NORA ROLOFF - Leben und wie man auch zur Malerei kommen kann
geboren 1957 in Berlin
die meiste Zeit wohnhaft in Mecklenburg
1975 Abitur in Neubrandenburg
1975 - 1979 Studium der Germanistik und Geschichte in Greifswald
1984 Promotion in Rostock
wissenschaftliche Lehrtätigkeit
verheiratet, 2 Söhne
Wende 1989, gesundheitliche, persönliche und berufliche Veränderungen
Fernstudium der Politik- und Verhaltenswissenschaften
andauernde, oft auch unbewusste Suche nach kreativen Ausdrucksmöglichkeiten
der Auslöser: Reise zum Jahrtausendwechsel nach New Orleans, Kauf eines farbenfrohen Bildes, das nie in Deutschland ankam!
die Reaktion: Wut und Frust, Beginn des Nachmalens und damit der Start der Entdeckungsreise in Richtung Farben
die Realität: mehrere Ausstellungen vorwiegend im norddeutschen Raum, Beteiligung an der Aktion "Kunst offen" zu Pfingsten
Copyright
All images copyright ©2008 nora-roloff.de
Template copyright ©2007 farfromreal.com
All Rights Reserved.
http://www.nora-roloff.de
Hommage für Nora
Meine Schwester Nora ist wie ich eine Berlinerin aber eigentlich auch wieder nicht, denn als unsere Eltern 1960 Berlin verließen, um im heutigen Mecklenburg/Vorpommern für uns eine neue Heimat zu finden, war sie erst zarte vier Jahre alt. Ein Kindergartenkind, welches in „unserem Kuh-Dorf“ im damaligen Bezirk Neubrandenburg fröhlich und unbeschwert aufwachsen durfte. Eine kleines schwarzes Kätzchen, die „Mießi“ und viele Märchenbücher waren ihr Ein und Alles.
Meine Schwester war ein ruhiges und ein etwas ängstliches Kind aber sie war auch ein ganz klein wenig eigensinnig. Sie hatte nämlich ihren inneren Bock, den sie mit verschränkten Armen und ernsthafter Mine aussaß. In diesen Minuten oder auch Stunden, wenn es nicht anders ging, war an sie kein herankommen. Man brauchte viel Geduld, um in ihr reiches Innenleben einzudringen bzw. sie wenigstens daraus hervorzulocken.
Manchmal haben wir Schwestern uns auch ein wenig gezankt. Ich war und bin ja schließlich sieben Jahre älter und wollte deshalb unbedingt das Sagen haben, was nicht immer so einfach war, denn dem besagten Bock war schwer beizukommen. Das war aber alles ganz früher. Heute sind wir ein Herz und eine Seele und erzählen uns hin und wieder gerne unsere Kindheitserinnerungen.
Nora absolvierte ihr Abiturium in Neubrandenburg und studierte von 1975 bis 1979 in Greifswald Germanistik/Geschichte, promovierte 1984 in Rostock und nahm, an der Universität in Rostock die wissenschaftliche Lehrtätigkeit auf. Nora heiratete, bekam zwei Söhne, war weiterhin berufstätig und erkrankte tragischerweise an multipler Sklerose.
Die Multiple Sklerose - abgekürzt MS - ist eine chronisch entzündliche Erkrankung von Gehirn und Rückenmark. Bestimmte Nervenstrukturen entzünden sich und es kann zu verschiedenen Beschwerden wie Sehstörungen, Gefühlsstörungen, Schmerzen oder Lähmungen kommen. Ein solcher Krankheitsausbruch heißt "Schub".
Die Verlaufsformen der MS sind unterschiedlich. Meist bilden sich die Symptome wieder vollständig zurück, bis es zu einem neuen Schub kommt. Bei 90 bis 95 Prozent der Kranken verläuft die Krankheit schubweise. Bei 30 bis 40 Prozent wird die Krankheit nach einiger Zeit kontinuierlich schlimmer und es treten keine Schübe mehr auf. Bei wenigen Patienten verläuft die Krankheit von Anfang an ohne Schübe und verschlechtert sich zunehmend. Bei Nora verschlechterte sich der Krankheitszustand allerdings zunehmend dramatisch. Jetzt kann sie aus dem Rollstuhl so gut wie gar nicht mehr raus.
MS beginnt meist im frühen Erwachsenenalter zwischen 20 und 40 Jahren. In Deutschland sind etwa 120.000 und 140.000 Menschen an einer MS erkrankt. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Bislang ist die Multiple Sklerose noch nicht heilbar. Mit Medikamenten lässt sich der Verlauf der Erkrankung aber günstig beeinflussen.
Ja, da ist das Kortison, welches als einziges Mittel verordnet wird, doch die Nebenwirkungen sind furchtbar.
Nun, meine arme Schwester musste mit allen Widerwärtigkeiten umzugehen lernen, sich mit den Krankenkassen auseinandersetzen, sich ihre Hilfsmittel erkämpfen etc., ja und nicht zuletzt ging die erste Ehe kaputt, die Kinder wurden ihr genommen, weil eine MS-Kranke angeblich keine Kinder betreuen kann. Ich halte das für einen Skandal, der nur noch von dem Verhalten der Hochschule getoppt werden konnte. Man konnte eine schwer behinderte Frau nach der Wende angeblich nicht mehr weiter beschäftigen.
Meine Schwester nahm nichts desto trotz ein Fernstudium der Politik-und Verhaltenswissenschaften auf und suchte weiter nach anderen Ausdrucksmöglichkeiten bis sie für sich die Malerei entdeckte. Die eigene Kreativität als Selbstausdruck, als Ablenkung, als Freizeitbeschäftigung, als Spaß und oft einzige Freude im Alltag.
Inzwischen hat Nora mit ungeheurem Fleiß und Begeisterung unter Aufbietung aller Kräfte tatsächlich hunderte von wunderschönen Bildern gemalt, die sie in zahlreichen Ausstellungen in der heimatlichen Region im Norden Deutschlands (Lübecker Raum) vorstellte.
Nein, sie verdient kein Geld mit ihren Bildern. Wer kann das schon? Dazu braucht es viel zu viel Kraft, Geld und Fürsprache. Das schafft kaum ein namhafter Künstler. Dennoch lässt sich Nora nicht beirren oder klein kriegen. Sie malt weiter und schafft wundervolle Bilder, die ich hier einmal zeigen möchte. Also nur einige meiner Lieblinge. Mehr kann man auf der Homepage von Nora bei: nora-roloff.de bewundern.
Ich bin furchtbar stolz auf meine kleine Schwester, die so tapfer und ohne zu klagen alles erträgt und aus ihrem desaströsen Leben noch so viele schöne Bilder hervorzuzaubern vermag. Sie hatte aber in all dem Schrecklichen auch ein großes Glück erfahren, denn inzwischen ist sie mit einem Mann verheiratet, der meine Schwester nicht nur von Herzen liebt, sondern sie auch in allen Lebenslagen tatkräftig unterstützt. Dennoch ist der Alltag meiner Schwester so viel anders als der eines gesunden Menschen. Jede noch so alltäglichste Handlung muss von ihr oft unter Aufbietung aller Kräfte absolviert werden. Jeder Tag ist ein neuer Kampf um das normale Leben, was für sie aber weiß Gott nicht normal sein kann.
Ich bewundere meine Schwester und sage es ihr aber sie meint daraufhin nur leise: „Mir bleibt ja nichts anders übrig.“
Aus den vielen schönen Bildern wähle ich meine Lieblingsbilder aus und stelle sie hier vor, denn sie sind es wert einem breiteren Publikum vorzustellen, finde ich.