Für Karin. Auf das auch diese Nacht recht schlaflos beginnen mag... ;-)
Da stand Sie nun, befreit von Papier und Noppenfolie, beige schimmernd in all ihrer Pracht.
Back to the roots war doch ein guter Gedanke gewesen.
Früher hatte er immer mit Gretas Maschine getippt, geliehen und nie zurückgegeben, immerhin hatte er die ersten Erfolge damit gehabt.
Er erinnerte sich gern an die Zeit in der er so kreativ war, sein Tatendrang sprengte den Rahmen der Zeit.
Heute fühlte er die Fugen der Mauer an der Stirn.
Schreibblockade, eines der widerlichsten Dinge auf Erden für einen Autor.
Aber: man konnte dieser Einzelhaft der Phantasie entfliehen wenn man nur die adäquaten Lösungen parat hatte.
Der erste Punkt war die Veränderung.
Man musste sich einfach umstellen, neu orientieren, oder wie seine Frau zu sagen pflegte „Das ganze reflektieren!“ sicherlich war diese Reflektion auch der Grund ihn zu verlassen und einen zwanzig Jahre jüngeren Karussellbremser ins Bett zu holen.
Aber egal.
Er konnte beginnen, er war – bereit!
Das Lächeln kam sogar wieder, jenes Grinsen das er leisten konnte wenn er etwas zu Ende brachte und in einen Umschlag manövrierte.
Dieses Gefühl, anschließend mit diesem Packen wertvollen Papiers ins Auto zu steigen und seinem Lektor arbeit zu machen war unübertroffen das Beste an seinem Beruf.
So. und nun konnte es wieder losgehen, auf die Plätze.
Halt.
Dieser Augenblick musste zelebriert, wie eine Rituelle Handlung vorgenommen werden.
Zuerst das Papier, sozusagen die Jungfrau auf dessen Leib Geschichte geschrieben werden würde, unbefleckt und rein.
Als nächstes musste er Altar vorbereitet werden.
Die Samsung sprang mit einem tiefen brummen an, und die Walze nebst Farbband klackerte und ratschte in Position.
Er dachte bereits über die Bewertung bei Ebay nach, ein schönes Gerät war das!
Perfekt.
Jetzt die Jungfrau zum Altar führen und niederlegen.
Er registrierte erfreut von sich, das er leise begonnen hatte zu pfeifen.
Ein gutes Zeichen.
Vielleicht noch einen schönen Chablis aufmachen? Könnte der Kreativität keinen Abbruch tun oder? Nein.
Er stand auf, und ging die paar Schritte zum Barfach mit tänzelnden Schritten.
Wein und Glas in einer Hand kehrte er zurück, und setzte sich.
Dann stutzte er.
Auf dem reinen Papier edelster Güte stand etwas geschrieben.
1. Kapitel Wahrheit.
Der Wein und das bauchige Rotweinglas blieben in der Luft schweben.
Hatte er jetzt?
Nein.
Oder?
War das die Euphorie? Oder Wahnsinn an sich?
Dann dämmerte es ihm.
Es waren bestimmt noch Wortfetzen im Speicher der Maschine hängen geblieben, vielleicht hatte Ihr Vorbesitzer ebenfalls als Autor gearbeitet?
Das musste es sein.
„Hey Babe!“ sprach er im Stillen zu sich selbst „Jetzt raste mal nicht aus!“
Gerade noch so festen Willens kam es ihm bereits wieder vor als verfalle er in den alten zynischen Trott der Selbstkritisch und was noch schlimmer gewesen war: Selbstmörderisch war.
Nein nur das nicht.
Es begann eine neue Phase!
Nach einem Schluck Wein ging es schon wieder.
Als er sich dabei ertappte die Seite herausziehen zu wollen, hielt er inne.
Warum eigentlich nicht? „Hey Stanley warum lassen wir uns nicht einfach von der neu gewonnenen Kreativität treiben und schreiben was uns in den Sinn kommt!“
Das war doch eine leichte Übung für einen talentierten Autor oder?
Wann genau, überlegte er, hatte er eigentlich begonnen Selbstgespräche zu führen!
Also flossen die ersten Worte aus ihm heraus, einfach so wie er es gewohnt war, etwas schreiben, ganz egal was, und mal sehen was daraus wird.
