet wäre und schickte mich in dieses Wirtshaus am Rande der Welt. Ich muss dazu sagen, dass ich jetzt ganz froh darüber bin. Am Anfang war ich total fertig und trank noch mehr. Ich hätte beinahe den ganzen Laden versoffen, wenn nicht Ellis gekommen wäre. Sie ist seit fünf Jahren meine Frau und nur durch sie habe ich es geschafft hier zu überleben. Ellis kommt aus dem Haus des Fliegenden Einhorns. Kennst du den Verein noch?“
„Aber natürlich, wir hatten erst vor ein paar Monaten mit ihnen zu tun, da waren wir aber allerdings noch in Azieren. Sie haben uns das Leben gerettet. Wie kommt es aber, dass Ellis hier in Schamanah ist, wenn sie zum Fliegenden Einhorn gehört? Ich dachte, sie arbeiten nicht hier im Land?“
„Das ist auch so, aber Ellis war auf dem Weg zu ihren Verwandten, die hier leben und kam auch an meiner Kneipe vorbei. Sie half mir aus meinem Tief und nun siehst du, was sie alles aus diesem schäbigen Haus gemacht hat. Da vorne kommt sie gerade. Sie wird sich bestimmt freuen euch kennen zu lernen“, versetzte der Wirt und deutete auf eine schmale Gestalt, die auf den Tresen zulief.
Ellis hatte feine Züge und sah sehr zerbrechlich aus. Sie trug ein weißes Kleid mit dem Emblem ihres Hauses. Sie hatte kurze blonde Haare und große strahlend blaue Augen.
„Ich muss dich für dein Glück beneiden. Ellis ist ja eine Schönheit. Wie konnte sie sich nur in einen Trunkenbold wie dich verlieben?“ entfuhr es Ciran beim Anblick des Mädchens. Ellis sah nämlich nicht viel älter aus als Asyet und diese zählte gerade siebzehn Sommer.
„Toujin, wer sind denn die Reisenden, die gerade angekommen sind? Kennst du sie etwa?“ fragte Ellis, als sie bei den beiden Männern angekommen war.
„Das sind alte Bekannte aus dem Roten Haus. Das hier ist Ciran und der dort drüben ist Daniel. Wir haben viele Jahre zusammen gelernt. Die anderen sind Freunde von ihnen. Sie wollen hier übernachten, haben wir denn noch genügend Zimmer frei?“ sagte der junge Wirt und nahm seine Frau in den Arm.
„Aber natürlich Toujin. Ich bringe sie am besten gleich in die Zimmer und dann können sie ja zum Essen kommen, wenn sie wollen. Tiriana hat gerade frische Brote gebacken“, erwiderte Ellis und bedeutete den Freunden ihr zu folgen.
„Das ist ein wirklich schönes Gasthaus“, meinte Asyet, als sie gerade in ihre Zimmer geführt wurden.
„Mir gefällt es auch sehr gut. Ich bin froh, dass ich Toujin gefunden habe, bevor er daraus eine komplette Bruchbude gemacht hat. Er hätte alles verkommen lassen, wenn ich nicht gewesen wäre. Er ist bis heute nicht darüber hinweg gekommen, dass sein Meister ihn hierher verbannt hat. Ich finde es aber auch nicht sehr nett, dass sein Meister das gemacht hat. Er wusste, dass mein Mann gerne trinkt und wenn er ihn dann noch in ein so verlassenes Dorf wie dieses hier schickt, da war es doch vorher schon klar, dass Toujin, das nicht aushalten würde. Mein Mann konnte am Anfang noch nicht einmal die Sprache und wie sollte er da Reisende bedienen, die selbst andere Sprachen hatten? Obwohl ich heute denke, dass es Schicksal war. Aber entschuldigt, ich rede schon wieder zu viel“, erläuterte Ellis und führte Asyet, Asmielle und Linga in ihr Quartier. Daniel, Ciran und Pali teilten sich das andere Zimmer.
„Das stimmt doch gar nicht! Ich kann verstehen, dass Ihr einmal über Eure Probleme sprechen wollt. In diesem Dorf leben doch sonst keine jungen Leute, oder?“ fragte Asyet.
„Nein, Toujin und ich sind die Einzigen, die die Fünfzig noch nicht erreicht haben. Wir werden wohl auch die Einzigen hier bleiben, denn alle Kinder, der anderen ziehen hier fort. Ich kann sie auch gut verstehen, hier gibt es nicht viel, was einen zum Bleiben bewegen könnte. Meine Gründe bestehen nur aus Toujin und dem Gasthaus. Aber nun wirklich genug. Ihr könnt euch ja etwas frisch machen und dann zum Essen herunterkommen. Für Freunde von meinem Mann lasse ich mir heute etwas ganz besonderes einfallen“, sagte die junge Frau und verschwand.
„Mir tun die beiden irgendwie Leid. Ich wollte nicht in diesem Kaff leben, was gibt es hier schon?“ sagte Asyet zu Linga und Asmielle, die sich gerade neue Kleidung aus ihren Reisesäcken holten. Die schmutzige Wäsche spülten sie in einer Schüssel voll Wasser, die Ellis bereitgestellt hatte, aus.
