Aus Matts Sicht...
Im ersten Moment dachte ich, meine Tage auf dieser Welt wären gezählt.Ich kniff die Augen fest zusammen, mein Herz schlug so laut, dass es mich um den Verstand brachte.
Schon als ich das Gewehr erblickte, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter.
Der Schuss war nicht ohrenbetäubend, doch es reichte aus, um mich zusammen zucken zu lassen. Ich spürte den Schmerz in meiner Brust. Wie er sich langsam ausbreitete und mich in die Dunkelheit zu ziehen drohte. Ich kämpfte dagegen an, die Frage war nur, wie lange ich das noch konnte.
Mit einem lauten Knall landete ich auf meinen Knien. Ich schaute geradeaus. Immer noch auf den Menschen, der soeben auf mich geschossen hatte.
„Träum schön, Matt!“ hörte ich John sagen.
Ich runzelte die Stirn.
Jared.. Was um Himmels Willen war mit Jared? Langsam drehte ich meinen Kopf zur Seite und das war alles andere als einfach. Als ob sich mein Körper dagegen wehren würde. Ein grausames Gefühl.
Aus dem Augenwinkel aber konnte ich erkennen, dass es ihm gut ging. Und nicht nur das. Seine Pose verhieß nichts gutes. Mit verschränkten Armen vor der Brust kam er auf mich zu, lief an mir vorbei und begrüßte John Garver mit einem Handschlag.
„Nette Hütte!“ sagte er und betrat das Haus.
Jetzt verstand ich überhaupt nichts mehr. War das möglich? Kannten sich die beiden? Vollkommen ausgeschlossen. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, in welcher Beziehung sie zueinander standen.
Der Versuch, einen vernünftigen Satz zustande zu bringen, scheiterte kläglich. Vielmehr machte mir die Atmung zu schaffen und die musste ich unter Kontrolle bekommen.
Mit meiner rechten Hand tastete ich meine Brust ab, ich wollte wissen, wie schlimm es mich erwischt hatte.
Alles was ich zu packen bekam, war ein kleiner Pfeil, den ich mir mit Mühe und Not heraus zog.
Ich betrachtete dieses Ding genauer, aber vor mir spielte sich alles irgendwie nur noch in Zeitlupe ab.
Im letzten Moment begriff ich, was hier eigentlich los war, doch für einen nächsten Gedanken reichte es leichter nicht mehr aus. Ich brach nun endgültig zusammen.
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Nicht zum ersten Mal wachte ich an einem Ort auf, den ich nicht kannte. Zumindest nahm ich es an. Mein Kopf dröhnte, als ich versuchte mich aufzusetzen. Wo war ich?
Es dauerte ein paar Minuten bis mir klar wurde, dass mich im Wochenendhaus befand. Und genau jetzt lag ich hier auf der alten Couch unseres Gästezimmers.
„Ich würde dir raten, noch ein wenig liegen zu bleiben. Die Spritze wirkt noch ein bisschen nach.“
Ich musste zweimal hinsehen, ehe ich John Garver erkannte. Er saß auf einem Stuhl in der hinteren Ecke.
Die Fenster waren fast vollständig abgedunkelt. Nur vereinzelte Sonnenstrahlen bahnten sich einen Weg in die Mitte des Raumes.
Ich nahm die Worte von John an und lehnte mich wieder zurück. Irgendwie sagte mir mein innerer Instinkt, dass ich hier so schnell wie möglich verschwinden sollte.
„Es wird dir bald besser gehen, Matt!“ sagte er gelassen.
„Verflucht, was wollen Sie von mir? Und wo ist Jared? Steckt er mit Ihnen unter einer Decke?“
„Nur die Ruhe. Nur die Ruhe. Es liegt vermutlich nicht ins Jareds Natur, einen kühlen Kopf zu bewahren. Und genau aus diesem Grund hat er ihn auch verloren.“
Ich schluckte. Das meinte er nicht ernst.
„Ich... Das...“.
„Halt den Mund, Matt!“ sagte er bestimmend. „Ich dulde hier niemanden, der sich mir in den Weg stellt. Ich habe Pläne und die möchte ich nach gutem Gewissen auch verfolgen.
Unglücklicherweise kann ein Plan auch Lücken haben. Was ich damit meine, Matt, ist, das etwas unvorhersehbares passieren kann.“
Dieser Mann hatte sie tatsächlich nicht mehr alle beisammen. Es wunderte mich, wie Melinda und ich uns je auf ihn einlassen konnten. Aber in unserer Verzweiflung hätten wir wahrscheinlich alles getan.
„Worauf wollen Sie hinaus?“ wollte ich wissen.
„Oh, oh mein lieber Matt.“ Er begann laut zu lachen und dann wurde er wieder ernst.
„Ich musste mich darum kümmern, dass Jared kein Wort mehr über seine Lippen bringt. Eigentlich hatte ich vor, ihn zu erschießen, aber dann kam Jenna dazwischen.“
„Jenna?“ Meine Stimme schoss höher als beabsichtigt.
Was zum Teufel wollte sie denn hier?
„Ja ja, keine Sorge, es geht ihr gut. Ihre Schulter sieht ein bisschen mitgenommen aus,aber das hab ich in den Griff bekommen. Schließlich ist sie der Schlüssel zu allem. Sehr wertvoll, nur so viel dazu. Ich musste sie natürlich ruhig stellen. Kleines Biest, das sag ich dir.
Aber du wirst mir keine Scherereien machen, oder Matt? Nein, dafür bist du viel zu klug. Oder?“
Ich konnte seine Stimme einfach nicht mehr hören. Der Wahnsinn, der sich darin verbarg rief in mir Übelkeit hervor. Warum ausgerechnet Jenna. Was hatte er ihr angetan.
Ich warf einen Blick zur Tür und John bekam es mit.
„Ich weiß genau, was du denkst, Matti mein Junge. Aber wenn du dieses Zimmer verlässt, wirst du es bereuen. Du wirst genauso enden wie Jared.“
„Sie sind pervers!“ Etwas anderes fiel mir nicht ein, um das zu beschreiben, was John Garver gerade von sich gab.
„Ich werde in ein paar Stunden wieder nach dir sehen.“ Er erhob sich vom Stuhl. „Schließlich gibt es da noch einige Dinge, die du vielleicht noch nicht weißt. Zum Beispiel neue Erkenntnisse über Melinda!? Ruh dich aus.“
Und mit diesen Worten war er verschwunden.