In einer zerbrechenden Welt versucht der Widerstandskämpfer Jack Walt einen aussichtslosen Kampf gegen die beherrschende Ordnung zu führen, das Elektorat, und dessen alles kontrollierende Ministerien. Als er bei einem entscheidenden Angriff hintergangen und festgenommen wird, blieb ihm nur noch ein Weg, sich selbst und alle, die ihm etwas bedeuten zu retten. Er begibt sich gezwungenermaßen nach Liurie, einer Wasserwelt und findet dort mehr, als er nur die Wahrheit. Der Kampf um sein Leben wird zum
Kampf um das Schicksal der gesamten Menschheit. Bildquelle ,, Frozen Flowers" http://www.royaltyfreeimages.net/
Aaren wachte auf, als es draußen noch dunkel war. Einen kurzen Augenblick wusste er nicht wo er sich befand, bis es ihm wieder einfiel. Eines der Quartiere auf dem Hive, die wohl einmal Es war genau so schlicht eingerichtet wie die meisten Unterkünfte hier. Neben einer kleinen Küchenzeile mit einem Tisch und darin eingebautem Computer zum Arbeiten gab es nur noch ein Bad mit Dusche und ein Bett. Grade das was man brauchte aber Aaren gefiel es so. Alles andere war auch nicht nötig. Seltsam, früher hätte er nicht einmal
länger darüber nachgedacht. Alles was nicht direkt für seine Aufgabe nötig gewesen war… das war ihm zu viel erschienen. Bei der Zimmereinrichtung hatte sich diese Einstellung wohl gehalten, aber bei allen anderen… ,,Ich habe mich verändert.“ Immer wieder war es ein Gedanke, der ihm Hoffnung machte und gleichzeitig kalte Schauer über den Rücken jagte. Er hatte sich nicht verändert… er hatte zu seinem alten selbst zurück gefunden. Dem selbst, das einmal verheiratet gewesen war , das getrauert hatte und dem selbst das einen Mann totgeprügelt hatte während er um Gnade winselte. War das Paradox? Vielleicht.. oder
einfach nur menschlich. Mentalblocker schränkten einen ein, die Bipolarität des Menschlichen wurde praktisch vernichtet und zu etwas gemacht, das mehr einer Maschine ähnelte. Eine Weile lag er nur da und versuchte wieder einzuschlafen. Ein hoffnungsloses Unterfangen. Außer dem Sturm, der draußen den Regen gegen die Fassade des Hive peitschte, war es vollkommen still. Zu Ruhig wie er nun fand. Es musste wohl weit nach Mitternacht sein. Vor wenigen Stunden noch hatte er Stimmen durch das ganze Gebäude gehört und die Anlage war hell erleuchtet gewesen. Obwohl es noch längst keinen Grund zu
feiern gab hatten sich die Leute vermasselt, ob nun nur die neue Lage zu besprechen, das erste Mal ohne Angst belauscht zu werden oder nur um darauf zu trinken, das sie nicht wussten wie es genau weitergehen würde. Irgendwann konnte er die Stille nicht mehr ertragen und stand auf. Nun konnte er auch einen Blick auf die Uhr des Computers werfen und stellte fest dass es vier Uhr morgens Erdzeit war. Eine kleine Glasschiebtür von der Küche hinaus auf einen Balkon an der Außenseite der Station. Trotz des strömenden Regens zog er die Tür auf und trat hinaus. Regen schlug im entgegen und durchnässte ihn sofort bis
auf die Haut. Allerdings spürte er es kaum. Die Wolken hatten sich zumindest ein wenig verstreut, auch wenn es nach wie vor windig war. Dafür schimmerte der eine Mond des Planeten silbrig über dem Wasser. Aaren sah über das Meer hinweg. Es gab nicht mehr viel zu tun als den nächsten Tag abzuwarten. Und die Stunde ihrer Abreise. Und dann müsste all das enden. Liurie war der Anfang… die Erde das Ende. So hoffte er zumindest. Und was Jacks Leute anging, wenn sie noch lebten wäre es wohl ihr vorrangiges Ziel sie zu befreien. Sie würden anders vorgehen müssen als
auf Liurie. Hier hatten sie, oder hatte Tian, Glück gehabt. Aber die Erde war etwas völlig anderes wenn er Jacks Berichten und dem was sie an Nachrichten erhielten glauben konnte. Für Leute wie sie war der Planet feindliches Gebiet geworden. Sie würden mehr vorausplanen müssen. Nach einer Weile ging Aaren wieder nach drinnen. Die ersten Sonnenstrahlen fanden ihren Weg über den Horizont, als er das Zimmer verließ und hinaus auf den Flur trat. Noch war alles leer. Vermutlich würde Tian dafür sorgen, dass zumindest ein paar der Servicearbeiter etwas früher aufgescheucht erden würden um die