„Das ist schon wahr, aber ich glaube, den beiden gefällt es hier trotzdem sehr gut. Sie haben sich an dieses Leben gewöhnt und die Reisenden bringen ja wenigstens noch etwas Abwechslung. Stell dir doch vor wie viele Leute sie schon kennen gelernt haben. Ich bin aber trotzdem froh, dass ich in Hujikana und nicht hier lebe“, antwortete die Heilerin. Sie und Asmielle hatten ihre Kleidung soweit es ging gereinigt und spannten nun eine Schnur zwischen dem Schrank und dem offenen Fensterflügel. Sie hingen die tropfnasse Wäsche auf und Asyet tat das selbe.
Nach ungefähr einer halben Stunde trafen sich die Freunde unten im Schankraum am Tresen.
„Da seit ihr drei ja endlich. Wieso müsst ihr Frauen bloß immer so lange brauchen?“ begrüßte Daniel die Mädchen. Er lehnte lässig am Schanktisch und grinste sie an. Seine Laune schien sich gebessert zu haben, seitdem er Samarin nicht mehr sehen musste. Es hatte ihm fast das Herz gebrochen, als er mit ansehen musste, wie seine Angebetete den Prinzen der Sukis heiratete. Doch nun schien er fröhlich und munter wie eh und je.
„Wir haben eben schon einmal unsere Kleidung gewaschen, was ihr bestimmt noch nicht gemacht habt, oder?“ meinte Linga spöttisch.
„Wieso sollten wir?“
„Das fragst du noch? Ihr habt bis morgen eure Wäsche gewaschen oder ihr lernt mich kennen!“
„Bitte, bitte tu uns nichts böse Linga! Wir machen ja schon, was Mami sagt“, scherzte Daniel.
„Was ist denn mit dir los? Bist du noch ganz klar im Kopf? Wie viele Gläser hat er denn schon getrunken?“ wollte Asyet von Ciran wissen.
„Gar keins, ich schwöre es. Er ist seit vorhin schon so aufgedreht und sagt dauernd solches Zeug. Beachte ihn einfach nicht und Linga, natürlich waschen wir unsere Kleidung noch, aber eben später und nicht sofort. Wir wollen uns erst einmal ausruhen und etwas essen.“
„Und trinken, nicht wahr?“ warf Ellis ein, die gerade aus der Küche kam und drei vollbeladene Tabletts mit sich trug.
„Das ist ja wohl selbstverständlich. Asyet willst du nicht auch wieder mittrinken, so wie in Königsrial? Erinnerst du dich noch, wie voll wir damals waren?“ versetzte Ciran.
„Erinnere mich nicht daran! Aber ich nehme es gerne noch einmal mit dir auf. In Königsrial konnten wir unser Wettsaufen ja Leider nicht zu Ende führen, da wir so schnell aufbrechen mussten. Ich weiß noch, was ich für einen Brummschädel hatte, nachdem der Fährjunge uns dieses seltsame Zeug gegeben hatte. Weißt du eigentlich, was das überhaupt war? Ich wollte dich schon die ganze Zeit fragen, habe es aber immer wieder vergessen.“
„Das war bestimmt Gunis. Dieses Gewürz benutzen die Mitglieder des Fliegenden Einhorns, um nüchtern zu werden und da Mostria dazugehört, wird er es ebenfalls genommen haben“, warf Ellis ein, als Ciran auf die Frage nur mit den Schultern zuckte.
„Woher kennst du Mostria?“ kam es von Ciran und Asyet gleichzeitig, denn keiner hatte seinen Namen erwähnt.
„Warum sollte ich ihn nicht kennen? Er ist ein Mitglied meines Hauses. Das Fliegende Einhorn hat ihn vor einigen Jahren in seinen Kreis aufgenommen und ich habe ihn schon oft getroffen. Wir sind sehr gute Freunde. Mostria ist ein weiser junger Mann. Er hat viele Bücher gelesen und ist sehr begabt. Da ihr von Königsrial und der Fähre gesprochen habt, konnte es nur Mostria sein, von dem ihr redet. Wie habt ihr ihn eigentlich kennen gelernt?“
„Wir haben in Königsrial Pause gemacht und das Fliegende Einhorn hat uns damals das Leben gerettet. Wir waren in großen Schwierigkeiten und Mostria schrieb einen Brief an Samarin. Er brachte uns dann auf seiner Fähre nach Schamanah“, erklärte Ciran.
„Das hätte ich mir denken können. Mostria fühlt, wenn Menschen in Gefahr sind. Er ist einer der Wenigen in unserem Bunde, der es von Anfang an konnte, ohne es erst durch viel Geduld zu erlernen. Es ist nämlich wirklich schwierig diese Kunst zu lernen und von Geburt an haben sie nur wenige.“
Ellis stellte nun die Teller auf einen Tisch und wünschte der Gruppe einen guten Appetit. Sie verschwand wieder in der Küche, um das Essen für die anderen Besucher zu holen. Toujin brachte ihnen noch einige Krüge Alkohol. Keiner wusste genau, was es eigentlich war, aber da es gut schmeckte, machte sich niemand groß Gedanken darüber. Nur Linga und Asmielle begnügten sich mit Tee. Sie verabscheuten jede Art von Alkohol, wie es jeder Argo tat.
