Daniel hat es, in seinen nun fast schon 30 Jahren noch immer nicht geschafft eine feste Freundin für sich zu gewinnen. Nun versuchen es Mutter Elisabeth und seine besten Freunde Max und Reik mit vereinten Kräften, das Unmögliche doch noch zu ermöglichen, bevor er seinen 30. Geburtstag in einem Monat feiert. Daniel ist ganz begeistert von den jungen Damen, die ihm vorgestellt werden und den vielen Dates, die er nun hat, doch läuft nicht immer alles wie gehofft/geplant...
Daniel legte den Telefonhörer auf und sprang in Eile vom Sofa hoch. Seine Mutter meinte, dass ihre Bingo-Freundin Anneliese eine reizende Tochter besäße, die nicht abgeneigt schien, als die beiden ihr alles Mögliche über ihn erzählten. Nun war es an ihm sich binnen zwei Stunden fertigzumachen.
Daniel schien echt genervt! Sicher war eine eventuelle Freundin, die es ernst mit ihm meinte, nicht schlecht; aber wie sollte er Hals über Kopf Dates erlernen, wo er doch rein gar keine Erfahrung hatte. Egal wovon, aber am wenigsten davon, wie man an eine Freundin kommt, aber wenn er ehrlich sein sollte, so richtig darum bemüht hatte er sich noch nicht. Wie hatte sich seine Mutter gerade geäußert? Die Tochter einer Freundin sei nicht abgeneigt. Wovon? Er musste lächeln über so viel Fürsorge seitens seiner Mutter. Sie schien sich wirklich Sorgen zu machen, dass er noch als Junggeselle sterben könnte. Aber ihm sollte es recht sein, wenn sie Dates für ihn organisierte, damit nahm sie ihm viel Arbeit ab. Nichts empfand er lästiger, als festzustellen, ob ein Weib noch zu haben war oder nicht. Außerdem wollte er nichts überstürzen, denn schließlich wurde er erst gerade mal 30.
Aber dennoch wollte er es ernst nehmen, vielleicht war sie ja die Richtige, auf die er die ganze Zeit gewartet hatte. Zu allererst wollte er duschen und sich rasieren, doch als er noch vor dem halb leeren Kleiderschrank stand und überlegte, was er nach dem Duschen Schönes anziehen könne, wollte kein Kleidungsstück so richtig zu einem Date passen.
Nach einigem Überlegen, verfiel er in ein Selbstgespräch: "Ja bin ich denn bescheuert?", haderte er mit sich selbst, "was sollen die Klamotten denn für eine Rolle spielen bei dem Date? Ich ziehe genau das an, was ich immer anziehe und wenn ihr das Äußere wichtiger ist, als das, was drin steckt, dann passen wir ohnehin nicht zusammen". So hatte sich die - für die meisten schwierige Frage - schon erledigt. "Duschen? Ja", murmelte er weiter, dafür wurde es ohnehin mal wieder Zeit. Aber rasieren? Das musste auch nicht unbedingt sein, überlegte er weiter, denn dann müsste er sich ja immer rasieren, wenn er sich mit ihr traf. Nee, nee, das wäre nicht Daniel, schmunzelte er.
Also gesagt, getan. Er schnappte sich den weiten alten Pulli, den er so liebte, eine seiner Lieblings Jeans und Unterwäsche. Damit ging er ins Badezimmer und bemerkte, dass sein Duschgel alle war.
"Ach ja, ich wollte ja neues Gel kaufen", sagte er stöhnend zu sich selbst.
Nun war guter Rat teuer, denn nach Schweiß stinkend wollte er die neue Begegnung nun doch nicht wagen. Sein Blick fiel aufs Waschbecken, wo noch ein winziges Stück Seife lag. Er überlegte, ob dies wohl tauglich sei, die leicht unangenehmen Gerüche seines Körpers zu entfernen. Aber er hatte keine Wahl. So nahm er den kümmerlichen Rest und betrat die Duschkabine.
Hier erwartete ihn die nächste Überraschung. Soviel er auch an dem rot markierten Hahn drehte, das Wasser blieb kalt. Fluchend und den Atem anhaltend stellte er sich kurz unter den Brauseschwall und begann dann sich einzuseifen.
"So ein Mist", fluchte er weiter vor sich hin, aber das bezog sich nicht nur auf die kalte Dusche, sondern auf die Angewohnheit, dass er unter der warmen Dusche auch schon mal seine sexuellen Gefühle ins Gleichgewicht brachte, - daran war unter der kalten Dusche natürlich nicht zu denken. Aber das war ein Punkt, wo er eine feste Beziehung vermisste und er gern eine Freundin gehabt hätte. Es ging doch nichts über ein geregeltes Sexualleben, wie seine Freunde ihm des Öfteren weismachen wollten. Er war auch ein wenig neidisch, wenn sie sich darüber ungeniert unterhielten, versuchten, sich gegenseitig zu überbieten und er konnte nicht mitreden. Aber vielleicht war das ja auch ein gutes Omen für das bevorstehende Date, hoffte er und legte das 'Nicht abgeneigt sein' in diese Richtung aus.
Sein Duscherlebnis fiel nun dementsprechend kurz, jedoch nicht ganz schmerzlos aus. Das winzige Seifenstück gab ja nicht viel mehr her, denn im Handumdrehen hatte es sich verflüchtigt. So drehte er den nun eiskalten Wasserstrahl ab und verließ die Dusche.
Wenigstens konnte er sich ausgiebig trocken rubbeln, was seinem Körper sowohl die Wärme als auch eine nahezu krebsrote Farbe gab. Schnell schlüpfte er in Unterhose, Jeans und den schon etwas ausgeleierten Pulli. Den Blick in den Spiegel sparte er sich. Beim Verlassen des Badezimmers fuhr er sich rasch mit den Fingern durch die Haare und murmelte: "Vielleicht steht sie ja auf die verwegenen Typen."
Er selbst kam sich gar nicht so verwegen vor, eher etwas schüchtern den Frauen gegenüber. Aber das brauchte sie ja nicht zu merken. Sicher würde sie auch etwas schauspielern und er nahm sich vor, darauf zu achten, falls sie etwas zu selbstsicher auftrat. In dem Moment fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, wo sie sich überhaupt treffen sollten und wie sie hieß, das wusste er ebenfalls nicht. Hatte seine Mutter das überhaupt gesagt? Egal! Er wusste es nicht und spurtete zum Telefon, um seine Mutter anzurufen.
"Aber Junge, das habe ich dir doch gesagt, du wirst doch nichts getrunken haben?", meinte die Mutter leicht besorgt.
"Sie heißt Lisa."
"Ach ja, Lisa und wo sollen wir uns treffen?"
"Ihr solltet Euch in der Eisdiele nebenan treffen. Jetzt sag nicht, dass du alles vergessen hast", tadelte seine Mutter. Er verneinte es freundlich und legte auf.
Dann ging er aber doch noch mal in das Bad zurück und sprühte sich ein winziges bisschen Parfüm auf den Pulli. Das Parfüm hatte er von Vanessa, Reiks Freundin, zum Geburtstag letztes Jahr geschenkt bekommen und bisher selten benutzt, obwohl es gut roch. Er war einfach nicht der Typ, der sich extra schick machte für eine Frau, aber schaden konnte es ja nicht. Nun galt es noch zwei gleiche Socken zu finden, die er anziehen konnte. Das Sockensammelsurium in seinen Schrank war schon ein echtes Problem, denn er sortierte nie seine Socken, er hasste es. Und jeden Morgen stand er vor dem Schrank und suchte zwei gleiche Socken, da kam er schon manches Mal auf die Idee, einfach ein neues Paar zu kaufen, anstatt sich hier stundenlang abzumühen. Doch auch hier blieb er sich treu bei seiner Überlegung: "Den Füßen ist es doch egal, ob die Socken zusammenpassen oder nicht. Zudem hängt die Jeans drüber und sollte sie es doch mitbekommen, dann konnte er gleich testen, wie wichtig ihr das war." Nach dieser tiefschürfenden Überlegung entschloss er sich für ein paar Socken, die sich zumindest sehr ähnlich waren, denn übertreiben wollte er es auch nicht. Es sollte nicht soweit kommen, dass es ihr möglicherweise peinlich war, mit ihm zusammen gesehen zu werden. Aber ein wenig Toleranz musste sie schon aufbringen. Insgeheim lachte er sich ins Fäustchen und war gespannt auf ihre Reaktion. Vielleicht hatte er ja so schon für Gesprächsstoff gesorgt und seine Laune wurde immer unbeschwerter - um nicht zu sagen heiter.
Leicht beschwingt machte er sich auf und dachte darüber nach, wie er ihr wohl gegenübertreten und was er ihr zum ersten Treffen sagen sollte. Wie fängt man ein Date an, wenn man rein gar nichts weiß über Dates? Daniel überlegte noch mal, was seine Mutter ihm mit auf den Weg gegeben hatte: Stuhl heranziehen, nicht rülpsen oder furzen, aufstehen, wenn sie zur Toilette geht usw. "Mann, ist doch alles echt albern", bemerkte Daniel, als er an der Eisdiele ankam. Leicht schüchtern blickte er durch die Scheibe.
