Gaumenfreu(N)de der besonderen Art
Eigentlich bin ich kein richtiger Weinexperte, doch wer mich kennt, der weiss ...
Am liebsten verspeise ich die süßen, kernlosen Trauben und trinke gelegentlich - zu einem genüsslichen Essen - ein, zwei ... Gläschen trockenen Goldes!
So trug es sich zu, dass ich vor einigen Jahren zusehen durfte, wie aus teilweise verschimmelten Früchten ein excellenter Wein "gestampft" wurde. Nachdem sich die Männer bis auf die Unterhosen entkleidet hatten, stiegen sie in ein großes Faß, welches immer wieder mit Trauben angereichert wurde. Sie trampelten und stampften von Runde zu
Runde ... Als Frau, darf man diesem Prozeß eigentlich nicht beiwohnen, da ein Gerücht besagt, daß der Wein ansonsten verdirbt und kippt. Mir jedoch war ein solcher Anblick vergönnt, den ich niemals vergessen werde! Das Ganze liegt nun einige Jahre zurück ...
Neulich fragten uns unsere Freunde, ob wir nicht Lust hätten, mit ihnen gemeinsam für ein paar Tage zur Mosel zu fahren. Dort gibt es jedes Jahr - ab Oktober - diese wundervollen Weinfeste! Wir (mein Bekannter und meine Wenigkeit) überlegten nicht lange, und so sagten wir zu ...
An einem sonnigen, herrlichen Spätsommertag, sollte unser
gemeinsames Ziel daher die Mosel sein. Gott sei Dank verfügte unser Auto über eine intakte Klima-anlage, ansonsten wäre die lange Fahrt, wegen der drückenden Hitze, sicherlich zu einer unangenehmen Strapaze geworden. So erreichten wir, nach einer mehrstündigen Fahrt, guter Dinge unser Hotel ...
Entspannt checkten wir dort ein und wurden sehr herzlich mit einem Glas regionalen Weines begrüsst! Wir bezogen unsere gemütlichen Zimmer und machten uns für den bevorstehenden Abend zurecht! Wir verabredeten uns mit unseren Freunden - Renate und Georg - in der Hotelbar und machten uns sodann auf den Weg zu einer der gemütlichen
Strauß-wirtschaften. Die Stimmung dort war feucht-fröhlich und sehr ausgelassen; so gesellten wir uns zu den herzlichen, mehr oder weniger beschwipsten Zeitgenossen und bestellten nach und nach mehrere Schoppen der äusserst süffigen Hausmarke sowie eine Kleinigkeit zu Essen, die uns als feste Grundlage dienen sollte!
Wir schunkelten und sangen bis tief in die Nacht ... Wie immer, wenn es besonders schön ist, verging die Zeit, wie im Flug. In der Früh - zur Morgenröte - torkelten wir mit unseren Freunden, uns gegenseitig stützend und singend, in Richtung Hotel. Das
jedenfalls - war der eigentliche Plan und unsere gemeinsame Absicht; wir alle wollten - nach dieser durchzechten Nacht - nur noch ins gemütliche Bett fallen!
Der Weg sollte uns allerdings zu-nächst an wunderbar duftenden Rebstöcken vorbeiführen. Wir lachten und alberten herum ... ob dieser herrlich-aromatische Duft wohl den Trauben entwich' oder doch aus unseren Mündern kam? Gelegentlich griffen wir 'mal zu den roten, 'mal zu den grün-goldenen Früchten. Trotz unseres Zustandes - oder gerade deswegen - genossen wir dieses herrliche Geschmacks-erlebnis bei jeder einzelnen dieser wunderbaren Trauben ... und das in vollen Zügen!
Plötzlich jedoch fiel Georg, von Renate und Dirk gestützt, in sich zusammen; er zitterte am ganzen Körper und hatte plötzlich Schaum vor dem Mund! Wir überlegten nicht lange und bestellten.unverzüglich einen Notarzt. Doch als Renate das soeben geführte Telefonat beendet hatte, verstei-nerte sich auch ihr Antlitz. Sie ließ ihr Handy fallen und brach eben-falls bewußtlos neben Georg zu Boden! Entsetzt und gleichermassen geschockt schaute Dirk mich an ... Wir vermuteten, daß es etwas mit dem Essen oder aber mit dem Wein zutun haben mußte! Auf jeden Fall wollten wir nicht die Nächsten sein! Daher entschlossen wir uns kurzerhand,
die Finger in den Rachen zu stecken, damit es uns nicht ebenso ergehen sollte ... Doch auch Dirk fiel zu Boden, noch bevor der Rettungswagen eintraf. Die Retter sprangen hektisch aus dem Wagen und fragten mich, was denn um Himmelswillen geschehen sei ...