Das war auf jeden Fall spannender als ein Script zu entwerfen, mit einem Gerüst und was immer noch dazu gehört.
Es fiel ihm erstaunlicherweise unglaublich leicht.
Er begann einfach mit:
„Diese Worte hallen immerfort durch die eisige Leere in meinem Kopf: „Sie hat es so gewollt, das war nicht nur meine Schuld!“
Immer wenn diese Worte wie Peitschenhiebe durch die Windungen meines Gehirns knallen, geißele Ich mich noch mehr als zuvor.
Warum habe Ich nichts bemerkt?“
Bemerkt…hm.
Warum hatte er nur das Gefühl das ihm diese Zeilen fremd waren.
Gab es ein Reservoir an Texten im Schädel eines Autors, das einfach geöffnet wurde und die Sätze flossen?
Zumindest klang der erste Satz bereits interessant.
Weiter.
“Die Strassen sind seitdem so leer für mich, die Menschen so kalt und unwirklich.
Es ist so unerträglich permanent leben zu müssen.
Ich denke nicht oft an ihn, nur an das Monster, das geht nicht aus meinem leeren Schädel hinaus, es läuft der Monsterkanal und das vierundzwanzig Stunden online.
Lindsey ist im reinen mit der Welt, sie ist wieder so wie früher, rein und unschuldig.
Meine Schuld reicht bis in den Himmel.
Ob Sie sie sehen kann?
Manchmal hoffe ich das…“
Das war genial!
War es das? Was war genial?
Er las die Zeilen laut vor, und lehnte sich mit dem Chablis in der Hand in den Chefsessel zurück.
Meine Güte.
War er das gewesen?
Woher kam denn das!
Ein Schluck Wein brachte nicht die erhoffte Wirkung.
Auch der Rest der Flasche stellte er nach einer halben Stunde fest, konnte keinerlei Auskunft geben.
Dafür aber sein Epizentrum im Kopf am nächsten Morgen, als er mit einem riesigen Kater auf der Veranda aufwachte.
Es benachrichtige ihn kompromisslos davon das eine Flasche Chablis und zwei Flaschen Riesling ein verheerendes Erdbeben in seinen Hirnwindungen angerichtet hatte.
Unerwarteter Weise wusste er all das schon.
Stan stand auf und betrachtete zuerst das Chaos um sich herum, und dann den Sonnenaufgang über dem See.
Mein Gott diese ganze Sauferei bescherte einem nur schwachsinnige Albträume, die ganze Geschichte mit der Samsung, schließlich war Sie noch gut verpackt im Arbeitszimmer und ruhte in Frieden sozusagen.
Hey! Vielleicht war das der Aufhänger für eine Story?
Er schlurfte missmutig durch den Flur hin zur Küche. Das war doch echt der Hammer was Wein und Phantasie zustande brachten!
Eine Samsung mit Eigenleben.
Klang eher nach dem Typ aus Maine.
Dann passierte er die Tür zum Arbeitszimmer und dort stand sie.
Beige schimmernd.
Wie zuvor.
Kein Scheiß Traum im Suff.
Der Bogen war noch eingespannt, die grüne LED stand auf „on“
Verdammt.
Er trat näher, langsam, dann energischer.
Hinter dem Schreibtisch lagen einzelne Bögen Papier.
Fast so, als kröche eine Schlange durch sein Arbeitszimmer, beäugte er die Bögen.
Starr Sie doch jetzt nicht an! Heb Sie auf!
Halts Maul!
Er erschrak über seine eigene Stimme in der Stille des Raums.
Aber er tat was seine innere Stimme verlangte.
Dies Gefühl sich erst einmal setzen zu müssen war nahe liegend und erschien kurzfristig als logisch.
Also tat er es, setzte sich in seinen Chefsessel und sah auf die eng beschriebenen Seiten hinab.
Okay.
Option eins: Er hatte so besoffen wie er war, die Zeilen geschrieben und einen fürchterlichen Filmriss hinter sich.
Option zwei: Diese Maschine machte was Sie will, defekt oder nicht, er hatte diese Ideen nicht zu Papier gebracht.
Es wäre ihm lieber zu Option eins überzugehen oder vielleicht eine Option drei zu erfinden.
