Die Welt im Jahre 2031 hat sich dramatisch verändert. Die Kirche befindet sich an einem Scheideweg. Die Menschheit wird beherrscht von religiösen Unruhen. Die Lage ist hoffnungslos, das Ende scheint nah! Es entflammt ein Krieg der Religionen. In einer schrecklichen Pogromnacht in Nürnberg gibt es auch fünf deutsche Leichen. Alles deutet zunächst auf Johannes Kramp, als Täter. Die Jagd beginnt! Als sich schon bald auch der militärische Geheimdienst für den Flüchtigen interessiert, beginnt ein tödlicher Wettlauf zwischen Polizei und
militärischem Abschirmdienst. Ein fesselnder Roman, voll Spannung, Action, Tempo und die ganz große Liebe. Der Roman umfasst ca. 550 herkömmliche Taschenbuchseiten. Er ist bei Neobooks.com als Epub und als PDF-Version erschienen und unter folgendem Link zu erreichen:
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Sommerferien 2007
Es war ein schöner sonniger Tag und die Jungs des Dorfes, die nicht mit ihren Eltern in den Urlaub verreist sind, wollten sich, wie jeden Tag in diesen Sommerferien, am Waldrand nahe ihres Dorfes Waldheim, treffen. Von da aus sollte es mit ihren Fahrrädern in den nahegelegenen alten Steinbruch gehen. Dieser Steinbruch würde eine tolle Kulisse für ein Cowboy und Indianerspiel oder ähnliches abgeben.
Auch Jojo, der sechs jährige Sohn des Schäfers vom Dorfrand, durfte heute mit und wartete schon ganz aufgeregt als erster auf die anderen Jungen.
Die ganze Nacht hat er schon nicht schlafen können, so aufgeregt er vor lauter Vorfreude war. Seine Mama hatte mit der Mama eines anderen Jungen gesprochen, der heute auch mit dabei war. Mit ihm hat Jojo dann auch diesen Treffpunkt vereinbart.
Jojo stand nun am Waldrand, in kurzen Hosen, buntem Hemdchen und mit seinen Händen das kleine blaue Fahrrad festhaltend, welches er am letzten Weihnachtsfest geschenkt bekommen hat. Ganz nervös hin und her tippelnd,
als müsse er mal austreten, fieberte er seinen neuen Freunden entgegen. Die anderen Jungs waren mindestens schon zwei Jahre älter und viel größer als er!
Die Sonne stand schon hoch und schien Jojo ins Gesicht. Er musste blinzeln, bei dem Versuch seinen neuen Freunden entgegen zu schauen.
Da endlich kamen sie mit ihren Fahrrädern den abschüssigen Weg hinab gerast, direkt auf Jojo zu. Oh ja! Jetzt geht es gleich los! Das wird bestimmt ein ganz toller Spaß! frohlockte Jojo und tänzelte aufgeregt von einem Bein auf das andere. Die wilde Horde sauste noch immer den Hang hinab und hielt auf Jojo zu. Erst kurz vor seinen Füßen
bremsten sie scharf ab. Dabei rissen sie die Hinterräder herum und schleuderten jede Menge Staub, Sand und Kieselsteine in Jojo´s Richtung. Ein größerer Stein traf ihn schmerzhaft an der Stirn. Sogleich fing Jojo bitterlich an zu weinen und hielt sich die schmerzende Stirn.
Die anderen Jungen johlten und lachten ihn aus. Sie stiegen von ihren Rädern und schubsten den armen kleinen Jojo hin und her.
„Heulsuse! Heulsuse! Heulsuse!“ riefen sie laut, den kleinen weinenden Jungen verhöhnend.
„So eine Memme können wir in unserer Bande nicht gebrauchen!“ rief der
Anführer, ein Blondschopf von vielleicht 12 Jahren. „Fahr wieder Heim zu Mama!“
Die anderen johlten und lachten noch lauter. In gehässiger Schadenfreude klatschten sie sich auf die Schenkel.
„Mamakind!! Mamakind!! Mamakind!!“ schrien sie jetzt und zeigten mit den Fingern auf Jojo.
Schlagartig hörte Jojo auf zu weinen. Eiskalt schauten seine graublauen Augen in die Runde der anderen Jungen. Auch die verstummten, als sie bemerkten, dass Jojo nicht mehr weinte.
„Nein!“ sagte Jojo ganz einfach und ganz ruhig.
„Wie nein?!“ fragte der Rädelsführer verdutzt und holte mit der Faust zum Schlag aus.
„Ihr nehmt mich mit zum Steinbruch, ich darf mitspielen und ihr nennt mich nie wieder Mamakind oder Heulsuse!“
Ein Moment herrschte Schweigen. Die anderen Jungs schauten auf eine eigenartige Weise zu Jojo. Ihre Mimiken und Blicke hatten einen Ausdruck zwischen Liebe und Ergebenheit. Der Rädelsführer fand als erster seine Worte wieder. Er zuckte mit den Schultern und hob ein wenig die Arme
„Okay! Machen wir!“
Alle Jungens, auch der kleine Jojo,
setzten sich auf ihre Räder und fuhren in den Steinbruch.
Die Sonne glimmt langsam hinter dem Waldrand hervor, die Dämmerung räumt scheinbar zäh das Feld und gibt sich dem Tageslicht geschlagen. Vereinzelte Nebelfetzen über den Wiesen und dem See werden schnell von der immer mächtiger werdenden Sonne aufgelöst. Die Vögel stimmen ihr für, den Frühling so typisches, Balzkonzert an und die letzten Fledermäuse suchen noch ihren dunklen Unterschlupf auf, um sich nach erfolgreicher Jagd zur Ruhe zu
begeben.
Die Harmonie des anbrechenden Tages wurde jäh durch einen grauen Geländewagen mit Viehanhänger gestört.
Dieser kam aus dem Wald hervor gefahren und polterte den steinigen Feldweg zum kleinen See in der Senke hinunter. Ein Weilchen fuhr er am Ufer entlang um hinter einem Schwarzdorngebüsch ab zu biegen. Es ertönte das laute Geblöke einer Schafherde, die hinter dem Gebüsch in einem Pferch aus einem Ultraschallgitter die Nacht verbracht hat.
Der Geländewagen hielt. Ein lang
gewachsener Mann mit dunkelblondem welligem Haar und Vollbart stieg aus. Seine Haut war, von Wind und Wetter, wie gegerbt und hatte das ganze Jahr hindurch einen sonnigen, braunen Teint.
Ihm folgten zwei schwarz-weiße Bordercollies. Der Mann schnappte sich seine Jacke, seinen großen schwarzen Hut und zog aus dem Wagen einen langen schwarzen Stab hervor, der wohl so lang wie er selbst war. An dessen Spitze befand sich eine kleine Edelstahlschippe. Ganz von allein verstummte der Wasserstoffmotor des Wagens. Der Mann, der offensichtlich der Schäfer dieser Schafherde war, zog aus seiner Jackentasche eine
Fernbedienung hervor und deaktivierte mit einem Klick den Feldgenerator des Ultraschallfeldes.
Mit dem Verbot von Elektrozäunen bei Tieren, durch das europäische Parlament, setzte sich mehr und mehr diese Technik durch. Überschritten die Schafe eine abgesteckte Lichtschranke ertönte ein, für Menschen nicht hörbarer aber für Schafe recht unangenehmer, Pfeifton, der sie zurückschrecken ließ. Das war natürlich für die Schafe weitaus unangenehmer als ein Elektrozaun. Diesen konnten sie wenigstens noch sehen, bevor sie rein gerieten! Jetzt liefen die Schafe quasi ins offene Messer.
Das war eine von vielen unüberlegten Verordnungen von irgendwelchen bürokratischen Theoretikern in Brüssel, die Johannes, unserem Schäfer immer wieder die Zornesröte ins Gesicht steigen ließen.
Der Schäfer schickte die Hunde links und rechts die Herde zu flankieren und lockte die Schafe mit einem grellen Pfiff. Schnell folgte ihm die Herde und machte sich auf der Wiese breit um gierig zu grasen. Mittels der Hunde hielt Johannes die Schafe zunächst auf der Weidefläche vom Vortag, solange sie noch so richtigen Heißhunger hatten.
Mit einem grellen Piepen machte sich
sein Communicator bemerkbar. Johannes tippte auf ein Gerät, welches wie eine Armbanduhr aussah. Vor ihm baute sich das Hologramm einer schwarzhaarigen, jungen Frau mit hellbrauner Haut und anmutigem Gesicht auf.
„Hallo Ramira mein Schatz“ Ein Lächeln erhellte sein Gesicht.
