Ein lustiger Bauernhof
Erna, die neben Grete lag und sichtlich damit beschäftigt war sich zu erholen, hob nur leicht den Kopf und määähte dünn:"Und ich auch nicht". Daraufhin ließ sie ihren Kopf wieder zur Seite fallen, um so zu zeigen, dass sie im Moment für gar nichts Interessen hatte.
Dirk nahm seine Schwester bei der Hand und sagte nur: "Komm, wir gehen!"
Doch bevor sie den Schafstall verließen, hörten sie ein panisches Hilferuf - Gepfiepe und eine Ratte nahm Kurs auf den Stall, gefolgt von der Labradorhündin Luna, die ebenfalls zum Hof gehörte und nun bellte: "Na warte du kleines Luder, dich bekomme ich schon noch!
"Plötzlich blieb die Ratte stehen, nahm Kampfstellung ein und zeigte Luna ihre Zähne. Entgeistert hörte der Hund auf zu bellen und schaute verdattert auf sein Gegenüber.
"Du blöder Kläffer, was jagst du mich so, ich tue doch gar nichts. Ich bin doch Fucki, die Hofratte. Jeder Bauernhof hat auch Ratten, wir gehören in die Natur wie alle anderen Tiere auch. Ja, ich wollte mir ein wenig Milch stibitzen, die schmeckt doch so lecker. Eigentlich komme ich nur nachts, dann habe ich wenigsten meine Ruhe.
" Luna bellte noch einmal kurz und meinte: "Verschwinde jetzt, sonst erschreckst du noch die Kinder."
Fucki guckte den Labrador beleidigt an und lief davon.
Doch das Wort "Milch" hatte Luna nun auf eine Idee gebracht. Sie hatte ja auch heute noch gar nichts zu fressen bekommen. Also trottete sie gemächlich zum Stall, in der Hoffnung, die Bäuerin zu finden, die sich ihrer erbarmen sollte. Diese stand am Hoftor und verabschiedete gerade den Tierarzt Dr. Krüger, der den Fuchs in eine Kiste verfrachtet hatte.
Luna war noch nicht so lange auf dem Bauernhof. Der Bauer hatte sie mitgebracht, als sie herrenlos herumstreunte. Aber seit sie auf dem Hof war, stellte der alteingesessene Schäferhund ihr nach. So auch diesmal.
Als er sie erspähte rannte er ungestüm auf sie zu und fing sofort eine der üblichen Balgereien an. "Wau, wauuu, wauuhau ..", protestierte Luna lauthals. Was so viel hieß wie: Hau ab du Grobian, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du bei mir nicht landen kannst." Aber Lux wollte sie nicht verstehen und waute seine ganzen Gefühle heraus, die er für sie hegte. ?Wau, wauwau wauuuuhau.?
Als Luna dieses jämmerliche Wauuuuhau hörte, ging es ihr doch ans Herz und sie wurde neugierig auf Lux.
Den Namen wusste sie schon, hatte sie doch erst gestern durch eine Erzählung der Bäuerin vernommen, dass er ein kleines Mädchen vor dem Ertrinken in einem Teich außerhalb des Hofes gerettet hatte.
Na ja, dachte sie, wer so gefühlvoll jammern konnte, der meinte es sicher ehrlich. Also blieb sie stehen und wartete ab, was Lux nun tun würde.
"Endlich kann ich mich mal bei dir vorstellen, ich heiße Lux. Jetzt bist du schon einige Zeit hier und gibst mir noch nicht einmal die Möglichkeit mich mit dir anzufreunden. Du bist mir eine schöne Hundezicke."
Wie gut, dass Hunde ein Fell haben, so merkte der Hofhund nicht, das Luna das Blut ins Gesicht stieg. Beschämt schaute sie nach unten und legte die Ohren an. Damit aber nicht genug, sie warf sich sogar auf den Rücken - bei Tieren ein Zeichen der Unterwürfigkeit - die Lux gern annahm und die Balgerei sofort fortsetzte. Dazu gehörte auch harmloses Beißen.
