Kurzgeschichte
Die Verleihung

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"Die Verleihung"
Veröffentlicht am 18. April 2013, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Die Verleihung

Die Verleihung

Pünktlich um neunzehn Uhr klingelte es wie verabredet an meiner Tür. Seit über einer viertel Stunde wartete ich schon ungeduldig  hinter der der Gardine und blickte ungeduldig aus dem Fenster. Doch dann endlich war es soweit. Der Abend meines Lebens hatte begonnen. Auf dem Weg zur Tür warf ich noch einen letzten Blick in den großen Spiegel, der auf dem Flur hing. Ich sah einfach atemberaubend aus in meinem langen, weinroten Abendkleid, welches durch einen tiefen Rückenausschnitt besonders auffiel und den dazu passenden weinroten High Heels. Als besonderes Accessoire schmückte mich eine silbernen Clutch, die über und über mit Swarovskisteinchen besetzt war. Über drei Stunden hatte ich am Vormittag beim Frisör gesessen, um meine Haare dem Anlass entsprechend stylen zu lassen. Natürlich überließ ich beim Make Up auch nichts dem Zufall. Alles war also perfekt.

 

Ich öffnete die Tür und ein gutaussehender, in einem schwarzen Anzug gekleideter Mann stand vor mir.

 

„Guten Abend“, begrüßte er mich höflich.

 

Ich erwiderte seinen Gruß, schloss die Haustür und folgte ihm. Er öffnete mir die Tür der acht Meter langen weißen Strechlimousine. Behutsam hob ich leicht mein Kleid und stieg ein. Ein leichter Duft von Zitronenmelisse strömte mir entgegen und im Hintergrund lief Musik von den Beatles. Es war wunderbar. Ich sah mich um und mein Blick fiel sofort auf eine Flasche Champagner, die bereits geöffnet in einem Kristallkühler neben mir stand. Während ich mir ein Glas Champagner einschenkte, startete der Chauffeur den Motor und fuhr los.

 

Ich war aufgeregt, sehr aufgeregt. Aus dem ersten Glas wurde schnell das zweite. Eine kleine Platte mit Sushi erregte kurz meine Aufmerksamkeit, doch meine Nervosität ließ es nicht zu auch nur ein Stück davon zu probieren. Verkrampft hielt ich meine Clutch in den Händen. Sie waren schon ganz nass geschwitzt. Der Chauffeur fragte mich nach meinem Befinden und ob die Temperatur in  der Limousine angenehm sei. Ich bejahte dies und fragte ob ich rauchen dürfte. Er nickte. Ich schenkte mir ein drittes Glas Champagner ein und kramte meine Zigaretten aus der Clutch. Genüsslich atmete ich beim ersten Zug tief ein. Das tat gut. Ich fühlte mich schon ein wenig ruhiger. Die Fahrt dauerte noch eine halbe Stunde bis wir endlich am Ziel ankamen. Mittlerweile war der Champagner leer, und ich bemerkte einen leichten Schwipps.

 

Ich fühlte, wie der Wagen langsamer wurde. Schließlich hielt er an. Ich blickte aus dem Fenster und erschrak im ersten Moment. So viele, es waren so viele Menschen hergekommen, um mich zu sehen. Mich! Ich konnte es nicht fassen. Meine Nervosität stieg weiter.

 

„Hoffentlich geht alles gut“, sagte ich zu mir. An all diesen Menschen musste ich gleich vorbei. Ich hatte Angst zu stolpern oder gar hinzufallen. Schließlich hatte ich eine Flasche Champagner intus. Doch es half nichts, da musste ich jetzt durch. Ich sah wie die Menschenmenge versuchte immer näher an die Limousine zu gelangen. Doch Gott sei Dank war genug Sicherheitspersonal vor Ort, um mich abzuschirmen.