„Liebling, vergiss bitte nicht, dass wir heute Abend bei meinen Eltern eingeladen sind. Also komm nicht so spät nach Hause. Du hast übrigens Dein Frühstück vergessen. Soll ich es Dir vielleicht raus bringen? Ich bringe Dir auch eine Überraschung mit.“ Sie zog vielsagend die Augenbrauen nach oben
und lächelte verschmitzt.
„Ach verdammt! Ich würde mich freuen! Aber dummerweise bin ich heute hinten am Steinbergsee. Also so ziemlich am Arsch der Welt.“
„Du hast doch Dein Navi an oder?“
„Ja schon! Aber…!“
„Dann wird Dich mein Navi schon orten. Also bis nachher!“ Sie warf ihm noch ein Handkuss zu, dann verschwand ihr Hologramm.
Oh wie fein! Ramira möchte mir den Tag versüßen! Frohlockte Johannes im ersten Moment. Oh nein! Ein Besuch bei den Schwiegereltern!!! schoss es ihm jedoch schon im nächsten Moment durch den Kopf.
„So ein Mist!“ fluchte Johannes bei dem Gedanken. Er wusste genau wohin das führen würde. Es war immer das gleiche. Zunächst verlief bei diesen Besuchen der Schwiegereltern stets alles optimal, eitel Sonnenschein. Später jedoch kamen dann diese leidigen Diskussionen über Politik, Religion und welche Moral nun die bessere wäre. Immer gingen diese Besuche bei den Schwiegereltern im Streit aus!
Ramiras Vater hat es nie so recht verwunden, dass seine Tochter einen ungläubigen geheiratet hat.
„Vor zwanzig Jahren wäre das unvorstellbar gewesen!“ tönte er bei jeder Gelegenheit.
Wenigstens soweit hat sich der Islam liberalisiert, dass Muslime Europäer heiraten dürfen die nicht christlichen Glaubens sind.
Johannes schickte Fleck, seinen Halbenhund, vor. Die Schafe waren schon zu weit ins frische Futter vorgedrungen. Das sollte es erst nach der Mittagspause geben.
Er hing wieder seinen Gedanken nach. Für Johannes sprach bei Ramiras Vater einzig und allein die Tatsache, dass er eine Schäferei mit fünfhundert Mutterschafen besaß.
Ramira ist die jüngste und zudem auch die einzige Tochter unter seinen fünf Kindern. Für einen Türken ist es da
noch mal so schwer seine Tochter an einen Ungläubigen zu verlieren. Er hätte wahrscheinlich auch nie in die Ehe eingewilligt, wenn Ramira nicht einen so großen Dickschädel gehabt hätte.
Der Blick von Johannes schweifte über seine grasende Herde. Das ist wohl der schönste Anblick auf Erden! Auf einer saftigen grünen Hangwiese eine weidende Schafherde im weiten Gehüt. Es gibt doch wahrlich nichts Friedlicheres!
Ein lahmendes Schaf fiel ihm ins Auge. Johannes zog aus einem Hohlster am Gürtel eine Pistole, aus der man rote Farbkugeln abfeuern konnte. Dieses Gerät war bis auf Fünfundsiebzig Meter
zielgenau. Das Tier stand etwa fünfzig Meter von ihm entfernt. Langsam legte Johannes an und pfiff einmal kurz. Alle Schafe hoben die Köpfe und schauten ihn an. Er zielte kurz, drückte ab und fertig! Mit einem Klatsch prallte die Kugel genau auf die Stirn des lahmenden Schafes. Sie hinterließ einen leuchtend roten Farbklecks, der sehr schnell trocknete. Johannes schoss immer auf die Stirn, wollte er doch nicht die wertvolle Wolle ruinieren!
Seitdem eine neue Form von Milzbrand den gesamten australischen Schafbestand nahezu vernichtet hat, ist europäische Schafwolle so wertvoll wie zuletzt in der sozialistischen Welt von
vor vierzig Jahren. Johannes kennt diese Zeit nur noch aus Erzählungen seines Vaters, auch ein Schäfer, aus der so genanten DDR, den es nach dem Mauerfall 1989 hierher nach Waldheim verschlug. Dieses Land muss, den Erzählungen nach, wohl ein Paradies für Schäfer gewesen sein.
Das Schaf war jetzt jedenfalls markiert. Am Abend würde es sich Johannes mit seinem langen schwarzen Stab fangen und ihm die Klauen ausschneiden.
So verging der Vormittag. Johannes postierte noch die Lichtschrankenbaken für den neuen Nachtpferch, justierte den Feldgenerator neu und vereinbarte noch
mit Yusif dem Viehhändler den Verkauf von 150 Schlachtlämmern. Das war ein gutes Geschäft, wie Johannes meinte. So kurz vor Ostern waren die Preise für Lammfleisch weit oben und man konnte einen guten Profit erzielen. Der Viehtransporter von Yusif würde übermorgen kommen, was noch ein gewaltiges Stück Arbeit für Johannes bedeutete. Die Lämmer selektieren, die Identifikationschips mit einem Scanner erfassen und alle 150 Viehpässe ausdrucken lassen. Zum Glück gab es inzwischen eine entsprechende Software, so dass man das alles nicht mehr von Hand machen musste, wie noch vor wenigen Jahren.
Gegen 12.00Uhr, die Sonne stand schon hoch oben am blauen Himmel und die Schafe hatten sich ein schattiges Plätzchen zum wiederkäuen gesucht, rollte Ramiras betagter, roter Renault über den Hang ins Tal. Mit einem Picknickkorb bewaffnet, stieg die junge Frau aus. Behände und leichten Fußes kam sie den kleinen Hügel hinauf zur dicken Eiche gelaufen, unter deren Schatten Johannes im grünen Gras lag und seiner jungen Frau lächelnd entgegen schaute.
Im Wind flatterte ihr beigefarbener Rock. Die himmelblaue Bluse legte sich an ihren geschmeidigen schlanken Körper. Deutlich zeichneten sich ihre
kleinen straffen Brüste ab. Sie setzte sich zu Johannes unter den Baum am Rande des Schwarzdorngebüsches. Ihr langes schwarzes Haar hatte Ramira zu einem buschigen Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Johannes stieg ein betörender Duft nach Yasmin in die Nase. Das war Ramiras Lieblingsduft.
„Hallo mein Schatz! Dein Essen ist da!“ Sie gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss und fuhr auch schon mit der Hand unter sein Hemd. Zärtlich glitten ihre Finger durch sein Brusthaar.
„Hey Liebling! Ist das die Überraschung?“ fragte Johannes das Spiel gerne annehmend. Er nahm die hübsche Türkin in den Arm und legte
sich mit ihr in das grüne Gras. Ramira lag auf dem Rücken, fuhr mit ihren Händen durch sein Haar und lächelte mit verlangendem Blick.
„Nennen wir es die Vorspeise!“ wisperte sie lasziv in sein Ohr und schob ihre Hand unter seine Hose.
Johannes öffnete den ersten Knopf ihrer Bluse und spürte wie seine Erregung, glühend wie ein Vulkan vor dem Ausbruch, wuchs. Er öffnete den zweiten Knopf. Ramira atmete erregt, schob ihre Hand in seiner Hose tiefer, bis sie flach auf seinem Hintern lag. Mit dem dritten Knopf war die Bluse geöffnet. Ramira trug keinen BH! Johannes liebte es, wenn sich ihre
Brüste leicht zur Seite neigten, und ihn förmlich einluden. Natürlich wusste das Ramira!
Er vergrub sein Gesicht in ihnen und liebkoste mit Lippen und Zunge ihre dunklen Nippel. Er spürte, wie ihre zärtliche Hand seine geballte Manneskraft umschloss...
Nach einem feurigen Liebesspiel, bei dem beide voll und ganz auf ihre Kosten kamen, lagen sie noch eine Weile eng beieinander und dösten. Diese wohlige Wärme und der Geruch des jeweils anderen, man könnte ihn auch als den Duft der Leidenschaft bezeichnen, taten so gut!
„Oh Ramira! Das war schön! Das könnten wir jeden Tag machen!“ hauchte er ihr ins Ohr
„Das wird ja auf Dauer gewöhnlich.“ hauchte sie zurück und küsste ihn.
„Ich liebe Dich!“ Johannes streichelte ihr liebevoll und zärtlich das Gesicht.
„Ich Dich auch mein Schatz!“ Sie richtete sich auf und griff nach dem Picknickkorb. „Komm, lass uns was essen.“ Ramira packte ein paar Sandwich, eine Thermoskanne mit Kaffee, zwei Tassen, ein paar Äpfel und ein kleines Radio aus. Ihre Bluse war noch geöffnet.