Doch auch ich brachte kein Wort mehr heraus und fiel ebenfalls in Ohnmacht!
Als ich erwachte, fühlte ich mich sehr desorientiert. Ich war noch sehr benommen und konnte meine Umgebung nur schemenhaft wahrnehmen! Befand ich mich hier in einer Klinik, oder was sollte das sein? Überall - auf dem Boden, an der Wand, auf den Tischen - Blut und
Fetzen von Körperteilen! Es sah sehr gruselig aus, und ich konnte mich nicht bewegen - ich war angeschnallt und wurde offenbar fixiert! Schreckliche Panik überkam mich ... Sollte ich nun um Hilfe rufen - aber wen? - Wer würde mir hier helfen? - Wahr-scheinlich niemand! Weitere Fragen quälten mich ... wurde ich beobachtet, und wo waren meine Freunde? Was war hier los, was hatte man mit mir/ mit uns vor
Das Labor des Grauens
Von großer Angst getragen, verhielt ich mich zunächst ganz ruhig ...
Nachdem ich meine Umgebung, bis ins kleinste Detail, blinzelnd durch einen Augenschlitz, aufgenommen hatte, schloß ich meine Augen wieder. Ich vernahm von weitem seltsame Geräusche, die ich zunächst nicht zuordnen konnte. Es
war ein Surren oder Summen in einer Tonlage, die mir starke Kopfschmerzen bereitete. Sie kamen immer näher, wurden lauter und lauter - am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten, doch - da man mich angeschnallt hatte - war ich diesen merkwürdigen Oktaven hilflos ausgeliefert. Mein Kopf drohte zu platzen und ich bemerkte, dass Blut aus meinen Ohren lief ...
Nachdem ich aus meiner Ohnmacht erwachte, schrie ich - wie am Spieß! Ich öffnete die Augen und sah Dirk an meiner Seite. Er
beruhigte mich, streichelte meine Hand und sagte:
"Morgen, meine Liebe, dürfen wir nicht mehr so zulangen - Schlaf' schön, und träume süß ..."
Das Erwachen
Nach diesem schrecklichen Alb-traum wachte ich gegen Nachmittag verkatert auf; Dirk hatte bereits einen Kaffee bestellt, dessen Duft ich nicht widerstehen konnte. Doch das Hotelzimmer sah irgendwie anders aus, als ich es in Erinnerung hatte, denn ich konnte keine Fenster sehen! Dirk schien das
nicht aufgefallen zu sein, und es störte ihn ganz offensichtlich auch gar nicht ...
Er hörte mir nicht einmal zu. Statt-dessen bestellte er eine Flasche Champagner aufs Zimmer und wollte noch kurz nach unseren Freunden Ausschau halten. Als er das Zimmer verließ, klopfte wenig später der "Zimmerservice." Ich schlüpfte in meinen Morgenmantel und öffnete die Tür: Doch - von wegen Zimmerservice! Weit gefehlt! Vor mir stand kein Geringerer, als der "freundliche" Retter in der Not, der dem herbeigerufene Kranken-wagen entsprungen war; er sagte
kein Wort, stiess mich ins Zimmer und rammte mir eine Spritze in den Arm.
So fiel ich erneut in Ohnmacht!
Traum oder Realität
Nach den bisherigen Ereignissen war ich mir nun gar nicht mehr so sicher, ob ich erwacht war oderdoch nur träumte! Lag' ich wohl-möglich im Delirium?
Denn - da war er wieder - dieser schreckliche Raum - ohne Fenster! Angeschnallt und wehrlos, sah ich um mich herum, einige Menschen... Sie waren in grünen Kitteln gekleidet und
mit einem Mund-schutz vermummt. Das OP-Licht blendete derart, daß ich keine Gesichter erkennen konnte ...
Doch waren es die Stimmen meiner Freunde, die ich nun hörte?
"Aufwachen, Du Schlafmütze!"
Mein Schädel brummte ...
Ich hatte vielleicht einen Kater - vielleicht?!
Den Raum der Phantasie verließ ich offenbar nie ...
Bilder: Pixabay
Text: Copyright © Tintoletto
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Fortsetzung folgt ...
Evtl. ... Risiken und Nebenwirkungen befinden sich zur Zeit noch in der Versuchsphase :-X