Leider fiel ihm ums verrecken keine dritte ein.
Also ergab er sich seinem Schicksal und las die Zeilen.
Schade nur, dass seine Hände zitterten, das machte es nicht einfacher.
„Als ich das erste Mal Verdacht schöpfte, schimpfte ich mich selbst eine dumme Kuh.
Du bist eifersüchtig auf deine Tochter!
Er sah sie so an.
So – anders.
Ich war nicht misstrauisch genug.
Dafür leide ich – Höllenqualen.“
Luft holen! Nur einfach Luft holen!
Stan mach jetzt nicht schlapp!
Weiter.
„Es ist heiß hier, viel heißer als man sich jemals vorstellen kann, und das Geschrei, dieses unmenschliche jaulende wimmernde, greinende Geschrei dieser Legionen von Seelen, sie machen mich krank und hilflos, mir ist so elend in dieser Gottverdammten Hitze!!
Das war’s.
Mit wenigen aber schnellen weit ausgreifenden Schritten war er im Bad und umarmte die Keramik.
Erst nach einer Viertelstunde, in der er krampfhaft versuchte den Würgreiz zu kontrollieren war er imstande aufzustehen.
Stan wankte in die Küche und ließ ein Glas mit Wasser voll laufen.
Der erste Schluck schmeckte wie schon gegessen, der zweite passabel und den Rest trank Stan mit tiefen Schlucken gierig aus.
Fühlte sich trotzdem an als schlucke man einen Eiszapfen.
Entweder verlor er den Verstand oder irgendetwas stimmte nicht mit dieser Scheiß Maschine.
Aber irgendetwas in ihm schien so masochistisch zu sein weitermachen zu müssen.
Doch halt.
Etwas war anders.
In seinem Kopf entstand die aberwitzige Option drei.
Also ging er zurück ins Arbeitszimmer, setzte sich schob den Stuhl an den Tisch und seine Finger huschten über die Tasten.
„Ich bin Stan – ich kann lesen was Du denkst“
Wie abgrundtief bescheuert! Als er sich rücklings in den Sessel fallen ließ kam er sich nur noch dumm vor.
Wenn sein Schädel und sein Magen nicht so am Ende gewesen wären hätte er jetzt gern einen Chivas Regal getrunken.
„Echt und wahr“ hätte sein Banker gesagt.
Echt – und wahr, die Maschine klapperte.
Das seine Hände zitterten und sein Herz zu bersten schien war eines, sich vorbeugen und sich dem zu stellen was dort geschehen war das andere, das – unvermeidlich – andere.
„Hilf mir!“
Er brauchte einen Moment um zu realisieren.
Mein Gott Sie hatte geantwortet.
Seine Finger waren wie automatisch über der Tastatur erschienen.
„Wer bist Du!“
Erstaunlicherweise bewegten sich die Tasten nicht einmal.
„Eine verlorene Seele“
Was, wenn ein Trick dahinter steckte!, was wenn die Maschine manipuliert war, ein Chip vielleicht, ein makaberer Scherz eines Perversen Scheißers irgendwo da draußen im Ebaydschungel!
Stan öffnete die Klappe und besah sich das Innenleben der Maschine.
Soweit er erkennen konnte war alles normal.
Er beschloss dem Spiel weiterhin zu folgen.
„Wo bist Du?“
Das letzte Zeichen gesetzt erschien die Antwort.
„Ich weiß es nicht – ich…weiß es nicht“
Seine Finger hämmerten weiterhin in die Tasten.
„Wer ist Lindsey und warum bist Du eine verlorene Seele!“
„Sie ist tot, er hat Sie umgebracht, ich bin Schuld daran“
„Warum!“
„Er – hat Sie benutzt und ich wusste nichts davon, Ich hätte es wissen MÜSSEN!“
„Was wissen müssen?“
„Das er es mit ihr tun wollte“
„Tun?“
„Er war nicht Ihr Vater, er ist verrückt“
„Hat er sie missbraucht?“
Einen Moment kam keine Antwort.
„Ja“
Er lehnte sich zurück und registrierte verängstigt das ihm eiskalt war.
„Wo ist er jetzt?“
„In Deiner Nähe“
Jetzt war ihm wirklich eiskalt, er zitterte.