Das sieht so sexy aus, ihre braunen kleinen Brüste nur halb von seidenem
Stoff verdeckt! dachte sich Johannes und konnte nicht widerstehen sie zu streicheln.
„Na? Die gefallen Dir was?“ Ramira schaute lächelnd zu ihrem Mann herüber während sie Kaffee einschenkte.
Johannes schaltete das Radio ein. Es begannen gerade die Nachrichten.
„Manila: In der philippinischen Hauptstadt finden sich heute die Staatsoberhäupter aller muslimischen Staaten zusammen um die Verträge zur Bildung einer internationalen Liga islamistischer Staaten zu ratifizieren. Experten sehen darin eine große Gefahr
für das weltpolitische Gleichgewicht!“
„Was hältst du davon Liebling?“ fragte Ramira.
„Ach Du kennst doch meine Meinung.“ erwiderte Johannes abwinkend „Die können sich zusammenschließen wie sie wollen. Ich sehe da noch keine Gefahr.“
„Also mir ist nicht ganz wohl bei der Sache! Die haben doch schon seit Jahrtausenden so einen Hals auf die Christen... Und nun verbünden die sich auch noch!“ Ramira legte ihren Kopf an seine Schulter.
„Ach was! Mach Dir keine Sorgen! Wir sind doch hier in Deutschland, dem
weltoffenen und friedliebenden Deutschland! Was soll denn da schon passieren? Außerdem, wer ist schon so verrückt und greift die mächtige NATO an?“
Vor dem Haus der Schwiegereltern kam der graue Geländewagen zum stehen. Das Haus der Kizmirs war eine prächtige Villa im typischen Stil der Jahrtausendwende, weiß verputzt, mit zwei Etagen und einem anthrazitfarbenen Walmdach. Den Eingang zierten zwei Säulen aus weißem Marmor. In seinem gesamten Erscheinungsbild erinnerte das Haus an eines dieser Herrenhäuser einer Baumwollplantage in den Südstaaten der USA. Ramiras Vater hatte mit einem lukrativen Transportunternehmen ein kleines Vermögen erwirtschaftet,
welches ihm und seiner Familie diesen doch recht beachtlichen Wohlstand ermöglichte.
Johannes und Ramira stiegen aus dem Wagen und gingen zur Haustür.
Etwas mürrisch und unbehaglich richtete er noch einmal seine Krawatte her und strich das weiße Jackett glatt, welches er über seine Bluejeans Jeans trug. Er hasste Krawatten und Anzüge. Lieber lief er den ganzen Tag in seinem schlabberigen Schafwollpullover herum. In Schlips und Kragen fühlte sich Johannes ständig beengt und unbehaglich. Aber wenigstens gestand ihm Ramira die Jeans zu.
Seine Frau trug an diesem Abend ein
atemberaubendes, hochgeschlossenes, und dunkelblaues Kleid aus Samt, welches sehr eng geschnitten war. Mit jeder Faser unterstrich dieses Kleid ihre traumhafte Figur. Es versprühte, trotz seiner Hochgeschlossenheit einen entzückenden erotischen Charme.
Aus ihrer, mit silbernen Pailletten bedeckten, kleinen Handtasche zückte sie ein Taschentuch hervor.
„Du hast da noch was.“ flüsterte sie und wischte über seine Wange.
„Ach Schatz! Bitte!“ raunte Johannes ungehalten und rieb mit seinem Handrücken über die selbe Stelle. „Du bist ja schlimmer als meine Mutter!“
„Sei nicht so schlecht gelaunt!“
ermahnte sie ihren Mann mehr im Scherz „Versuch wenigstens nicht mit Papa zu streiten!“
Johannes hatte wohl allen Grund mürrisch zu sein. Schließlich war er es doch der sich mit Schwiegerpapa herum zanken durfte. Ramira drückte seine Hand und schellte an der Tür. Es ertönte Gekläffe und Schritte waren zu hören. Durch die sich öffnende Tür sprang freudig, wie ein kleines Kind, ein Golden Retriever heraus. Mit wedelndem Schwanz und umher fliegenden Ohren tanzte der Hund förmlich um die beiden Gäste herum.
„Karim!!! Pack dich!!!“ schimpfte ein um die 60 Jahre alter, bärtiger und
etwas ergrauter Mann.
„Papa!“ rief Ramira freudig „Schön Dich zu sehen!“ und fiel ihrem Vater um den Hals.
„Ja mein Kind! Ich freue mich auch.“ rief er hoch erfreut.
Als jedoch sein Blick Johannes traf schmälerte sich sein Lachen ein wenig. Er betrachtete ihn von oben bis unten, reichte Johannes jedoch freundschaftlich beide Hände und ergriff seine rechte.
„Johannes! Sei willkommen in meinem Haus.“
„Guten Tag Ibrahim. Ich freue mich über Eure Einladung.“ erwiderte Johannes höflich und setzte ein Lächeln
auf.
„Kommt doch rein!“ Ibrahim wies mit seiner Hand ins Haus. Ramira und Johannes zogen die Schuhe aus und betraten den Hausflur. Das Haus war hell eingerichtet. Weißer Marmorboden, farbenfrohe Gemälde an den Wänden und antike Flurmöbel aus Eichenholz rundeten das Ensemble geschmackvoll ab.
Ibrahim geleitete seine Gäste ins Wohnzimmer. Karim, der Hund, schwänzelte aufgeregt um ihre Füße herum.
„Ich würde mal sagen, in diesem Leben wird aus Dir auch kein Wachhund mehr!“ lästerte Johannes ein wenig und
streichelte den Hund hinter dem Ohr. Sogleich beruhigte er sich ein wenig und belagerte die Gäste nicht mehr so extrem.
Das Wohnzimmer war schon eher ein Saal mit einem wertvollen Perserteppich auf dem Boden und einer gewaltigen weißen Couchgarnitur aus Leder in der Mitte des Raumes. In einer Ecke prasselte ein riesiger Kamin aus Naturstein mit einem Sims auf dem Bilder von den Kindern standen. Große Fenster überfluteten den Raum am Tage mit Sonnenlicht.
Ibrahim und seine Gäste setzten sich in die Polstermöbel.
„Fadime!!“ rief Ibrahim in die Küche
„Bring unseren Gästen Tee!“ behäbig ließ Ramiras Vater seinen, doch etwas beleibten, Körper in den breiten Sessel plumpsen. Er war ein untersetzter und etwas rundlicher Mann. Sein Kinn umrahmte ein dichter buschiger Bart, der noch fast schwarz war, nur an den Wangenknochen kamen ein paar graue Haare zum Vorschein.
„Ich schau mal nach Mutter!“ Ramira gab Johannes einen leichte Kuss auf die Wange und verließ das Wohnzimmer.
Ibrahim verschränkte die Hände hinter seinem Kopf und streckte die Beine von sich.
„Nun Johannes! Was machen Deine Schafe? Wie werden die Lämmer dies
Jahr?“ begann er den obligatorischen Smalltalk.
„Ach weißt Du! ...“ Johannes blieb höflich zurück gelehnt sitzen und hatte die Arme vor seiner Brust verschränkt. „...Die Schafe sind froh, dass der Winter endlich vorbei ist. Das junge saftige Grün ist für sie Gold wert. Fruchtbar waren sie dies Jahr auch. Viele Zwillinge, wenige Verluste, kaum Kummerlämmer. Man kann sagen, ich bin rundherum zufrieden! Doch sag an...!“ versuchte Johannes das Thema zu wechseln, wusste er doch genau, dass es seinem Schwiegervater recht wenig interessierte wie die Schafe den Winter überstanden hatten. „...Was machen
Deine Geschäfte?“
„Ach …“ begann Ibrahim beschwichtigend „...bis auf das uns Spediteuren die ständig steigenden Maut- und Wasserstoffpreise zu schaffen machen und wir den Kunden gar nicht schnell und billig genug sein können, plätschert es so vor sich hin. Zudem sitzt uns die Konkurrenz der Shutteltrassen mächtig im Nacken.“
Die Shutteltrassen waren ein durch ganz Europa verlaufendes, vollautomatisches, unterirdisches, Röhrensystem, in dem zylinderförmige Gütercontainer mittels Magnetantrieb mit 350 km/h und mehr durch die Lande sausten. Und dies ganz ohne
Personal!!
Durch die Tür kam eine kleine dicke Frau mit Kopftuch und langem weiten Gewand. Ihr Gesicht war rund freundlich wie das eines Honigkuchenpferdchens. In den Händen hielt sie ein Tablett mit Gläsern und einer Kristallschale mit Teegebäck. Ihr folgte Ramira mit dem Samowar.
