In einer zerbrechenden Welt versucht der Widerstandskämpfer Jack Walt einen aussichtslosen Kampf gegen die beherrschende Ordnung zu führen, das Elektorat, und dessen alles kontrollierende Ministerien. Als er bei einem entscheidenden Angriff hintergangen und festgenommen wird, blieb ihm nur noch ein Weg, sich selbst und alle, die ihm etwas bedeuten zu retten. Er begibt sich gezwungenermaßen nach Liurie, einer Wasserwelt und findet dort mehr, als er nur die Wahrheit. Der Kampf um sein Leben wird zum
Kampf um das Schicksal der gesamten Menschheit. Bildquelle ,, Frozen Flowers" http://www.royaltyfreeimages.net/
Jack wusste nicht genau wo er sich befand. Irgendwo auf dem Hive nahm er an. Nachdem er, Aaren und Sonea so kurz vor dem Ziel festgenommen worden waren, hatte man sie getrennt. Langsam stand er auf und lief in der blanken Zelle hin und her. Auf vier Seiten umgaben ihn Wände aus glattem Metall, nur auf einer Seite durch eine Tür mit Gitterfenster unterbrochen. Viel konnte er durch die Metallstäbe allerdings nicht erkennen. Auf dem Gang war Licht, aber es schien sich nicht um Tageslicht zu handeln, sondern um eine
Lampe. Keine Nieten in den Wänden , keine Gegenstände, die er irgendwie hätte nutzen können. Um sich nun ein Ende zu setzen oder auszubrechen. Eher letzteres. So verzweifelt war er noch lange nicht. Aufgebracht schlug er gegen die Tür. ,,Hey, ist da jemand ?“ Er bekam natürlich keine Antwort. Vermutlich war das auch besser so. Trotzdem… wenn man sie entweder gleich hier verurteilen oder erst zurück zur Erde schicken würde, dann wollte er es hinter sich bringen. Er hasste es lediglich eingesperrt zu sein. Und das Warten machte es nicht besser. Der Raum hatte keine Fenster, so
dass er den Verlauf der Zeit nicht einschätzen konnte. Er konnte Stunden oder auch schon einen Tag hier sein. Man hatte ihm einmal etwas zu essen gebracht. Anders konnte er die verstrichene Zeit nicht einordnen. Und was aus Aaren geworden war, geschweige denn aus Sonea wusste er auch nicht. Sie saßen wirklich in der Klemme, das war Jack klar. Cloudswort hatte sie gefangen und offenbar war er enttarnt worden. Welche andere Erklärung konnte es dafür geben, das sein Kommissar-Status mehr oder weniger zeitgleich in einen Haftbefehl umgewandelt wurde. Was bedeutet das wohl für den Justizminister?
Jack war das Schicksal des Mannes relativ egal, aber gab es dann überhaupt noch Hoffnung für seine Leute? Es musste so sein. Selbst wenn man sie enttarnt hatte, noch war nicht alles verloren. Zumindest redete er sich das ein. Irgendwann hörte er schließlich Schritte auf dem Gang draußen. Jack machte sich nicht die Mühe aufzustehen, als das Geräusch von Stiefeln auf dem blanken Boden näher kam. Was immer es war, es konnte nicht wirklich gut sein. Im nächsten Moment wurde die Tür seiner Zelle geöffnet und zwei Soldaten traten herein, die den Ausgang sicherten, bevor Cloudsworth an ihnen vorbei in
den Raum trat. Maximilian Cloudsworth überragte wie immer seine gesamte Umgebung, was ihn allerdings, dank des niedrigen Zellendurchgangs, eher lächerlich wirken ließ. Jack konnte es nicht mit Sicherheit sagen, aber der Mann ging vermutlich ständig leicht gebeugt. Nicht sehr angenehm und vermutlich wurde diese Haltung schnell auch Schmerzhaft. Er trat ein paar Schritte zurück, während der Gouverneur weiterhin schweigend auf ihn herabstarrte. Der Mann musste sich in der selbst für Jacks normale Verhältnisse relativ niedrigen Zelle noch mehr ducken als sonst schon und erinnerte ihn nun ein wenig an einen Geier.
