Robert hat sich den ganzen Abend mit Melanie unterhalten.Es interessierte ihn brennend wieso sie sich nie wieder aus Frankreich gemeldet hat.
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"Wir haben Dir das Studium dort finanziert und du, verschwindest einfach so von der Bildfläche.", sagte Robert. "Deiner Mutter hat es das Herz gebrochen. Sie konnte sich dadurch nur schwer von ihrer Krankheit erholen, und irgendwann erlag sie ihr."
Melanie weint und weiß nicht was sie sagen soll.
Sie kann nur sagen: "Vater, es war die Liebe!"
"Die Liebe beflügelt und macht nicht stumm.", konnte Robert nur antworten. "Wo warst du nur die ganze Zeit? Immer wenn wir dich ausfindig gemacht haben, warst du auch schon wieder verschwunden."
"Vater," sagte Melanie," er war ein Straßenmusikant und ich liebte ihn! Für ihn schmiss ich mein Studium. So konnte ich euch nie und nimmer unter die Augen treten. Ich kam mir so undankbar vor. Kannst du das verstehen?"
Robert schaute sie verständnislos an. "Kind," sagte er, "nur ein Wort von Dir in all den Jahren und ich hätte dir auch das verziehen! Was denkst du eigentlich von mir? Ich hab dich genauso lieb wie deine Geschwister! Egal was du getan hast! Aber all die Jahre in Ungewissheit zu leben, das zehrt. Wir sind hier alle vor Sehnsucht vergangen. Kannst du das verstehen? "
Beide schauen sich an, weinen und umarmen sich.
Melanie erzählt weiter: " ich wollte kein Geld von euch und habe mich mit Gelegenheitsjobs durchgeschlagen. Ich habe mich viel zu sehr geschämt. Nicht wegen meiner Liebe, nein, weil ich euch so hintergangen habe. Wir waren immer unterwegs und lebten in einem Wohnwagen. Wenn wir an diesem Ort waren, hielt es uns nicht lange dort und es ging weiter zum nächsten. Anfangs gefiel mir dieses Leben, aber später wurde mein drängen größer und wir suchten uns ein festes zu Hause. Das war ein Fehler. Daran erstarb unsere Liebe und wir lebten nur noch so nebeneinander her. Ich versuchte unsere Liebe zu retten, in dem ich die Pille wegließ und das Resultat siehst du nun vor dir."
"Ach Kind das bekommen wir schon hin!", sagte Robert und lächelte sie liebevoll an.
" Ey, Alter, guck mal, die Tür ist auf hier, nur angelehnt", flüstert Bülent seinem Kumpel Benjamin, der lieber Ben genannt werden will, zu.
Bülent und Ben, zwei jugendliche Wohnungs- einbrecher, gehen von Wohnungstür zu Wohnungstür und prüfen, wie leicht sie zu öffnen sind. Erst mal in der Wohnung, klauen sie Geld und was sich leicht zu Geld machen lässt. Hier im Haus hatten sie Glück. Eine schlecht gesicherte Wohnungstür ließ sich in Sekunden geräuschlos öffnen und der Fund war echt gut. 1.200 Euro in bar.
Doch jetzt stehen sie sogar vor einer nur angelehnten Wohnungstür. Schnell huschen sie in die Wohnung und durchsuchen zügig die Schränke.
"Ey, Alter, guck mal", ruft Bülent zu Ben. "Wat iss denn?", ruft Ben zurück. "Hier liegt ne Alte, voll im Blut", hört Ben Bülent sagen. Ben kommt zu Bülent in die Küche gelaufen.
"Lass uns bloß abhauen", fordert Ben Bülent auf. "Aber die lebt noch, ich muss das Blut stoppen", sagt Bülent sichtlich nervös. "Spinnste? Die hat bestimmt AIDS. Lass uns abhauen!", fordert Ben Bülent erneut auf.
"Ich nicht", antwortet Bülent. Er beugt sich zu Edda herunter und wickelt ein Stück Stoff um die aufgeschnittene Wunde. Die Blutung kommt zu stehen.