Dirk und Julia wurden natürlich auf das Gebalge und Gebell aufmerksam. Dirk dachte, Lux wolle Luna wirklich weh tun und wollte einschreiten und die beiden auseinander bringen.
Die Bäuerin, der diese Balgerei nur zu bekannt war und die sich normalerweise auch weiter nicht darum scherte, schritt nun energisch ein, um Dirk von seinem Vorhaben abzuhalten.Sie nahm den Jungen beiseite und ging in die Knie. Somit war sie mit dem Bub auf Augenhöhe und erklärte ihm: "Wenn Lux und Luna balgen, mische dich niemals ein. Es könnte dann passieren, dass sie dich versehentlich beißen. Sie nehmen an, du willst mitspielen. Da wir Menschen kein Fell haben, hätten sie ruck zuck unsere Haut durchgebissen. Lass die beiden, sie brauchen es, um sich zu bewegen. Du spielst doch auch mit deiner Schwester."
Dirk guckte Herta an und nickte.
Herta stand auf, nahm den Kleinen bei der Hand und ging mit ihm zu den Gänsen.Die Gänseeltern hatten sich inzwischen wieder beruhigt, versammelten aber schnell ihre Kinder um sich und warteten in einer Ecke. Die Schwingen hatten sie über sie gebreitet und redeten ihnen gut zu: "Gaak, gaak, keine Angst, wir sind ja da, um euch zu beschützen."
Gänsevater Hans erhob sich und lief den beiden Menschen laut schnatternd entgegen. Die Bäuerin beruhigte ihn mit ihrer warmen Stimme, die alle Tiere auf dem Hof liebten.
"Ist doch gut Hans, wir werden euch frisches Wasser geben und Körner, damit ihr bei Kräften bleibt." Hans beruhigte sich, ließ die zwei aber nicht unbeobachtet, verfolgte jeden Schritt und jegliche Bewegung. Neugierig blinzelten die Kleinen unter Mama Liesels Flügel hervor.Nun holte die Bäuerin eine Schale aus dem Stall und füllte sie mit Körnern aus einem Sack, der auf einem Tisch in der Ecke stand, nahm auch die Wasserschale, die sie Dirk reichte.
"So, hol mal rasch frisches Wasser aus dem Wasserhahn dort und stell es den Gänsen hin. Und du Julia bringst jetzt die Körner zu den Gänsen, dann werden die Tiere sehen, dass ihr nichts Böses im Schilde führt und sie gewöhnen sich an euch. "Hans und Liesel staunten nicht schlecht, als die Kinder mit den Gefäßen in den Händen langsam auf sie zu kamen.
Die Gänsemama schnatterte:"Schaut Kinder, die kleinen Menschen bringen uns zu essen und zu trinken."
Die Küken piepten vor Freude und waren im Begriff ihre Deckung zu verlassen. Doch mahnende Worte ihres Herrn Papas hielten sie zurück. Aber die Bäuerin sah das Verlangen in den Äugelchen von Julia, die doch zu gern so ein kleines Knäuelchen in ihren Händen gehabt hätte und die Gänse, die die Küken beschützten hatten, hatten nichts dagegen, als sie eins aus ihrer Mitte nahm, um es Julia in die Hand zu geben.
Mit der Bäuerin waren die Gänse so vertraut, dass die Küken jetzt sogar hinter ihr her watschelten und Dirk konnte auch eins aufnehmen."Oooh, ist das mollig!", meinte er begeistert und kramte vorsichtig in den Federchen herum, als ob er sie zählen wollte.Julia vergrub ihr Gesicht in das kleine Wollknäuel und flüsterte ihm zu: "Du bist ja soo süß, du kleines Küken. Dich möchte ich mit nach Hause nehmen."
Die Bäuerin hörte das, strich Julia über den Kopf und sagte: "Was würden wohl deine Eltern sagen, wenn jemand käme, und dich einfach mitnähme. Stell dir das mal vor. Dir wäre das sicher auch nicht recht. So würde es den Eltern von diesem Küken auch gehen."
