Leo
Auf dem Dorf lebten Hühner, also fast in jedem Garten war ein Teil für sie abgezäunt und wurde von ihnen zum Dank in eine Mondlandschaft verwandelt. So sind Hühner nun einmal, doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn sie liefern ja schließlich ihre Eier ab und die will jeder essen. Manche Leute hatten zehn Hühner, andere über sechzig. Meine Eltern entschieden sich für zehn, ohne Hahn. Die armen Hühner!
Eigentlich hat meine Mutter eine Federviehphobie und alle Flattermänner sind ihr suspekt, kurz sie ekelt sich bei eventuellen Berührungen mit jeglichem Vogelvieh, doch sie liebt Eier und Kuchenbacken, auch mag sie Hühnersuppe und Frikassee. Ja, so war und ist sie bis zum heutigen Tag. Kuscheln mit Hühner ist nichts für sie. Und doch wurden zehn weiße Legehennen gekauft.
Im hinteren Teil des Gartens stand ein Häuschen aus Stein: der Stall! Es war schon vorhanden als wir einzogen. Auf der einen Seite waren zwei Buchten für die individuelle Schweinehaltung vorgesehen und auf der anderen Seite wohnten die Hühner. Man konnte durch eine Tür in den Hühnerstall gelangen, um dort die noch warmen Eier aus den Nestern zu bergen. Ein Hühnerausstiegsloch führte die Tiere nach draußen, wo sie besagte Mondlandschaft anzulegen pflegten. Nun auch bei uns. Mein Vater hatte einen Maschendrahtzaun zuvor gezogen, um den Rest des relativ großen Gartens hühnerfrei zu halten. Meinem Vater waren die Hühner so ziemlich egal, Hauptsache sie legten gut und lieferten hin und wieder eine kräftige Suppe.
Meine Mutter musste nun zusehen, wie sie mit den Biestern klar kam. Sie öffnete also Morgens schnell die Klappe und verließ fluchtartig das Außengehege, um den Hühnern zu entgehen. Später, wenn alle Tiere draußen waren, ging sie die Eier holen. Manchmal durfte auch ich es tun, wenn nämlich noch ein Untier am Legen war und halt im Nest saß. Das Füttern war leicht: man schmiss das Korn und die Küchenabfälle einfach über den Zaun. Hühner fressen so ziemlich alles. Sie sind reichlich verfressen und kommen immer hoffnungsvoll angerannt, wenn sich jemand nähert.
Das Schlachten musste natürlich mein Vater übernehmen. Für mich ein äußerst grausamer Akt.
„ Tun dir die Hühner nicht leid, Papa?“ fragte ich ihn als er wieder einmal mit der Axt bewaffnet auf Hühnerfang ging.
„Ja“, sagte er „aber einmal ist das Leben zu ende und von euch will es ja keiner machen“, brubbelte er noch. „Hühnermörder!“, rief ich und rannte vorsichtshalber ganz schnell weg. Mein Vater schlug also dem armen Huhn auf dem Hackeklotz den Kopf ab. So machten es alle. Dann holte er sich einen Eimer mit heißem Wasser und rupfte das arme, arme Tier. Meine Mutter zeterte schon in der Küche wegen der Ausnehmerei. Nie würde sie einem Huhn in den Hintern fassen, um die Eingeweide herauszuholen. Ich würde das auch niemals tun.
Nun, auch dies war Papas Aufgabe. Danach briet er sich sehr genüsslich, er summte so vor sich hin dabei, mit kleinen Zwiebelchen die Leber und verspeiste sie mit frischem Brot. Es roch im ganzen Haus sehr lecker.
Irgendwann waren fast alle Hühner aufgegessen, eine Nachzucht wurde nicht betrieben. Wir hatten nur noch fünf Hühner, meine Mutter kannte sie genau. Das kleinste hieß Leo. Leo hatte einen dünnen Hals wie der Mann der Freundin meiner Oma. Na ja, er hieß Leo und so kam es, dass unser kleinstes und dünnstes Huhn auch Leo genannt wurde. Leo legte jeden Tag ein Ei und das auch in der schlechten Legezeit. Eigentlich konnte meine Mutter Leo nicht leiden. Der richtige Leo war ein dürrer Geizkragen. Doch was konnte das arme Huhn dafür? Die anderen fetteren Hühner waren immer eher an den Körnern und hackten Leo weg, kein Wunder, dass Leo dürr blieb. Vermutlich wurde es deshalb auch nicht zum Schlachten ausgewählt.
