In den Bergen
Der Regentropfen Reginald lebte mit seinen Freunden in mitten eines Meeres. Und alle fühlten sich dort wohl. Auch wenn der Sturm tobte. Dann schäumten sie zwar ein wenig, denn einem Regentropfen kann es auch mal schlecht werden. Vergnügt spielten sie dann mit Treibholz und Schiffen und schmissen vergnügt eine Menge Unrat an Land. Aber jeden Tag verschwanden einige von Reginalds Freunden und er wußte nicht wohin.
Eines Tages, als das Meer ganz seicht dalag, da merkte Reginald, wie ihn jemand liebkoste und streichelte. Es wurde ihm plötzlich ganz warm im Herzen. Und dann hatte er das Gefühl als ob er wie durch einen Trinkhalm gesogen gen Himmel sauste. Dort wurde er dann von der Sonne ganz sanft in eine ganz zuckerweiche Hülle gepackt. Oh wie er sich dort wohlfühlte. Aber er blieb dort nicht alleine, nein, immer mehr seiner Freunde drängten sich dazu. Und es wurde immer enger in ihrer Hülle. Und um so mehr diese Hülle wuchs, um so mehr konnte man eine Wolke erkennen. So flogen sie immer weiter in ihrer Wolke. Und als sie so gewaltig wurde und wie ein Blumenkohl aussah, stieß sie an einen Berg und es ging nicht weiter.
Dunkel und drohend hing sie über dem Tal. Langsam und schnaufend kroch die schwere Wolke den Berg hinauf und weil sie so viel Kraft dafür brauchte bildeten sich kleine Risse und die Tropfen fielen einer nach dem anderen hinaus. Und je mehr Tropfen aus der Wolke fielen um so gewaltiger fing es am Berg an zu regnen.
Einige der Tropfen rollten den Berg hinab ins Tal, andere fanden Ritzen durch die sie in den Berg drangen. Oh wie sie sich dort alle drängelten.
Sie bahnten sich immer weiter den Weg durch die tiefen Ritzen in den Berg hinab. Einige tropften von der Decke, andere haben sich zu einem kleinen Rinnsal zusammengetan und flossen so dahin. Im Berg streichelte ein jeder Steine und was ihm sonst so in den Weg kam. Und so ging die Reise immer weiter. Bis sie in einem klaren kühlen Höhlensee landeten.
Langsam drängten sie in einem kleinen Bächlein immer weiter vorran.
Ja und plötzlich wurde es ganz hell vor ihnen und sie stürzten zu Tal. Nun weißt Du sicherlich, das so ein Wasserfall auch ganz schön schäumen kann. Das ist für Reginald und seine Freunde so ähnlich wie Wildwasserbahn fahren.
Schäumten sie nun vor Freude oder war es ihnen schlecht?
Ich weiß es nicht.
Und Du?
Reginalds Weg führte ihn dann noch durch einen Wildwasserbach. Viele riesige Steine verbauten ihm den Weg, er schlängelte sich an ihnen vorbei und auch hier schäumte er. Jeder Stein wurde so geglättet und rund geschliffen, so wie ihr die Steine aus dem Fluss kennt. Und von jedem nahmen sich Reginald und seine Freunde ein Körnchen an Mineralien mit.
Die großen Steine wichen so langsam, der Fluß wurde ruhiger und breiter. Und die Regentropfen schwammen und schwammen bis sie im Meer angekamen. Dort waren sie gefangen, denn ins Meer führt nur ein Weg, nämlich der hinein. Und dort ließen alle Regentropfen ihre gesammelten Mineralien fallen.
Auch Salz ist ein Mineral.
Nun weißt Du wie das Salz ins Meer kommt...
In der Stadt
Wieder einmal flog Reginald mit seinen vielen Freunden hoch am Himmel,eng an eng aneinander geschmiegt, in einer Wolke. Sie flogen über Wiesen, Felder und Wälder. Und aus Flüssen und Seen holten sie noch viele Freunde in ihre zuckerweiche Hülle. Und die Wolke wuchs und wuchs.
Plötzlich flogen sie über etwas hohes aus der Erde herrusragendes. Dieses hohe etwas spuckte sogar noch eine graue eklig stinkende Wolke aus. Pfui, so etwas hat Reginald noch niemals gesehen, geschweige dann gerochen. Ob das wohl die stinkenden großen Schornsteine aus der Stadt waren, von denen Reginald im Meer schon soviel gehört hatte?
Die Wolke drückte immer weiter nach unten und wurde bedrohlich dunkel. Sie hing nun mitten über der Stadt. Reginald sah nun zum ersten Mal die vielen großen und kleinen Häuser, die vielen Autos auf der Straße und die kleinen Menschen die dort spazierten. Wie konnten sich die Menschen nur in solch einer stinkenden Welt wohlfühlen, fragten sich die kleinen Regentropfen. Und gerade da patzte ihre Wolke auf und sie regneten hinab in die Stadt.