Julia musste ein Tränchen unterdrücken und schämte sich ein bisschen, dass sie nicht so weit gedacht hatte, aber sie bedankte sich bei der Bäuerin für diese verständliche Erklärung und Dirk meinte altklug und cool: "Oh nein, bist du blöd,.. guck doch mal, wie groß die werden! Wo sollen die denn hin?"Dann fragte er die Bäuerin: "Wie lange brauchen die Kleinen denn, bis sie so groß sind?""Bis zum Winter haben sie es geschafft, dann sind aus gelben Küken große Gänse geworden. Jetzt gebt den Eltern ihre Kinder zurück, die Arbeit auf dem Hof erledigt sich nicht von allein." Vorsichtig setzten die Geschwister die Jungtiere auf den Boden. Diese beschwerten sich mit einem eindringlichen Piepsen, es war doch so schön warm in den Kinderhänden gewesen.
Ab ging's in den Garten, wo jede Menge Arbeit auf sie wartete.
Die Bäuerin hatte hinter dem Haus den Garten angelegt mit vielen frischen Gemüsen und Kräutern. Ja, sogar ein Kartoffelacker war da.
"Was meint ihr, habt ihr Lust, ein paar Kartoffeln für unser Mittagessen herauszuholen?" Die Bäuerin guckte die Kinder fragend an. "Und der Kohlrabi ist auch schon so weit, zieht doch bitte fünf Köpfe mit heraus."Das hatten die Kinder ja noch nie gemacht. Frische Kartoffeln und Kohlrabi vom Feld gepflückt. Sofort machten sie sich an die Arbeit.War das ein Spaß! Julia rief Dirk zu: "Ich zieh die Kohlrabi, du kannst ja noch nicht bis fünf zählen." Der Junge rief laut, fast böse zurück: "Kann ich wohl, eins, drei, vier, sechs. Siehst du, ich kann schon bis sechs." Zur Bestätigung riss er die Augen auf, so dass unter den holden Weiblichkeiten ein Gelächter ausbrach.
Da Dirk bewiesen hatte, dass er sogar bis sechs zählen konnte, überließ Julia ihrem Bruder großzügig die Kohlrabi und widmete sich den Kartoffeln. Sie griff nach einem Kartoffelstrunk und sah die Bäuerin fragend an. Als diese nur nickte, stemmte sie sich mit den Beinchen gegen die Anhäufelung und zog aus Leibeskräften.
Schwupps und schon landete sie auf dem Hosenboden und schaute verdutzt und enttäuscht auf das Ergebnis. Nur drei Kartoffeln hingen an den Wurzeln und Dirk schlug sich vor lauter Lachen auf die Oberschenkel, als er seine Schwester auf dem Rücken liegen sah und wie sie den Strunk mit den drei Kartoffeln in die Luft hielt.Als Julia merkte, dass ihr Bruder sie auslachte, wurde sie wütend und fing an zu weinen."Du Blöder", schluchzte sie, "ich werde nie wieder mit dir ein Wort reden." Nun wurde es aber Zeit, dass die Bäuerin eingriff. Sie zog das Kind wieder auf seine Füße, klopfte ihm die Kleider sauber und sagte: "Komm, ich zeig dir mal, wie man es richtig macht." Dann griff sie zu einer Spitzhacke und zeigte Julia, wie man die restlichen Kartoffeln aus der Erde holte.Das Mädel legte sie in einen Drahtkorb und kam sich sehr wichtig vor. "Gell Herta, man muss die Kartoffeln vorsichtig in den Korb legen, damit sie keinen Tunker kriegen." "Du machst das wunderbar," sagte die Bäuerin lachend und streichelte ihr über den Kopf.