Anlage am Laufen zu halten, aber zumindest im Moment noch war er der einzige auf den Beinen. Er fragte sich kurz was Omnisphere wohl davon halten würde, wenn jemand der Firma eröffnete ihre Arbeiter hätten sich allesamt offen gegen das Elektorat gestellt. Vermutlich müssten sie mit ernsthaften Problemen durch den Ministerrat rechnen. Der Gedanke brachte ihn dazu leise zu lachen, während er sich einen Weg durch die Anlage hinab zu den Docks suchte. Wenn er schon wach war, konnte er Sonea suchen, vorausgesetzt sie war noch in der Nähe der Anlage und hatte sich nicht um-entschieden. Eine schwache
Hoffnung aber er würde nicht versuchen sie umzustimmen. Die Sonne hatte es mittlerweile über den Horizont geschafft, als er das Militärdock erreichte. Irgendwo in der Ferne konnte er ein Minenschiff sehen, das sich langsam der Anlage näherte. Bestimmt hatte die Schiffe die momentan auf See waren schon jemand informiert, aber die Nachrichten kamen wegen der Störungen sicher nicht bei allen an. Einigen Rückkehrern würde also eine ziemlich große Überraschung ins Haus stehen. Wieder eine Unbekannte mit der Tian zu Recht kommen musste. Es gab vielleicht noch Elektorats-Soldaten an
Bord. Er ging an den am Kai liegenden Schiffen vorbei und suchte das Wasser ab, bis er eine Bewegung im Ozean wahrnahm. Wäre er es nicht gewohnt danach Ausschau zu halten, er hätte Sonea vermutlich übersehen oder schnell wieder aus den Augen verloren. So jedoch beobachtete er nur wie das Wesen näher schwamm und sich auf den Steg zog. Aber obwohl ihr klar sein musste, dass er sie sah war Sonea absolut geräuschlos. Vermutlich war das mehr Instinkt als Absicht, überlegte Aaren. ,,Morgen.“ Er erwartete nicht wirklich eine Antwort und erhielt auch keine, aber ihre Augen drückten wie immer aus
was sie sagen wollte. Fast deutlicher als sprechen das gekonnt hätte. ,,Ich bin einfach aufgewacht schätze ich.“ , er sah einen Moment aufs Wasser hinaus dort wo er das Minenschiff am Horizont entdeckt hatte. ,,Wir werden heute aufbrechen. Ich frage mich wie du da schlafen kannst.“ Sie lachte, als wäre das eine furchtbar dumme Frage. ,,Ihr.. schlaft doch? “ Ihm kam kurz der Gedanke dass er Sonea tatsächlich noch nie schlafend oder auch nur Müde erlebt hatte. Sie nickte allerdings. ,,Also machst du dir nur keine Sorgen ?“ , wollte Aaren
wissen. Wie immer wenn sie offenbar nicht antworten wollte tat sie als würde sie ihn nicht verstehen… oder reagierte einfach nicht. Hatte sie etwa… Angst ? Irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, dass Sonea sich wirklich vor etwas fürchten konnte. Vielleicht war das aber nur seine Einbildung. Auch wenn er sich selten irrte, wenn er versuchte ihre Gedanken zu erraten. ,,Nun ich mache mir auf jeden Fall jede Menge. Das ist das ganze Chaos hier und wenn wir erst auf der Erde sind…“ Er zuckte mit den Schultern. ,,Noch ist alles möglich. Auch zum schlechteren. Verstehst du
das?“ ,,Zweifel.“ Es war eine Frage wie er vermutete. Zweifel… Ja vermutlich war es genau das. Die immer wiederkehrende Unsicherheit ob er wirklich das richtige tat. Aber das war gut so. Aaren durfte seinen Zweifeln nur nicht erlauben ihn auszubremsen. Jetzt nicht mehr. ,,Vielleicht, die werde ich die nie ganz hinter mir lassen, aber es werden weniger.“ , sagte er ,,Ich wollte mich noch bedanken. Du hättest jederzeit einfach gehen können. Ich glaube ich wäre da draußen einfach verrückt geworden.“ , er lachte, ein einst so
ungewohntes Geräusch das es ihn ab und an immer noch erschreckte. ,,Hey vielleicht bin ich es ja.“ Sonea trat ein paar Schritte zurück sah ihn ernst an. Aber da war auch immer noch die Trauer um ihren eigenen Toten. Wie viele waren hier bereits sinnlos gestorben? Nur sein Ende finden, das war etwas, das man fürchten konnte, ja. Aber war es nicht noch schlimmer letztlich vollkommen Vergebens zu sterben, ohne Sinn oder eine faire Chance? Goldenen Augen. Das war es was also sie fürchtete und nicht für sich...für ihn. ,,Ich werde nicht sterben. Nicht wenn es sich vermeiden lässt zumindest.“
Irgendwie hörte es sich wie eine Lüge an. Ich habe nicht vor zu sterben, dachte er wieder. Nicht so bald. Es hatte eine Zeit gegeben, da war ihm sein Leben egal gewesen. Jetzt nicht mehr. Er hatte wieder mehr als den Tod der ihn weitertrieb. Sonea wirkte nach wie vor alles andere als beruhigt. ,,Du machst dir ja richtig Sorgen um mich.“ Hätte er es nicht besser gewusst, er hätte vermutet, dass sie rot wurde. Aaren räusperte sich. ,,Ich schätze mal, wir werden dir noch eine neue Verkleidung besorgen müssen.“ , sagte Aaren schließlich.
