Raben krähen, ein kalter Wind weht. Über die Ebene am Fuße des Gebirges. Es ist ein stiller Tag, Rauch liegt in der Luft. Jetzt ist es still. Vorher war es laut, vorher bebte die Erde. Schreie, Stahl auf Stahl, brüllen und sterben. Feuer und Tod. Blut und Glanz. Ruhm und Ehre, und Wirklichkeit. Eine Schlacht. Tausende Krieger knallten hier aufeinander, Mann gegen Mann, Ross gegen Reiter. Helme werden zerschlagen. Glaube und Sieg, Stolz und Niederlage. Fahnen in Blut getränkt. Ideologien auch. Menschen werden zerschlagen, zertreten, Pferde werden zerrissen. Blut wird gespuckt, Körper werden geduckt. Teile werden voneinander getrennt. Speere, Schwerter, Äxte und Hauen. Geschrei und Waffenklirren.
Feuer und Gestank. Staub. Hundertfacher Blutzoll. Pfeile spicken Menschen, spicken Rösser. Jünglinge wie Alte, verletzt und tot. Menschen fliegen über Schilder, Schilder über Menschen. Blut spritzt, Blut fließt. Jetzt ist es still. Kein Leben mehr. Der Wind bricht sich in den Ecken und Winkeln der Gestorbenen. Ein Klagen und ein Jaulen, mit dem die Seelen aufsteigen. Niemand ist mehr hier. Nur noch die Krähen und Raben. Jene Gestalten, die immer mit Krieg und Tod ziehen. Sie reisen in den Trossen mit, immer den Armeen hinterher. Die dafür Leben, die Reste wegzupicken. Aufzuräumen. Verfall und Vergänglichkeit in Gestalt, von den Menschen verachtet. Sie fliegen über das Leichenfeld, über die Gebeine der Gefallenen und tun sich an ihnen gütlich. Sie haben ihre Ruhe. Denn niemand blieb verschont, im blutgem Rasen, in Wildheit, sie sich gegenseitig verzehrt. So ist es nun still.
Doch! Was ist das?
Bumm. Bumm bumm bumm. Bumm. Schläge, leise und Fern, doch sie kommen näher. Schläge, eine Trommel! Aus dem Gebirge schallt herab eine Trommel. Einige Krähen blicken auf, flattern aufgereget mit den Flügeln. Leise rumorend aus dem Berg kommt es nun näher, langsam und wird lauter. Eine Gestalt kommt zwischen den Begen hervor, der Trommler. Klein und noch in Ferne. Stetig trommelnd kommt er langsam näher. So kommt er nun näher, langsam, bedächtiger Gang. Diese Gestalt, das vermummte Gesicht, mit der Kettenkaputze darüber. Das weiße Leinenhemd, das er trägt, über dem Kettenhemd, mit dem roten Kreuz drauf. Ein Totenhemd. Braune lederne Handschuhe, die die Stöcke der Trommel halten. Die Trommel hängt ihm an der Hüfte, mit bunten Wimpeln behangen. Schlägt er seinen Rhythmus auf das Fell, das einen Wolfskopf zeigt. Die Krähen fliegen nun auf, als der Trommler die Trommel schlägt.
Um zu bitten für die gestorbenen. Zu bitten bei den großen Göttern. Aufzunehmen diese armen geschundenen und getriebenen Seelen. Zu bitten für sie um die Aufnahmen in die heiligen Stätten der Krieger, wo sie Ruhe finden mögen im Kreise ihrer stolzen Vorfahren. Dafür trommelt er. So läuft er nun durch das Feld, langsam, eine anklagende Weise schlagend. Der Wind die Schläge weit trägt, die Krähen und Raben den Trommler umfliegen. Fahnen, gebrochen und zerfetzt, wehen im Wind. In der Mitte des Feldes hält er inne. Der letzte Schlag verklingt. Breitbeinig steht er nun da. Hebt nun beide Arme mit den Stöcken. Dann, ein Trommelwirbel, schnell und aufpeitschend. Ansteigend und abfallend, dann wieder ansteigend. Treibt nun die ruhelosen Geister auf, die Krähen und Aasvögel fliegen ängstlich kreischend davon.
Ein Wind weht, nun einen großen Wirbel bildet, immer schneller wird. Die Seelen und Geister unter dem Ruf der Trommel in den Wind einziehen, stöhnend und aus der Tiefe der Zeit ächzend, und schließlich hinauf zum Himmel fahren. Der Trommler hört auf, der letzte Schlag verhallt. Er dreht sich um. Wendet sich gen dem Gebirge, aus dem er kam. Zurückzukehren in seine Höhle, er läuft los. Von dort aus wird er zur nächsten Schlacht, zum nächsten Kampf ziehen. Die Vögel kommen wieder zurück auf das Feld, das der Trommler nun verlässt, zu gehen zu seiner Höhle und zu warten, bis das nächste Mal die Trommel ruft.