„Fadime!“ rief Johannes lachend, stand auf und nahm ihr das Tablett ab. „Sei gegrüßt!“
Er stellte das Tablett auf den Couchtisch und umarmte seine Schwiegermutter.
„Johannes! Mein Junge. Es ist so schön, dass ihr kommen konntet.“
„Es ist uns immer wieder eine Freude.“ flunkerte Johannes ein wenig.
So saßen sie nun zusammen und unterhielten sich beim Tee über Belanglosigkeiten. Wie man das halt so macht beim Tee.
Später verschwanden die Frauen wieder in der Küche um das Abendessen zu zu bereiten.
Die Männer vertrieben sich die Zeit bei VRTV. Dazu aktivierte Ibrahim mittels Spracherkennung eine Konsole mitten im Raum. Es baute sich ein Partikeldisplay auf, eine Art Staubwolke von etwa einem Kubikmeter Volumen, die durch ein elektromagnetisches Eindämmungsfeld begrenzt wurde. In
diesem Partikeldisplay baute sich die holographische Projektion eines Mannes in einem Fernsehstudio auf. Das war der letzte Schrei! Fernsehen als wäre man mitten drin dabei. In der Videotelefonie war die Technik schon etwas länger bekannt, aber erst kürzlich hatte man es geschafft die holographische Technologie auch im Fernsehen und bei Computern umzusetzen.
Jedoch gab es nichts wie schlechte Nachrichten.
„Unbekannte haben mittels einer Thermitgranate weite Teile des Kölner Doms in Schutt und Asche gelegt. Zehn Angestellte des Dompersonals und einige
Handwerker, die mit der immer an währenden Restaurierung beschäftigt waren, kamen ums Leben.
Papst Pius der VIII. entkam auf einer Südamerikareise nur knapp einem Attentat durch muslimische Extremisten.
Der spanische Mullah wurde in Madrid auf offener Straße von unbekannten Europäern erschossen. Nach einem Bekennerschreiben handelt es sich bei den Tätern um bisher unbekannte christliche Untergrundkämpfer, die sich selber als Ritter des schwarzen Kreuzes bezeichnen.“
Wie ein Blitz schoss plötzlich ein stechender Schmerz durch den Kopf von Johannes. Mit vom Schmerz verzogenem Gesicht stöhnte er laut auf und rieb sich mit den Fingern die Schläfen. Doch wollten diese stechenden Schmerzen in seinem Schädel einfach nicht verschwinden!
„Mit ihrer absoluten Mehrheit im Bundestag haben die Grünen einen Gesetzesentwurf der schwarz-rot-gelben Opposition, zur Verschärfung der Gesetze für die Ausländerzuwanderung, abgewiesen.“
„Verdammt nochmal!!“ noch immer rieb
er sich die Schläfen.
„Um Himmelswillen was ist los mit Dir?“ fragte Ibrahim besorgt.
„Ich weiß auch nicht! Ich habe plötzlich so starke Kopfschmerzen. Eine Aspirin wäre vielleicht ne Idee!“
„Ja sicher doch! Fadime!!!“ rief Ibrahim erneut in die Küche „Kommst Du mal eben?!“
Bereits nach wenigen Sekunden erschien Ibrahims Frau in der Tür. Wie immer lachte sie in den Raum. Johannes glaubte fast Fadime konnte gar nicht traurig sein.
„Johannes hat Kopfschmerzen! Haben wir Aspirin oder so was da?“
„Ich schau mal nach.“
Fadime eilte davon. Wenig später kam sie mit einem Tablettenpäckchen und einem Glas Wasser wieder. „Komm Johannes das wird Dir helfen.“
„Danke Fadime!“ Johannes schluckte gleich zwei Schmerztablette und lehnte sich zurück. Er schloss einen Moment die Augen.
„Geht’s wieder?“ fragte Ibrahim besorgt.
„Ich weiß auch nicht was das war. Aus heiterem Himmel, wie aus dem nichts! Aber langsam beruhigt sich mein Schädel wieder.“ Johannes rieb sich noch immer die Schläfen. Der stechende Schmerz ebbte allmählich ab.
Die beiden Männer schwiegen sich
einige Minuten an. Die Kopfschmerztabletten schienen zu wirken. So ergriff Ibrahim wieder, an die Nachrichten anknüpfend, das Wort.
„Solange wir nicht mit in der Regierung sitzen, wird sich nichts ändern. Solange wir den Islam nicht voll ausleben dürfen gibt es immer Unruhen und es wird schlimmer.“
Trotzig hatte Ibrahim die Arme vor der Brust verschränkt und schaute weiter die Nachrichten.
„Wo dürft ihr denn Eure Religion nicht ausleben?“ Johannes schaute ungläubig zu seinem Schwiegervater. „Es gibt doch inzwischen fast genauso viele Moscheen in Deutschland wie Kirchen. Inzwischen
werden doch sogar schon Kirchengebäude an Euch verkauft und zu Moscheen umfunktioniert!“
„Wo wir unsere Religion nicht ausleben dürfen? Das kann ich Dir sagen!“ Ibrahims Tonfall wurde schon etwas lauter und gereizter.
Es geht schon wieder los! dachte Johannes innerlich aufstöhnend.
„In den meisten Schulen gibt es Kirchenunterricht aber keine Koranstunden. Muslime im öffentlichen Dienst dürfen kein Kopftuch tragen. Moslems werden ihres Glaubens wegen in der Politik und Wirtschaft benachteiligt.“ Ibrahim hatte sich so richtig hitzig geredet.
„Das kann man so aber auch nicht sagen. Du hast doch ein gut gehendes Unternehmen und bist sogar stellvertretender Bürgermeister.“ erwiderter Johannes, bemüht zu lächeln.
„Das hat überhaupt nichts zu bedeuten! Ich bin doch die Ausnahme, sozusagen der Quotentürke! Generell werden wir schön unten gehalten und unsere Kinder werden von Euch verseucht!“ Ibrahim war rot angelaufen. „Schau Dir doch Ramira an! Sie lebt doch schon wie eine von Euch!“
Johannes war aufgesprungen. „Das reicht jetzt! Sprich nicht so über meine Frau!“ rief er wutentbrannt. „Sie ist wahrlich die wundervollste Frau auf
Erden. Ich zwinge sie zu nichts. Ramira lebt nach Eurem Koran wie sie es selbst mit sich vereinbaren kann und ich toleriere das absolut.“
Was der sich einbildet!!!
Ramira kam ins Wohnzimmer gelaufen. „Könnt Ihr nicht einmal zehn Minuten ohne Streit miteinander auskommen!!?“ rief sie wütend, nahm die Hände hoch „Allah! Immer das gleiche!“ und verließ wieder kopfschüttelnd das Zimmer.
„Ach!“ rief Johannes abwinkend. Er trat zum Fenster und sah abwesend auf die Straße hinaus.
Er war emotional aufgewühlt. Wann immer man ihn seiner Frau wegen anging, könnte Johannes wahrlich aus
der Haut fahren. Nur Mit Mühe vermochte er seine Wut zu unterdrücken.
Ibrahim saß ihm den Rücken zu gewandt in seinem Sessel und schaute schweigend weiter VRTV. Er hatte auf Al-Arabia umgeschaltet, wo irgendeine Musiksendung mit arabischer Musik lief. Sie schwiegen sich nur noch an.
Nach einigen Minuten kamen die Frauen ins Wohnzimmer und deckten den Tisch für das Abendessen. Während Ramira die guten Porzellanteller auf der weißen Tischdecke platzierte und das Silberbesteck ausrichtete schaute sie zu ihrem Mann rüber, der noch immer grübelnd am Fenster
stand.
Nachdem sie den letzten Teller abgestellt hatte trat sie langsam von hinten an ihren Mann heran und legte die Hand auf seine Schulter.
„Ach komm Schatz! Er meint es bestimmt nicht so.“ flüsterte sie.
Noch immer die Wut im Bauch schnaufte Johannes nur. Er war es leid, dass diese Abende stets so ausuferten.
Als plötzlich mitten in einem Musikstück die Sendung im VRTV unterbrochen wurde, wandten sich beide zur Konsole. Ein Nachrichtensprecher erschien im Partikeldisplay und berichtete irgendetwas auf türkisch oder arabisch. Ibrahim, Fadime und Ramira erstarrten
entsetzt und liefen bleich an. Ungläubig schaute Johannes zu seiner Frau
„Ramira was ist los? Erzähl schon!“
Nichts, keine Reaktion! Sie war wie versteinert. Johannes musste sie erst leicht rütteln.
„Halloho! Was ist denn passiert?“ fragte Johannes erneut. Er wusste nur, es muss etwas schlimmes geschehen sein.