Reginald platschte an ein Fenster. Und als er so an der Scheibe hinuterkullerte, da konnte er vier traurige Kinderaugen sehen. Aber warum schauten sie nur so traurig, schließlich machten ja die Regentropfen alles frisch und es roch so ganz anders. Die Blumen hoben ihre Köpfchen und die Farben leuchteten viel schöner. Für Reginald kein Grund zum Traurig sein.
Er verkrümelte sich in eine Ecke des Fensterbretts, wo nach und nach noch mehr seiner Freunde ankamen und eine kleine Pfütze entstand. Reginald beobachtete seine Freunde, die auf den Blättern des Efeus gelandet waren und freute sich an den Tieren, die sich unter den Blättern versteckt hatten, um Schutz vor dem Regen zu finden. Die Sonne hatte sich nun wieder durch die Wolken gekämpft und ließ die kleinen Regentropfen leuchten wie kleine Perlen. Die Käferchen, Spinnen und Vögelchen lugten unter ihren Verstecken vor und weit am Horizont sah er einen schönen bunten Bogen. Wenn er
gewusst hätte, dass die Sonne gerade seine weitergeflogenen Freunde anstrahlte, dann wäre er bestimmt auch gern dabei gewesen.
Immer mehr Tropfen drängten sich auf dem Fensterbrett und sie setzten sich langsam in Bewegung. Sie kullerten das Fensterbrett hinab. Einige konnten sich noch festhalten und beobachteten, wie ihre Freunde zu Boden fielen, in eine große Pfütze. Und was sie dort für herrliche Kreise malten.
Aber auch die letzten verließ bald die Kraft und sie fielen auch nach unten in die inzwischen riesige Pfütze. Und alle schüttelten sich beim Geschmack des Wassers. Ist das etwa der Geschmack des
Staubes? Wie kann man sich hier nur wohlfühlen?
Gerade geht eine Tür auf und die traurigen Kinderaugen von vorhin, funkelten plötzlich ganz listig. Mit einem Jauchzen kommen sie näher. Und dann passierte es. Ein paar riesige bunte Ungeheuer trampelten auf Reginald und seinen Freunden rum. Das mag so ein Regentropfen gar nicht. Vor Wut und Schmerz spritzt er in die Höhe und platscht einfach wieder runter. Aber das gefiel den Kindern ja gerade so und sie trieben es immer ärger. Aber die Kinder freuten sich auch daran sich im Wasser
zu spiegeln, die Tropfen im Spinnennetz und die Perlen auf den Blättern zu bewundern.
Aber nach und nach versickerten die Tropfen im Erdreich und fanden den Weg über das Grundwasser und den Fluss zurück zum Meer. Und jetzt konnte Reginald auch von seinem großen Stadtabenteuer im Meer erzählen.
Im Regenwald
Reginalds Weg führte ihn und seine Freunde dieses mal in ganz andere Regionen. Sie flogen über ein riesiges Gebiet, wo es nur hohe Baumwipfel zu sehen gab. Diese Landschaft wirkte auf sie wie ein riesiges grünes Gebirge. Vorsichtig lugten sie aus den kleinen Rissen ihrer Wolke und wussten, ein neues Abenteuer steht bevor.
Als sie so aus ihrer Wolke purzelten merkten sie die schwüle feuchte Luft. Am liebszen wären sie allesamt wieder verdunstet und in ihre Wolke zurück gekehrt. Aber schwitzend landeten sie auf den Baumwipfeln. Einige schafften es sich zwischen den Blättern einen Weg zu bahnen, andere landeten ganz oben auf den Blättern und wurden gleich wieder aufgesogen und in eine neue Wolke verpackt.
Reginald zog in seiner neuen Wolke weiter, um ein erneutes mal über dem Regenwald abzuregnen. Dieses mal schaffte auch er es bis unter das Blätterdach der riesen Bäume. He, war das hier lustig. Er ließ sich von Blatt zu Blatt kullern und sprang dabei immer lustig in die Luft, begleitet vom ohrenbetäubenden Regengesang der Brüllaffen. Einige seiner Freunde landeten in den Trichtern von Bromelien und Kannenpflanzen.
Vögel versteckten sich unter den großen Blättern. Und Affen schaukelten an Lianen oder hangelten sich so schnell es ging in die Sicherheit der großen Blätter. Die Blätter bogen sie dann wie kleine Hütchen zurecht, um sich vor dem Regen zu schützen. Überall nur riesige gespannte Augen, die den Regen verfolgten. Um schon bald wieder fröhlich in den Baumwipfeln herum zu tollen.