"Das sieht ja auch schon blöde aus", dachte er so vor sich hin, - vor allem, da er auch nichts sehen konnte, weil ihn die Scheibe blendete. Kurz entschlossen betrat er die Eisdiele, blieb kurz an der Türe stehen, nahm die spärliche Kundschaft wahr und auch ein Mädchen bzw. eine junge Frau - etwa in seinem Alter - die an einem hinteren Tisch saß und die Eiskarte studierte. Zielbewusst steuerte er auf sie zu und meinte lächelnd und forsch: "Hey, ich bin Daniel, kann es sein, dass wir hier verabredet sind?" Überrascht ließ die junge Frau die Eiskarte sinken, blickte ihn liebenswürdig an und meinte ebenfalls lächelnd: "Und ich bin Henriette, verabredet bin ich auch, aber soviel ich weiß, mit meinem Mann." "Huch, so ein Pech," entfuhr es Daniel enttäuscht, "du ,.. eh, ich meine Sie würden mir schon gefallen." Henriette lächelte einmal und wandte sich wieder ihrer Speisekarte zu. Daniel drehte sich um und sah erneut durch das Lokal, aber überall, wo er hinsah, waren nur Pärchen oder Familien mit Kindern. Ach du Schreck, durchschoss es ihn, sie wird doch wohl kein Kind haben und es ausgerechnet heute auch noch mitbringen? Daniel hatte so an sich nichts gegen Kinder, aber zu einem ersten Date gehörten sie bestimmt nicht, oder? Er grübelte darüber nach und meinte schließlich, wenn er schon wollte, dass sie Toleranz aufbringen sollte aufgrund seiner Socken und seines Äußeren, denn sollte er auch ein wenig toleranter sein, was sie und eventuell ein Kind anging. Obwohl es ihn innerlich ganz schön abschreckte, wenn er ehrlich zu sich selbst war.
Während er noch grübelte, welcher Frau mit Kind er sich nähern sollte, stürzte plötzlich ein junges Mädchen in die Eisdiele. Unglücklicherweise blieb sie mit ihrer Jeansjacke am Türknauf hängen, fuchtelte mit den Armen in der Luft herum (was sehr komisch aussah und an die ersten Flugversuche eines Vogels denken ließ) und plumpste dann nicht sehr damenhaft auf ihr Hinterteil. Augenblicklich verstummten alle Gespräche im Raum und sämtliche Augen waren auf die arme Frau gerichtet, die mit hochrotem Kopf versuchte aufzustehen. Eines der Kinder begann zu kichern, was ihm einen scharfen Blick seiner Mutter einbrachte.
Kurz entschlossen und mit dem Verdacht, dass seine Verabredung gerade dort am Boden saß und versuchte, sich zu erheben, ging er auf sie zu und hielt ihr die Hand hin. Die junge Frau sah ihn zuerst fragend an und nahm dann dankbar Daniels Hand, um sich daran hochzuziehen. "Danke", lächelte sie und zog an ihrer Jacke herum, als wolle sie unsichtbare Falten glattbügeln.
Scherzhaft fasste Daniel nach ihrer Schulter und drehte sie um die eigene Achse. Überrascht schaute das Mädchen ihn fragend an, musterte sein Äußeres, indem sie ihn von oben nach unten ansah, bis sie schließlich fragte: "Was war das denn?" "Ich wollte nur sehen, ob etwas passiert ist, aber von außen ist nichts zu sehen", erklärte Daniel ihr schelmisch.
"Du bist nicht zufällig Lisa, oder?", fragte er, nachdem das Mädchen sich auf die Beine gestellt hatte. Daniel besah sich die junge Frau genauer und stellte mit Bewundern fest, dass sie eigentlich wunderhübsch war, auch wenn sie leicht trampelhaft daherkam. "Doch, ich bin Lisa", stellte die Frau fest, die sich die Jacke zurechtrückte.
"Na, dann haben wir ja ein Date", bemerkte Daniel, der froh war, dass es Lisa war. Für ihn war sie die perfekte Verabredung und ihre Schüchternheit mochte er noch mehr.
"Wollen wir uns nicht setzen?", fragte er höflich und zog Lisa einen Stuhl heraus.
Lisa lächelte ihn an und setzte sich dankend auf den ihr zugewiesenen Stuhl. "Und du bist Daniel, richtig?", fragte sie noch schüchtern, als er sich ebenfalls hinsetzte. Als Daniel nickend zustimmte, sagte sie breit grinsend: "Unsere Mütter meinten wohl, dass du dringend eine Freundin bräuchtest." Daniel fand wie sie es gesagt hatte gar nicht nett und erwiderte: "Und da bietest du dich einfach mal so an, oder wie?"
"Nun ja, nicht ganz. Wenn ich ehrlich bin, hat mich meine Mutter vollkommen überrumpelt, und ehe ich mich versah, hatte ich auch schon zugesagt", kam eine zunächst zögerliche Antwort. "Oh", entkam es Daniel da, "ich hoffe, Sie bereuen es nicht allzu sehr."
"Nun, wenn ich ehrlich bin, dann, naja, bis jetzt noch nicht. Und wenn doch noch, war es wenigstens ein netter Abend in der Eisdiele, oder?", meinte sie ihm aufmunternd zuzwinkernd. Da musste Daniel ihr zustimmen. Mit ihr sich zu unterhalten war ganz einfach und er mochte ihre Einstellung. "Tja, wollen wir dann bestellen?", fragte Daniel fröhlich und wandte sich der Eiskarte zu, die er seitlich auf den Tisch legte, damit beide hineinsehen konnten.
Als beide auch noch gleichzeitig in die Karte schauen wollten, stießen sie unweigerlich mit den Köpfen zusammen und rieben sich die schmerzenden Schädel. "Es wird auf jeden Fall eine unauslöschliche Begegnung", meinte Lisa nur knapp und lächelte schmerzverzerrt. "Es tut mir leid", meinte Daniel entschuldigend, es war meine Schuld." Lisa war erstaunt ob dieser Worte und legte zum ersten Mal ihre Hand auf die von Daniel. "Mach dir keine Sorgen, halb so wild!"
Dabei musste sie daran denken, wie ihr Exfreund darauf reagiert hätte. Mit Sicherheit hätte er ihr die Schuld gegeben und sie eine blöde Kuh genannt und auf ihre blonden Haare hingewiesen. So einen Macho musste sie nicht haben und deshalb hatte sie sich auch von ihm getrennt. Aber wie so oft, wenn man an den Teufel denkt, dann ist er nicht weit ... Als die beiden gerade bestellen wollten, betraten drei weitere Gäste die Eisdiele und Daniel klappte der Mund auf, als er sah, um wen es sich handelte. Seine besten Freunde Max und Reik mit Freundin Vanessa. Zuerst realisierte Max die Situation - er war der Exfreund von Lisa - und baute sich herausfordernd vor dem Tisch der beiden auf und zischte: "Jetzt verstehe ich alles! So ist das also!" Dabei sah er sie wütend an, aber ganz besonders Daniel.
Daniel blickte ihn verständnislos an und wartete auf eine Erklärung. Aber Lisa nahm sofort die Hand von Daniel und ganz vom Tisch. Auch sie sah verwundert zu den Neuankömmlingen. "Was suchst du hier?", fragte sie sofort, doch die gleiche Frage kam auch wieder zurück, also schaltete sich Daniel ein. "Ihr kennt euch?"
"Wie bist du denn drauf?", schnauzte Max ihn an, "von wem habe ich denn wohl geredet, wenn es um die Tussis ging? Wahrscheinlich kennt ihr euch schon länger, nur konnte sie den Hals nicht voll kriegen, oder du warst nicht in der Lage, es ihr ordentlich zu besorgen!" Scheinbar war ihm nicht klar, dass er dabei war, sich alle Sympathien bei Daniel zu verspielen, denn dieser empfand sein Verhalten, im Gegensatz zu sonst, nicht mehr cool. "Noch ein einziges, abfälliges Wort zu Lisa oder mir", zischte Daniel mit einem gefährlichen Unterton,- so wie ihn Max noch nie von ihm gehört hatte, "und wir sind die längste Zeit Freunde gewesen - wobei ich langsam bezweifle, ob wir das überhaupt jemals waren - so wie du dich hier aufführst."
Vanessa mischte sich nun schlichtend ein und meinte: "Nun mal langsam hier, Jungs. Hört ihr euch eigentlich gegenseitig zu? Max", sagte sie an ihn gewandt, "Lisa ist heute hier wegen einer Bitte ihrer Mutter." Sie klärte das Missverständnis auf, da sie kurz zuvor erst mit Lisa telefoniert hatte.
Das aber nur aus ihrer Sicht, denn Max konnte, oder wollte das Missverständnis nicht nachvollziehen, denn für ihn zählte nur das, was er sah und hielt das, was Vanessa sagte, nur für eine Schutzbehauptung gegenüber Lisa und dazu fiel ihr wohl nichts Besseres ein. "Wegen einer Bitte ihrer Mutter, hää?", äffte er sie nach, "und um was soll sie gebeten haben, hää? Das kannst du jemandem erzählen, der versucht einen Pudding an die Wand zu nageln, denn der würde auch so einen Blödsinn glauben."
Nun mischte sich auch Reik ein und wollte ebenfalls wissen, was hier vorging.
Daniel und Lisa erklärten es noch einmal in Ruhe, aber es schien nichts zu nützen, bis Lisa es dann reichte und sie wutentbrannt das Lokal verließ, ohne Daniel.
Der konnte nur traurig hinterherschauen, zu verstört war er in diesem Moment, aber auch dies sollte nicht lange anhalten. "Kannst du mir mal verraten, was das sollte?", fragte er scharf an Max gerichtet.