Ramira schaute ihn entsetzt an. Ihre Stimme war so blass wie ihre Haut in diesem Augenblick und bebte als sie sagte: „Wir haben Krieg!“
Der Abend fand schnell ein Ende. Allen war der Appetit aus verständlichen
Gründen vergangen. Stattdessen grübelte man nun, wie es dazu kommen konnte. Der Nachrichtensprecher sagte nur, das die Kriegserklärung eine Reaktion auf die Ermordung des spanischen Mullahs war.
Irgendwie glaubte Johannes zu ahnen, dass da vielleicht mehr dahinter steckte. Niemand beginnt mal eben einen globalen Krieg!
Nach dem Essen saß man noch einige Minuten zusammen. Jedoch wusste niemand, vor lauter banger Ungewissheit, was er sagen sollte.
Schließlich empfahlen sich Johannes und Ramira gegen 21.00 Uhr. Die
Verabschiedung verlief bei weitem nicht so herzlich wie zuvor die Begrüßung. Fadime und Ramira weinten bitterliche Tränen und lagen sich zusammen mit Ibrahim in den Armen. Alle verließen das Haus. Es hatte, der Stimmung angemessen, angefangen zu regnen und ein scharfer Wind war aufgekommen. Ibrahim packte Johannes bei den Schultern und schaute ihm ins Gesicht. Ihm standen die Tränen in den Augen, als er mit bemüht fester Stimme hervor presste: „Pass mir auf meine Tochter auf, mein Sohn!“
Johannes schluckte tief berührt über die emotionale Geste seines Schwiegervaters und umarmte Ibrahim. „Ich beschütze
sie Vater! Mit meinem Leben!“ Sie lösten sich und Johannes ging mit Ramira zum Wagen. Auf dem Weg dorthin drehte er sich noch einmal um, schaute zu seinem Schwiegervater und wiederholte „Mit meinem Leben!“
Die Fahrt verlief beängstigend ruhig. Sie waren schon etwa eine halbe Stunde unterwegs, der Wasserstoffmotor surrte leise vor sich hin und der schwer arbeitende Scheibenwischer gab einen gleich währenden schwermütigen Takt an, der dem ganzen Szenario etwas Mystisches gab.
Ihr Hof in Waldheim war nicht mehr weit.
Zaghaft brach Ramira das Schweigen.
„Was passiert jetzt!“ fragte sie weinerlich.
„Ich habe keine Ahnung.“ log Johannes. Wenn er dem was er auf der Militärakademie gelernt hatte, Glauben schenken konnte, wusste er genau was kommen würde. Doch dies war so schrecklich, dass er es nicht wahrhaben wollte, dass er sich weigerte es wahr zu haben.
„Gleich morgen früh fahren wir nach Nürnberg rein und decken uns mit Vorräten ein. Wer weiß was jetzt passiert.“
„Ja!“ sagte Ramira ängstlich
„Zuhause schließen wir alle
Fensterläden und verbarrikadieren das Hoftor.“
Verwundert sah sie ihren Mann an. „Wozu soll das gut sein?“
„Liebling! Die internationale islamistische Liga hat der Christenheit den großen heiligen Dschihad erklärt. Der wütende Mob wird sich ein Ventil für seine Wut und Aggressionen suchen! Liebling Du bist Muslime. Ich habe eine Muslime geheiratet. Ich habe Angst um Dich. Muslime sind jetzt ihres Lebens nicht mehr ...“ Johannes stockte der Atem. „...Oh mein Gott!!!“ Hastig aktivierte er seinen Communicator „Ibrahim!“ wählte er via Spracherkennung. Es ertönte das
Freizeichen. Wieder und wieder, doch nichts passierte. Johannes Schlug die Lenkung scharf nach rechts und zog dabei die Handbremse. Der Wagen wirbelte mit quietschenden Reifen auf der einsamen und verlassenen Straße herum. Johannes gab Gas und raste mit durchdrehenden Reifen zurück nach Nürnberg.
„Was ist auf einmal los!!?“ schrie Ramira erschrocken.
„Deine Eltern!! Verdammt!! Ich Idiot habe Deine Eltern nicht bedacht!!“
„Allah !!! Gib Gas!! Bitte las es nicht zu spät sein!!“ Ramira brach in Tränen aus und hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen.
Johannes aktivierte erneut seinen Communicator „Ibrahim!“ nichts geschah. „Scheiße!!“
Der Regen wurde stärker und die Scheibenwischer hatten bei höchster Geschwindigkeit Probleme die Sicht frei zu halten. Kein anderes Auto war in dieser Nacht unterwegs. Der hernieder prasselnde Regen und der unentwegte Takt der Scheibenwischer wurde einzig durch Ramiras weinen übertönt.
„Mama! Papa!“ rief sie unentwegt.
„Vielleicht haben sie sich ja im Keller verschanzt und keinen Empfang. Du weißt doch, da unten gibt es ein Funkloch.“ versuchte Johannes seine Frau, besseren Wissens, zu beruhigen.
Ramira legte ihre Hand auf seinen Oberschenkel. „Hoffen wir es!“
Kurz vor der nächsten Bergkuppe leuchtete der Himmel rot, mitten in der Nacht! Feuer in Nürnberg!
„Nein! Nein! Nein! Nein!“ flehte Johannes. Es war wohl schlimmer als er es geahnt hat.
Auf der Bergkuppe angekommen bekamen die beiden einen Überblick über Nürnberg. Unzählige Brände wüteten in der Stadt. Es gab sogar eine Explosion mit einer gewaltigen Feuerwolke, mitten im Zentrum von Nürnberg.
So oder ähnlich muss die Apokalypse aussehen. dachte sich Johannes.
Er trat das Gaspedal durch. Sie flogen fast den Berg wieder hinab. Sie wähnten sich schon in Nürnberg!
Hinter einer leichten Biegung war da auf einmal Blaulicht! Die Polizei oder die Bundeswehr hatte wohl Straßensperren eingerichtet.
„Verdammt!“ zischte Johannes scharf.
Ein Soldat in Regencape stoppte sie mit einem leuchtenden Stab und trat an die Fahrerseite. Johannes ließ die Scheibe herunter. Der Regen drückte in den Wagen, vielmehr prallten die Regentropfen lautstark vom Regencape des Soldaten ab und landeten im inneren des Wagens.
Der Gefreite, kaum älter als zwanzig,
leuchtete mit einer Stablampe ins Wageninnere. Ramira wandte sich geblendet ab.
„Kehren Sie wieder um Bürger!!“ rief er, den Regen übertönend „In der Stadt ist die Hölle los!!“
„Hören Sie! Wir müssen meine Schwiegereltern da raus holen!“ erwiderte Johannes ebenso laut aber ruhig bleibend.
„Ich wiederhole mich nicht gerne!“ erwiderte der Soldat äußerst übellaunig, das schlechte Wetter trug wohl einen Teil zu seiner Stimmung bei. Mit seinem Leuchtstab zeigte er den Berg wieder rauf.
„Und was meinen Sie wohl, wie lange
Sie mit diesem Döner heute Nacht in Nürnberg überleben? Kehren Sie um oder ich muss Sie in Gewahrsam nehmen.“ drohte der Gefreite und zog seine Maschinenpistole nach vorn, so dass sie auf Johannes zielte.
„Okay! Okay!“ lenkte Johannes ein und wendete, seinen Zorn unterdrückend, den Wagen. Langsam fuhr er den Berg wieder hinauf.
Hinter der leichten Biegung sah Johannes auf einmal im Scheinwerferlicht einen Waldweg rechts abgehen. Sie waren schon fast vorbei. Er machte eine Vollbremsung und bog ein. Johannes stoppte den Wagen.
„Denk nach! Denk nach!“ sagte er zu
sich und schlug auf das Lenkrad.
„Vielleicht führt der Weg auch in die Stadt.“ meinte Ramira aufgeregt.
„Vielleicht ist es aber auch nur ein Forstweg, der mitten im Wald endet!“ erneut schlug Johannes vor Wut aufs Lenkrad.
„Wir müssen jetzt einen kühlen Kopf bewahren, Schatz! Der Feuerschein kommt von Osten.“ Ramira tippte auf den kleinen Pegelkompass am Schalthebel. „Wir halten uns immer in Richtung Osten und folgen entsprechend den Wegen. Alle Wege führen irgendwie nach Rom!“
„Das ist vielleicht das Beste, was wir im Moment machen können, mein Schatz.“
Johannes schaltete die Differenzialsperre hinzu legte den Geländegang ein und fuhr los.