Ein hungriger Geier, der ein kurz vor dem verenden stehendes Tier erspäht hatte. ,,Was zur Hölle wolle sie ?“ , fragte er und überspielte damit seine aufkommende Angst. ,,Nicht viel.“ , erklärte Cloudsworth. ,,Wissen sie, NDNA wirkt bei höheren Dosen Halluzinogen wenn man den Berichten glauben darf. „ Erst da fiel ihm die Injektionsnadel auf, die einer der zwei Soldaten in der Hand hielt. Im inneren befand sich eine rot-schwarzen Flüssigkeit. Etwas Ähnliches hatte er doch auf der Erde in den Laboren gesehen. ,,Das können sie nicht…“ Der
Gouverneur ignorierte Jack. ,,Nur bisher habe ich das noch nie selbst gesehen. Die Anweisung lautet zwar, dass ich sie nicht töten darf… aber wenn nur ein sabbernder Idiot zurück kommt…“ Cloudsworth zuckte mit den Schultern. ,,Sie sind dich völlig Bescheuert.“ , rief er. Ihm fiel auch nichts ein, das er sonst tun konnte. Panik stieg in ihm auf bei dem Gedanken, was das vielleicht noch mit ihm anrichtete. Die Ulanen fielen ihm ein… ,,Wissen sie, das stimmt vielleicht.“ , erklärte der Gouverneur. ,,Ich bin damit in Kontakt gekommen. Bevor wir
wussten, wie wir NDNA richtig für bestimmte Zwecke aufbereite. Damals haben wir einfach rumgefuscht und welche verwendet, die man aus einem toten Levian extrahiert hatte.“ Seine Stimme blieb dabei ganz ruhig, aber Jack konnte sich vorstellen. Vielleicht ein dummer Unfall… oder auch Absicht. Das Elektorat kümmerte sich nicht unbedingt besonders um das Wohlergehen seiner Leute. ,,Ein großer Fehler“, er kicherte boshaft über seinen eigenen Wortwitz , ,,wie sich schnell herausstellte. Was es aus mir gemacht hat, sehen sie ja.“ Ihm wurde einiges klar. Die ungewöhnliche Größe des Gouverneurs war also kein Zufall…
Nur offenbar hat es bei ihm auch einen ganz schönen Knacks hinterlassen, dachte er. Oder vielleicht war der Mann auch vorher schon hinüber gewesen… ,,Ich bin vielleicht einfach neugierig, wie es bei ihnen wirkt.“ Einer der Soldaten trat hinter ihn und ehe er reagieren konnte, hatte der Mann ihn gepackt. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, wie schnell Jack sein konnte. Dieser warf sich sofort mit aller Kraft zurück gegen die Wand. Der Kopf des Soldaten schlug mit Wucht dagegen und der Griff löste sich. Jack wirbelte herum. Das war die Gelegenheit zu fliehen. Vielleicht hatten sie noch eine
Chance… Ein heftiger Schlag ins Gesicht holte ihn fast von den Beinen. Bevor Jack sich wieder ganz fangen konnte, bohrte sich die Nadel bereits durch seine Haut. Er spürte den kurzen Einstich kaum, dafür aber die unmittelbaren Folgen sofort. Wie Feuer brannte sich die schwarze Substanz durch seine Andern, so dass er schon glaubte, im nächsten Moment sterben zu müssen. Nach einigen Sekunden wünschte er es sich sogar. Das war kein simpler Schmerz wie von einer Wunde. Er hielt sich den Arm, während er ein paar Schritte rückwärts stolperte. Jacks Sichtfeld verengte sich langsam, ,,Vielleicht ist Aaren ja etwas…