Dieser war nicht minder wütend und sofort auf eine hitzige Diskussion aus, was allerdings der Eisdielenbesitzer nicht zuließ.Â
Er warf kurzer Hand die vier Freunde hinaus, da sie die Ruhe im Lokal störten und sich schon einige Personen beschwert hätten, weil sie viel zu laut waren.
Draußen wurde heftig weiter diskutiert bzw. gestritten. Offenbar hatte Max es noch nicht überwunden, dass Lisa ihn verlassen hatte. Allem Anschein nach wollte er wieder bei ihr landen und deshalb hielt er Daniel am Arm fest, als dieser versuchte, hinter Lisa herzueilen. "Bleib hier du Affe, Lisa ist meine Tussi, falls du das noch nicht gemerkt haben solltest." Wütend riss sich Daniel los und meinte erbost: "Danach sah es aber nicht aus und von dir lasse ich mir schon gar nichts sagen, du Spinner!" Daraufhin holte Max zu einem Faustschlag aus, aber Reik konnte Schlimmeres verhindern, indem er den Arm festhielt: "Seid ihr denn noch ganz bei Trost? Wie wäre es denn, wenn ihr Lisa die Entscheidung überlasst - wen sie haben möchte?"
Tja, aber Lisa wollte von keinem der beiden noch etwas wissen. Sie war zwar gegenüber Daniel nicht ganz abgeneigt gewesen, aber als sie feststellte, dass Max und Daniel sich kannten und eigentlich gute Freunde waren, boykottierte sie jeglichen Kontakt mit den beiden. Aber dieses erfuhren die Jungs erst Tage später von Vanessa und Reik.
Daniel war sauer auf sich selbst, dass er nicht einen anderen Treffpunkt gewählt hatte und dass dieses erste Date so sehr schief gegangen war.
Daniel hatte die letzten Tage andauernd an das erste Treffen gedacht und sich das Hirn zermartert, warum es so blöd gelaufen war. Aber er war auch fest entschlossen, sich nicht so einfach damit abzufinden. Er würde noch mal versuchen mit Lisa ein anderes Treffen zu verabreden. Aus Trotz und Wut hatte Daniel mit keinem seiner angeblichen Freunde weiter gesprochen und beschloss, es auch später nicht mehr zu tun. Vielleicht würde Lisa so erkennen, dass er sie doch mochte.
Unerwarteterweise kam ihm Vanessa zur Hilfe. Er war noch nicht ganz von der Arbeit zu Hause, als das Telefon schellte und Vanessa sich meldete: "Es tut mir leid Daniel, .. was im Eiscafé vorgefallen ist, aber der Max ,... das ist so ein Arsch und Lisa hat Angst, noch mal an den Falschen zu geraten, als sie sah, dass ihr miteinander befreundet seid." "Der Max ist für mich gestorben und die längste Zeit mein Freund gewesen, mit dem will ich nichts mehr zu tun haben!", sagte Daniel verbittert. "Soll ich noch mal mit Lisa sprechen?", fragte Vanessa hilfsbereit und teilnahmsvoll.
"Nee du, danke Vanessa, das ist lieb gemeint, aber ich mach das lieber selbst. Dann geht wieder was schief oder jemand bekommt was in den falschen Hals. Nee, lass mal. Ich habe vor gleich mit Lisas Mutter zu telefonieren, die wird mir wohl weiterhelfen. Ich erkläre ihr alles in Ruhe, und dann wird sie schon wissen, wie ich mich mit Lisa versöhnen kann. Immerhin war es nicht Lisas Idee, sondern die ihrer Mutter, wie Lisa mir verriet. Ich denke, ich schaff das schon, aber danke für den Versuch!"
Daniel verabschiedete sich von Vanessa und blieb nachdenklich neben dem Telefon stehen.
Eigentlich könnte er gleich zur Tat schreiten und Lisas Mutter anrufen, überlegte er. Entschlossen rief er seine Mutter an und bat sie um die Nummer.
Als diese verdutzt fragte, was er denn von Anneliese wolle, meinte er: "Das erkläre ich dir später. Es eilt, Mama, also bitte." Zum Glück verzichtete seine Mutter auf weitere Diskussionen und gab ihm die Nummer. Nach einem kurzen "Danke" legte Daniel auf und wählte gleich erneut. Während er dem Signalton lauschte, überlegte er, wie Lisas Mutter hieß - Anneliese, ja, das wusste er, aber er konnte die Frau ja nicht einfach so ansprechen. Großer Gott, der Nachname wollte ihm nicht einfallen. Wurde er langsam senil?
"Hallo ...", meldete sich eine weibliche Stimme, die reichlich verschlafen klang, was Daniel etwas irritierte, denn so spät war es doch noch nicht.
"Hallo, Hallo????? Wer ist denn da?" Daniel brauchte ein paar Sekunden, um klar zu werden. "Ähhmm, hier ist Daniel, Sie wissen schon. Es geht um die Lisa.Â
"Daniel, ich war gerade eingeschlafen, es geht mir nicht so gut. Was ist mit Lisa, euer Date ist nicht so gut gelaufen, wie ich hörte." Daniel schnaufte so tief durch, dass Lisas Mutter es hören konnte. "Verstehe, ich soll vermitteln?"
Daniel wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Im Grunde war es genau das, was er wollte, aber ihm war es auch unangenehm. Vor allem verwunderte es ihn, dass Anneliese so schnell verstand, obwohl sie doch angeblich eben noch geschlafen hatte. Seine Mutter würde nicht so schnell schalten, dachte er noch, als er stammelnd antwortete: "Ähm ja, das wäre furchtbar nett von Ihnen."
Die alte Frau schien wohl nicht so alt zu sein, denn sie empörte sich sofort und meinte: "Nun lass mal das ´Sie´ weg. Ich bin zwar alt, aber nicht so alt, dass ich darauf einen Wert lege, verstanden? Ich bin Anneliese", fügte sie freundlicher hinzu.
"Ist gut, danke, ab sofort Anneliese", antwortete Daniel mit gespielter Unterwürfigkeit. "Ich habe es mir noch mal überlegt und ich glaube, Lisa hat mich falsch gesehen. Du würdest mir einen Gefallen tun, wenn du ihr sagst, dass ich mit Max nicht mehr befreundet bin und wenn sie noch Interesse an einem neuen Date hat, dann soll sie mich bitte anrufen und sage ihr noch mal, dass es mir leidtut, - so wie es gelaufen ist." "Das mache ich, aber ich kann für nichts garantieren, - Lisa ist nicht so ganz einfach und mit ihren Freunden hat sie bisher immer Pech gehabt", antwortete die Mutter und in ihrer Stimme schwang Besorgnis - oder vielleicht auch etwas Hoffnung, mit.
Zwei Tage später, Daniel hatte eigentlich schon gar nicht mehr damit gerechnet, ging tatsächlich sein Handy und Lisa war dran. "Hallo Lisa, schön, dass du dich doch noch meldest", begann Daniel aufgeregt. "Ja, ich habe mich dennoch entschlossen, nachdem meine Mutter mir gesagt hat, dass du bei ihr angerufen hast. Sie meint, man kann ja schließlich nichts für seine Freunde. Also, wie wäre es mit einer zweiten Chance?"Â
Daniel überlegte nicht lange. "Du, ich habe ja bald Geburtstag und es wäre schön, wenn du kommen würdest. Da musst du auch keine Angst haben, dass Max da ist. Ich lade keinen meiner früheren Kumpels ein. Und magst du kommen?"
"Aber was ist denn mit Vanessa und ihrem Freund?", fragte Lisa sogleich. "Die können leider nicht kommen, da sie in den gemeinsamen Urlaub fahren. Das hat Vanessa dir doch sicherlich erzählt, sie fahren nach Spanien; ihr erster gemeinsamer Urlaub. Und was sagst du, kommst du?", fragte Daniel. Lisa überlegte noch kurz und sagte dann zu, was Daniel riesig freute.
Das Gespräch war gerade beendet, als sein Handy klingelte. "Bitte, wer ist dort? Heiiiidrun? Doch nicht etwa die Heidrun? Das gibt's doch nicht!" - Heidrun war eine Schulfreundin von Daniel, und als sie nach der Schule mit ihren Eltern umgezogen war, hatten sie sich aus den Augen verloren. "Wo bist du denn und wie bist du an meine Handynummer gekommen?", fragte er überrascht und hoch erfreut. "Du Banause stehst ja nicht im Telefonbuch, aber deine Mutter", kam es lachend zurück. "Und sie hat dir meine Nummer gegeben? Oh warte, die kann was erleben." Dann aber sofort: "Nein, nein, ich finde es schön und es freut mich, dass du angerufen hast, das ist ja eine Überraschung!"
"Du, sag mal, Heidrun, hast du nicht Lust zu meiner Geburtstagsparty zu kommen, ich würde mich sehr freuen dich mal wieder zu sehen. Ist ja lange her."
Heidrun schien es schön zu finden, eine Einladung zu bekommen. "Okay, warum nicht. Wann und wo? Ich komme gerne."
Daniel teilte ihr die Daten mit, und als er aufgelegt hatte, stellte er fest, dass es Probleme geben könnte.
Das musste er unbedingt vorher mit Lisa klären, bevor auch dieses Treffen ein Desaster würde und dies auch noch an seinem 30. Geburtstag.