„Asmia, warum bist du eigentlich so ruhig, seit wir hier angekommen sind?“ fragte Asyet das Mädchen, das zusammengekauert auf einem Stuhl saß.
„Ich fühle mich nicht so gut. Ich gehe am Besten nach oben. Gute Nacht und trinkt nicht so viel“, erwiderte das Argomädchen und war schon verschwunden bevor Asyet weiterfragen konnte.
Als die letzten Gäste gegangen oder auf ihren Zimmern waren, setzten sich Toujin und Ellis zu den Freunden. Es war schon lang nach Mitternacht, aber keiner hatte Lust ins Bett zu gehen. Asyet und Ciran tranken, was das Zeug hielt, aber hatten sich noch einigermaßen unter Kontrolle. Ciran hatte den Arm um Asyet gelegt und beide fingen ständig an zu kichern, wenn sie sich etwas erzählten.
„Ellis, warum hast du eigentlich schon so früh geheiratet? Du kannst doch nicht älter als zwölf Jahre gewesen sein. Wie kommt es überhaupt, dass du allein unterwegs warst?“ wollte Linga von der jungen Frau wissen.
„Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich sah Toujin und wusste, dass ich ihn nie mehr verlassen würde. Ich war aber schon fast neunzehn, als wir heirateten“, versetzte das Mädchen.
„Aber Toujin sagte, dass ihr schon fünf Jahre verheiratet seid“, meinte die Argo-Heilerin überrascht.
„Was denkt ihr denn? Ich bin schon vierundzwanzig. Viele glauben mir das nicht, weil ich so klein und schmal bin, aber es ist die Wahrheit. Ich sehe nun einmal jünger aus, als ich bin.“
„Dann bist du ja schon älter als ich, das hätte ich nicht gedacht. Ich hätte noch eine Frage, was ist eigentlich deine Aufgabe im Haus des Fliegenden Einhorns?“
„Ich helfe Menschen, die in Not sind und von denen kommen hier viele vorbei. Ich habe ja die Kunst erlernt und kann sie, glaube ich, ganz gut benutzen. Ich brauche nur einen Menschen anzusehen und sehe in seiner Aura, ob er in Schwierigkeiten ist oder in Schwierigkeiten hineingerät, wenn ich ihm nicht helfe. Ich kann zwar nicht genau sagen, was passieren wird, aber ich bekomme von unserem Meister den richtigen Weg für den Menschen gezeigt. Das hört sich jetzt ziemlich kompliziert an und es ist auch wirklich sehr schwierig es überhaupt zu erklären.“
Ellis und Linga unterhielten sich noch eine ganze Weile und bis die Gruppe dann endlich ins Bett ging, dämmerte bereits der Morgen. Asyet und Ciran waren schon eine Weile zuvor nach draußen verschwunden, doch keiner dachte weiter über die beiden nach.
Samarin lag in einem Nest aus Kissen und war gerade am Aufwachen. Sie und ihr Mann hatten ihre königlichen Gemächer bezogen und das Menschenmädchen fühlte sich pudelwohl darin. Die Hochzeit war nun schon über einen Monat her und das ganze Personal, das Volk und auch der König hatten das Mädchen nun endlich angenommen. Nur Ajagus Mutter tat sich immer noch schwer damit und pflegte einen kühlen Umgangston mit der neuen Königin.
Doch heute Morgen wurde Samarin von Fieberkrämpfen geschüttelt. Sie fror erbärmlich und Ajagu war schon fort gegangen um eine Heilerin zu holen. Samarin fühlte sich total zerschlagen und konnte nicht einmal einen klaren Gedanken fassen.
Schon nach kurzer Zeit kam Ajagu mit Kineta, der Kräuterfrau der Sukis.
„Seit wann hat sie denn Fieber?“ fragte die Suka als erstes.
„Es begann heute Nacht. Das Fieber kam urplötzlich“, antwortete der neue König gehorsam und kniete sich neben seine Frau.
„Bitte verlasst das Zimmer! Ich möchte sie untersuchen und zwar ohne Eure Anwesenheit“, sagte Kineta in strengem Ton. Ajagu ging und wanderte zum Park, um frische Luft zu bekommen. Er hatte solche Angst um seine geliebte Frau. Sollte ihr Glück schon so schnell vorüber sein? Er saß lange auf der Bank im Park. Zuerst starrte er nur vor sich hin, doch nach einiger Zeit kam Binita und wollte mit ihm spielen. Samarin und er hatten sie aufgenommen wie ein eigenes Kind. Ajagu hoffte gar nicht erst, eigene Kinder zu haben. Die Sukis untereinander bekamen schon schwer Nachwuchs, wie sollte es da zwischen einem Suki und einem Mädchen, das zum Teil Argochont war und zum anderen Teil Mensch und dann auch noch in der Verwandlung zu einem verborgenen Engel?