kooperativer.“ , hörte er Cloudswort noch sagen , während die Zellentür wieder ins Schlossfiel. ,,Sie meinen den Kommissar ? “ Die Antwort hörte Jack schon nicht mehr als ihn schließlich die erlösende Dunkelheit einer Ohnmacht umfing. Lasst mich einfach sterben, war sein letzter Gedanke. Rauch drohte ihn zu ersticken. Jack kämpfte sich auf die Füße, ohne genau zu wissen wo er sich befand. Obwohl es ihm irgendwie klar war. Ein brennender Holzbalken löste sich krachend aus der Decke und er musste zur Seite springen um nicht, zumindest diesmal nicht,
darunter begraben zu werden. Die Wände schienen in Flammen zu stehen, ebenso der Boden und die spärlichen Möbel. Nur mit Mühe konnte Jack die Aufkommende Panik unterdrücken. Das ist nicht real, sagte er sich. Er hustete ein paar Mal, während er durch den Rauch stolperte und versuchte etwas zu erkennen. Überall schienen ihn nur Wände zu umgeben. Kein Ausweg. Er wusste nicht, wie er hierhergekommen war oder auch nur wo er herkam. So sehr er sich auch versuchte einen Reim darauf zu machen, seine Erinnerung ließ ihn im Stich.
Es schien auch nicht wichtig, wollte Jack nicht unter den brennenden Trümmern begraben werden. Er musste hier raus. Das Geräusch von zersplitterndem Stahl und Beton über ihm zeigte ihm, das ihm nicht mehr fiel Zeit blieb. Kleinere Putzstücke lösten sich aus der Decke Im nächsten Moment bildeten sich Risse in der Decke und Jack konnte sich erneut nur mit einem beherzten Sprung vor dem sicheren Tod retten. Ein ganzer Teil der Decke brach herunter und riss dabei weitere Trümmerstücke und brennendes Material mit sich, so dass er die Hand vors Gesicht nehmen musste, um sich vor
den auflodernden Flammen zu schützen. Funken versengten ihm den Handrücken. Nun brannte der Großteil des Raums und das Feuer breitete sich so schnell aus, das er kaum rechtzeitig zurückweichen konnte. Ein Schritt… zwei… Jack stieß mit dem Rücken gegen die Wand. Ein Blick nach oben zur eingebrochenen Decke… er konnte es schaffen. Bevor er lange Zeit hatte darüber nachzudenken, setzte er über eine Kommode hinweg und griff nach dem Rand des eingebrochenen Bodens. Mit einer Hand griff er direkt in die auch oben lodernden Flammen, so dass er sie instinktiv zurückzog. Einen Moment lang hing Jack in der Schwebe, unter sich
nur glühende Trümmer und Flammen, dann fand er wieder halt und zog sich hoch. Schwer atmend stand er einen Augenblick da und sah hinab in das Flammenmeer, das wenige Augenblicke zuvor noch sein Grab hätte werden können. Aber noch war es nicht vorbei… Jack taumelte hustend zur Tür des eingestürzten Raums hinaus auf den Gang. Hier war der Rauch so dicht, das er kaum etwas sehen konnte, die Augen tränten ihm und er spürte langsam, wie sich sein Blickfeld verengte, Sein denken wurde schnell irrational, als ihn der Qualm langsam vergiftete und erstickte. Raus, dachte er noch. Er
musste sofort raus… Warum half niemand? Das ganze Gebäude musste leuchten wie ein Weihnachtsbaum, trotzdem, hörte er außer dem Knacken des Feuers nichts. Keine Sirenen, keine Schreie… Unendlich langsam schleppte er sich weiter den Flur entlang, ohne zu wissen, ober er irgendwo ankommen würde. Vielleicht war er auch schon Bewusstlos geworden und starb grade, er wusste es nicht… kur blitzte das Bild einer kalten grauen Zelle in seinem Kopf auf, dann lief er etwas schneller weiter. Er stieß mit dem Kopf gegen etwas und tastete sich panisch daran entlang. Eine Sackgasse ? War er irgendwo abgebogen