Etwa eine halbe Stunde kurvten sie durch den Wald, bis sie vor einem frisch angelegten Kartoffelacker standen. Fein säuberlich hatte der Bauer die Kartoffelreihen angehäufelt, was dem Kartoffelacker sein charakteristisches Muster verlieh. Aber hinter diesem ordentlichen Kartoffelfeld lag Nürnberg! Weit und breit waren keine Straßensperren zu sehen.
„Wir haben es geschafft Liebling!“ Ramira strahlte und streichelte seinen rechten Oberschenkel.
„Abwarten!“ Johannes schaltete das
Licht ab. Er wollte nicht auffallen. Die Geländereifen des Landrovers wühlten sich kraftvoll durch den Acker. Nach rechts und links flog die aufgeweichte und schlammige Erde, vermengt mit einigen Kartoffeln durch die Luft, so dass schon bald die seitlichen Fenster und die Heckscheibe mit Schlamm bedeckt waren. Johannes musste die Scheibenwäsche betätigen um wenigstens die Frontscheibe frei zu halten. Der Landrover hinterließ tiefe Spuren im Acker.
„Das wird dem Bauern aber gar nicht gefallen.“ meinte Ramira sarkastisch lächelnd.
„Der hat jetzt weiß Gott andere Sorgen!“
Nach einigem suchen stießen sie auf einen schmalen Weg, der in ein Gewerbegebiet führte. Sie waren endlich in Nürnberg!
Der graue Geländewagen bewegte sich über Seitenstraßen und Wohngebiete durch die Stadt. Unterwegs bot sich den beiden ein Bild des Grauens. Es war das eingetreten was Johannes befürchtet hat. Man hatte damit begonnen Südländer zu lynchen. Hier brannten Wohnhäuser und Geschäfte. Da lag eine verkohlte Leiche auf der Straße. Anderswo hatte man eine junge Frau mit dunklen Haaren nackt an einem Baum erhängt. Um ihren Hals trug sie ein Pappschild mit der Aufschrift
„Dönerhure“.
„Liebling! Versteck Dich im Kofferraum und verberge Dich unter der Hundedecke. Los schnell!!“ rief Johannes sorgenvoll. Er wollte nicht riskieren, dass der wütende Mob Ramira erkannte, wurden die verschmutzten Scheiben doch langsam vom Regen sauber gespült!
Widerspruchslos gehorchte Ramira. Um besser über die Sitze nach hinten in den Kofferraum klettern zu können, riss sie kurz entschlossen die seitliche Naht ihres hübschen engen Abendkleides auf. Im Kofferraum legte sie sich flach auf den Boden und zog die alte Hundedecke über sich.
Johannes unterdes fuhr weiter. In einer Nebenstraße, in die er einbog, befand er sich plötzlich in mitten eines wütenden Mobs von bestimmt fünfzig Männern, die wie im Rausch wahllos Muslime und Südländer massakrierten. Johannes musste, wollte er keine Leute überfahren, Schritttempo fahren.
Die Chaoten hatten eine ganze muslimische Familie auf die Straße getrieben. Die zumeist betrunkenen Männer des Mobs verprügelten den Familienvater und dessen Söhne mit Baseballschlägern und Eisenstangen. Das Blut spritzte nach allen Seiten und die zerreißenden Schreie der Muslime schallten durch die Nacht. Einige
besoffene Kerle vergewaltigten die Mutter und die beiden noch minderjährigen Töchter. Sie schrien mit verzehrten Gesichtern und wehrten sich nach Leibeskräften.
Die besoffene Masse stand johlend um dieses schreckliche Szenario herum.
Ein junger Mann, von vielleicht 18 Jahren schlug dem jüngeren Mädchen, sie war vielleicht zwölf Jahre alt, mit der Faust ins Gesicht. Sie fiel gurgelnd und viel Blut spuckend nach hinten und war bewusstlos. Geifernd riss ihr Peiniger dem Mädchen die Kleider vom Leib öffnete seine Hose und drang brutal in sie ein. Seine schmutzigen Hände zerrten an ihren kaum
vorhandenen Brüsten. Ein anderer schnitt der Mutter, nachdem er sie vergewaltigt hatte, mit einem Küchenmesser die Kehle durch. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie in den Nachthimmel. Ströme von Blut ergossen sich über ihren nackten und geschundenen Körper. Das andere, etwa fünfzehnjährige, Mädchen, welches sich alles hat mit anschauen müssen, wurde brachial auf die Motorhaube eines Autos geschmissen und blieb vor Angst erstarrt bäuchlings liegen. Mit panischem von Schmerzen verzogenem Gesicht ließ sie alles über sich ergehen. Der besoffene Kerl hinter ihr zerriss ihr Kleid und Slip und vergewaltigte das Mädchen auf das
brutalste von hinten. Dabei presste er ihren Kopf auf das Blech. Ihre nassen, schwarzen Haare klebten im Gesicht. Die flackernden, dunklen Augen hatten Johannes erfasst und schienen zu fragen, "warum lässt Du das zu?!"
„Verdammt! Gott vergib mir!“ Johannes konnte den armen Menschen nicht helfen ohne Ramira zu gefährden.
Ein völlig unsinniger Gedanke ging ihm durch den Kopf. Er hat zu Gott gebetet! Schon vor Jahren hatte Johannes mit Gott abgeschlossen. Er schüttelte verwirrt den Kopf.
„Der kann mir jetzt auch nicht helfen. In seinem Namen passiert diese ganze Scheiße!“
Im Kofferraum wimmerte Ramira.
„Liebling! Hab keine Furcht. Ich habe Deinem Vater bei meinem Leben versprochen Dich zu beschützen.“
Johannes bebte selber innerlich vor Furcht. Doch musste er durch seine Kraft Ramira ruhig halten, sonst würde sie sich eventuell verraten.
Einige Chaoten trommelten auf die Motorhaube des Geländewagens und wischten die Seitenscheiben sauber. Instinktiv betätigte Johannes die Zentralverriegelung. Sofort schlugen die Chaoten, als sie die Schlösser klicken hörten, mit den Baseballschlägern und den Eisenstangen auf die Scheiben ein. Die Heckscheibe zersprang, Ramira
schrie auf. Johannes gab panisch Gas. Die Räder drehten auf dem rutschigen Asphalt durch und der Wagen schoss vor. Einer der Kerle wurde erfasst, flog auf die Motorhaube und knallte vor die Windschutzscheibe bevor er seitlich herunter rutschte.
„Haltet ihn auf! Stoppt ihn!“ Schrien die Chaoten. Es flogen Steine aufs Dach, doch Johannes hatte die Reihen schon durchbrochen und den Mob passiert. Der Landrover raste durch die Nacht. Jetzt bremste Johannes nicht mehr.
Endlich! Sie waren fast da. Er bog in die Straße seiner Schwiegereltern ein. Alles war ruhig. Scheinbar war der Mob
noch nicht hier gewesen. Eile war geboten. Zügig fuhr Johannes zum Haus der Kizmirs. Die beiden stiegen aus und rannten zur Haustür. Sie klingelten Sturm, hämmerten gegen die Tür und riefen die Namen ihrer Eltern. Doch nichts rührte sich im Haus.
Manchmal sind sie wirklich im Keller und trauen sich nicht nach oben!
Hoffnung flammte in Johannes auf.
„Ramira! Lass uns versuchen vom Hof her rein zu kommen.“
Sie kletterten über den Gartenzaun und gingen auf den Hof. Auch die Hintertür war verschlossen. Johannes trat die einfache Holztür mit einem schweren Tritt auf. Er betätigte den Lichtschalter.
„Papa! Mama!“ rief Ramira laut.
Sie liefen in den Keller, doch der war menschenleer. Sie suchten alle Zimmer ab. Als letztes das Schlafzimmer. Da lagen die beiden, Arm in Arm und schienen zu schlafen. Vor dem Bett lag Karim, das Maul leicht geöffnet. „Ibrahim! Fadime!“ rief Johannes und stutzte. Auf dem Nachttisch lagen zwei Tablettenröhrchen. Ramira kam zur Tür herein. Johannes schloss sie geistesgegenwärtig in seine Arme.
„Liebling!“ sprach er ihr ruhig zu.
Als sie die Situation realisiert hatte, rang sie sich aufschreiend aus seinen Armen und stürzte sich auf ihre Eltern. Sie verfiel in einen zerreißenden
Heulkrampf. Immer und immer wieder schüttelte sie die Schultern ihrer Eltern als wolle sie die beiden wieder ins Leben rütteln. Johannes setzte sich zu seiner aufgelösten Frau und umfasste ihre Schultern. „Ramira. Bitte mein Liebes …“
„Lass mich!!!“ schrie sie mit verzehrtem Gesicht. Es war von Tränen genässt und die Haare waren zerzaust.
