Tja… scheiße, hm? Dass sich der Tag so entwickelt, hätt’ ich nicht gedacht. Dabei fing es so gut an… Als der Wecker um 8:00 Uhr klingelte, machte ich das, was ich bereits seit dem Erreichen meines ersten Geburtstages täglich tat: Die Sinnlosigkeit des Lebens erkennen. Da ich schon immer ein Mann der Tat gewesen bin, stand mein Entschluss heute schnell fest: Sterben.
Aber wie? Ich war mir nicht sicher. Still und heimlich wäre meiner nicht würdig - ein großer Knall, in dem ich ein paar Unschuldige mitreiße, wäre zu viel der Ehre. Naja, erst einmal einen Abschiedsbrief aufsetzen, der Rest würde sich schon ergeben. Doch hier stieß ich bereits auf das erste Problem: Mein Kugelschreiber war weg. Scheiße, muss es eben ohne Brief sein. Aber wie?
Badewanne. Elektroschock. Ja, so muss es sein! Ich begab mich also in das Badezimmer und drehte den Wasserhahn der Badewanne auf. Während sich die Wanne bis zum Rande füllte, entledigte ich mich meiner Kleidung. Nun kam der Fön ins Spiel. Ich steckte das Kabel in die Steckdose und begab mich zur Badewanne. DAS GIBT’S DOCH NICHT! Das Kabel war vielleicht 30 cm zu kurz! Das musste doch klappen. Ich zog also an dem Fön, in der Hoffnung, das Kabel ein paar Zentimeter zu können. Es klickte. Das Stromkabel fiel aus der Steckdose und ich kippte vornüber….und donnerte mit dem Gesicht voran auf den Rand der Badewanne. Nase gebrochen!
Jaulend stand ich auf; suchte etwas, womit ich die Blutung stoppen könnte. Glücklicherweise stand am Waschbecken noch eine Packung Tampons, die meine Ex-Freundin stehen gelassen hatte. Zack, zwei Stück in die Nase. Wütend zog ich mir meinen Bademantel über und ging in die Küche. Dann musste eben das Messer herhalten. Ich zog also mein größtes Küchenmesser aus der Schublade und hielt die Klinge über meinen linken Unterarm. Wie musste ich schneiden? Horizontal? Vertikal? Diagonal? Ein schickes Karomuster? Während ich darüber nachdachte, begann meine Nase zu kitzeln. Die Tampons kribbelten. Noch ehe ich etwas dagegen tun konnte, musste ich niesen. Die Tampons schossen wie Torpedos aus meiner Nase und blieben in zwei blutigen Flecken an der gegenüberliegenden Wand kleben, während aus meiner Nase selbst nun ein Bach aus Blut und Popeln floss. Und dann dieser Schmerz! Als ich hinabsah, traute ich meinen Augen kaum!
Beim Niesen hatte ich mir das verhurte Drecksmesser einfach mitten durch den Arm gestochen!
Langsam wurde das Ganze lächerlich! Ich musste es schnell beenden! Also zurück ins Badezimmer, Schlaftabletten schlucken. Ich rannte also zum Medikamentenschrank, die Sicht verschwommen durch die Tränen des Schmerzes, öffnete ihn und griff nach der entsprechenden Dose. Und – schwupps - waren alle Tabletten auf einmal in meinem Rachen verschwunden. Moment mal… waren die Schlaftabletten schon immer blau gewesen? Es waren natürlich keine Schlaftabletten, wie ich daran erkennen konnte, dass mir sämtliches Blut plötzlich in die Genitalien schoss. Ich sag’s dir, nach ’ner Packung Viagra hast du’n Ständer, mit dem du Betonblöcke zerschlagen kannst!
Es konnte doch nicht so schwer sein, sich die Lebenslichter auszuknipsen! Verdammt!
Erhängen! Das musste gehen. Ich rannte also zurück ins Wohnzimmer (Ich lebte in einer Dachgeschosswohnung, die Querbalken unter der Decke boten sich förmlich an), griff mir einen alten Gürtel und befestigte ihn an einem der Querbalken. Ich führte meinen Hals in die Schlinge und sprang von der Rückenlehne des Sofas. Ein wenig zu viel Schwung, aber es ging gut. Dann riss der Gürtel und ich stürzte hinab. Direkt in meinen guten Glastisch. Zwischen all den Scherben, die an diversen Stellen in meinen Körper drangen, stach ein Schmerz besonders heraus: Ein kräftiges Stechen in meinem Anus. Ich hatte wohl soeben meinen Kugelschreiber gefunden.
Mühsam erhob ich mich aus dem Scherbenhaufen, während ich den Boden unter mir auf kunstvolle Art und Weise aus diversen verletzten und neu hinzugekommenen Körperöffnungen vollblutete.
Der letzte Ausweg: Ich musste mich erschießen! Die Schweinerei wollte ich eigentlich vermeiden, aber nachdem ohnehin schon der ganze Teppich vollgeblutet war, schien es darauf nun nicht mehr anzukommen. Ich ging also zur Kommode und nahm die Pistole aus der Schublade. Ich legte das Magazin ein und entsicherte die Waffe. Doch da mir das Glück an diesem Tage ohnehin hold war, fiel mir in diesem Augenblick die Pistole aus der Hand. Erschrocken musste ich mit ansehen wie sie zu Boden fiel…und sich ein Schuss löste. Direkt in die rechte Klöte! AU!Vor Schmerzen schreiend taumelte ich rückwärts, hielt mir dabei das blutende Ei.
Ich taumelte zurück, durch die offene Wohnzimmertür auf den Balkon. Ich stieß gegen das Geländer und kippte nach hinten über.
Für einen Moment sah ich mich gerettet, als mein Bademantel am Geländer hängen blieb. Doch - wie sollte es auch anders sein? - er riss. Und so stürzte ich nackt drei Stockwerke tief in den Wintergarten meiner Nachbarn, wo der kleine Eugen gerade gemeinsam mit seinen Freunden seinen vierten Geburtstag zelebrierte. Ich landete mit dem Gesicht nach unten auf dem Tisch, das zu Stahl erstarrte Gemächt direkt in der Benjamin Blümchen-Torte. Und so blieb ich mit gebrochener Nase, einem Messer im linken Unterarm, einem Kugelschreiber im Arsch, diversen Glassplittern im Körper, einem Einschlussloch im Sack und einem knüppelharten Penis nackt zwischen den verängstigten und weinenden Kindern
liegen. Die Eltern riefen recht schnell die Polizei. Und genau hier bin ich nun. Ich sitze in Untersuchungshaft und soll bald in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen werden.
So hatte ich mir das nicht vorgestellt!