oder hatte eine Tür gesehen… Tür… Er ertastete Glas und drückte dagegen. Nichts… Schließlich warf er sich mit ohnehin benebeltem Verstand und panisch mit aller Kraft gegen die Tür. Das Material gab nach und schwang krachend auf, während Jack so gut wie blind hinausstolperte. Kalte Luft schlug ihm entgegen, der ferne Geruch von Meer, wie es den anscheint hatte… Allerdings konnte er nichts dergleichen sehen. Vor ihm lag eine dunkle Graslandschaft, nur erhellt von den Flammen des hinter ihm brennenden Hauses. Er fiel erschöpft zu Boden, sobald er weit genug von dem Gebäude weg war. Ein Teil seines
Verstandes sagte ihm, das die Erinnerung falsch war. Erinnerung? Er war noch nie hier gewesen? Oder doch ? Er richtete sich langsam wieder auf und sah zurück zum Haus. Eine einzige Gestalt stand vor der brennenden Kulisse. Die Haare hingen ihr wir ins Gesicht und sie trug eine seltsam vertraut wirkende Uniform in blau schwarz. Die Gestalt hielt lediglich einen Kanister in der einen Hand und einen kleinen weiteren Gegenstand in der anderen. Wohl ein Feuerzeug. Kommissar, dachte er. Es war ein Kommissar…. Wu schäumte in ihm hoch. Ein Haus anzünden, in dem noch Leute
waren. Jack kämpfte sich endgültig wieder auf die Füße und stürmte auf die Gestalt zu, die ihn offenbar nicht bemerkte. ,,Bastard.“ , Er packte den Mann an den Schultern, riss ihn herum, holte mit der Faust aus und hielt in der Bewegung inne. Die kleine Anstecknadel mit dem Justitiaemblem am Kragen der Gestalt glänzte rot währen sich die Flammen darin spiegelten. Genau wie in die Augen seines Gegenübers. Seine Augen… Jack ließ sein Spiegelbild los. Alle Wut die er grade noch empfunden hatte schien verraucht. Unmöglich… Die ganze Situation war
völlig unmöglich. Irgendwo hinter ihm trat der Mann, den er am Untergrundlabor getötet hatte aus den Schatten, gefolgt von einigen Elektorats-Soldaten… Der Datenknoten…. Jeder der Gestalte sah ihn Vorwurfsvoll an, selbst sein Abbild in der Kommissar-Uniform ,,Keiner von euch hatte das Leben verdient.“ , schrie er. ,,Keiner.“ Das war nicht real. Er deutete auf jede der Gestalten ,,Genau wie Cloudsworth wenn ich ihn in die Finger bekomme, wie jeder einzelne verdammte Minister, wie…“ Er erstarrte, als er bei seinem eigenen Ich
angelangte. Die Kommissar-Gestalt lächelte. Beinahe stolz ? ,,Ich bin nicht du.“ , erklärte er leise. Tatsächlich glaubte er nicht einmal, das ihn der andere Verstanden haben konnte. ,,Oh doch Jack… du weißt es nur noch nicht. Du wirst es erst in dem Moment wissen, wo du in den Spiegel siehst… und da nichts mehr ist, das du wiedererkennst.“ ,,Niemals.“ , erklärte er. ,,Niemals…“ Aber er konnte nirgend wo hin fliehen… Sich nirgendwo vor der Anklage seiner selbst verstecken. ,,Du hattest nie eine Wahl.“ , erklärte sein Doppelgänger. Jack wich ein Stück zurück, tastete nach
der Tür des brennenden Hauses, die nur noch halb in den Angeln hing.
,,Falsch… „ , erklärte er, Mit diesen Worten zog Jack die Tür auf. Eine Feuerwolke brachte die Fenster des Hauses zum implodieren und eine rasende Flammenwand kam den Flur hinab gerast und hüllte Jack, und auch sein Spiegelbild ein. ,,Man hat immer eine Wahl.“