 

Der Chauffeur stellte den Motor aus und stieg aus. Er ging um den Wagen und öffnete mir die Tür. Ich atmete noch einmal tief durch. Dann setzte ich mein schönstes Lachen auf und stieg behutsam aus der Limousine. Ich hatte noch nicht mal einen Fuß auf den Boden gesetzt, da ging das Blitzlichtgewitter auch schon los. Viele riefen meinen Namen, andere applaudierten. Da stand ich nun. Der rote Teppich lag vor mir ausgerollt, ich stand in einer jubelnden Menschenmasse, in der Reporter und Fotografen sich gegenseitig bei Seite schupsten, um das beste Foto von mir zu schießen oder die ersten Fragen zu stellen. Geduldig posierte ich auf dem Roten Teppich und gab ein Interview nach dem anderen. Über dem Eingang des Nobelhotels, in dem die Verleihung stattfand, prangte ein überdimensionales Plakat meines aktuellen Bestsellers „Der Schlafwandler“ zu sehen war. Das Cover war schlicht, aber nicht langweilig. Ich entschied für einen roten Schriftzug auf schwarzen Hintergrund. Die Schriftart war streng. Es sollte aggressiv wirken. Das erste L in Schlafwandler wurde daher durch eine Axt ersetzt, dessen Schneide scharf im Licht funkelte.

 

Nachdem ich den roten Teppich hinter mir gelassen hatte, bekam ich ein weiteres Glas Champagner. Ich hatte Hunger, doch ich musste wie alle anderen die Verleihung noch abwarten. Aber deshalb war ich schließlich auch da. Dieser Abend galt nur mir. Bald würde ich die Auszeichnung entgegennehmen. Den „International literature Award of novels“ für den erfolgreichsten Bestseller aller Zeiten! Mein Bestseller, mein Roman, an dem ich jahrelang gearbeitet habe. Kein anderer war jemals erfolgreicher als ich! Niemand außer mir hat so viele Bücher verkauft, soviel Geld mit seinen Werken verdient.

 

Doch kurz vor der Verleihung passierte das Unfassbare. Die Ansprachen nahmen anfangs kein Ende. Doch plötzlich stand der Laudator auf der Bühne, der mir in den Award überreichen sollte.

 

Ich bereite schon meinen Spickzettel vor, den ich mir für die folgende Dankesrede vorbereitet hatte. Der Laudator wollte gerade seine Rede beenden und endlich meinen Namen aufrufen, als plötzlich überall das Licht ausging und ein schreckliches Geräusch zu hören war. Es war ein lautes, ohrenbetäubendes Piepen. Alle im Saal hielten sich die Ohren zu. Auch ich. Doch so sehr ich mich auch bemühte, es gelang mir nicht diesen Krach zu dämpfen. Ich schloss die Augen und konnte gar nicht fassen, dass so etwas ausgerechnet mir passierte, an diesem bedeutenden Abend. Mein Abend.

 

Da ich nicht zuordnen konnte, was für ein Geräusch es war oder woher es kam, öffnete ich kurzerhand meine Augen. Es dauerte einen Moment bis ich zu mir kam und mir eins klar wurde:

 

So schnell wie möglich würde ich mir einen neuen Wecker besorgen. Einen, der mich meinen Traum zu Ende träumen lässt.

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KleinerFalke Re: Immer wenn es am Schönsten ist... -
Zitat: (Original von petjula007 am 20.04.2013 - 17:36 Uhr) Sehr nett und mit Spannung geschrieben. Aber wie das so ist. Träumen ist wunderschön, wenn es sich um etwas Angenehmes handelt, das Aufwachen ist dann brutal. Hat mir sehr gefallen.

LG
petjula007

Danke sehr!

Es gibt wohl oft Träume in die wir gerne flüchten möchten, und von denen wir hoffen nicht mehr zu erwachen.

Danke fürs Vorbeischauen :-)

LG
Melanie
Vor langer Zeit - Antworten
KleinerFalke Re: Oh Mann.... -
Zitat: (Original von KarinB am 19.04.2013 - 14:31 Uhr) Wecker können so grausam sein :) Ich bin richtig mit gegangen bei der Geschichte. Hast Du toll beschrieben

LG Karin

Vielen lieben Dank,

ich wette so einen ähnlichen Traum hat der ein oder andere auch schon mal geträumt :-)

LG
Melanie
Vor langer Zeit - Antworten
petjula007 Immer wenn es am Schönsten ist... - Sehr nett und mit Spannung geschrieben. Aber wie das so ist. Träumen ist wunderschön, wenn es sich um etwas Angenehmes handelt, das Aufwachen ist dann brutal. Hat mir sehr gefallen.

LG
petjula007
Vor langer Zeit - Antworten
KarinB Oh Mann.... - Wecker können so grausam sein :) Ich bin richtig mit gegangen bei der Geschichte. Hast Du toll beschrieben

LG Karin
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