,,Und wir sollten uns langsam auf den Weg machen. Tian hat sicher einiges zu erzählen. Und irgendjemand muss ja Tian den Rücken frei halten.“ Und dann stand der Abreise wirklich nichts mehr im Weg. Auch wenn er es vermissen würde, die paar ruhigen Stunden hier, er hatte nicht wirklich eine Wahl. Nicht mehr, nicht länger. Jetzt würde er den Weg zu Ende gehen, egal was ihn erwartete. Jack lief die Treppe zu den Konferenzräumen hinauf. Die Verwaltungsebene war weitläufiger als er beim ersten Besuch hier Gedacht hatte.
Auch wenn die meisten Büros im Moment verriegelt waren brauchte er eine Weile um sich zurechtzufinden. Bisher war noch nicht viel los auf den Straßen der Station, aber das würde sich wohl im Verlauf des Morgens ändern. Trotzdem nutzte er die Fahrstühle eher ungern. Sie würden bald nach der Besprechung aufbrechen und er wollte sich noch ein wenig die Beine vertreten. Die Reise durch den Phasenraum war auch so schon belastend genug ohne verspannte Muskeln. Aber wenn beim Übergang dann auch noch eine Sehen riss oder ähnliches wären sie ziemlich aufgeschmissen. Die Schnitte von seinem Sturz durch das Fenster von
Cloudsworths Büro würden ohnehin sicher ihren Preis fordern. Wenn ich auf der Erde ankomme, bin ich vermutlich erst einmal drei Tage ein Wrack, dachte er amüsiert. Es fiel ihm jetzt leichter sich zu entspannen. Ein Teil der Belastung die ihn fast in den Wahnsinn getrieben hatte war verschwunden und auch wenn er sich um das Schicksal seiner einstigen Gefährten auf der Erde sorgte… um die Proteste… hier hatten sie etwas erreicht. Es war nicht fiel, es war nicht sicher und das Elektorat konnte sie vermutlich jederzeit mit einem Fingerzeig auslöschen aber es war ein Anfang. ,, Ich hoffe ich bin nicht zu früh.“ ,
meinte er als er Tian vor den Türen des Konferenzsaals entdeckte. ,,Nicht wirklich. Ich habe zwar bereits mit den meisten Anwesenden gesprochen. Aber ich denke wir sollten…“ , begann dieser, bevor er jemanden hinter Jack sah. ,,Wie ich sehe, sind wir dann wohl vollzählig.“ Jack drehte sich um und entdeckte Aaren der etwas verschlafen aber offenbar gut gelaunt die Treppe hinauf lief. Gefolgt von Sonea, die wie es aussah eine neue Verkleidung trug. Diesmal jedoch hatte Aaren das ganze wohl einfach aus dem was die Schränke in den leeren Militärquartieren hergaben zusammengesucht. Ein Hemd mit einem
rot karierten Farbmuster. Auffällig, aber vielleicht war das ganz gut. Es lenkte von den eigentlichen Auffälligkeiten ab ,,Aaren, schön sie zu sehen.“ Der Pilot nickte dem Kommissar kurz zu. ,,Tian… Sie wollten doch irgendwas sagen?“ ,,Tja, das betrifft vor allem sie wie ich fürchte Aaren. Whitehead nimmt es ihnen offenbar immer noch recht übel, dass sie sich nicht bereit erklärt haben als Gouverneur hier zu bleiben.“ ,,Wieso ? Weil ich keine Marionette sein wollte?“ ,,Vielleicht nimmt sie ihnen auch übel das sie mich vorgeschlagen hatten. Das
ist zwar nichts offizielles, aber ihres und Jacks Wort fällt bei den meisten mittlerweile schwer ins Gewicht.“ ,,Politik ist einfach überall gleich.“ , bemerkte Jack entnervt. ,,Da haben sie vermutlich sogar leider recht.“ , bestätigte Tian. ,,Ich will sie deshalb nur warnen… Whitehead ist nicht so dumm zu glauben, sie könnte irgendetwas gegen sie unternehmen und sie wird all das hier sicher nicht riskieren, aber sie sollten trotzdem aufpassen.“ Aaren nickte nur. ,,Dann wollen wir mal.“ , sagte er. ,,Wir werden vermutlich so schnell wie möglich Abreisen wollen wenn das
vorbei ist.“
,,Keine Sorge“ , erklärte der Pilot. ,,Ich habe schon veranlasst, das man ein Transportschiff für sie bereit macht.“