Biografien & Erinnerungen
Bullenwinkel (1)

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"Bullenwinkel (1)"
Veröffentlicht am 08. Mai 2013, 6 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und ...
Bullenwinkel (1)

Bullenwinkel (1)

Beschreibung

Spaziergang im Berliner Kiez damals und jetzt, Teil 1 von 3. Bekanntlich erzählen ja alte Leute gern von früher. Ich übe schon mal.

Teil 1 von 3

"Ich möchte in einem italienischen Straßencafé sitzen und den Mädchen auf den Po schauen."
Konstantin Wecker

Ach Herr Wecker, auch in Prenzlauer Berg ist Entspannung zu finden. Wer wie ich keine Ahnung von Designern hat, merkt den Unterschied nicht und wundert sich stattdessen immer noch, wie die Mädels nur in derart straffe Hosen hinein- und auch mal flott wieder aus ihnen herauskommen. Egal, die Zeit dazwischen sei jedenfalls gepriesen und wenn ich so weitermache, schreibe ich noch völlig am Thema vorbei.
Da es mich nun mal in die frühere Wohngegend verschlagen hat, lasse ich mich vom Frühlingswetter zum geruhsamen Flanieren verleiten. In einer Großstadt ist man ja nie so richtig zu Hause: Man kennt nur die Flecken, wo man wiederholt zu tun hat; und kaum war man mal zehn Jahre wo nicht, haben neue Bauten und Läden alles fremd gemacht.
Als wir hier wohnten, wurden die vielen Gründerzeitfassaden noch von nackten Ziegeln beherrscht, für sie kam das Ende der DDR gerade recht. Heute kann man die verspielten Details bewundern. Früher schon gab es hier viele Gaststätten, nun reiht sich ein Restaurant ans andere, Asiaten, Italiener, Eckkneipe, dazwischen Schuhlädlein, Boutiquechen, Weinhändlerleinchen. Ein Klamottenladen heißt "Thatcher's", sicher ein Räumungsverkauf. Ein Spezialgeschäft bietet Vinylplattenteller an, von denen man löffeln kann, und Formen für Eiswürfel, die in Gestalt von Zahnprothesen jeden Drink zuverlässig schützen.
Bei dem Frühlingswetter walzen hier Touris aus aller Welt entlang, aber ein paar Straßen weiter, wo kleine Galerien und Fahrrad- und Spielzeugläden überwiegen, begegnen mir vorwiegend dieselben Menschentypen wie dazumal: alternative, radfahrende, künstlerische Einheimische, oft auch mit Kind. Der maulende Herr Thierse -- in Thüringen aufgewachsen und also auch nur ein typischer Berliner Zugereister -- sollte vielleicht zweihundert Meter weg ziehen. Übrigens höre ich nicht eine der gern genannten schwäbelnden Müslimütter, die laut Wikipedia auch statistisch nicht nachzuweisen sind. Vielleicht habe ich die falsche Tageszeit erwischt.

Doch, gemütlich ist es hier.

"Es ist nicht gelogen es ist die Wahrheit:
Der eigentliche Berliner ist zugezogen
Über einen kurzen oder einen weiten Bogen
Irgendwann in diese Stadt gezogen"
Keimzeit


© 2013 Brubeckfan

 

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Über den Autor

Brubeckfan
Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und das ist allermeistens.

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baesta Und die Immobilienmakler - treiben in der Zwischenzeit die Mieten ganz schön in die Höhe (Mieten, kaufen, wohnen - VOX).
Sicher gibt es auch gemütliche Winkel, nur findet die der Nichtberliner wohl nur hin und wieder (schmunzel).

LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Und die Immobilienmakler - treiben in der Zwischenzeit die Mieten ganz schön in die Höhe (Mieten, kaufen, wohnen - VOX).
Sicher gibt es auch gemütliche Winkel, nur findet die der Nichtberliner wohl nur hin und wieder (schmunzel).

LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Schmunzel ... - Es ist jetzt ein halbes Jahr her, da las ich mal von einer Kampagne der Berliner gegen "Rollkofferfahrer", also die vielen Kurztouristen, die die Stadt mit dem Lärm ihrer Rollkoffer belästigen ... Die entdecken sicher nicht dieselben Stellen, die du an deinem Berlin so magst, Gerd.
Schöne Milieustudie. Ich werde deiner Spur weiter folgen, aber nicht mehr heute.

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Re: Als ich neulich... -
Zitat: (Original von DoktorSeltsam am 10.05.2013 - 22:24 Uhr) ...geschäftlich in Berlin dinierte, saß ich neben Til Schweiger. Das war schlimm, echt.

Dok

P.S.: Schlimmer war noch, als ich draußen vor der Tür auf'n Taxi gewartet habe und nacheinander Peer Steinbrück, Michael Glos, Uli Wickert und Peter Scholl-Latour an mir vorbei defilierten. Ohne dass ein verdammter Normalsterblicher dazwischen gewesen wäre. Und jetzt rate mal. Gerd, wo ich diniert habe...