Er schüttelte erst mal seinen Kopf, um diesen wieder freizubekommen und schon klingelte es an der Tür; es war seine Mutter, die eine junge Frau in petto hatte. Daniel war erst mal verdattert und bekam gerade so ein "H-Hallo" heraus. Seine Mutter und die junge Frau mussten lachen, aber das störte Daniel nicht.
Als er sich wieder gefasst hatte, denn es war bisher noch nie vorgekommen, dass seine Mutter ihn ohne Vorankündigung besuchte, meinte er neugierig und zugleich gespannt: "Was verschafft mir denn die Ehre? Und dann auch noch zu zweit."
"Das ist Inka, meine Hausfriseuse, hat sie mir nicht die Haare schön gemacht? Ich dachte mir, vielleicht könnte sie dir auch die Haare schneiden, denn nötig wäre es ja mal wieder."
"Oh?! ... Okay", freute sich Daniel dann doch, denn Frisörbesuche waren nicht so seine Sache, und wenn die Frisöse schon zu ihm nach Hause kam, mhh, dann sagte er bestimmt nicht Nein. Er bat die beiden hinein und Inka ließ ihn auf einem Stuhl Platz nehmen, und schon begann sie mit ihrer Arbeit. Mutter Elisabeth hingegen fing unverblümt zu sprechen an. "Inka ist letzten Monat erst hierher gezogen und gerade mal 27 Jahre alt und weißt du was, Daniel? Inka ist ebenfalls Single." Sie freute sich wie ein Honigkuchenpferd und sah Daniel bedeutungsvoll an.
"Jö, jö!", beschwerte sich Daniel, "das kommt mir aber schon so vor wie eine Haarschneidevergewaltigung."
"Halte bitte den Kopf still!", sagte Inka energisch und hielt ihn mit beiden Händen an den Schläfen, geradeaus, "oder möchtest du, dass ich dir die Ohren abschneide?"
Ihre Berührung war ihm sehr angenehm und er zappelte extra noch etwas mit dem Kopf hin und her, um sie zu provozieren und zu seiner Mutter meinte er: "Könntest du uns bitte inzwischen einen Kaffee machen? Es ist noch alles an der gleichen Stelle, wie vor vier Jahren, als du mich das letzte Mal besucht hast." "Den Kopf bitte ruhig halten!", ermahnte Inka ihn noch mal resolut.
"Sag mal Inka", meinte Daniel leicht hinterfragend. "Weißt du, ob hinter dieser Haarschneidemasche nicht noch was anderes steckt? Ich kenne meine Mutter sehr gut und weiß, wie sie tickt. Sie hat nicht zufällig was von mir, meinem Leben als Single oder einer Lösung für dieses Problem gesagt?"
Inka setzte die Schere ab. "Was ist los, was meinst du? Du willst doch wohl nicht behaupten, deine Mutter macht hier einen Verkupplungsversuch? Das wäre mir peinlich und nicht angebracht, da ich auch erst seit kurzem Single bin und die Narben noch nicht verheilt sind!" Daniel zuckte mit den Schultern und legte den Kopf wieder die richtige Position. "Keine Ahnung, lass uns weitermachen."
Daniel war sehr zufrieden, denn er war von ihrem Aussehen und Auftreten nicht abgeneigt. Er versuchte es weiterhin mit Smalltalk: "Wie lange ist es her?"
"Viereinhalb Wochen genau", sagte sie ganz knapp und Daniel grübelte. "Dann bist du direkt nach der Trennung hierher gezogen? Warum?" Sie zögerte und Daniel glaubte schon, ins Fettnäpfchen getappt zu sein.
"Waaaruuum, ich verstehe deine Frage nicht ganz", ... doch Daniel wurde vorerst einer näheren Erklärung enthoben, da sein Handy wieder klingelte. "Sei doch bitte mal so gut und reiche mir das Handy", bat er.
"Ich bin es noch mal Daniel", sagte eine ihm bekannte Stimme.
"Heidrun?"
"Ja, ich wollte dich nur fragen, ob es dir recht ist, wenn ich eine Freundin mitbringe zu deinem Geburtstag?"
"Ja, aber natürlich kannst du deine Freundin mitbringen", - um so größer wird die Auswahl, dachte er für sich, wenn sich bis dahin nichts getan haben sollte.
"Na super, du bist ein Schatz", flötete Heidrun ins Telefon. "Sie heißt Annalena und ist wirklich eine ganz Liebe. Sie hat Kummer mit ihrem Freund und ich möchte, dass sie sich ein wenig ablenkt."
Daniel musste insgeheim grinsen. Da taten sich ja ungeahnte Möglichkeiten auf.
"Prima Heidrun", meinte er. "Dann sehen wir uns spätestens bei der Party."
Inka berührte vorsichtig seinen Kopf, um diesen wieder in die richtige Position zu bringen. Daniel, der mit seinen Gedanken noch beim Telefongespräch war und über diese Annalena nachdachte, zuckte zusammen.
"Tschuldige" flüsterte sie. Daniel beendete das Telefonat und gerade in diesem Moment kam seine Mutter mit dem Kaffee herein "Daniel, du musst unbedingt mal deine Kaffeemaschine entkalken, die dauert ja ewig. Aber nun gut, wer möchte Kaffee?" fragte sie liebenswürdig. Daniel und Inka sagten gleichzeitig "Ich" und mussten lachen.
Daniel hatte sich vom Stuhl erhoben, um den Kaffee entgegen zu nehmen und dabei fiel sein Blick auf den Boden und ihm schwante Schlimmes, als er sah, was Inka bisher fabriziert hatte. Im gleichen Augenblick wandte er sich dem Spiegel zu und er wollte nicht glauben, wer ihm dort entgegen sah. "Ja, bist du denn des Wahnsinns, Inka? Du hast mir ja die ganze Moppe abgeschnitten und ich dachte, du wolltest nur die Spitzen schneiden. Schau doch selbst, was du angerichtet hast! Wie sehe ich denn aus? So kann ich mich doch nirgends mehr sehen lassen." Die Entrüstung war nicht gespielt, sondern Daniel meinte es bitterernst. "Zumindest hättest du mich vorher fragen können!", fügte er vorwurfsvoll hinzu.
Inka wusste allerdings nicht, warum sich Daniel so aufregte. "Wieso, ist doch modisch geschnitten, was hast du denn jetzt? Das tragen zur Zeit alle jungen Männer so." Daniel allerdings konnte sich gar nicht beruhigen und meinte leicht böse: "Ich bin aber nicht jeder. Wie sehe ich denn jetzt aus? Und meine Party, die Mädels? Die lachen mich ja aus. Ich seh ja aus wie ein gerupftes Huhn!"
"Du siehst nur aus wie ein gerupftes Huhn, weil ich erst bei der zweiten Seite angefangen habe. Das sieht man doch, die eine Seite ist fertig und die zweite Seite fange ich jetzt erst an. Das wird gleich schon gut aussehen, glaub mir. Und außerdem hat deine Mutter mir erlaubt, etwas mehr abzuschneiden, stimmt´s?" fügte sie an Elisabeth gewandt hinzu, die zuerst etwas sprachlos war und dann zustimmend meinte: "Du musst wirklich mal mit der Mode mitgehen, Daniel."
Aha, dachte Daniel für sich, daher wehte also der Wind. Und als er dieser Erkenntnis genügend Aufmerksamkeit geschenkt hatte, hielt er den Beiden einen kleinen Vortrag über seine Auffassung von Mode und damit lag er gehörig neben ihrer Vorstellung. "Außerdem habe ich nicht die geringste Lust, alle 14 Tage zum Friseur zu rennen, nur weil ihr der Meinung seid, dass es modern ist", fügte er schmollend hinzu. Damit hatte er Inka - die langsam Gefallen an dem eigensinnigen Burschen fand - ungewollt in die Karten gespielt, als sie meinte: "Das brauchst du doch auch nicht, ich schneide dir doch gerne die Haare."
Das fand Daniel sehr charmant, so wie sie es sagte und er bekam ungewollt an den Wangen leichte rote Punkte, die er schnell hinter der Kaffeetasse versteckte und eilig den heißen Kaffee hinunterschlang. "Mum, der schmeckt echt lecker, kann ich noch einen haben?", fragte er lobend seine Mutter, die ihn überrascht beobachtete. "Klar, gerne. Wenn Inka dann jetzt die zweite Seite fertig schneiden kann? Dann bekommst du so viel Kaffee; wie du möchtest", sagte Elisabeth herzlich lachend.
Daniel sah ein, dass er sich seinem Schicksal ergeben musste, denn gegen so viel weibliche Logik kam er nicht an und wie ein gerupftes Huhn wollte er auch nicht herumlaufen. Das Bild, das bei diesem Gedanken vor seinem geistigen Auge auftauchte, ließ ihn beinahe in Gelächter ausbrechen. Er presste die Lippen zusammen, um nicht loszuplatzen und machte eine gestikulierende Handbewegung. Dabei vergaß er, dass in seiner Tasse noch ein Rest des braunen Getränks vor sich hindümpelte. Dieser Rest ergoss sich nun spontan auf Inkas weiße Hose.