"Ich hau ab", sagt Ben und verlässt die Wohnung.
Bülent nimmt sich das Telefon und wählt den Notruf. "Ich bin hier, wo bin ich überhaupt, ich muss mal nachsehen", mit dem drahtlosen Hörer in der Hand geht er zur Wohnungstür, "ich bin bei Edda...".Bülent gibt den Namen durch.
"Welche Staße und Hausnummer? Weiß ich doch nicht. Ich bin nur zufällig hier", schreit Bülent ins Telefon. "Okay, wir haben die Anschrift, wir kommen, bleiben sie bitte und warten auf die Rettungskräfte", teilt ihm ein Beamter der Feuerwehr mit.
"Ein Scheiß werd ich tun", schreit Bülent ins Telefon und verschwindet schleunigst vom Tatort.
Minuten später befindet sich Edda im Rettungswagen auf dem Weg ins Krankenhaus.
Gedankenversunken sitzt Robert in der Küche und denkt über sein Leben nach.
Was er mit Melanie versäumt hat?
Warum er seine Frau opfern musste?
Wie es weitergehen soll?
In der Ferne hört er das Telefon klingeln. Er lässt es klingeln. Immer und immer wieder. Irgendwann geht er genervt zum Telefon und sieht die rote Lampe seines Anrufbeantworters blinken. Zig Nachrischten ohne ein Wort. Und dann scheint ihm das Blut zu stocken. Er hört nur die Worte: "Ich will nicht mehr!". Er verliert seinen Halt und verliert seine restliche Farbe aus dem Gesicht.
Warum nur ist er nicht gleich an den Apparat gegangen?
Hoffentlich ist es nicht schon zu spät?
Er läuft in den Flur, schnappt sich den Autoschlüssel und den von Eddas Wohnung.
Schnell rast er mit seinem Flitzer zu Eddas Wohnung und hat dabei noch großes Glück. Vor lauter Angst um Edda rast er über eine rote Ampel und wird dabei fast von einem anderen Auto erfasst.
Er funktioniert ganz automatisch und rast die Treppe zu Eddas Wohnung hinauf. Er öffnet die Tür und sieht zwar einen großen Blutfleck in der Küche, doch von Edda keine Spur.
Er reinigt ersteinmal den Küchenboden und setzt sich dann an den Tisch. Er denkt an das Wochenende, das so schön hätte werden können. Er hatte für sich und Edda eine Reise zu einem Freund an die See organisiert. Um Edda zu entlasten, wollte er Helena seine Putzfrau mitnehmen. Ach wie er es bereute Edda noch nichts gesagt zu haben.
Aber was war hier nur geschehen?
Er rief bei der Polizei an, doch dort wusste man noch nichts. Dort war man mit Wohnungseinbrüchen beschäftigt, die in den letzten Tagen ganz in Eddas Nähe geschehen sind.
Nun versuchte er es im Krankenhaus der Stadt.
Man will ihm keine Auskunft geben, aber er bettelt so lange, bis ihm eine nette Frauenstimme sagt, das vor kurzem eine Selbstmörderin mit Namen Edda eingeliefert wurde.
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Er packt eine kleine Tasche für Edda und fährt zu ihr in die Klinik.
Edda liegt auf der Intensivstation.
Bevor er zu ihr darf bekommt er einen grünen Kittel an und einen Mundschutz.
Er fängt an zu zittern, denn er denkt an damals, als er seine Frau hier ein letztes mal sah.
Edda liegt da, auf ihrem Bett, mit einem dicken Verband an ihrem Handgelenk, ganz blass, noch immer ohne Bewusstsein und völlig verkabelt.
Dieser Anblick tut Robert sehr weh.
Er setzt sich neben das Bett und streichelt ihre Hand. Und erfreut sich, als sie sich durch eine kleine Fingerbewegung bemerkbar macht. Er entschuldigt sich bei ihr, dass er sie einfach bei ihr zu Hause abgesetzt hat. Er erzählt ihr was er mit ihr am Wochenende vorhatte und sieht ein kleines Lächeln auf ihrem Gesicht. Aber Edda ist noch zu schwach um ihre Augen zu öffnen und sich mit Robert zu unterhalten.