„Wir müssen hier weg!“ Johannes versuchte ruhig zu bleiben und nahm wieder Ramiras Schulter.
„Dann geh doch!!!“ schrie Ramira ohne ihn an zuschauen und stieß seine Hand beiseite.
„Nun ja. Dann sterben wir hier beide,
früher oder später. Ich kann vielleicht zwei oder drei Chaoten abwehren, aber nicht zwanzig oder mehr. Ich habe Deinem Vater versprochen Dich mit meinem Leben zu beschützen.“
Sie saßen da, sie in Tränen aufgelöst und er still an ihrer Seite. Noch vor vier Stunden waren sie gemütlich beim Abendessen und jetzt war alles rundherum eine einzige Katastrophe! Ihrer beider Leben lag in Scherben. Doch sie mussten hier weg! Jetzt!!! Der Mob würde früher oder später auch hier her finden!
Plötzlich ein krachender Schlag gegen die Haustür und klirrende Fensterscheiben. Schnell kroch Johannes
beißender Rauch in Augen, Mund und Nase.
„Wir müssen jetzt los!“
Ramira reagierte gar nicht.
„Tut mir leid Schatz.“ Er drehte Ramira mit Nachdruck um und gab ihr einen kräftigen linken Kinnhaken. Sofort war die junge Frau bewusstlos. Johannes ging ins Nebenzimmer und schaute hinter der Gardine auf die Straße.
Vor der Haustür machten sich fünf besoffene Kerle mit Äxten und Spaten bewaffnet zu schaffen. Einer entzündete einen Molotowcocktail und warf ihn genau auf das Fenster zu, hinter dem Johannes stand. Mit einem Hechtsprung flog er durch die Tür, zurück auf den
Flur und ging in Deckung. Im selben Moment schoss eine riesige Stichflamme aus dem Zimmer. Ein heißer Luftschwall schlug Johannes ins Gesicht. Er rannte ins Schlafzimmer, schmiss sich Ramira auf die Schultern und lief die Treppen hinab zum Hintereingang. Johannes stand gerade vor der eingetretenen Tür und wollte mit Ramira auf den Schultern das Haus verlassen, als die fünf Kerle vor ihm standen. Vor Schreck hätte er fast einen Schritt zurück getan.
Ich Idiot! Ich hätte mich erst absichern müssen!!! dachte er sich wütend über seine eigene Nachlässigkeit.
Er legte ein besoffenes Gebaren an und johlte seinen Gegnern entgegen.
„Hey! Da sind nur noch zwei Alte oben. Die habe ich eben alle gemacht. Aber hier habe ich noch ein geiles Stück Arsch. Und Ihr Idioten hättet mich beinahe abgefackelt.“ Johannes musste erstmal ins freie. Alles Weitere würde sich zeigen.
„Los kommt! Hier draußen können wir es ihr mal so richtig besorgen!“ Er torkelte scheinbar betrunken und ganz locker durch die Gruppe ins freie. Auf dem Rasen schmiss er Ramira doch recht unsanft zu Boden. Es musste unbedingt echt aussehen!
„Na wer will zuerst?“ lallte Johannes und die Kerle fingen an zu johlen vor besoffener Geilheit.
„Hier halt mal!“ Einer von ihnen drückte Johannes seinen Spaten in die Hand.
Das war ein Fehler! dachte sich Johannes und lächelte listig.
Der Kerl riss Ramiras schönes Samtkleid vom Leib. Mit seinen Pranken knetete er ihre Brüste, öffnete seine speckige, versiffte Hose und hockte sich vor Ramira nieder. Johannes trat einen Schritt zurück. Nun standen die anderen vier Kerle, den Rücken Johannes zugewandt, um ihren Saufkumpan herum, der gerade dabei war seinen Penis zu masturbieren bis er seine volle Erektion erreicht hatte. Brutal drang er in Ramira ein und stieß schnell und
rücksichtslos zu.
Jetzt oder nie! dachte sich Johannes und umfasste fest mit beiden Händen den Spaten. Mit einem gewaltigen Schwung hieb er mit der Spatenkante dem ersten auf den Kopf. Der Stahl ging durch den Schädel wie durch Butter. Im selben Moment verpasste Johannes dem zweiten einen mächtigen Seitwärtstritt vor die Schläfe, so dass er bewusstlos zusammen sackte. Im Fluss riss er den Spaten wieder an sich und blockte mit dem Spatenstiel einen Axthieb ab. Er trat dem Angreifer mit aller Wucht ins Gemächt. Der Getroffene sackte sich krümmend zu Boden und schrie gellend auf. Aus dem Block mit dem Spatenstiel
heraus rammte Johannes dem vierten Kerl die Spatenklinge durch beide Augen direkt in die Hirnkammer. Einige Spritzer Hirnmasse trafen ihn im Gesicht. Er ließ den Sterbenden samt Spaten einfach fallen. Sogleich sprang Johannes zu dem verbliebenen fünften Kerl, der noch immer über Ramira lag und sie vergewaltigte, packte dessen Kopf und riss ihn ruckartig herum. Es knackte einmal laut. Leblos sackte der fünfte in sich zusammen und blieb zuckend auf Ramira liegen.
Der ganze Kampf dauerte vielleicht fünf Sekunden. Ramira war noch immer bewusstlos und zwischen ihren Schenkeln lag der noch zuckende tote
Kerl. Sie hatte von alldem nichts mitbekommen. Der zweite Kerl, den Johannes gegen die Schläfe getreten hatte erwachte wieder und erhob sich. Johannes hockte gerade über Ramira und schob die Leiche von ihr runter. Aus dem Augenwinkel erkannte er die Lage fast zu spät. Er sprang auf, schoss herum und vor. Mit dem Handballen rammte er das Nasenbein des Gegners in dessen Gehirn. Der sackte zusammen und blieb zuckend am Boden liegen. Der dritte, dem Johannes ins Gemächt getreten hatte, ergriff die Axt und holte im hocken Schwung. Dummerweise kam der Schwung so ungünstig, dass, wenn Johannes auswiche, die Axt genau auf
Ramira fiele. Johannes kreuzte die Arme und sprang dem Kerl entgegen. Mit den so gekreuzten Unterarmen blockte Johannes den Axtstiel ab. Ein zerreißender Schmerz durchfuhr seine Arme. Johannes musste einen Schmerzensschrei unterdrücken. Blitzschnell drehte er den zuschlagenden Arm um und schlug mit seinem rechten Handballen gegen den Ellbogen. Es knackte einmal laut und markerschütternd. Der Kerl schrie gellend auf. Johannes stürzte sich auf ihn, schlang sich hinter seinen Rücken und umfasste mit dem linken Arm seinen Hals. Mit dem rechten Arm drückte er den Kopf ruckartig nach vorne. Es
knackte erneut und auch der letzte Gegner war tot.
Jetzt endlich konnte Johannes seine Ramira auf die Schultern nehmen. Er lief eilig zum Auto, legte Ramira in den Kofferraum und deckte Sie mit der Hundedecke zu.
Mit quietschenden Reifen verließ der Landrover die Stadt und fuhr ins Dunkel der Nacht.
Der nächste Morgen offenbarte das ganze Ausmaß der zurückliegenden nächtlichen Pogrome. Nicht nur in Nürnberg hat es solche Ausschreitungen gegeben. In allen deutschen Großstädten wurden nach ersten Schätzungen etwa 12000 Muslime, Süd-Osteuropäer und Nordafrikaner getötet. Unzählige Frauen und Kinder wurden verletzt und vergewaltigt. Die Zahl der Opfer wird sich wohl noch bei weitem erhöhen. Hat man doch noch nicht einmal das volle Ausmaß der Zerstörungen erfasst. An vielen Stellen der Stadt tobten noch
immer Brände.
Nach dem massiven Regen der letzten Nacht hatten sich die Wolken verzogen und die Sonne schien am blauen Himmel. Fast unrealistisch zwitscherten in den Bäume zahlreiche Vögel, geradeso, als wollten sie die schrecklichen Geschehnisse der letzten Nacht vergessen machen. An den Straßenrändern standen noch immer Pfützen. Panzerwagen der Polizei patrouillierten durch die Straßen von Nürnberg. Die Löschtrupps kämpften sich von Brand zu Brand.
Löschtrupp 14 von der Berufsfeuerwehr Nürnberg bog in die Lilienstraße ein um den nächsten Hausbrand zu löschen. Das
Haus, eine schöne große Villa, war gänzlich ausgebrannt. Auf dem Klingelschild stand „Ibrahim Kizmir“. Der Zugführer ließ absitzen. Vielleicht gab es ja in dieser qualmenden, ausgebrannten Ruine noch den einen oder anderen Schwelbrand. Die C-Rohrschläuche wurden ausgerollt und am nächsten Hydranten angeschlossen. Vier Mann mit zwei Schläuchen gingen hinter das Haus und vier Mann blieben vorne. Zwei Mann suchten unter Vollschutz einen Zugang in die Ruine.