Er spielte noch immer mit Binita, als Jakiana kam. Sie sah ihn seltsam an und bedeutete ihm nur ihr zu folgen. Ohne zu sprechen, gingen die beiden zum Gemach des Königspaares zurück. Binita blieb im Garten und wollte auf Ajagu warten.
„Da seid Ihr ja! Ich habe eine erfreuliche Nachricht für Euch“, begrüßte Kineta den neuen König. Samarin saß aufrecht im Bett, wurde aber noch von einigen Kissen gestützt. Ajagu konnte nicht glauben, was er sah. Wie konnte es Samarin so schnell wieder so gut gehen?
„Dann sprecht doch endlich“, versetzte der König etwas barsch und setzte sich neben seine junge Frau. Sie strahlte über das ganze Gesicht, doch sah er auch, dass etwas Wehmut in ihrem Blick lag. Ajagu nahm ihre Hand und drückte sie kurz, sie erwiderte die Gebärde.
„Ihr werdet in einem Monat Vater sein“, meinte die Heilerin frei heraus.
„Was werde ich? Aber wie kann das sein? Auch wenn Samarin schwanger wäre, wie könnte sie innerhalb von zwei Monaten ein Kind gebären?“ fragte er fassungslos. Er freute sich darüber, aber er konnte es einfach nicht glauben.
„Das ist möglich, weil Ihr mit ihr im verzauberten Tal wart. Ihr habt doch in einem der Seen gebadet, oder?“
„Ja, das haben wir. Aber das war doch bevor wir...“ Ajagu brach ab, er wollte solche Sachen nicht mit einer Heilerin besprechen.
„Ich weiß, was Ihr meint. Aber die Wirkung des Sees, in dem Ihr gebadet habt, hält einige Wochen an. Der See heißt Draginu. In der Sprache des Mädchens würde man wohl See der Kinder sagen. Er hat eine Kraft, die bei Menschen oder Argos die Schwangerschaft beschleunigt und die normalen neun Monate auf zwei verkürzt. Bei uns Sukis ist er nutzlos, wir sind immun gegen seine Kraft. Doch die Menschen nehmen sie mit jeder ihrer Poren auf und speichern diese. Ich weiß nicht, was Ihr über Schwangerschaften bei Menschen wisst, aber sie verlaufen viel schmerzvoller als bei unseren Frauen. Ich hoffe, Ihr haltet das durch!“ sprach Kineta und lächelte Samarin zu. Ihr Gesicht war jung, doch in ihren Augen konnte das Mädchen sehen, dass sie sehr weise war und auch schon alt sein musste.
„Was meint Ihr damit, ob ich das durchstehen werde?“ wollte der König wissen.
„Na, Ihr werdet natürlich bei der Geburt dabei sein und Eurer Frau die Hand halten.“
„Dabei sein? Mein Vater war bei keiner Geburt dabei, wieso sollte ich? Das soll jetzt nicht heißen, dass ich nicht möchte, aber ich begreife nicht warum.“
„Weil das bei den Menschen normal ist und Ihr habt nun einmal ein Menschenmädchen zur Frau genommen. Euer Vater war bei keiner Geburt dabei, weil es bei den Sukis nicht erlaubt ist bei der Frau zu sein. Die Geburt von Sukis läuft anders, als die Geburt von Menschen. Euer Kind wird sehr begabt sein, dass kann ich Euch jetzt schon sagen. Es hat Argochontenblut und das Blut der Sukis in sich. Diese Mischung bringt viele Gaben mit sich und seine werden schon in einigen Jahren voll ausgeprägt sein. Ich lasse Euch nun alleine und hoffe, dass Ihr noch einige Zeit darüber sprechen werdet“, meinte die Heilerin zum Abschluss und ging langsam aus dem Zimmer.
„Ich kann es einfach nicht glauben, dass wir bald Eltern werden“, keuchte Ajagu immer noch verwirrt.
„Ich bin auch total durcheinander. Wir haben uns gerade einmal miteinander vereinigt und schon bin ich schwanger. Ich dachte aber auch nicht daran, wir waren ziemlich leichtsinnig. Wir Menschen haben extra Mittel, damit die Frauen nicht schwanger werden und ich selbst habe davon einige Beutelchen. Doch sagtest du nicht, dass ihr Sukis schwer Kinder zeugen könnt?“ erwiderte Samarin.