Schon bald ließ der erste Regen nach und alles Getier kam aus den Verstecken gekrochen. Die Kolibris schwirrten in der Luft und saugten den Nektar aus den Blüten. Eine Spinne spannte ihr Netzwieder auf, das sie gerade vor dem Regen abgehängt hatte um die kostbaren Seidenfäden zu schützen. Schlangen schlängelten sich an den Ästen entlang und Frösche bringen ihre Kaulquappen vom Waldboden hoch hinauf in den Trichter der Bromelien. Diese nutzten natürlich auch andere Tiere zum Trinken. So landeten einige seiner Freunde in den Bäuchen der Tiere oder wurden zur Falle von Insekten, die die Kannenpflanze mit ihrem süßlich duftenden Deckel, anlockte. Die Trichter waren so glatt das die Insekten abrutschten und in den Pfützen ertranken.
Reginald und seine Freunde suchten sich ihren Weg ins Erdreich und drangen hinein. Aber der Weg sollte sie noch nicht zum riesigen Grundwasserkanal führen. Nein, die Bäume im Regenwald sind Flachwurzler und Reginald und einige seiner Freunde wurden von ihnen aufgesogen und rasten wie mit einem Fafrstuhl den Stamm hinauf, über die Äste und das Laub verdunsteten sie dann wieder und alles begann von vorn.
Ja so ein Regentropfen schafft es nim Regenwald nie beim ersten mal auf den Weg zurück zum Meer und es bieten sich ihnen immer wieder neue Abenteuer. Aber wenn sie es schafften, dann gelangten sie in einem riesigen unterirdischen Fluss zurück ins Meer.
In der Wüste
Reginalts Weg führte ihn dieses mal über die Savanne Afrikas. Was es da alles zu sehen gab. Riesige Tiere, die mit ihren langen Hälsen bis hoch in die Baumwipfel reichten und sich dort ihr Futter rupften. Fröhlich hüpfende Antilopen und unter einem Baum, im Schatten dösende Löwen. Riesige Graue Tiere mit einer langen Nase machten einen ohrenbetörenden Lärm. Aus dem Wasser glotzten die riesigen Augen der Flusspferde zum Himmel. Gnus rasten durch den Fluss und die vorher träge an Land rumliegenden Krokodile begaben sich blitzschnell ins Wasser um sich eine gute Beute zu sichern. Und Menschen, groß und schwarz in bunte Stoffe gehüllt wanderten durch die Savanne. Bei ihnen waren ihre Ziegen oder auch Kuhherden. Frauen trugen Krüge auf ihren Köpfen. Reginald wollte gern noch mehr von der Savanne sehen, aber es trieb ihn immer weiter vorran.
Plötzlich tauchte vor ihnen die Dünen und der Sandstrand vom Meer auf, so wie sie es kannten. Aber so heiß war es nie. Sie sahen dort riesige Pyramiden stehn, die Pferde die sie vom Strand der Ostsee kannten sahen so anders aus, sie waren schwer beladen und hatten einen Buckel auf dem Rücken. Und die Menschen waren so seltsam angezogen. Sie trugen lange Mäntel und hatten ihren Kopf mit Stoff umwickelt.
Aber lange konnten die Regentropfen dies nicht mehr beobachten.Sie drängten unaufhörlich vorran. Sie türmten sich vor den heißen Luftmassen zu riesigen Türmen auf und drangen in die Wüste ein. Diese wartete schon seit mehr als 5 Jahren auf einen Regenguss. Und als die Wolken erste Risse bekamen und die ersten Tropfen herrauspurzelten zichten diese nur, als sie auf den heißen Wüstensand fielen. Diese wurden nie mehr gesehen. Aber ihre Freunde brachten die Wüste wieder zum Blühen.
Die Aloen trieben meterhohe Blütenstengel zum Himmel und die Kakteen zeigten ihre kleinen zarten Blüten. Die baumhohen Kakteen zeigten ihr ganzes Leben. Der Kakteen-Kauz und Spechte schauen aus ihren Bruthölen. Schlangen finden ihre Nahrung auf der Suche nach Vogelnestlingen. Käfer, Skorpione und Schlangen bevölkern den Wüstenboden. Aber auch unter der Erde herrscht ein reges Treiben. Denn um der schlimmen Tageshitze zu entgehen leben viele Tier in unterirdischen Gängen und schauten jetzt aus ihrem Tunnelsystem herraus. Du glaubst gar nicht wie es plötzlich wuselte, dort in der Wüste, vor lauter Getier.
Und dort wo Reginald seinen letzten Zisch machte, da blühte für kurze Zeit ein kleines zartes Pflänzchen.