Jedenfalls wollten meine Eltern inzwischen keine Hühner mehr, sie würden die Eier von den Nachbarn kaufen und das Theater hätte ein Ende, auch das Hühnermorden in unserem Garten, stellte ich erleichtert fest. Leo hat allerdings alle überlebt. Dieses Huhn durfte bei einer guten Nachbarin noch weiter fleißig Eier legen.
Im hinteren Teil des Gartens stand ein Häuschen aus Stein: der Stall! Es war schon vorhanden als wir einzogen. Auf der einen Seite waren zwei Buchten für die individuelle Schweinehaltung vorgesehen und auf der anderen Seite wohnten die Hühner. Man konnte durch eine Tür in den Hühnerstall gelangen, um dort die noch warmen Eier aus den Nestern zu bergen.
Ein Hühnerausstiegsloch führte die Tiere nach draußen, wo sie besagte Mondlandschaft anzulegen pflegten. Nun auch bei uns. Mein Vater hatte einen Maschendrahtzaun zuvor gezogen, um den Rest des relativ großen Gartens hühnerfrei zu halten. Meinem Vater waren die Hühner so ziemlich egal, Hauptsache sie legten gut und lieferten hin und wieder eine kräftige Suppe. Meine Mutter musste nun zusehen, wie sie mit den Biestern klar kam.Sie öffnete also Morgens schnell die Klappe und verließ
fluchtartig das Außengehege, um den Hühnern zu entgehen. Später, wenn alle Tiere draußen waren, ging sie die Eier holen. Manchmal durfte auch ich es tun, wenn nämlich noch ein Untier am Legen war und halt im Nest saß. Das Füttern war leicht: man schmiss das Korn und die Küchenabfälle einfach über den Zaun. Hühner fressen so ziemlich alles. Sie sind reichlich verfressen und kommen immer hoffnungsvoll angerannt, wenn sich jemand nähert.
Das Schlachten musste natürlich mein Vater übernehmen. Für mich ein äußerst grausamer Akt.
„ Tun dir die Hühner nicht leid, Papa?“ fragte ich ihn als er wieder einmal mit der Axt bewaffnet auf Hühnerfang ging.
„Ja“, sagte er „aber einmal ist das Leben zu ende und von euch will es ja keiner machen“, brubbelte er noch. „Hühnermörder!“, rief ich
und rannte vorsichtshalber ganz schnell weg. Mein Vater schlug also dem armen Huhn auf dem Hackeklotz den Kopf ab. So machten es alle. Dann holte er sich einen Eimer mit heißem Wasser und rupfte das arme, arme Tier. Meine Mutter zeterte schon in der Küche wegen der Ausnehmerei. Nie würde sie einem Huhn in den Hintern fassen, um die Eingeweide herauszuholen. Ich würde das auch niemals tun.
Nun, auch dies war Papas Aufgabe. Danach briet er sich sehr genüsslich, er summte so vor sich hin dabei, mit kleinen Zwiebelchen die Leber und verspeiste sie mit frischem Brot. Es roch im ganzen Haus sehr lecker.
Irgendwann waren fast alle Hühner aufgegessen, eine Nachzucht wurde nicht betrieben. Wir hatten nur noch fünf Hühner, meine Mutter kannte sie genau. Das kleinste hieß Leo. Leo hatte einen dünnen Hals wie der Mann der Freundin meiner Oma. Na ja, er
hieß Leo. Leo hatte einen dünnen Hals wie der Mann der Freundin meiner Oma. Na ja, er hieß Leo und so kam es, dass unser kleinstes und dünnstes Huhn auch Leo genannt wurde. Leo legte jeden Tag ein Ei und das auch in der schlechten Legezeit. Eigentlich konnte meine Mutter Leo nicht leiden. Der richtige Leo war ein dürrer Geizkragen. Doch was konnte das arme Huhn dafür? Die anderen fetteren Hühner waren immer eher an den Körnern und hackten Leo weg, kein Wunder, dass Leo dürr blieb. Vermutlich wurde es deshalb auch nicht zum Schlachten ausgewählt.
Jedenfalls wollten meine Eltern inzwischen keine Hühner mehr, sie würden die Eier von den Nachbarn kaufen und das Theater hätte ein Ende, auch das Hühnermorden in unserem Garten, stellte ich erleichtert fest. Leo hat allerdings alle überlebt. Dieses Huhn durfte bei einer guten Nachbarin noch weiter fleißig Eier legen.