Kurzgeschichte
Ein Heimweg

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"Ein Heimweg"
Veröffentlicht am 18. Juni 2013, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Willkommen auf meinem Profil! Vielen Dank für das Interesse an meinen Werken, ich hoffe sie haben euch gefallen :) Kommentare und Anregungen sind immer gern gesehen!
Ein Heimweg

Ein Heimweg

Ein Heimweg

Es regnete. Wie so häufig hier. Einige rennen und hasten, um sich unterzustellen. Die meisten jedoch, zücken ihre Schirme und spannen sie weit auf, um unbeirrt ihren Tagesplänen zu folgen. Mir gefällt Regen, er unterbricht die graue Monotonie. Ein bunter Wald von Pilzen sprießt förmlich aus dem Boden. Grau und Weiß, Schwarz und Rot, Blau und Grün, bunte Schutzschilde gegen die Unwägbarkeiten des Alltages. Eine seltene Schönheit tut sich auf in dieser Stadt, wie im Trotz wird sie bunter sobald es hier regnet.

Unter jedem Schirm ist eine Geschichte, der Mann im Anzug, der gerade seinen schwarzen Schirm öffnet, um zurück zu seinem Büro zu eilen oder der dunkelblaue des Teenagers der das Wetter verfluchend in Richtung Schule rennt. Auch die alte Dame mit dem olivgrünen Schirm, die langsam sich und ihre Einkaufstasche zu dem Metzger wuchtet hat ihre Geschichte zu erzählen, genauso wie das Mädchen gegenüber, welches erst seufzend in den triefenden Himmel blickt, bevor sie ihren türkisenen Taschenschirm aufspannt und ihrer Wege geht. Prasselnd wird der Regen stärker, bis er zu einem Schleier wird, der die Stadt verhüllt und durchtränkt. Ich greife nach meinem Schirm, blauschwarz, wie jener ferner klarer Nachthimmel auf dem die grauen Wolken so seltsam hell wirkten, und öffne ihn. Mit schmatzenden Schritten durchschreite ich den Wald aus bunten Farben, während die Kanalisation gurgelnd ihre Arbeit verrichtet.

 

Manchmal wünschte ich, man könnte einfach den Pausenknopf drücken, wie wir es so oft heutzutage, hundertmal, tausendmal im Internet. Momentaufnahmen gibt uns das Leben aber nicht. Zeit wartet nicht, hat es nie getan und wird es auch für niemanden tun. Burgunderrot schiebt sich ins Sichtfeld und das Wasser plätschert kontinuierlich in den Spurrinnen des Zebrastreifens. Es wird grün, die Farben schreiten voran, teilen, zumindest für eine Weile das Grau der Straße. Ein älterer Herr stellt sich als Besitzer des Burgunders heraus, verblüffend schnell ist er an der Spitze des Zuges bevor er an der nächsten Ecke verschwindet. Schwermütig grollt der Donner aus der Ferne, rollt heran wie eine Welle, die über der Stadt bricht. Der Regen nimmt sturmmäßige Auszüge an, als ob jemand eine Fontäne umgekehrt hätte, ergießen sich die Tropfen, unaufhörlich.

 

Die Farben dünnen sich aus auf meinem Weg durch die Winkel und Gassen, bis nur noch blauschwarz übrig ist. Der Donner scheint nun näher zu sein und der Regen ist vielmehr eine Sturzflut. Unter meinem blauschwarzen Schutz erhasche ich einen Flecken Weiß, der durch mein Blickfeld rast, niedergedrückt von der Wucht des Wetters. Regen hat trotz all dem etwas beruhigendes, klärendes, so als ob er nicht nur über die Welt strömt, sondern auch deine Gedanken freimacht, den Alltag hinwegspült. Ich warte geradezu auf diese Momente, sie sind doch seltener als man denkt. Die Wolken wandeln sich, werden bedrohlich schwarz und das Gewitter ist heran. Stürmisch flatterte dein schwarzes Haar im Wind, umspielte dein Gesicht und dann verschwindest du in einem grellen Blitz, der den Himmel teilt. Der Donner folgt Sekunden danach. Der Wind peitscht die Tropfen unter den nun nutzlosen Schirm und fegt gegen die Wände der Häuser, versucht meinen Schirm mir zu entreißen. Ich kralle mich fest, weiß zeigen sich die Fingerknöchel, während du zerrst und mir ins Gesicht schreist. Endlich reißt du dich los, verschwindest und ich stehe durchnässt vor der Tür. Der blauschwarze Himmel schließt sich, gedeckt von dem grauen Vordach suche ich meine Schlüssel und sehe wie aus dem Nachbarhaus ein gelber Schirm in die Fluten taucht. Der Sturm verstummt mit dem Knall der Haustür, es wird still, durchbrochen nur vom leichten Tröpfeln meiner Kleidung und den Schritten meiner durchnässten Schuhe. Ich entledige mich der nassen Schuhe und des Schirms und sehe wie der Himmel aufklart, ein einsamer Sonnenstrahl durchbricht die Wolkendecke, während das schwarzgraue Gewitter an den Horizont gewandert ist.

Ein Tropfen fällt, ich merke wie er mein Gesicht hinunterläuft. Sanft rollt das Wasser weiter, vorbei an der Nase und am Mund, wird zu einem Zapfen am Kinn. Langsam hebe ich meine Hand und fühle ihn, wische ihn ärgerlich weg und weiß, dass ich Regen eigentlich aus einem ganz anderen Grund so vermisse. Was für einen Unterschied machen schon Regentropfen oder Tränen? Man wird so oder so nass…

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ShiaoPi
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