Romane & Erzählungen
Nach jedem Regen scheint die Sonne

Ich war im Internet, checkte meine E-Mails. Es war eine von meiner Mutter gekommen. Ihre Nachricht ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen; sie schrieb, mein Vater wäre soeben an einem Herzinfarkt gestorben.

Ich saß, ohne mich zu rühren, mindestens eine halbe Stunde so. Mein Gehirn ließ die Erinnerungen abspielen, immer und immer wieder, immer wieder von vorne.

Dann irgendwann begannen meine Schultern zu beben. Ich merkte, wie ich von Schluchzen geschüttelt wurde, Tränen rannen mir die Wangen hinab.

Ich erhob mich und heulte den ganzen Nachmittag, den ganzen Abend, selbst noch als ich im Bett lag. Ich konnte es nicht fassen. Mein Vater war noch so aktiv und gesund gewesen, hatte noch vor einem Jahr die Zugspitze bestiegen ... und jetzt?! Das war alles so plötzlich ...

Irgendwann schlief ich dann wohl ein.

Als ich am nächsten Tag wieder in meinen E-Mails war, gab es eine Mail von meinem Bruder. Er schrieb erst kurz etwas über den Tod unseres Vaters, erklärte, fragte und erzählte, dann kam er zum Punkt: Er hatte einen Studienplatz für mich gefunden!

Vor Freude stiegen mir schon wieder Tränen in die Augen. Sofort mailte ich ihm, er solle mich sofort an der Uni anmelden. Fröhlich loggte ich mich aus und ging zum Supermarkt, in dem ich als Verkäuferin mein täglich Brot verdiente.

In den nächsten Tagen wechselten sich "Sonne" und "Regen" sprichwörtlich ab: Mal dachte ich an den Studienplatz, den ich mir schon so lange gewünscht hatte, mal an meinen verstorbenen Vater.

Aber die Freude sollte überhand nehmen, als eine Tages der Postbote vor meiner Tür stand und mir einen Brief überreichte.

Er war von meiner Freundin, mit der ich mich vor Jahren verstritten hatte.