Inka, die gerade seinen Pony schneiden wollte und neben, fast vor ihm stand, sprang noch kurz zur Seite, aber es half nix. Der Kaffee breitete sich bereits auf der schönen weißen Hose aus und hinterließ hässliche braune Flecken. "Oh nein!", riefen Elisabeth und Inka fast gleichzeitig und wuselten eilig zur Küche, um zu retten, was zu retten war und die Hose sofort mit kaltem Wasser austupfen. Jedoch war der Kaffeefleck so hartnäckig, dass Inka aufgab und sich die Hose auszog, um den Fleck auszuwaschen. Daniel, der gerade herbei geeilt kam, um sich mehrfach zu entschuldigen, wurde kurzer Hand von seiner Mutter aus der Küche geworfen, mit der Aufforderung: "Geh und hole eine Hose für Inka, am besten eine Jogginghose, die lässt sich verstellen."
So ganz verstand er die Aufregung nicht und ließ den Pragmatiker durchblicken, indem er meinte: "Nun macht es nicht so spannend, wascht doch den Fleck einfach heraus und ich föhne es trocken, das kann doch nicht so schwer sein!" Kopfschüttelnd ging er wieder ins Bad um den Föhn zu holen: "Weiber", murmelte er vor sich hin.
"Mecker nicht so und hol Inka eine Hose!", rief seine Mutter Daniel hinterher. "Ach Inka, es tut mir so leid. Mein Sohn ist manchmal etwas tollpatschig", sagte sie an Inka gewandt und bekam auch gleich ein murrendes Echo aus der Wohnung: "Das hab ich gehört." Inka und Elisabeth mussten lachen. Inka, die die ganze Zeit sehr ruhig geblieben war, meinte nun zum ersten Mal beruhigend an Elisabeth gewandt: "Ist schon gut, Elisabeth. Ich glaub, ich hab den Fleck heraus bekommen, wenn ich jetzt noch eine anderen Hose bekomme, ist alles wieder gut."
Kurz darauf kam Daniel mit einer pinken Jogginghose und dem Fön heran geeilt und hielt die Jogginghose Inka hin, die sie lächelnd entgegen nahm. "Wir sollten deinen Kopf fertigmachen", meinte Inka und Daniels Mutter fügte noch hinzu: "Aber Kaffee gibt es erst, nachdem Inka fertig geschnitten hat." Daniel zog schmollend ab und setzte sich wieder ganz brav auf den Stuhl um das Drama hinter sich zu bringen.
Als sie fertig waren, betrachtete er sich noch mal kritisch im Spiegel und kam zu der Erkenntnis, dass es wohl sehr lange dauern würde, bis er sich an diesen Anblick gewöhnt hatte. „Wahrscheinlich erst dann“, schmunzelte er vor sich hin, “wenn die Haare wieder die ursprüngliche Länge hatten.“ Da machte Inka ihm aber einen Strich durch die Rechnung, als sie liebenswürdig meinte - und ganz von ihrer Leistung überzeugt schien: "Wenn du möchtest, dann komme ich immer gerne bei dir vorbei, wenn ich deiner Mutter die Haare gemacht habe." Sie wich instinktiv einen kleinen Schritt zurück, als sie den entsetzten Blick von Daniel wahrnahm und er skeptisch fragte: "Kann es sein, dass du eine etwas sadistische Ader hast?"
Nun war es Inka, die Daniel einen entsetzen Blick zuwarf.
"Also ich finde, du siehst gut aus. Genau richtig für dein Alter", meinte seine Mutter, die sich nun auch in das Gespräch einmischte uns versuchte, die arme Inka etwas in Schutz zu nehmen.
"Aber Mutter", meinte Daniel weiter entrüstet. "Ich bin nun mal ein Individualist, schon immer gewesen. Und ich meine eben nicht nur bei der Frisur, sondern auch bei der Auswahl eines Mädchens. Die ganzen Versuche mir 'ne Freundin zu beschaffen, sind ja lieb gemeint, aber ich glaube eben ans Schicksal und nicht an eine Kaufhausliebe."
Elisabeth sah beleidigt aus, schnappte sich ihren Kaffee und zog in die Küche davon. Inka schlug Daniel einmal hart gegen die Schulter. Und als dieser "Aua" rief, meinte sie nur gespielt vorwurfsvoll: "So spricht man nicht mit seiner Mutter. Das hat sie verletzt. Los geh hin und entschuldige dich."
Daniel seufzte schwer und befand, dass sie recht hatte, also stand er widerwillig auf und ging schlurfend hinter seiner Mutter her, um sich zu entschuldigen. "Ma, tut mir leid, aber du hast mich überrumpelt, zuerst mit dem Suchen von Freundinnen und nu mit der neuen Frisur."
Elisabeth seufzte hörbar. Es war nicht einfach mit Daniel. Er war zu empfindlich, legte alles auf die Goldwaage und Ratschläge ihrerseits schoss er oft in den Wind. Aber zumindest hatte er sich entschuldigt, das musste sie anerkennen.
"Na ja, mein Sohn", meinte sie daher versöhnlich. "Ich wollte ja nichts Böses und überrumpeln wollte ich dich auch nicht. Aber manchmal brauchst du einen kleinen Schubs. Das heißt nun nicht, dass du alles, was ich sage, direkt annehmen musst, aber ein wenig nachdenken über die Hinweise deiner Mutter könntest du schon, ehe du aus Prinzip Nein sagst."
"Ich sage nicht aus Prinzip Nein", verteidigte sich Daniel vehement - dem immer noch nicht die zu kurz geschnittenen Haare in den Kopf wollten - "aber bei dir komme ich ja gar nicht zum Nachdenken, weil du mich immer vor vollendete Tatsachen stellst. "Aber Junge, ich will doch .." Energisch schnitt er ihr das Wort ab. "Du scheinst zu vergessen, dass ich in ein paar Tagen dreißig werde und kein kleiner Junge mehr bin. Du möchtest mit aller Gewalt, dass ich eine Freundin habe, aber so wie sich die Weiber anstellen, weiß ich noch gar nicht, ob ich das überhaupt will! Das beste Beispiel dafür ist doch Lisa!" "Aber Junge, du wirst doch nicht schwul sein?", meinte die Mutter ganz erschrocken und besorgt.
"Und wenn?", fragte Daniel provokant. "Das wäre wohl eines der schlimmsten Dinge, die du dir vorstellen könntest." Elisabeth zog scharf die Luft ein. "Daniel ... nein, das meinst du doch jetzt nicht ernsthaft ..." Sie stockte und machte eine hilflose Geste mit der Hand. Daniel konnte nicht anders, in diesem Moment musste er grinsen. Eigentlich wusste er, dass er nicht überziehen durfte, aber ein wenig wollte er die Situation noch auskosten. So sagte er nur: "Meinst du wirklich, Mutter, ich sei zu blöd eine Freundin zu bekommen?" Elisabeth wurde blass,
sagte vorerst gar nichts mehr und ließ Daniel weiter sticheln. Sie konnte es sich einfach nicht vorstellen, dass ihr einziger Sohn nun homosexuell werden wollte, nur weil sie ihm etwas Gutes tat. Sie schüttelte mit dem Kopf, dann aber lachte sie los, legte eine Hand auf seine Schulter und meinte immer noch lachend: "Weißt du, Daniel, eigentlich ist es mir egal, mit wem du zusammen bist, Hauptsache ist doch, du bist glücklich. Und wenn du meinst, dass es ein junger Mann sein soll, dann ist es halt so und ich werde ihn willkommen heißen." Dann wandte sie sich ab und ging zu Inka um sie zu bitten zu packen, damit sie gehen konnten. Daniel aber blieb starr in der Küche stehen und konnte nicht umhin daran zu denken, dass seine Ma nichts dagegen hatte, wenn er zum anderen Ufer schwamm.
Er überlegte krampfhaft, wie er weiter fortfahren sollte, doch wollte er seiner Mutter auch keinen Herzinfarkt bereiten. Aber Dennis aus der Nachbarschaft war ihm schon aufgefallen und es hatte sich ein leicht wohlig warmes Gefühl in ihm ausgebreitet. Doch er verwarf den Gedanken schnell, denn wie würde er dastehen, wenn er jetzt auch noch die Gefühle zu einem Jungen gestand? Nein er war und würde immer ein Kerl sein und so fragte er seine neue Friseurin, ob sie nicht mit ihm etwas trinken wolle.
Inka war überrascht und zögerte etwas mit der Antwort.
Irgendwie war Daniel ja ein netter Junge, wenngleich auch eigentlich nicht ganz ihr Typ. Aber es konnte interessant werden, dachte Inka. Und so willigte sie spontan ein.
"Wie wär's heute Abend?", fragte Daniel erfreut. "Warum nicht", meinte Inka. "Ich hätte Zeit. Wo wollen wir uns treffen?"
In Daniels Kopf spulte ein Film ab mit sämtlichen Bars und Kneipen, die er kannte. Er wollte vermeiden, dass ihn Freunde und Bekannte mit Inka sahen.
Doch als er Inka so direkt gegenüberstand, fiel ihm etwas auf, was er bis dahin gar nicht so richtig wahrgenommen hatte, weil er überwiegend auf einem Stuhl gesessen hatte. Sie war fast einen Kopf größer als er, und wenn er sie so recht betrachtete, war auch sonst nicht viel an ihr dran. Wenn er und seine Freunde unter sich waren, dann hatten sie schon des Öfteren über solche Erscheinungen gelästert: zwar kein Flittchen, aber auch kein Arsch und kein Tittchen. Das missfiel ihm und er suchte nach einer Ausrede, um sein Angebot wieder rückgängig zu machen.
