Romane & Erzählungen
Hope - 2. Kapitel

 

Der Franzose hatte darauf bestanden mich zur Schule zu fahren. Vor einem grossen Gebäude blieb er stehen und wartete darauf dass ich ausstieg. Ich schlug die Türe fest hinter mir zu, packte meine Tasche und ging los. Es war eigenartig still hier, obwohl anscheinend alle mit jemandem redeten. Viele sahen zu mir, wandten ihre Gesichter aber bald wieder ab. Nathan, der Junge von gestern winkte mir kurz zu, lächelte mich an. Ein Mädchen kam auf mich zu, es war Nicole. Sie zog mich gleich mit sich und redete auf mich ein. Es gäbe so viele Wahlfächer,

 

wovon ich mir ruhig ein paar aussuchen könne. Sie drückte mir darum einen Zettel in die Hand, wo ich ankreuzen konnte was mir gefiel. Ich kreuzte sie gleich an, gab Nicole den Zettel zurück. Sie fragte: "Oh, du spielst wohl gerne Fussball. Und Volleyball auch. Hm, magst du Sport?"
Ich nickte: "Ja."
"Und einen Zusatzkurs für Italienisch und Englisch. Liegen dir Sprachen?"
Ich nickte wieder: "Meiner Mutter auch."
"Wow, Ölmalerei. Bist du irgendwie künstlerisch begabt? Das machen nicht viele hier. Und du hast so viele

 

Fächer angekreuzt. Ich weiss gar nicht ob man das darf. Naja, mal sehen."
Ich lächelte stumm, folgte ihr durch die Gänge. Die Schüler liefen alle in verschiedene Richtungen und ich wunderte mich dass sie sich nicht alle anrempelten. In unserer Schule hatten wir so einen strengen Direktor, dass man immer mit Rechts an der Wand laufen musste, sodass es kein Gedränge gab.
Sie führte mich in das Direktorat, in die Turnhalle, durch die ganze Schule eigentlich. Gerade noch rechtzeitig kamen wir in unserem Klassenzimmer an, wo ich mich dem

 

Lehrer kurz vorstellen musste, dann setzten wir uns nach hinten. Die Schule fing an. Als die Stunden ausgesessen waren hatten wir Mittagspause. Nicole nahm mich mit in die Mensa, wo wir uns beide einen Teller beluden. Es gab Polenta. Sie nahm ziemlich wenig, und ich fragte: "Hast du keinen Hunger?"
Sie nickte: "Doch, aber diese Polenta, schrecklich! Schau." Sie nahm ihren Teller, drehte ihn um sodass die Polenta nach unten hing. Aber sie fiel nicht auf den Boden sondern klebte an dem Teller. Ich verzog das Gesicht: "Widerlich." Nicole nickte, nahm sich statt der

 

Polenta etwas mehr Gemüse und ich folgte ihrem Beispiel.
Wir gingen zu einem grossen Tisch, wo schon einige andere Mädchen und Jungs sassen. Einer stellte sich vor und reichte mir die Hand: "Hallo, ich bin Lucas. Du musst Savannah sein. Nicole hat gesagt dass du kommen würdest."
Ich nickte: "Ja, bin ich."
Er nickte, rückte mir einen Stuhl zurecht: "Setz dich doch."
Ich stellte mein Tablett ab und setzte mich auf den mir zugewiesenen Stuhl. Ein Mädchen fragte: "Wie gefällt es dir hier?"
Ich zuckte mit den Schultern:

 

"Hübsche Stadt." Die anderen starrten mich noch immer an, und ich nahm einen Bissen von meinem Essen. Nicole hatte neben mir Platz genommen, ass nun auch von ihrem Essen. Sie fragte: "Und, Théo, wie läuft es mit dem neuen Artikel für die Schülerzeitung?"
Ein grosser braunhaariger Junge mit dunklen, haselnussbraunen Augen, wahrscheinlich Théo sah auf und antwortete ihr. Ich achtete nicht auf seine Worte, nur auf seine Augen. Sie waren dunkel und wunderschön. Meine waren nicht besonders. Ein ganz normales Grün eben. Aber seine... so schön waren sie dass ich

 

sie nicht beschreiben konnte. Er sah mich gespannt an, und ich fragte: "Was?" Ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte dass er etwas an mich gewandt gesagt hatte.
Er wiederholte: "Ich habe noch kein Thema gefunden. Ob ich wohl etwas über dich schreiben könnte?" Er grinste breit und zog die Augenbrauen hoch.
Ich schüttelte langsam den Kopf: "Nein. Besser nicht."
"Wieso nicht?"
Ich zuckte mit den Schultern, stocherte in meinen Rüben herum: "Ich mag es nicht wenn über mich

 

berichtet wird."
Er grinste, schnappte sich seinen Fotoapparat welcher vorne auf dem Tisch stand und machte ein Foto von mir. Ich seufzte: "Lösch es."
Er schüttelte den Kopf: "Geht nicht.""
"Lösch es!"
"Wie gesagt, es geht nicht. Das ist ein altes Modell mit Filmrolle. Da kann man nichts löschen." Er lächelte warm, fügte hinzu: "Keine Angst, ich werde nicht über dich berichten wenn du nicht willst. Aber überleg's dir. So eine Chance kommt nur am Anfang."
Ich nickte: "Ich hab's mir überlegt." Einige andere Schüler setzten sich

 

zu uns und sie plauderten alle mit einander. Ich blieb still. Lucas fragte mich irgendwann: "Savannah, wir haben noch eine Weile Mittagspause. Magst du mit uns noch raus gehen? Es gibt einen tollen Fussballplatz. Da du das so gerne magst." Er grinste und ich nickte: "Ja." Lucas stand auf, nahm mein und sein Tablett und stellte sie in einen grossen Schiebschrank. Die anderen machten das Gleiche. Wir folgten ihm nach draussen, wo die Sonne hoch am Himmel stand. Der Fussballrasen war super intakt und Lucas warf mir einen Ball zu. Die Jungs teilten sich automatisch in

 

zwei Gruppen auf und ich wurde der von Théo zugeteilt. Ein schlaksiger Junge war im Tor. Théo fragte: "Sturm oder Verteidigung?"
Ich stellte mich nach rechts: "Sturm natürlich!"
Théo war ziemlich gut, und er sagte mir nachher dass es daher kam, dass er in einem Verein spielte. Er fragte: "Hast du in einem Verein gespielt?"
Ich schüttelte den Kopf: "Nein. Ich habe immer im Park mit einigen Jungs gespielt."
Er nickte nachdenklich: "Ach so."