„Das ist auch so, aber du bist selbst keine Suka und deshalb war es wahrscheinlich anders. Wir waren wirklich ziemlich blauäugig, dass wir daran nicht gedacht haben. Aber keiner darf erfahren, dass es vor unserer Hochzeit dazu gekommen ist. Meinst du wir können das geheim halten?“
„Ich glaube schon, ich bin auch nicht wild darauf, dass jemand davon erfährt. Sie sollen denken, dass es in unserer Hochzeitsnacht geschehen ist. Aber wie soll ich nun meine Reise antreten? Ab morgen habe ich Mariet versprochen, dass ich eine Woche lang an der Lichtung auf sie warten werde. Außerdem wollten wir dann doch gleich aufbrechen. Wir können nicht so lange warten, wenn wir meine Freunde noch vor der Kristallstadt einholen wollen, denn wir müssen gemeinsam dort hingehen.“
„Das werdet ihr auch, nur eben einen Monat später. Du wirst dein Kind bekommen und danach kannst du immer noch aufbrechen, wenn du in der Lage bist. Was deine Freunde betrifft, ich werde Lulika dort hinschicken und sie soll auf sie warten.“
„Das wäre nett von dir“, flüsterte das Mädchen und umarmte ihren Gatten. Er erwiderte die Umarmung und fing an sie zu küssen. Lange lagen sie so aneinandergekuschelt da und ihre Lippen trennten sich immer nur für kurze Zeit.
Mariet und ihre Gruppe war inzwischen im Palast angekommen. Indira hatte sofort ihre Mutter besucht und Mostria war mit ihr gegangen. Sodifol suchte nach einer Arbeit und einer Unterkunft. Mariet und Sylathi standen bei den Pferden und ihrem Gepäck. Anel und Tamir spielten an einem der vielen Brunnen, die auf dem Schlosshof standen.
„Zum Glück reisen wir nun wieder alleine. Ich habe diese ständigen Lügen satt“, meinte Mariet.
„Also ich bin auch froh. Wir werden bestimmt auch schneller voran kommen, denn wir haben wirklich nicht mehr viel Zeit, um in diesen Wald in der Nähe von Hujikana zu kommen. Samarin wird nur eine Woche auf uns warten und wenn wir nicht da sind, wird sie ohne uns gehen. Wir wären dann allein in einem fremden Land und wir können noch nicht einmal die Sprache. Das finde ich ja am schlimmsten, bis jetzt hat Indira uns ja helfen können, aber sie wird mit Mostria und Sodifol hier bleiben. Ich hoffe, dass wir wenigstens einige Leute finden, die noridisch sprechen können“, sprudelte es aus ihrer Cousine heraus.
„Das hoffe ich auch. Sieh, da vorne kommt Sodifol wieder“, sagte Mariet.
„Ich habe schlechte Nachrichten für euch. Ich kann hier bei einem Schmied arbeiten und auch dort wohnen. Doch für euch und Mostria sieht es schlecht aus. Es gibt in der ganzen Palaststadt nicht ein einziges freies Zimmer und für Mostria Leider auch keine Arbeit. Indira wird ja bei ihrer Mutter wohnen, aber was macht ihr nun? Es tut mir schrecklich Leid, aber ich bin nur aus Zwang hierher gekommen und bin froh darüber, dass ich nicht noch weiter in dieses Land hinein muss. Ich möchte nicht egoistisch sein, jedoch kann ich anders und es tut mir im Herzen weh, wenn ich überlege, dass Mostria mich nun verlassen muss. Vielleicht ist es aber ganz gut, dass er endlich sein eigenes Leben lebt“, redete der alte Fährmann wie ein Buch.
„Das ist schlimm, aber nicht zu ändern. Wir werden mit Mostria wohl weiterziehen müssen, wenn er es überhaupt möchte“, antwortete Mariet und war eigentlich ganz froh darüber, dass sie schnell weiterreisen konnten ohne verdächtig zu wirken und Mostria würde wahrscheinlich mit ihnen ziehen. Darüber freute sich das Mädchen am meisten. Sie hatte den jungen Fährmann sehr lieb gewonnen und doch immer gewusst, dass er nur Augen für Indira hatte und sie gar nicht beachtete. Was sollte auch ein junger gutaussehender Mann mit einem kleinen Mädchen?
„Da kommt ja mein Pflegesohn“, stieß Sodifol hervor und erklärte nun dem Jungen, was er schon den beiden Mädchen gesagt hatte.
„Dann wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als zu gehen. Ich wollte ja schließlich das Land kennen lernen. Wir müssen uns aber beeilen, denn die Schlosstore schließen bald. Indira wird sehr traurig darüber sein, aber ich kann auch nichts daran ändern“, meinte Mostria und ging um sich von seiner Freundin zu verabschieden. Er kaufte auch noch ein paar Lebensmittel ein, damit sie sich ernähren konnten, wenn sie es zu keiner anderen Stadt mehr schafften.
„Lebt wohl! Ich hoffe, dass ihr den alten Sodifol einmal besuchen kommt“, sagte der Mann mit Tränen in den Augen.
„Ich werde wiederkommen, das verspreche ich dir, Vater. Nun leb auch du wohl und sage Indira noch einmal viele Grüße von mir“, sprach Mostria und er verschwand mit seinen Begleitern durch eines der Tore des Palastes der Königin.
Innerhalb von anderthalb Wochen hatte die Gruppe Darina erreicht, was ziemlich schnell war. Sie ritten aber auch wirklich wie der Wind und machten so wenig wie möglich Pause. Mostria hatte sich nun entschieden mit Mariet und den anderen zu Samarin zu gehen. Er wollte das Mädchen unbedingt wiedersehen und da er sowieso keinen anderen Plan hatte, konnte er sich auch dorthin begeben.