Als Robert das Zimmer verlässt, wird er von der Schwester gebeten, doch noch Eddas Gesundheitskarte vorbei zu bringen. Dann verlässt er mit hängendem Kopf das Krankenhaus.
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Er ruft seinen Freund sowie Helena an und verschiebt den Urlaub auf unbestimmte Zeit, da er nicht weiß was mit Edda noch geschieht.
"Edda?"
Edda hört die Stimme und schaut zu der Person, die sie gerade angesprochen hat. Edda nickt.
"Ich bin Dr. Annabell Adam, darf ich sie Edda nennen?" Edda nickt erneut. "Nennen sie mich bitte Annabell. Ich bin hier ihre Ärztin und leite die Station. Sie arbeiten in einem anderen Krankenhaus. Möchten sie in dieses verlegt werden?" Edda deutet mit einer Kopfbewegung ein nein an.
"Sie wurden in ihrer Wohnung aufgefunden, nachdem ein Notruf in der Notrufzentrale einging. Die Sanitäter haben sie in der Küche gefunden. Mit einem Verband, der die Blutung gestoppt hat. Können sie sich an etwas erinnern?"
Edda verneinte, wird jedoch zunehmend unruhiger. Erinnerungsfetzen geistern durch ihren Kopf.
"Ohne den Verband, den sie sich nicht selbst angelegt haben können, wären sie verblutet. Haben sie eine Vorstellung davon, wer ihnen den Verband angelegt und ihnen damit das Leben gerettet hat?"
Robert, schießt duch Eddas Kopf. Es kann nur Robert gewesen sein. Robert ist gekommen um mir das Leben zu retten. "Robert", flüstert Edda.
"Ist Robert ihr Ehemann?"
Edda reißt ihre Augen auf. Angst spiegelt sich in ihrem Gesicht wider. Ihr Blutdruck steigt, das Herz fängt an zu rasen. Sie zittert. Sie sieht die grausame, kalte Fratze ihres Mannes, Speichel läuft aus seinem Mund. Das Bild verschwindet. Eine wohltuende Kühle verbreitet sich auf ihrem Gesicht und ein angenehmer Duft regt ihre Sinne an.
Die Ärztin hat ein kühles Lavendeltuch auf ihr Gesicht gelegt, was Edda beruhigte.
"Nein", sagt sie.
"Ein Verwandter, Bekannter, Freund?", fragt Annabell.
"Freund", antwortet Edda.
"War Robert bei ihnen?"
"Nein Robert war bei seiner Tochter. Sie erwartet ein Kind. Ich war allein", antwortet Edda leise.
"Edda, die Sanitäter haben versäumt die Polizei zu informieren. Aber aus ihrer Wohnung kam der Notruf. Sie waren nicht allein."
Siegfried! Wieder erscheint das Bild von Siegfried in ihrem Kopf. Die Schmerzen, die Demütigung, die Brutalität, der Hass mit dem er ihr Gewalt antat, die Tritte, alles ist wieder da. Dann wieder eine wohltuende Kühle und der schöne Duft des Lavendeltuches.
Die Ärztin hatte ein neues Lavendeltuch über ihr Gesicht gelegt.
"Mein Mann war da. War aber wieder weg. Ich habe geduscht. Ich wollte Robert anrufen. Keiner da. Ich, ich, ich" bricht Edda ihre stolperhaften Ausführungen ab.
"Edda, ihr Körper weist schwere Misshandlungen auf. Sie sind überfallen worden. Es kann sein, dass ihre Erinnerungen dieses schlimme Erlebnis ausgelöscht hat. Sie sind bereits die dritte Frau in diesem Monat, die von Einbrechern überfallen und misshandelt wurde. Sobald Erinnerungen, auch nur lückenhaft wieder auftauchen, sprechen sie darüber."
Edda sieht vor ihrem geistigen Auge, wie Siegfried voller Verachtung auf sie eintritt. Edda schreit auf und beugt sich auf.