„Warum ich!“
„Du bist reinen Herzens, Du bist – in Gefahr!“
„In Gefahr?“
„Im Keller“
Keller? Soviel er wusste hatte dieses Haus keinen Keller!
„welcher Keller? In meinem Haus?“
„Ja“
„Was ist dort!“
Es kam keine Antwort.
Er schrieb diesen Satz noch acht Mal hintereinander bis er erregt zitternd aufgab.
Sie antwortete nicht mehr.
Verdammt gab es einen Keller in diesem Haus?
Nach der Scheidung hatte er dieses Haus am See gekauft um in Ruhe arbeiten zu können, er kannte niemanden hier, und niemand kannte ihn, es hatte die perfekten Voraussetzungen für die Arbeit, abgeschieden und ruhig.
Sein Makler könnte es ihm verschwiegen haben!
Das Handy ans Ohr geklemmt, goss er sich erst einmal zwei Finger breit Chivas Regal in einen Tumbler, den konnte er gebrauchen.
Die Verbindung wurde aufgebaut und die vertraut sonore Stimme seines Maklers ertönte.
„Joe? Ich bin es Stan. Hör Zu Alter kann es sein? Das in meinem Haus – das am See genau. Kann es sein das ein Keller in diesem Haus existiert?“
Er lauschte einen Moment, dann bekam er eine Antwort.
„Äh Stan, genau, ich hätte Dich sowieso angerufen, auch wegen Angeln und so, aber… hör mal der Verkäufer war ein wenig merkwürdig, sollte nichts davon sagen, es ist nicht unbedingt fair ich weiß, aber…“
„In diesem Keller ist etwas schreckliches passiert nicht wahr?“
Man hätte die Luft schneiden und auf einem LKW abtransportieren können.
„Woher weißt Du das!“
„Das ist nicht wichtig Joe! Wie konntest Du mir so eine wichtige Sache verheimlichen! Ich habe Dich immer gut verdienen lassen oder? Hast Du nur einmal nicht auf mich zählen können?“
Er seufzte am anderen Ende der Leitung.
„Okay, tut mir Leid Alter, aber sieh mal, mein Geschäft läuft schlecht in letzter Zeit, ich brauchte den Abschluss! Mein Boss, Du kennst den alten Sack, er sitzt mir auf der Pelle, und ich dachte nur ans Geld, verdammt ja! Aber es tut mir echt Leid we….“
„Wo ist er Joe WO!“
„In der Küche unter dem Teppich ist eine Klappe, Sie wurde zugenagelt, aber Stan hör zu, ich ….“
Stan hatte aufgelegt.
Also doch.
Er stürmte ohne einen Moment weiter zu zögern in die Küche und kramte aus dem Unterschrank ein Brecheisen hervor.
Den Läufer trat er beiseite und besah sich den Fußboden.
Warum zum Teufel war ihm das nie aufgefallen.
Er leerte sein Glas in einem Zug, als nehme er einen Zaubertrank zu sich.
Dann machte er sich ans Werk.
Als er die ersten Nägel entfernt hatte, lief der Schweiß bereits in Strömen von seiner Stirn.
Dieser Joe! Sitzt keinen Kilometer weiter in seinem Scheiß Büro und feilt sich die Nägel, es war ihm Scheißegal was hier passiert ist!
Seine Gedanken fluchten lauter als es ihm lieb war.
Es war eine mühselige Arbeit die Nägel aus dem Boden zu entfernen, Stück um Stück musste er sich weiterquälen, er wollte wissen was unter diesen Brettern war, er musste!
Nach einer Weile hörte er ein sich näherndes Fahrzeug.
Ein Blick aus dem Fenster ließ ihn zynisch aufstöhnen.
„Der feine Herr hat anscheinend doch ein schlechtes Gewissen!“
Es war Joe, der die lange Auffahrt zum See hinab fuhr.
„Ja komm nur! Du kannst gleich dein Fett kriegen Du Bastard!“
Er wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß aus der Stirn, und streckte seinen steifen Rücken.
Dann machte er sich auf den Weg vor das Haus.
Als die Reifen auf dem Kiesplatz knirschend zum stehen kamen, hatte er sich bereits die richtigen Worte zurechtgelegt.
„Hey Alter!“ grüßte Joe, und kam auf ihn zugeschlendert, nachdem er aus seinem Angeber BMW ausgestiegen war.