Dirk tat es nun leid, dass er sie ausgelacht hatte und umarmte sein Schwesterchen."Nun sei wieder gut, ich wollte dich nicht auslachen, du sahst nur wie ein Maikäfer aus, der auf den Rücken gefallen ist." Diese Vorstellung fand Julia natürlich sehr lustig und schon lagen sich beide in den Armen und wollten sich schier totlachen.
Plötzlich wurde die Gartenidylle, welche ja eigentlich keine war, heftig gestört, als zwei kleine Ferkelchen durch die Bohnenstangen geprescht kamen und fürchterlich quiekten.
Ihnen auf den Fersen war Hubert und es sah nicht danach aus, als ob er sie so schnell wieder einfangen würde.
Der Knecht hatte die Tür des Saustalls offen stehen lassen, als er den Stall ausmistete und die Ferkelchen hatten nicht vergessen, was ihnen die Kuh Berta, zugeflüstert hatte.
"Wenn ihr mal groß seid, dann werdet ihr geschlachtet."
Seitdem versuchten die beiden bei jeder sich bietenden Gelegenheit abzuhauen.Die Ferkel Fanni und Rudi liefen um ihr Leben, jedes nach einer anderen Seite hin, um Hubert zu irritieren. Fanni rief Rudi zu: "Lauf dem Alten mal vor die Beine, dann fällt er vielleicht hin!
"Rudi tat immer alles, was Fanni ihm sagte, war sie doch die Ältere.
Und schon war es passiert. Hubert stolperte und lag nun der Länge nach in dem Schweinemist. Fluchend rappelte er sich hoch.
In der Zeit waren aber Fanni und Rudi kichernd und quiekend entwischt. Die Geschwister hatten es aus beobachtet.
Sie ließen lachend ihr Gemüse fallen und jedes nahm eines der Tiere auf den Arm. Der Knecht staunte nicht schlecht, wie zahm die Ausreißer sich an die Besucher kuschelten. Ein wenig fluchend kroch er aus dem Dreck und ging zum Duschen.
Sehr lange hielten die Schweinchen nicht still und als ihre Neugierde befriedigt war, fingen sie fürchterlich an zu quieken und zu zappeln, so dass Dirk und Julia sie wieder weiterlaufen lassen mussten.
Dann wurde es gefährlich für die beiden, denn Mutter Sau, die ebenfalls die Gelegenheit der offenen Stalltüre genutzt hatte, kam quer durch die Beete gerannt, um sich um die Kleinen zu kümmern, während die Bäuerin aus Leibeskräften schrie: "Huhhhbert! HEEE! Hast du eigentlich einen Knall, sieh nur zu, dass die Schweine wieder schleunigst in den Stall kommen!!!"
Dem Bauern Gustav war das Theater natürlich nicht entgangen und er erschien ebenfalls auf der Bildfläche. Er wollte sich der Sau in den Weg stellen, aber die wich geschickt aus, legte sich nach Schweinemanier in die Kurve und riss dabei eine ganze Reihe der Bohnenstangen um.
Jetzt wurde es dem Bauern zu bunt. Er rief laut nach Lux, dem Hofhund. Dieser kam brav angerannt und nahm die Verfolgung der Sau auf. Er holte sie ein, stellte sich vor sie und bellte.
Herta hingegen jammerte um ihre Bohnen, die nun alle samt Stangen auf der Erde lagen.
Lux wusste, dass er gegen das zweieinhalb Zentner schwere Schwein nicht die geringste Chance hatte und wich vor ihren Attacken hilflos bellend zurück.
Dirk klatschte sich wieder vor Begeisterung mit beiden Händen auf die Oberschenkel, .. hier war vielleicht etwas los, ganz nach seinem Geschmack. Er verfolgte auch, wo die Ferkelchen hin rannten. Diese nahmen Kurs auf die Gänsewiese. Ob sie sich mit den Gänsen solidarisch zeigen wollten, war ungewiss, aber es wäre naheliegend, da die Kuh Berta gesagt hatte, dass die Gänse auch geschlachtet würden und der Name blöde Gans daher käme, dass sie nicht einfach wegflögen.
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Fortsetzung folgt