"Ich bin bei ihnen. Sie sind in Sicherheit", beruhigt Annabell Edda.
"Es war mein Mann" gibt Edda von sich.
Dr. Adam, die schon mit vielen Opfern gewalttätiger Ehemänner zu tun hatte, sagt ihr, "Sie sind Opfer eines Verbrechens geworden. Der Mann, der ihnen das antat, ist ein Verbrecher. Er hat es gemacht. Sie sind frei, frei jeder Schuld. Sie haben ein unantastbares Recht auf ihren Körper. Niemand darf ihnen gegen ihren Willen zu nahe kommen. Auch ihr Ehemann nicht. Hier sind sie in Sicherheit. Informieren sie die Polizei, ich kann und darf es nicht für sie tun."
Edda deutete durch ein zaghaftes nicken mit dem Kopf an, dass sie es tun möchte. Anabell holt den Hörer des Telefons und wählt für Edda die Nummer. Edda hält kraftlos den Hörer in der Hand und wartet bis sich jemand meldet. Am anderen Ende meldet sich eine beruhigende Stimme.
Edda jedoch schreit ins Telefon: "Ich möchte es tun! Ich möchte iihn anzeigen! Er war es! Es war mein Mann!", dann versagt ihre Stimme und sie verfällt wieder in ihr schluchzen.
Anabell nimmt ihr den Hörer aus der Hand und unterhält sich weiter mit dem netten Polizisten am anderen Ende. Sie erzählt ihm, dass die Sanitäter es versäumt hätten die Polizei zu informieren. Edda hätte ihr erzählt, dass ihr Mann nach der Vergewaltigung die Wohnung verlassen hätte und das schon lange Zeit, bevor sie sich die Pulsadern aufgeschnitten hätte. Es müssen aber Personen in der Wohnung gewesen sein, die ihr das Leben retteten.
Der nette Polizist versprach, sich am Nachmittag im Krankenhaus blicken zu lassen und sich mit Edda zu unterhalten und alles zu Protokoll zu nehmen.
Edda lag noch immer weinend und zitternd in ihrem Bett.
Anabell kam wieder mit einem Lavendeltuch und legte es Edda über das Gesicht und langsam, ganz langsam bruhigte sie sich wieder und schlief ein.
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Sie sah vor ihren Augen die Weite des Meeres und lauschte dem Rauschen der Wellen. Hand in Hand ging sie mit Robert am feinen Sandstrand entlang. Immer mal wieder bückte sie sich um schon bald mit einer Muschel in der Hand wieder aufzutauchen. Sie legte sie alle fein säuberlich auf ein helles Tuch, die schönste aber hielt sie von ihrer Hand umklammert fest. Immer wieder strömte der Duft von Lavendel durch ihre Nase. War sie gerade in Frankreich?
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Plötzlich merkte sie wie etwas ihre Hand berührte. Es war ein schönes Gefühl und so garnicht ekelig. Mühsam schlug sie ihre Augen auf und neben ihrem Bett sah sie Robert sitzen. Aber wer war der fremde Mann dort, der neben Robert saß. Ängstlich drehte sie ihren Kopf zur Seite.
Der fremde Mann jedoch gab nicht auf und sprach ruhig auf sie ein. "Ich möchte ihre Anzeige aufnehmen, Frau Siebert!"
Anzeige?
Edda weiß nicht was der Mann von ihr will.
"Edda, reden sie mit mir darüber, es ist nicht gut soetwas zu verdrängen!", sagte der Herr Hauptkommissar Busch zu ihr.
Worüber sollte sie mit ihm denn reden?
Was wollte er nur von ihr?
Edda sucht nach Roberts Hand, die ihr Schutz geben soll.
Mit leeren Augen schaut sie ihn an.
Wo war er nur, als sie ihn brauchte?
Sie wollte ihn nicht wieder loslassen.
Und dieser fremde Mann dort sprach immer noch auf sie ein.
Anabell trat ihr nun hilfreich beiseite.