„Alter?“ wollte er erwidern, als er den Gegenstand in seiner Hand bemerkte.
Eine Automatische Pistole.
„Und wir hätten uns so gut verstehen können!“ begann Joe mit dem kältesten Lächeln das er je gesehen hatte.
„Du hast etwas damit zu tun oder?“
Joe Blackthorne lächelte eisig.
„Natürlich mein Lieber, was ich nur gern wissen würde: Wie hast DU Wind von der Sache bekommen!“
„Das ist egal!“ erwiderte Stan scharf, die Situation könnte so oder so eskalieren, egal was er tat er würde die Waffe nicht ablegen.
„NEIN IST ES NICHT!“ schrie Joe plötzlich, und kam schnell näher.
„WAS WEISST DU VON DEN SCHLAMPEN!“
„Nichts!“ antwortete Stan, und das war noch nicht einmal gelogen, er wusste schließlich fast nichts.
„Du hast diese Frauen getötet nicht wahr?“
Joe schien zu wachsen.
„Ich habe ihnen nur gegeben was sie wollten und was sie verdient haben.“
„Den Tod?“
Er war selbst erstaunt über die Kälte und den Sarkasmus in seiner Stimme. Er hatte keine Angst mehr, er sah dem Tod ins Auge.
„Ja den Tod, Sie hatten Ihn verdient diese Schlampen, wollten zu den Cops rennen, mein Gott wegen ein wenig Spaß!“
„Spaß? Du hast Sie vergewaltigt nicht wahr? Ihre Tochter, sie konnte sich nicht gegen Dich wehren nicht wahr?, Du warst der Herr über Sie und hast es genossen!“
Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse die er nicht deuten konnte.
„Was weißt Du denn schon!“
„Nichts! Deine Mimik sagt alles.“
Wollte er von ihm niedergeschossen werden?
„Hätte die Schlampe das Maul gehalten wäre ich einfach gegangen! Aber nein! Sie musste einen Riesen Aufstand machen! Sie hat es verdient!“
„Du hast ein Kind missbraucht“
Er sagte diese Worte als hätte er ein Einsehen mit ihm.
Etwas geschah mit Joe in diesem Moment. Fühlte er sich verstanden? War es ihm egal?
„Geh rein!“ forderte er „Hände hinter den Kopf!“
Er tat wie ihm geheißen und drehte sich um, um den Weg zu Haus einzuschlagen.
Er hatte bereits einen Plan im Hinterkopf.
„Hast Du den Keller gefunden?“ erkundigte sich Joe zynisch hinter ihm.
„Ja“
„Und?“
„Ich war noch nicht drin, Du kamst dazwischen.“
„Wir gehen zusammen hinunter, dann kannst Du sehen was Du wissen wolltest!“
„Ich nehme an nur einer wird wieder hinaufgehen?“
Joe bellte sein Lachen heraus, dreckig, brutal.
„So ist es mein lieber Stan, und dieses mal werde ich keinen Fehler machen!“.
Während Stan darüber nachdachte was er als Fehler gemeint haben mochte passierten Sie den Flur in Richtung Küche.
„Machst Du Zicken knall ich Dich gleich ab hörst Du?“
„Ist schon klar.“
Seine Knie gaben langsam nach, er war sich im Klaren darüber das er in dieser Geschichte nur eine Chance hatte, entweder klappte es beim ersten Mal oder er war so gut wie tot.
Das passieren der Küchentür war der Knackpunkt.
Er durchquerte die Türöffnung und dann ging alles sehr schnell.
Die Bewegung, wie in einem Fluss konnte er beinahe selbst nicht erfassen.
Die Brechstange zu greifen war eines, herumwirbeln und Zuschlagen das andere.
In Sekundenbruchteilen lief die Szenerie wie in Zeitlupe vor seinen Augen ab.
Er traf ihn nicht, Splitter lösten sich von der hölzernen Türzarge und wirbelten durch die Luft, ein Widerstand – dann war alles vorbei.
Er atmete wie ein Zehnkämpfer.
Er war wie paralysiert, gelähmt und benommen.
Vor ihm bot sich ein seltsames Schauspiel.
Er lag an der Dielenwand. Zusammengesackt, ein Bild des Jammers.