Dok

Dann wohl in einer angesagten Kneipe in Prenzl. Berg. Irgendwie hast Du eine Ader für Borchardts und Co, rauchtest Du nicht erst neulich ungesund mit einem SPD-Spitzenmann?
Ja Berlin, die Promis können manchmal schon nerven. Wenn nicht sie, dann das buckelnde Kellnervolk (Frau Winter, ich bin ja so ENTZÜCKT, chargierte der garantiert unwissende 20jährige -- Judy W., mit einem Starfriseur und einem Starkosmetiker, der Starkardiologe hatte wohl frei).

Warte nur, lieber Dok, wenn ich Dich mal beim Schoppen Vogelspinne ausmache... You never know. Dann zitiere ich laut den "Frauenversteher".
Vor langer Zeit - Antworten
DoktorSeltsam Als ich neulich... - ...geschäftlich in Berlin dinierte, saß ich neben Til Schweiger. Das war schlimm, echt.

Dok

P.S.: Schlimmer war noch, als ich draußen vor der Tür auf'n Taxi gewartet habe und nacheinander Peer Steinbrück, Michael Glos, Uli Wickert und Peter Scholl-Latour an mir vorbei defilierten. Ohne dass ein verdammter Normalsterblicher dazwischen gewesen wäre. Und jetzt rate mal. Gerd, wo ich diniert habe...

Dok
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Re: Nun, ich glaube Heinrich Heine ... -
Zitat: (Original von pekaberlin am 09.05.2013 - 16:03 UhrDa habe ich doch bei einigen (neu) "Zugereisten" meine Bedenken!
Leben sie doch oft einen "Berliner Lokalpatriotismus", der, näher betrachtet, doch nur Protest gegen den Lokalpatriotismus ihrer Herkunftsorte ist.

Liebe Grüße Peter
...

Hm, solches Auftreten fiel mir noch nicht auf. "Lokalpatriotismus" habe ich aber auch noch nie mit positivem Sinn wahrgenommen, sondern nur, auswärts alles genau mit der heimischen Elle zu messen -- wie Tucholsky die Berliner beschrieb: "Hamse keen größern?"
Berlin ist wirklich keine Stadt, sondern ein Verbund dicht liegender Kleinstädte und Dörfer. Große Einheiten zerfallen eben ganz natürlich. Ja und.
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Nun, ich glaube Heinrich Heine ... - ... hat die Berliner wohl etwas genauer erkannt als "Keimzeit"

"Keine Stadt hat nämlich weniger Lokalpatriotismus als Berlin. Tausend miserable Schriftsteller haben Berlin schon in Prosa und Versen gefeiert, und es hat in Berlin kein Hahn danach gekräht, und kein Huhn ist ihnen dafür gekocht worden, und man hat sie Unter den Linden immer noch für miserable Poeten gehalten, nach wie vor. Dagegen hat man ebenso wenig Notiz davon genommen, wenn irgendein Afterpoet etwa in Parabasen auf Berlin losschalt. Wage es aber mal jemand, gegen Polkwitz, Innsbruck, Schilda, Posen, Krähwinkel und andre Hauptstädte etwas Anzügliches zu schreiben.
Wie würde sich der respektive Patriotismus dort regen! Der Grund davon ist: Berlin ist gar keine Stadt, sondern Berlin gibt bloß den Ort dazu her, wo sich eine Menge Menschen, und zwar darunter viele Menschen von Geist, versammeln, denen der Ort ganz gleichgültig ist; diese bilden das geistige Berlin." H. Heine in "Reisebilder"

Da habe ich doch bei einigen (neu) "Zugereisten" meine Bedenken!
Leben sie doch oft einen "Berliner Lokalpatriotismus", der, näher betrachtet, doch nur Protest gegen den Lokalpatriotismus ihrer Herkunftsorte ist.

Liebe Grüße Peter
...
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Re: Jetzt -
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 08.05.2013 - 20:59 Uhr) machst du wohl dem Hauptstadtkorrespondenten Cupator Konkurrenz?
Ach nee, der ist ja auch nur ein Zugereister ...

Gern gelesen, auf zum nächsten Teil!

Danke, liebe Fleur.
Natürlich bin ich auch nur zugereist, wie sich's gehört. Aber es wurde mal Zeit, glaube ich, meinen Senf abzugeben. Der beschriebene Anlaß war Tatsache.
Hm, nun muß ich aber mal fragen; ich habe alle 3 Teile heute abgeschickt. Da gibts aber dieses Limit auf 2 täglich... Hast Du als Abonnent die "News" von Teil 3 bekommen?
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Jetzt - machst du wohl dem Hauptstadtkorrespondenten Cupator Konkurrenz?
Ach nee, der ist ja auch nur ein Zugereister ...

Gern gelesen, auf zum nächsten Teil!
Vor langer Zeit - Antworten
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