Er überlegte fieberhaft und meinte dann mit einem erschrockenen aufgesetzten Gesichtsausdruck: "Mensch, heute geht ja gar nicht, das hab ich völlig vergessen. Entschuldige Inka, heute habe ich schon eine Verabredung."
"Ach, ist kein Problem. Ich hab eh noch genug zu tun mit meinen Umzugskartons. Aber es wäre eine schöne Abwechslung gewesen", scherzte sie und er war dankbar, dass sie es so locker aufnahm. Zu seiner Überraschung drängelte Ma, dass sie los wollten. Inka nickte und sie verabschiedete sich von Daniel.
"Puhhh..., das war knapp", schnaufte Daniel erleichtert durch. Diese ganze Sache mit den Dates und Verabredungen hatten ihn ordentlich durstig gemacht. Er ging zur Küche und entnahm dem Kühlschrank ein kühles Blondes. Er zischte sich die halbe Flasche auf Ex rein und begann zu grübeln.
Dann erkannte noch er noch etwas anderes, nämlich dass er sich vorgenommen hatte, nicht zu oberflächlich zu sein und was tat er? Er tat es gleich als Allererstes. Nur weil sie nicht seinem Idol entsprach, hieße es ja nicht, dass sie nicht sehr nett sein würde. Er zuckte mit den Schultern und trank den Rest des Bieres aus. Er sollte sich vielleicht doch mal mit Inka treffen und sie wenigstens näher kennenlernen, vielleicht entstand ja nicht gerade eine Beziehung zwischen ihnen, aber eventuell eine Freundschaft und das wäre doch auch schon etwas wert, grübelte er.
Eine bis dahin nicht gespürte Leere machte sich in ihm breit. Das Bier begann ihm immer besser zu munden und so blieb es auch nicht bei der einen Flasche. Je mehr sich seine Gedanken mit der Weiblichkeit befassten, umso unruhiger wurde er. Normalerweise pflegte er mit seinen Freunden herumzuhängen, wenn er nichts mit sich anzufangen wusste. Aber auf Max, den blöden Sack, auf den hatte er keinen Bock und Reik war mit seiner Freundin beschäftigt.
Kurz entschlossen rief er Heidrun an. Dazu brauchte er nur die Wahlwiederholungstaste zu drücken, denn die Nummer war gespeichert. Warum sollte er bis zu seinem Geburtstag warten?
Nach dem zweiten Klingeln wurde abgehoben. Eine tiefe Stimme meldete sich mit einem langgezogenen "Jaaaa?"
Daniel erschrak. Hatte er falsch gewählt? "Wer spricht denn da?", fragte die Stimme leicht ungeduldig. "Ähem,....ja...hier spricht.... eh, Daniel, ich hätte gern die Heidrun gesprochen", stotterte Daniel verwirrt.
"In welcher Angelegenheit?" Die Stimme ließ nicht nach und Daniel war versucht, einfach das Gespräch zu beenden. Plötzlich hörte er aus dem Hintergrund eine weibliche Stimme: "Marc, wer ist denn dran?" Aha, Marc hieß also der Typ, dachte Daniel und war enttäuscht. Das würde wohl nichts mit Heidrun, wenn ihr Lover schon an ihr Handy ging.
"Ein Daniel", hörte er die Stimme am anderen Ende sagen und nach einer kurzen Pause meldete sich Heidrun. "Hey, was verschafft mir denn die Ehre?", meldete sich Heidrun lachend und gut aufgelegt. "Kann es sein, dass dein Freund ein Bulle ist?", fragte Daniel etwas verhalten, "so wie der gefragt hat, wäre das gut möglich." Etwas dünner vernahm er, wie Heidrun belustigt fragte: "Marc, bist du ein Bulle?" Und hörte, wie beide lachten. Dann meinte sie: "Das war mein großer Bruder, der seine Beschützerrolle immer noch nicht abgelegt hat und weil er das so gut macht, bin ich immer noch Single", lachte sie.
"Ach so", meinte Daniel leicht verächtlich, doch war er auch gleichzeitig erleichtert.
"Hör mal Heidrun, hast du nicht Lust morgen mit mir in den Park zu gehen? Die haben da ein Event mit freier Kunst. Habe gehört; es soll super sein. Die sind nur einmal im Jahr da und stellen alle möglichen Sachen aus." Daniel hörte, wie im Hintergrund der Beschützerbruder brummelte: "Na, wenn's sein muss, ist der Typ denn okay?" Dann herrschte kurze Funkstille und erst nach zwei Minuten meldete sich Heidrun wieder zu Wort.
"Daniel? Bist du noch dran?", fragte sie.
"Ja klar, ich dachte schon, du hättest aufgelegt", meinte Daniel.
"Nö", lachte Heidrun, "ich hatte nur eine kleine Unterhaltung per Augenkontakt mit meinem holden Bruder."
"Ach so." Daniel tat uninteressiert, aber er hätte doch zu gern gewusst, ob Heidrun immer die Erlaubnis von Marc einholen musste, wenn sie eine Verabredung traf.
"Was ist nun? Kommst du mit?", fragte er stattdessen.
"Ja gern", meinte Heidrun und es klang erfreut. "Aber seit wann stehst du auf Kunst? Ich erinnere mich, dass du damals diesbezüglich eher ein Banause warst." "Menschen ändern sich, weißt du", meinte Daniel etwas angesäuert. "Das ist 'ne super Veranstaltung, und wir könnten uns etwas besser kennenlernen und alte Geschichten abhaken." Sie kicherte. "Ja, dann hol mich morgen ab, aber sei pünktlich!"
"So ein Mist!", dachte Daniel, nachdem er aufgelegt hatte, "wie ist das denn gelaufen?" Eigentlich hatte er sich vorgestellt mit Heidrun noch ein Bierchen trinken zu gehen. Nach einer weiteren Flasche Bier schaute er beunruhigt zur Uhr, denn er benötigte sofort Trost und nicht erst morgen. "Verdammt, schon halb neun! Macht nichts!" Durch die Bierchen ermutigt, blätterte er im Handy - Namensregister und bei Lisa drückte er auf Wählen. "Ja bitte?", meldete sich Lisa. "Eh, eh ... entschuldige bitte Lisa,.. ich, .. ich bin's, Daniel".
"Ist aber 'ne merkwürdige Uhrzeit um mich anzurufen", meinte Lisa kurz angebunden. Daniel zuckte mit den Schultern, was Lisa aber nicht sehen konnte. "Ja uuuunnnd...???", hörte er weiter. "Warum rufst du an?" Daniel war sich nicht mehr sicher, warum er eigentlich angerufen hatte. "Na, ich wollte dich einfach mal fragen, ob du Lust hast, mit mir etwas trinken zu gehen." Doch er hatte da nicht mit ihrer Antwort gerechnet.
"Nee, nee Daniel. Ich gehe nichts trinken, außerdem hörst du dich so an, als hättest du schon genug getrunken. Du lallst ja schon! Und das um diese Uhrzeit. Nee lass mal. Du kannst dich ja mal melden, wenn du wieder klar bist!"
Damit legte Lisa auf und Daniel blieb mit seinem Frust zurück.
Das war bei Weitem anders gelaufen, als er erwartet hatte. Heute schien einfach nicht sein Tag zu sein. Verwirrt blätterte er nochmals durch die Namensliste in seinem Handy, fand jedoch keine Nummer, die er hätte anrufen können - oder wollen.
"Das darf doch einfach nicht war sein. Heute scheint echt nicht mein Tag zu sein", grummelte er vor sich hin und schaute noch einmal durch sein Register - nichts. Dann erinnerte er sich an die freundliche Frisöse von heute Mittag und suchte ihre Telefonnummer, die sie ihm doch aufgeschrieben hatte. Nach einigem Suchen auf und unter dem Sofa fand er den kleinen Zettel endlich halb zerknüllt in einer Ecke des Sofas, dort wo er eben erst noch gesessen hatte. Er entfaltete das Zettelchen und wählte kurzer Hand ihre Nummer, vielleicht konnte sie ihn ja heute noch aufmuntern.
Gott sei Dank!, dachte er erleichtert, als Inka selbst abnahm. Noch so einen mit Argusaugen wachenden Bruder wie bei Heidrun konnte er heute nicht verkraften.
Er hatte wohl zu lange geschwiegen. Ein ungeduldiges "Ja, wer ist denn nun dort? Für Telefonstreiche habe ich keine Zeit" holte sie ihn aus seinen Gedanken, wieder in die Realität. "Ähem ... ja ... ich bin's ..." Er stockte.
"Wer ich?", fragte Inka und sie klang schon leicht angenervt. Er musste sich zusammenreißen. "Ich - Daniel. Tut mir leid, dass ich vorhin unsere Verabredung so rasch wieder abgesagt habe. Aber mein Vorhaben..." Wieder stockte er.
"Sag bloß, es hat sich zerschlagen?", lachte Inka am anderen Ende. "Nun hast du wohl doch Lust auf ein Bierchen?"
"Nun...", Daniel stockte einen Moment. "... Ja." Er hatte ein wenig Bammel, da er befürchtete, sie würde ihn gleich im nächsten Moment in die Wüste schicken. Nach der Art, wie Inka das Gespräch begonnen hatte, wäre das auch nicht weiter verwunderlich.