Mariet hatte ihm nun die ganze Wahrheit erzählt und auch erwähnt, dass Sylathi und Tamir die Königskinder seien und sie und Anel die Kinder des Grafen von Santania. Mariet hatte gedacht, dass er sich ihnen gegenüber nun anders verhalten würde, nachdem er von ihrer Herkunft wusste und er auch erfahren hatte, dass sie ihn die ganze Zeit belogen hatten. Doch Mostria tat es nicht und ihr Verhältnis blieb so freundschaftlich wie zuvor. Er verstand, warum sie lügen mussten und machte keine große Sache daraus.
„Wir müssen als nächstes nach Hujikana, was noch etwa eine Woche von hier entfernt ist. Bald wird Samarin dort in der Nähe auf uns warten“, erklärte Mariet Mostria ihre Pläne.
„Aber wie sollen wir das schaffen? Wir brauchen eine Woche bis in die Stadt und von dort noch einen Tag bis zu dem Gut von Sir Ivani. Bis uns dieser Michael dann zu dieser Lichtung bringen kann, vergeht bestimmt auch noch einmal ein Tag. Das wären noch mindestens neun Tage, aber wahrscheinlich zehn, weil wir in Hujikana nicht sofort wieder wegreiten können. Wie sollen wir das anstellen?“ fragte der junge Mann.
„Mach dir keine Sorgen! Samarin wird in einer Woche mit ihrer Wache beginnen und eine Woche dort verharren. Wir schaffen das schon“, erwiderte das Mädchen und legte Mostria die Hand auf die Schulter. Dieser zuckte bei der Berührung zusammen und sah sie seltsam an.
„Was ist? Habe ich irgendetwas Falsches getan?“ wollte Mariet wissen. Warum sah er so entsetzt aus? Sie hatte ihm doch nur eine Hand zur Stärkung auf die Schulter gelegt? Das Mädchen hatte bis jetzt sehr wenig Erfahrungen mit Männern gehabt und verstand Mostrias Verhalten nicht.
„Du hast nichts Falsches getan, nur ist es das erste Mal auf unserer Reise, dass du mich berührt hast. Sonst hast du immer Abstand von mir gehalten, warum eigentlich?“
„Das ist mir gar nicht aufgefallen. Ich hatte ja auch keinen Grund dich anzufassen und ich dachte, dass du das sowieso nicht willst, weil du doch Indira liebst“, stotterte Mariet.
„Ich bin in Indira verliebt? Wo hast du das denn her? Ich liebe sie doch nicht oder besser gesagt liebe ich sie nicht wie eine Geliebte. Sie ist einfach die Einzige und beste Freundin, die ich habe.“
„Ich dachte ja nur...“, mehr konnte das Mädchen nicht sagen, denn Mostria hatte ihren Mund mit einem zärtlichen Kuss verschlossen.
„Das wolltest du doch schon die ganze Zeit, nicht wahr? Du redest zu viel, finde ich. Mach doch einfach, was du gerne möchtest“, meinte Mostria, nachdem ihre Lippen lange aufeinandergelegen hatten und ihre Zungen zärtlich miteinander gespielt hatten.
„Woher wusstest du, dass ich mich in dich verliebt habe? Ich habe doch nie eine Andeutung gemacht“, fragte Mariet und fühlte immer noch dieses Glücksgefühl in sich, welches dieser Kuss ausgelöst hatte. Zum Glück waren die anderen auf Nahrungssuche. Was wäre gewesen, wenn sie erwischt worden wären?
„Du und keine Andeutungen gemacht? Ich habe einige Erfahrung mit Mädchen und du hast dich mir gegenüber ziemlich auffällig benommen. Ich hoffe, dass ich dich nun nicht entehrt habe. Ich bin ja nur ein Fährmann.“
„Sag doch so etwas nicht. Ich habe diesen Kuss sehr genossen und hoffe, dass es nicht der Einzige gewesen sein wird. Ich bitte dich aber, dass die anderen von unserer heimlichen Tändelei nichts mitbekommen, in Ordnung?“
„Dieser Meinung bin ich auch und ich muss dir noch sagen, dass du für eine Anfängerin sehr gut küssen kannst. War es denn tatsächlich dein erster Kuss?“
„Ja und ich bin immer noch hin und weg davon. Ich bereue es nicht ihn an dich verloren zu haben. Früher dachte ich immer, dass ich nur einen Jungen küssen würde, mit dem ich richtig zusammen bin und den ich einmal heiraten würde, doch diese Meinung hat sich geändert. Warum gleich ans Heiraten denken und nun nehme ich dich beim Wort...“, flüsterte Mariet und schon vereinigten sich die Lippen der beiden erneut.
„Du wirst es für dich behalten, ja“, wollte Mariet sich noch einmal vergewissern, nachdem sie sich stundenlang geküsst und liebkost hatten.