Blut sickerte an seiner Schläfe hinab.
Er hatte ihn doch erwischt.
Auf der Anrichte stand die Flasche mit dem Bernsteinfarbenen Chivas.
Er taumelte dorthin, löste den Verschluss mit dem Daumen und trank als wäre Limonade in der Flasche. Der Whisky brannte im Hals, ein dennoch wohltuendes Gefühl.
Sein zweiter Blick galt dem Kellerloch.
Drei Nägel noch, dann war er soweit.
Wie in Trance machte er sich an die Arbeit.
Als die Dielen schließlich von den Nägeln befreit aufklappten fuhr ihm ein muffiger Geruch entgegen.
Er wusste nicht was ihn erwartete, etwas schreckliches das war offensichtlich.
Er brauchte Licht.
Noch einmal bemühte er sich zum Unterschrank neben dem Geschirrspüler und holte eine Maglite hervor.
Der Kegel fiel die schmale hölzerne Treppe hinab, und ließ den Keller wie jeden Keller auf dieser Welt aussehen, staubig und kalt.
Nichts Ungewöhnliches also.
Er stakte langsam die Treppe hinab, und sah sich weiter um.
Hier war nichts, lediglich ein altes Weinregal, ein Paddel hing dort an der westlichen Wand, und staubige Reifen eines alten Fahrrades hingen darunter.
Nichts also.
Die Enttäuschung die er fühlte erstaunte ihn zutiefst.
Dann fiel sein Blick auf die Wand vor sich.
Ein heller Fleck zeichnete sich dort ab.
Groß genug um einen Körper dahinter zu verbergen schoss es ihm durch den Kopf.
Er ging darauf zu, hob das Brecheisen erneut - und erstarrte.
Ein Schatten war neben ihm.
Joe!
In der Drehung sah er den Lichblitz vorher spürte er die Kugel der Automatik in seinen Körper eindringen.
Ein Dumpfer Schlag, der ihm die Luft raubte, die Welt verschmolz in Schmerz zu Klumpen und Geräuschfetzen.
Als er zu sich kam, umgeben von roten Wolken aus Schmerz in seinem Kopf, begriff er langsam das er nicht Tod sein konnte.
Verletzt, angeschossen aber nicht Tod.
Er versuchte sich aufzurichten als ihm Joe einfiel.
Als er schließlich auf die Knie kam, die Hand auf die blutende Schulter gepresst, sah er ihn.
Diesmal war er sicher das er tot war.
Dies lag zum Teil daran, das sein Kopf unnatürlich verdreht war, anscheinend war er die Treppe hinabgestürzt nachdem er auf ihn geschossen hatte.
Dreckstück.
Er stieg über ihn hinweg, machte eine kurze Pause am Geländer der Treppe, und stieg schließlich stöhnend, Stück für Stück hinauf.
Ihm war nach einem großzügigen Schluck aus der Flasche.
Gut das er sich an der Küchenzeile halten konnte, der Schmerz nahm kontinuierlich zu, er kam in Wellen, wurde stärker.
Er schleppte sich weiter, vorbei an der Flasche in Richtung seines Arbeitszimmers.
Er versuchte durchzuhalten, biss sich auf die Zähne, denn der Schmerz wurde unerträglich.
Seine Hose war mittlerweile durchtränkt von seinem eigenen Blut, es sickerte stetig durch das Gewebe, hinterließ eine feuerrote, glitschige Spur hinter seinen Füßen.
Er starb.
Er würde hier, angeschossen von einem perversen Kindermörder verbluten, sterben, verwesen.
Das Telefon war die letzte Hoffnung.
Es lag auf dem Regal im Arbeitszimmer.
Er sah das Regal, konnte es beinahe spüren.
Dann war dort die Maschine.
Die LED Leuchte blinkte, panisch! Schoss es im durch den Kopf.
Eine Zeile war auf dem Papier darin zu lesen.
„Ich bin frei!“
Dann brach er zusammen.
Er wusste er würde das Regal nicht mehr erreichen.
Er würde hier sterben.
Es kam ihm nur noch ein Gedanke in den Sinn, kurz bevor sein Lebenslicht versiegte.
Lachen.
Er lachte, hustete, lachte – bis sein Atem erlosch.