"Edda, Dein Mann hat dir Gewalt angetan und du hast Hauptkommissar Busch gebeten heute Nachmittag hierherzukommen und die Anzeige aufzunehmen." sagte sie zu Edda und sprach ihr Mut zu.
Aber Edda konnte darüber nicht sprechen, nicht vor Robert und sie dreht ihren Kopf wieder zur Seite.
Anabell bittet Robert vor die Tür, da sie mitbekommt was mit Edda los ist.
Aber Edda lässt seine Hand nicht los und dann beginnt sie mit zittriger Stimme zu reden.
Von all dem Erlebten.
"Ich weiß nicht mehr wie er hineinkam. Hat er die Tür aufgeschlossen, oder hab ich ihm geöffnet. Er sah so blass aus, eben krank. Er erzählte etwas davon das er so einen Druck hätte, dann zeigte er mir, wo sein Druck lag. Erst grabschte er nur an mir rum und stieß mir seine Zunge hart bis in den Schlund. Als er auf mir lag und so nach Alkohol roch, stieg ein Ekel in mir auf. Er drang langsam und dann immer heftiger in mich ein und es schmerzte mich so. Er will einen Urlaubsfilm von mir, sonst macht er weiter, immer weiter. Mit einem Tritt und einem höhnischen Lachen verabschiedete er sich von mir. Dann ging ich duschen um mir den Schmutz, den Ekel abzuwaschen." sagt Edda zu dem Hauptkommissar. Eifrig schrieb der mit und wechselte vielsagende Blicke mit Robert.
Dann reichte er Edda die Anzeige zur Unterschrift.
"Edda?", fragte er weiter nach " Wo sind die Filme jetzt?"
Sie gab keine Antwort.
"Edda, darf ich mir die Filme einmal ausleihen?" will er wissen.
Edda schaut weiter weg.
Dicke Tränen kullern ihr über das Gesicht.
Robert wischt ihr die Tränen mit seinem Taschentuch aus dem Gesicht und flüstert ihr zu, das er gleich wieder käme. Er macht einen kleinen Knoten in das Taschentuch und gibt es ihr. Sie nimmt es ganz fest in ihren Arm, so als wäre es ihr Kind. Jetzt ist ihr alles egal.
Robert begleitet Hauptkommissar Busch vor die Tür. Dieser fragt ihn, ob er wisse wo sich Siegfried aufhielt.
Leider wusste er es nicht.
"Bei der Frau, wegen der er Edda verließ, lebte er auch schon eine Weile nicht mehr. Er tauche nur dann und wann mal auf um Eddas Wohnung zu zerwühlen, denn er suche nach einem ganz bestimmten Urlaubsfilm. Einen Urlaubsfilm, der niemanden aber auch niemanden etwas angeht. Edda und er hätten schon einige angeschaut, aber außer das er Edda mit ihrer besten Freundin betrogen hat hätten sie nichts weiter herausgefunden. Das hätte ja nun wirklich nur Edda nichts angehen sollen." antwortete Robert.
Hauptkommissar Busch verlangt Eddas Wohnungsschlüssel, um sich vor Ort ein Bild zu machen und er bittet Robert ihm die Filme auf dem Revier vorbeizubringen und überreicht ihm seine Visitenkarte.
Robert geht zurück zu Edda und Hauptkommissar Busch geht von dannen.
Während Robert bei Edda am Krankenbett sitzt, Edda hat ein Einzelzimmer aufgrund einer privaten Zusatzversicherung, fängt Edda an zu erzählen.
Sie erzählt von damals, als sie noch zur Schule ging. Pilotin wollte sie werden. Um die Welt fliegen. Von ihrer ersten Liebe, wie sie sich immer heimlich im Lehrerzimmer trafen, weil dort keiner kontrollierte, bis der Hausmeister sie nackt auf dem Teppich erwischte und fragte "Was ist denn hier los?"
"Wir schauten ihn verständnislos, peinlich berührt an", erzählt Edda weiter. "Zieht euch an und haut hier ab, ich will euch hier nie wieder sehen, schnautze er uns an und wir sahen zu, dass wir weg kamen. Er hat uns nicht bei der Schulleitung gemeldet."