„Vertraust du mir etwa nicht? Ich werde es niemandem sagen, warum auch? Wir beide nehmen es nur als kleines Liebesabenteuer, tun wir doch?“ versetzte Mostria.
„Was du tust, weiß ich nicht, aber für mich ist es nicht mehr als ein Abenteuer und wir können es beide beenden, sobald wir keine Lust mehr darauf haben.“
„Dann ist es ja gut, denn ich habe wirklich keine Lust auf eine feste Beziehung und all diese Dinge. Ich finde so etwas nicht besonders aufregend.“
„Woher hast du eigentlich so viel Erfahrung? Indira sagte doch, dass du dich nie in der Stadt blicken lassen hast.“
„Das dachte sie aber auch nur. Ich gehe zwar nicht gerne unter Leute und war selten in Königsrial, aber ich war doch noch einige Male dort. Aber mit Frauen hatte ich dort nichts zu tun. Indira war die Einzige, denn ich hatte wirklich mal etwas mit ihr. Doch sie glaubte an die große Liebe und da ich noch nicht dazu bereit war, habe ich mich zurückgezogen. Ich bin ihr sehr aus dem Weg gegangen. Ich möchte später gerne einmal heiraten, aber erst in ein paar Jahren und nicht jetzt. Ich möchte meinen Spaß und mehr nicht. Die Mädchen mit denen ich zusammen war, meistens waren es nur die wenigen Stunden auf der Fähre, wussten das und wollten ja selbst nicht mehr. Viele von ihnen hatten bereits einen Partner oder waren sogar verheiratet, aber das machte den Reiz nur noch viel größer.“
„Du bist ja ein richtiger Weiberheld. Ich kann es aber verstehen, denn du könntest mit deinem Aussehen und deinem Charme jede um den Finger wickeln. Weiß Sodifol davon?“
„Wo denkst du hin! Wenn er es wüsste, hätte er mich hochkant hinausgeworfen. Ich kann aber nun einmal nicht anders und ich zwinge ja keines der Mädchen dazu.“
„Hast du auch mit ihnen geschlafen?“
„Das habe ich und das auch nicht mit Wenigen. Sie wollten es und ich wollte es, also warum nicht? Was denkst du jetzt eigentlich von mir, willst du überhaupt noch etwas mit mir zu tun haben?“
“Und ob ich das will, ich will doch auch nicht mehr als du. Wie hast du das eigentlich alles vor Sodifol verbergen können und wo bist du mit den Mädchen hingegangen?“ hakte Mariet weiter nach, sie interessierte das brennend. Ob sie auch ihre Unschuld an ihn oder an einen anderen dieser Sorte verlieren würde? Ihr Vater würde sie steinigen, wenn er es erführe, aber das war ihr ziemlich egal. Woher sollte er es überhaupt erfahren? Mariet hätte aber niemals gedacht, dass Mostria einer dieser Weiberhelden war, vor denen ihre Lehrerin sie so gewarnt hatte. Doch was machte das schon? Er war doch deswegen kein böser Mensch und er musste sich selbst vor den Göttern dafür verantworten.
„Wir waren immer im geschützten Heck. Ich sagte meinem Ziehvater, dass ich alleine sein wollte, um nachzudenken und verschwand dann heimlich mit dem Mädchen dorthin. Ich war auch mit Indira dort und sie wollte sich mir hingeben, da sie mich immer noch liebt und mich einfach nicht vergessen kann. Doch ich konnte ihr nicht weh tun und wies sie ab.“
„Du fandest Indira zu Schade für deine Affären? Aber bei mir und den anderen findest du das nicht, oder?“
„Bei den Liebesgeschichten auf der Fähre, habe ich nie an Ehre oder so gedacht. Aber dich wollte ich erst gar nicht beachten, damit ich dir nicht weh tue oder ich dich entehre. Du und Indira seid bis jetzt die einzigen Mädchen, die mir zu Schade fürs Bett sind. Küssen ist in Ordnung, aber ich würde nie aus purer Lust mit dir oder Indira ins Bett gehen.“
„Und das soll ich dir glauben?“ wisperte das Mädchen und kuschelte sich näher an den jungen Mann. Es wurde langsam dunkel und die anderen würden bald zurückkehren. Das Wetter hatte umgeschlagen und der Wind wehte vor dem Zelt immer stärker.
„Ich hoffe doch, dass du mir glaubst und mich auch ein bisschen verstehst. Ich will nichts Böses tun, aber ich habe nun einmal keine Lust auf eine Beziehung, die mehr ist als ein kurzes Spiel“, versuchte Mostria zu erklären. Er wollte nicht schlecht sein und es war ja auch nichts schlimmes daran. Doch die Menschen machten es dazu. Sie dachten nur an Ehre und so. Was war eigentlich Ehre? Jeder verstand etwas anderes darunter. Mostria fand das seine Art zu Leben doch wohl besser war, als ständig in eines der Freudenhäuser zu gehen. Seine Ehre lag darin, dass er Mädchen, die nicht selbst wussten, dass er eigentlich nur auf das Eine aus war, nicht in sein Bett kamen.