Da der Alkohol inzwischen seine Wirkung zeigte, in der Art, dass er Inka in einem ganz anderen Licht erscheinen ließ, als er sie bisher gesehen hatte, begann er Süßholz zu raspeln: "Zerschlagen kann man nicht sagen", meinte er vorsichtig, "ich doof habe mich vertan, ... und weißt du, ich, ... ich habe ein etwas schlechtes Gewissen, .. ich glaube, ich war nicht besonders nett zu dir und möchte mich gerne bei dir entschuldigen, .. das, eh ich meine, das ginge doch am Besten bei einem Bierchen, .. dachte ich mir, .. was meinst du?" "Hmmm..." Inka klang unschlüssig und Daniel seufzte resigniert. Doch dann lachte sie und meinte: "Ach Mensch,warum nicht! Dann lass uns jetzt aber schnell was ausmachen,ehe du es dir wieder anders überlegst."
"Oh, prima!",rief Daniel erfreut. "Wir können uns am Marktplatz treffen und dann entscheiden, wo wir unser Bierchen trinken. In einer halben Stunde? Ist das o. k.?"
Wieder lachte Inka. "Der Ort schon, aber mit der Zeit wird es schwierig. Ich bin ja gar nicht darauf vorbereitet. Also gönn mir zumindest eine Dreiviertelstunde."
"Okay, dann sagen wir gleich in einer Stunde?" Daniel war ziemlich gut drauf, was durch eine nicht eingetretene Absage seitens Inka noch verstärkt wurde.
"Klingt gut. Also, dann bis in einer Stunde!" Mit diesen Worten beendete Inka das Gespräch.
Gut, das wäre geschafft, dachte Daniel, während er sein Handy auf dem Couchtisch ablegte und langsam das Bad ansteuerte.
Plötzlich überkam ihn der Bierschiss und er eilte so schnell er konnte auf die Toilette (*lach*). "Na, zum Glück treffen wir uns erst in einer Stunde", sagte er scherzhaft zu sich selbst und verrichtete sein Geschäft.
Als er fertig war, wusch er sich ordentlich die Hände, kämmte sich noch mal die Haare und sah sich im Spiegel an, als er merkte, dass er kaum noch Haare hatte zum Kämmen. "Daran muss ich mich wohl erst noch gewöhnen."Â
Ob er sich noch etwas von dem Herrenduft auftun sollte, den seine Mutter ihm geschenkt hatte? Zögernd hielt er die Flasche in der Hand. "Ach nee, Blödsinn",sagte er zu sich selbst. Warum den eigenen Geruch überdecken? Schließlich war er frisch gewaschen. Breit grinste er seinem Spiegelbild zu, das seltsamerweise recht verschwommen aussah, und fand sich auf einmal recht ansehnlich mit dem neuen Haarschnitt. Aber ein frisches Hemd sollte er sich doch wohl anziehen.
In seinem Bauch grummelte es schon wieder verdächtig und Daniel verfluchte die unüberlegt getrunkenen Bierchen. Wenn es so weiter ging, würde er den Abend mit Inka bei Wasser oder Cola bleiben müssen.
Aber es sollte noch schlimmer kommen, selbst nach dem zweiten Mal ließ das unangenehme Gefühl nicht nach und er konnte nicht vorhersehen, wann er das nächste Mal musste. So hatte das keinen Zweck. Kurz entschlossen wollte er Inka anrufen und sie fragen oder bitten, zu ihm nach Hause zu kommen, aber er konnte sie nicht erreichen. Was nun, was sollte Inka von ihm halten, wenn er nicht erschien? In seiner Not rief er die Polizei an, sie könnte ihn doch entschuldigen. "Mann, sind Sie eigentlich noch recht bei Trost, uns wegen so einer Lappalie anzurufen?", sagte der Beamte barsch und entrüstet.
"Ähem, ja...", stotterte Daniel und wurde sich erst in diesem Moment bewusst, welch einen Blödsinn er da verzapft hatte.
"Wie...ähem, ja?",fragte der Beamte. "Ist mit Ihnen alles in Ordnung oder soll das ein dummer Scherz sein?"
Daniel überlegte fieberhaft. "Nein, nein, kein Scherz!", brüllte er ins Telefon. "Es ist wirklich ein Notfall. Wenn das hier schief geht, kann ich mich nirgends in der Stadt mehr blicken lassen und mir gleich die Kugel geben."
"Jetzt reden Sie nicht um den heißen Brei, sondern spucken es aus! Wir haben hier Wichtigeres zu tun, als uns mit obskuren Notfällen abzugeben, die keine sind", sagte der Polizist genervt.
Dass der Beamte seine Situation als einen obskuren Notfall abtat, brachte Daniel auf die Palme. Musste es denn immer erst zu einem Mord kommen, bevor die Herren tätig wurden?", fragte er sich und die anschließende Erklärung sprudelte nur so aus ihm heraus und er schloss damit: "Die Polizei möchte sich doch immer gerne als Freund und Helfer präsentieren, dazu passt Ihre arrogante Haltung aber in keiner Weise." Auf der Gegenseite erfolgte eine längere Pause, und als sich der Beamte wieder meldete, war seine Stimme wesentlich sanfter. - Uff!, dachte Daniel, das hat gesessen. - "Ja, wenn das so ist, ich kann ja mal schauen, ob ein Streifenwagen in der Nähe des Marktplatzes ist."
"Das wäre wirklich super...danke", freute sich Daniel. "Es handelt sich um eine große, eher dünne Frau namens Inka. Ihre Beamten sollen ihr bitte sagen, dass ich hier irgendwie gefangen bin. Nicht, dass sie denkt, ich würde wieder einen Termin mit ihr platzen lassen. Sie kann gern herkommen und sich überzeugen."
Am anderen Ende antwortete Schweigen. "Hallo? Sind Sie noch dran?", fragte Daniel.
"Wie? Sie sind gefangen?", kam es dann endlich zurück. Anschließend vernahm Daniel leises Gemurmel.
"Nun ja", antwortete Daniel jetzt wesentlich lockerer und man konnte den Eindruck gewinnen, dass es ihm Spaß machte, sich mit dem scheinbar weich gewordenen Beamten zu unterhalten.
"Gefangen natürlich im übertragenen Sinne, denn wie ich ihnen ja schon sagte; ich habe Dünnschiss, .. Ehh! ... Entschuldigung, ich meinte; Durchfall und da weiß man ja nie ... "Ja, ja, sparen sie sich weitere Ausführungen!", meinte der Beamte verständnisvoll ablehnend.
Kurze Pause, dann wagte Daniel einen weiteren Vorstoß: "Vielleicht wäre es ja auch möglich, dass sie Inka mal eben mit dem Streifenwagen vorbei bringen, diese Liebenswürdigkeit würde sich bestimmt schnell herum sprechen und das überwiegend negative Image der Polizei aufpolieren", schleimte er noch hinterher.
Ein lang anhaltendes Seufzen vernahm Daniel am anderen Ende des Hörers und dann nach längerer Wartezeit: "Also okay. Wenn meine Beamten eine Inka auf dem Marktplatz finden sollten, dann bringen wir sie zu Ihnen nach Hause. Wo wohnen Sie denn?", fragte der Beamte und schrieb sich die Adresse von Daniel auf, der sich Hunderte Male zu bedanken schien.
"Nun ist aber mal gut. So und nun muss ich mich wieder um wichtigere Dinge kümmern, also leben Sie wohl." Erneut bedankte sich Daniel und legte dann erleichtert auf.
Über Funk erhielten zwei Polizeibeamten die entsprechende Anweisung und fuhren unverzüglich zum Marktplatz, der um diese Zeit so gut wie leer war. "Das muss sie sein, die Beschreibung passt", meinte einer der Beiden. "Heißen sie Inka?" Überrascht drehte sich Inka um, und als sie den Polizeiwagen sah, sich aber keiner Schuld bewusst war, fragte sie kess: "Jaaa, ist das denn schlimm?" Der Beamte ließ sich auf das Spielchen ein: "Immerhin so schlimm, dass wir Sie mitnehmen müssen." "Wiiie bitte?" "Steigen Sie freiwillig ein, oder müssen wir nachhelfen?", meinte der Beamte in gespielt dienstlichem Ton und erklärte ihr aber dann den Sachverhalt.
"Ich fass es nicht", stöhnte Inka. "Langsam schafft mich der Typ. Wieso sagt er, dass er gefangen sei? Ist da was passiert?" Einer der Polizisten runzelte die Stirn. "Hmm, nicht, dass ich wüsste. Wir sollen Sie nur hinbringen und Ihnen die Gründe ausrichten."
Inka war inzwischen eingestiegen und sie fuhren los. Ein wenig mulmig fühlte sie sich schon, aber irgendwie war es auch spannend, makaber beinahe.
"Ist der Typ denn Ihr Freund?", wollte nun einer der Beamten wissen. "Na ja, nicht direkt", sagte Inka. "Eigentlich kenne ich ihn kaum. Näher auseinandergesetzt habe ich mich nur mit seinen Haaren."
"Mit seinen Haaren?", fragte nun der andere Polizist, der dermaßen verdutzt aussah, dass Inka sich schon fast blöd vorkam, es gesagt zu haben.
"Ja, ich bin Friseurin und hab ihm die Haare geschnitten."
"Na, dann müssen Sie wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben", meinte daraufhin wieder der erste Polizist und bog in die Straße ein, die man ihm als Ziel genannt hatte.