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Edda erzählt weiter, wie der Hausmeister später mit einem Lehrer beim Sex erwischt wurde. Damals gab es keine Toleranz gegenüber Homosexuelle im Lehrerzimmer. Beide verloren ihren Job.
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"Nun, aus Pilotin wurde nichts", fährt Edda fort und Robert erfährt, wie Edda Siegfried kennen und lieben lernte. Edda wurde schwanger. Siegfried und Edda heirateten. Edda brach die Schule ab, ein Fehler, den sie bis heute bereut. Doch Siegfried war fleißig. Durch Schwarzarbeit am Bau brachte er eine Menge Kohle nach Hause.
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"Es war eine kaum zu beschreibende Freude, zu fühlen, wie ein Kind in mir wächst, wie es sich bewegte, auf sich aufmerksam machte. Dann kam die Katastrophe.Â
Mein Kind starb, bevor es zur Welt kam. Erst vermisste ich die Bewegungen meines Kindes, dann floss mir braunes Fruchtwasser die Beine herunter, ich geriet in Panik, ich schrie nur noch vor Angst. Siegfried kam von der Baustelle sofort zu mir und brachte mich ins Krankenhaus. Doch es war zu spät", Edda unterbricht ihren Redefluss und macht eine kurze Pause.
Dann erzählt sie weiter. Aufgrund der Totgeburt wurde ihrer Gebärmutter untersucht und festgestellt, dass sie Gebärmutterhalskrebs hatte. Für ihr damaliges Lebensalter eher selten. Die Gebärmutter wurde entfernt. Die Erkenntnis, nie wieder ein Kind bekommen zu können, traf sie tief.
Sie wurde Krankenschwester. Eines Tages stand die Polizei mit einem Hausdurchsuchungsbeschluss vor der Tür. Sie beschlagnahmten alle Bankunterlagen. Siegfried wurde verhaftet. Die Schwarzarbeit war aufgeflogen. Wegen Steuerhinterziehung, Sozial- versicherungsbetrug und Beihilfe zum Menschen- handel wurde er angeklagt. Er hatte mitgewirkt bei der Ausbeutung illegal eingeschleuster Ausländer, die dann am Bau mitgearbeitet haben. Er wurde zu 2 Jahren Haft verurteilt.
Nach 18 Monaten kam er vorzeitig raus.
"Wir hatten Schulden scheinbar ohne Ende. Das Finanzamt wegen der Steuer und die Krankenkasse wegen der unterlassenen Beitragszahlung.
Irgendwann schafften wir es aus den Schulden raus zu kommen. Siegfried und ich, wir arbeiteten rund um die Uhr. Dann ging es uns sogar gut. Siegfried brachte seinen Lohn bar nach Hause. Ich wusste natürlich, dass das nicht legal sein konnte, aber ohne Schwarzarbeit hätte er gar keinen Job. Wir hatten aber hinzu gelernt. Wir wickelten alle Geschäfte in Bar ab, außer Miete und so, die wurden von meinem Lohn bezahlt.
Gegen Ende unserer Ehe brachte Siegfried immer mehr Geld nach Hause. Keine tausende, aber schon mehr als durch normale Schwarzarbeit möglich. Ich wollte ihn nicht fragen und hoffte, dass er nicht in irgendwelche kriminellen Machenschaften verwickelt ist.
Doch heute befürchte ich, dass er eine Dummheit begangen hat. Was auch immer."
Edda hört auf zu erzählen und schläft ohne ein weiteres Wort ein. Robert hält noch ihre Hand. Bald wird es Zeit, ihr auch mein Leben zu erzählen, denkt er sich.
paulkarl Edler Räuber - Da hast du gut die Kurve bekommen und Robert musste nicht alles alleine machen. Helena ist nur die Putze und keine Superschönheit, wegen der ein neuer Krieg ausbrechen könnte. Kommt jetzt die Zielgerade?? Ich bin gespannt mit lieben Grüßen Paul K. |