„Sylathi, Tamir und Anel kommen zurück. Ich höre ihr Geschrei“, rief Mariet und sprang auf. Sie wollte gerade das Zelt verlassen.
„Du hast es aber eilig. Wir können doch zusammen in einem Zelt sitzen, ohne das jemand etwas merkt, oder?“ meinte Mostria und zog die junge Frau wieder auf den Boden neben sich. Die beiden saßen zwar immer noch eng zusammen, aber es machte nicht mehr den Anschein als würden sie miteinander schmusen. Der junge Mann holte schnell eine der Landkarten aus seinem Rucksack und legte sie auf seine Knie. Mariet konnte so bequem mit hineinsehen und jeder Eintretende würde denken Mostria und das Mädchen würde über den Plänen brüten.
„Hey ihr Trantüten“, kam es von Sylathi, als sie das Zelt betrat. Ihr Korb war voll mit Waldbeeren und einigen Pilzen. Sie hatte nur das gepflückt, was sie aus Azieren kannte und was in ihren Lehrbüchern gestanden hatte.
„Na, ihr seid also wieder da. Komm lass uns das Essen zubereiten. Habt ihr genug gefunden?“ fragte Mariet und zog ihre Cousine mit sich nach draußen.
Daniel saß schon früh am Morgen vor dem Gasthaus und blickte auf die hohen Berge, die sich am Horizont zeigten. Dort würden sie bald sein, denn dort lag Jikuja, die nächste Stadt auf ihrer Reise.
Pali, Linga und Asmielle waren in das Dorf gegangen, um einige Dinge einzukaufen. Vor Mittag würden sie wohl nicht zurück sein. Ellis war in der Küche und schwatzte mit ihrer Köchin. Toujin bediente schon die ersten Gäste in seiner Wirtschaft. Daniel fühlte sich irgendwie einsam. Jeder hatte etwas zu tun, nur er saß alleine auf dieser Bank. Er dachte mit Schmerzen an die Zeit mit Samarin. Er liebte sie noch immer und wollte einfach nicht begreifen, dass sie nun für ihn unerreichbar war. Sie hatte diesen Ajagu geheiratet und war nun Königin der Unsterblichen. Er konnte es einfach nicht begreifen. Wie sollte er diese Zeiten überstehen, wenn er sich so einsam und verloren fühlte. Er hatte seinen Kumpel Ciran und auch Asyet war eine gute Freundin geworden, doch sie konnten ihm auch nicht helfen. Wo waren die beiden eigentlich? Er hatte Asyet seit gestern Nacht nicht mehr gesehen. Nur Ciran, der als Daniel das Zimmer verließ, noch schlief. Doch vor einer Stunde war der junge Mann noch einmal in der Kammer gewesen und hatte sie leer vorgefunden. Wo steckte dieser Kerl?
„Daniel, sieht man dich auch mal wieder?“ rief plötzlich jemand. Es war Ciran, der zusammen mit Asyet auf die Bank zukam.
„Das sollte ich wohl lieber euch fragen. Wo wart ihr denn die ganze Zeit? Ich habe euch gesucht, doch nirgends gefunden“, versetzte Daniel etwas zornig.
„Wir waren spazieren, um frische Luft zu schnappen. Unsere Köpfe haben sich noch nicht so ganz von dem Gelage gestern erholt. Wir haben einen wunderschönen Teich hier in der Nähe gefunden und waren dort einige Zeit lang“, erklärte Asyet. Die beiden standen Arm in Arm vor ihm und Daniel wusste nicht, was er davon halten sollte. So gut hatten sie sich ja noch nie verstanden, waren sie etwa ein Paar? Das konnte doch nicht sein, bitte nicht, dachte Daniel. Ihm reichte schon, dass Pali und Asmia zum Teil zusammen waren. Wie sollte er das nur aushalten, zwischen zwei verliebten Pärchen? Er musste dann nur noch mehr an Samarin denken und wie sehr sie sich geliebt hatten. Aber er liebte wahrscheinlich zu sehr. Er hatte seine Freundin damit erdrückt und später daran verloren.
„Muss man eure Umarmung irgendwie besonders deuten?“ fragte Daniel deswegen vorsichtig.
„Mach dir keine Sorgen mein Freund. Es ist nicht so wie es aussieht. Wir verstehen uns einfach so gut und als gute Freunde kann man sich doch auch einmal in den Arm nehmen, oder? Ich finde nichts Schlimmes daran. Ich bin froh, dass wir uns endlich besser verstehen und nicht mehr ständig zanken. Da wirst du mir doch zustimmen, oder?“ meinte Ciran und grinste verschmitzt.
„Wenn ihr meint, dass es so am Besten ist. Es ist schon eine Erholung nicht ständig eure Streitereien hören zu müssen.“
Asyet und Ciran gingen nun in das Innere des Hauses und gesellten sich zu Ellis und Tiriana, der Köchin. Sie alberten eine Weile herum und redeten über den gestrigen Abend. Daniel saß noch immer alleine auf seiner Bank und hatte eigentlich auch keine Lust auf Gesellschaft.