Gespannt verfolgte Daniel, im Fenster liegend, das Ankommen des Streifenwagens und hätte nie gedacht, dass die Polizei auf seine, nicht ganz ernstgemeinte Bitte, eingehen würde. Als der Wagen hielt, begleitete ein Beamter Inka zum Haus und Inka brauchte gar nicht zu schellen, weil Daniel schon vorher den Türöffner betätigte. "Ja hör mal, wie cool war das denn?", begrüßte Inka ihn lachend, aber der Polizist schob sich sanft vor, hielt Daniel einen Notizblock entgegen und meinte: "Wenn Sie uns jetzt noch den unversehrten Empfang quittieren würden", und fügte ironisch hinzu: "Sie können uns ja anrufen, wenn die Dame wieder nach Hause möchte."
Inka musste widerwillig lachen und meinte abwehrend "Nein danke, lieber laufe ich." Der Polizist ignorierte ihre Antwort, denn das Angebot war ja eh nicht ernst gemeint.
Daniel unterschrieb schnell und reichte dem Beamten dann den Notizblock zurück "Bitte sehr und danke sehr" sagte er, während er auf Inka deutete. "Der Beamte nickte einmal, wünschte noch einen schönen Abend und verabschiedete sich dann von den beiden. Daniel bat Inka schnell in die Wohnung und rannte erneut auf die Toilette "Sorry aber ich muss dann mal wieder ..." sagte er noch, als er die Tür schon schloss. "Was hast du denn?" fragte Inka besorgt "Geht es dir nicht gut?"
Aber Daniel war schon hinter einer kleinen Tür verschwunden. Kopfschüttelnd wagte sich Inka in die Wohnung. "Das wird ja immer mysteriöser", murmelte sie und schaute sich um.
Hmm, dachte sie, für einen Junggesellen nicht schlecht. Allein die Poster, die die Flurwände zierten,waren es wert, sich hier mal umzuschauen. Die Toilettenspülung rauschte und nach kurzer Zeit betrat Daniel den Flur, etwas blass um die Nase. "O Mann", stöhnte er. "Sorry, aber es gibt Dinge...komm doch erstmal richtig rein", meinte er und versuchte ein schiefes Grinsen. Inka grinste zurück. "Na, dann bin ich ja mal auf deine Erklärung gespannt."
Im Stillen wunderte sie sich über sich selbst, dass sie von seiner Wohnung so wenig in Erinnerung behalten hatte, als sie ihm die Haare schnitt, und war sich auch nicht darüber im Klaren, was sie so abgelenkt haben könnte. Vielleicht hatte sie gehofft, dass er ihr doch etwas mehr Beachtung schenkt. Seine Erklärung, was eigentlich keine Erklärung war, riss sie aus ihren Gedanken. "Ich weiß es auch nicht, was mit mir los ist, aber seit unserem Telefonat, hat mich Montezumas Rache voll im Griff und ich fühle mich nur noch in der Nähe der Toilette wohl", meinte er sarkastisch und etwas niedergeschlagen.
"Du willst mir erzählen, du hast die Polizei beauftragt mich herzubringen, weil du nicht vom Pott runterkommst?" Inka brach in schallendes Gelächter aus. "Das ist doch ein Witz, du fragst mich, ob wir uns treffen können, scheißt dir in die Hosen, lässt mich von der Polizei herbringen und hast den Nerv, mir so unter die Augen zu treten, als sei nichts geschehen?" Daniel wirkte bedröppelt. "Was hätte ich denn tun soll´n?"
"Großer Gott", Inka verdrehte die Augen. "Vielleicht einfach sagen, wie es ist und zwar gleich?"
"Aber du hättest mir doch nicht geglaubt und bestimmt gedacht, ich wolle dich verschaukeln." Daniel wirkte reichlich zerknirscht und irgendwie hilflos, was in Inka mütterliche Gefühle auslöste, über die sie sich selbst wunderte. "O Mann, warum nur sind Männer zuweilen große Kinder?", seufzte sie, konnte sich aber ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Sie schaute ihn prüfend an. Blass war er ja, und wie er so dastand, konnte man fast Mitleid mit ihm haben. Mitten in ihre Gedanken tönte plötzlich die Klingel.
"Sollte dir die Polizei etwa noch jemanden vorbeibringen?", fragte sie etwas irritiert.
"Nein, eigentlich nicht. Aber ich vermute, wir werden gleich erfahren, wer da was von uns, ich meine... mir will." Damit wandte sich Daniel um und ging in Richtung Tür. Allerdings kam er nicht einmal dazu, die Tür weit genug zu öffnen, denn sein Magen meldete sich und Daniel rannte wieder in Richtung Toilette.
Inka, die nun etwas verwirrt zwischen Tür und Angel stand, entschied sich die Tür ganz zu öffnen und dem Besuch wenigstens eine Erklärung zu liefern. Vor ihr stand der schönste junge Mann der Welt und sie war sofort hin und weg "H - Hallo", stotterte sie, peinlich verlegen.
"Hallo, ich bin Reik. Ist Daniel da?", fragte er und selbst die Stimme fand Inka sehr angenehm.
"J - J -Ja, oder auch nicht, ganz wie man's sieht", gab Inka zur Antwort, wobei sie ihre Worte indirekt so formuliert hatte, dass sie auf eine Antwort hoffen konnte.
"Darf man fragen, wie ich das verstehen soll?"
"Darf man." Inka war über ihre plötzliche Spitzfindigkeit selbst überrascht. Reik warf ihr einen fragenden Blick zu und Inka konnte sich ein schelmisches Grinsen nicht verkneifen.
"Daniel sitzt im Bad fest. Er hat Durchfall, so wie es scheint. Soll ich ihm etwas ausrichten?", fragte Inka dann selbst sicher geworden und bewunderte Reik von oben bis unten.
"Hmmmm", überlegte Reik. "Ich glaube, das muss ich ihm selber sagen. Es ist...nun sagen wir mal - sehr persönlich. Kann ich den Durchfall einfach abwarten?"
"Aber klar", meinte Inka erfreut und sah sich und diesen schönen jungen Mann schon bei einem gemütlichen Plausch in der Küche sitzen, während Daniel hoffentlich noch lange auf der Toilette festsaß. Ein wenig schämte sie sich ihrer Gedanken, aber nur ein wenig, denn schließlich hatte Daniel sich ihr gegenüber auch nicht ganz fair verhalten.
Reik nahm Inkas Angebot, doch hereinzukommen, dankend an und nun saßen sie in der Küche, was völlig Inkas Vorstellungen entsprach.
"Was ist denn los Inka", erklang ein Rufen aus dem Badezimmer. Inka, die völlig in Reiks Augen versunken war, brauchte eine Weile, um zu antworten. "Ach, nichts weiter, du hast Besuch!" Von innen hörte man ein Schnaufen und Stöhnen! "Aha und wer ist es denn? Inka?" Die war schon wieder damit beschäftigt, Reik wie eine Statue im Louvre anzuglotzen. "Es ist dein Kumpel Reik! Aber lass dir Zeit, ich kümmere mich so lange um ihn"
Ganz unbeabsichtigt klang das völlig anders, als sie es gewollt hatte, was bewirkte, dass Reik ihr einen Blick zuwarf, der sowohl fragend als auch zweideutig war. Daniel schien dies aber nicht wirklich mitbekommen zu haben, denn aus dem Bad kam nur ein "Danke dir!"
Reik schien es wohl jetzt zu gefallen, eine ihm anhimmelnde Person vor sich sitzen zu haben und wandte sich nun interessierter an sie "Und ... was sagtest du noch mal, wer du bist?"
"Oh, ich bin Inka. Die Frisöse seiner Mutter", sagte sie nur viel zu schnell un
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Nach einer Idee von sunnyjayjay verfasst von den Autoren der Gruppe VaseB
(sunnyjayjay, enya2853, alpeko456, fsblaireau, fictron, datore, woandersmitesser)
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(c) Cover bei Gert Altmann/ www.pixelio.de und Datore
datore Re: L'amour est enfant de Bohème... - Zitat: (Original von cassandra2010 am 03.06.2013 - 00:34 Uhr) Carmen weiß bescheid. Du wohl auch, gell? Cassy Na ja, ich weiß es nicht komplett, habe die Story ja zusammen mit anderen geschrieben. Ich war ja nur einer von mehreren Autoren. Freut mich sehr, dass du unseren Roman gelesen hast. LG Datore |
cassandra2010 L'amour est enfant de Bohème... - Carmen weiß bescheid. Du wohl auch, gell? Cassy |
datore Re: - Zitat: (Original von Brigitte am 21.05.2013 - 18:29 Uhr) Nette Liebesgeschichte. Soll die denn noch weiter gehn? Lieben Gruß Brigitte Ich denke, die Geschichte ist abgeschlossen. Ist eines der älteren Projekte. Fred wird sicher auch noch die eine oder andere ältere Geschichte hier einem neuen Publikum bringen. Vielen Dank für das Lesen des Romans. LG Datore |
datore Re: - Zitat: (Original von Carolyn2 am 21.05.2013 - 17:33 Uhr) Das liest sich alles sehr gut - ich bin aber auch noch nicht durch und werde später weiterlesen. Tolle Unterhaltungsliteratur! LG Dörte Das freut uns. Herzlichen Dank im Namen aller Beteiligten! LG Datore |
cassandra2010 So, ich geb dir mal "blind" - für die ersten 20 Seiten "five"... die ganze Erzähung lese ich später bequem im PDF Cassy |