Plötzlich wurde der Zugführer an gefunkt. Ein Kamerad des Trupps, der hinter dem Haus löschen sollte, meldete sich.
„Markus! Ruf sofort die Bullen hier her!“ rief er aufgeregt.
„Warum?“
„Mensch hier hinten vor dem Haus liegen fünf böse zugerichtete Leichen!“
„Ja und? Das sind nicht die ersten Leichen die wir heute sehen!“
„Hey! Ich glaube das sind Deutsche!“
Kriminalhauptkommissar Stübner, ein untersetzter stämmiger Mann im Regenmantel mit Brille, hoher Stirn und schon weißem Haar, stieg aus dem Wagen. Er mochte wohl so um die 50 Jahre alt sein.
Neben Stübner entstieg der Fahrerseite des Wagens sein Partner,
Kriminalkommissar Gerlach. Klaus Gerlach war ein junger blonder Mann in Jeans und Lederjacke. Er folgte seinem Partner hinter das Haus. Auf dem Hof erwartete sie ein Szenario, dass sie für einen Moment erstarren ließ. So etwas hatten die beiden Kripobeamten auch noch nicht gesehen! Gerlach wurde blass. Stübner hatte schon die Befürchtung, dass sich Gerlach gleich übergeben würde, sagte aber nichts. Die beiden traten näher. Stübner fand als erstes seine Stimme wieder.
„Klaus!“ begann er noch immer etwas geschockt „Lass uns hier einfach unseren Job machen Okay?“
Gerlach nickte wortlos.
„Hier muss sich sofort die Spurensicherung ans Werk machen. Ruf auch gleich in der Gerichtsmedizin an. Wir haben hier einen Sonderfall, der Priorität hat.“
Gerlach ging mit einem Wink, der so viel heißen sollte wie, „Hab verstanden!“ wieder zurück zum Dienstwagen und leitete via Funk alles in die Wege.
Stübner betrachtete sich in der Zwischenzeit die Leichen.
Er zückte ein Diktiergerät und begann in einem ruhigen sachlichen Ton zu reden. Dabei versuchte er alle seine Sinne zu sensibilisieren und konzentrierte sich auf jedes noch so kleine Detail, um am
Ende ja nichts zu vergessen.
„Fünf Leichen, wahrscheinlich alles Deutsche. Der eine hat einen senkrecht gespaltenen Schädel. Die Mordwaffe ist wahrscheinlich ein herumliegender blutverschmierter Spaten. Bei der zweiten Leiche ist das Genick gebrochen, abnorme Kopfhaltung, bei einer dritten Leiche ist die Todesursache noch nicht zu erkennen, einem vierten wurde mit einem breiten scharfen Gegenstand der Schädel quer gespalten. Vermutliche Mordwaffe ebenfalls der Spaten. Der fünfte hat wahrscheinlich auch einen Genickbruch als Todesursache.
Frage! Warum nimmt der Täter den
Spaten wenn es mit der Axt doch viel besser geht?
Der fünfte mit dem gebrochenen Genick hat eine herunter gelassene Hose. Sexuell motiviertes Verbrechen? Notwehr? Eine Frau? Negativ. Zu wenig Kraft. Nothilfe eines männlichen Täters? Oder mehrere Täter?
Die Axt liegt neben dem zweiten Leichnam mit Genickbruch. Ergänzung, hat eine Fraktur im rechten Ellbogengelenk.“
Gerlach kam wieder und stellte sich neben Stübner. „Man oh man! Derjenige, der das angerichtet hat, macht aber auch keine halben Sachen!“ Beim Anblick dieses Schlachtfeldes
wurde ihm wieder übel.
„Meinst Du, dass das nur einer war? Einer gegen Fünf?“ Stübner schaute Gerlach ungläubig an. „Du siehst um die Nase ein wenig blass aus. Geht’s denn?“
„Hier oben sind noch zwei!!! Aber schon ziemlich verkohlt.“ rief plötzlich ein Feuerwehrmann und schaute aus einem Fenster im Obergeschoss.
„Nichts anfassen!“ rief Stübner hoch.
„Ich werde mich hüten.“ Murmelte der Feuerwehrmann und wandte sich, den Kopf schüttelnd, ab.
Stübner und Gerlach gingen ins Haus. Vorsichtig kletterten sie die verkohlte Holztreppe empor, die bedrohlich
knarrte.
Das muss früher ein mal ein hübsch eingerichtetes Haus gewesen sein!
Sie betraten ein Zimmer welches wahrscheinlich mal das Schlafzimmer der Kizmirs gewesen ist. Da wo früher das Bett stand, sah man nur noch das Federgestell einer Federkernmatratze. Auf ihm lagen, friedlich nebeneinander, die verkohlten Leichen. Neben dem Bett war noch ein verkohlter Hundekadaver zu sehen.
„Das sind wahrscheinlich die Eheleute Kizmir.“ meinte Gerlach.
„Das denke ich auch. Ich möchte alles über diese Leute wissen, was Du in Erfahrung bringen kannst. Ich vermute,
dass die beiden im direkten Zusammenhang mit dem oder den Tätern standen.“
Sechs Mann der Spurensicherung, gehüllt in weißer Schutzkleidung und mit Aluminiumkoffern in den Händen, waren eingetroffen, im Schlepptau den Gerichtsmediziner, ein kleiner dicklicher Mann mit Glatze und Nickelbrille. Stübner und Gerlach gingen wieder nach unten.
„Guten Tag meine Herren.“ rief ihnen der Gerichtsmediziner entgegen „Die Todesursache der Herren mit den gespaltenen Schädeln ist offensichtlich.“ begann der ohne viel Zeit zu
verschwenden. Wahrscheinlich hatte er heute noch viele Leichen zu untersuchen.
„Bei dem hier ist es ein Genickbruch. Dieser hier ist etwas ganz besonderes. Dem hat sich das Nasenbein ins Gehirn gebohrt.“ Er drückte auf die Nase, die sich ohne Widerstand ins Gesicht hinein schieben ließ. „An der rechten Schläfe befindet sich ein Hämatom, wie nach einem Stoß mit einem stumpfen Gegenstand. Der letzte hat zu seinem Genickbruch noch eine Ellbogenfraktur. Mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Aber so tötet kein Täter, der aus dem Affekt tötet.“
„Ich erwarte so schnell wie möglich
Ihren Bericht, Doc!“ sagte Stübner.
„Selbstredend. Guten Tag!“
Der Doktor packte seine Sachen ein und schickte sich an wieder zu verschwinden
„Ach ja! Fiel ihm noch ein. „Sobald die Spurensicherung ihre Arbeit beendet hat kümmern sich meine Jungs um die Leichen.“ Der Gesichtsmediziner winkte noch einmal und ging zu seinem Wagen.
Die Spurensicherung begann damit den Tatort zu vermessen und die Lage der Leichen ab zukleben. Sie stellten die potentiellen Tatwaffen sicher und scannten mit einem Profilscanner den Rasen ab.
„Herr Hauptkommissar!“ rief der Beamte mit dem Scanner zu Stübner „Hier lag noch eine Person!“
„Das habe ich mir schon fast gedacht, wahrscheinlich die Frau die vergewaltigt wurde. Aber Danke für die Info.“
Gerlach und Stübner gingen zum Wagen. Über den Bordcomputer, der direkt mit dem Zentralrechner der Polizei vernetzt war, erfragten sie die Aufzeichnungen über Ibrahim Kizmir.
„Da haben wir’s.“ Gerlach begann vor zu lesen. „Ibrahim Kizmir, 58 Jahre alt, verheiratet, vier Söhne eine Tochter, Spediteur aus Nürnberg und stellvertretender Bürgermeister. Zwei
Söhne, Ali und Mohammed leben in Ankara. Erkan in Dortmund und Hassan in Berlin. Ramira die Tochter lebt…“ Gerlach stutzte „Ramira lebt mit ihrem deutschen Mann in Waldheim, ganz in der Nähe. Das ist doch schon mal was.“
„Überprüfe ihn!“ sagte Stübner gelassen, wie als würde man eine von vielen Spuren verfolgen.
„Schon in Arbeit.“ Gerlach tippte auf das Display ein. „Da haben wir es. Ramira Kramp, 25 Jahre alt, geborene Kizmir, verheiratet mit einem Johannes Kramp, Schäfer aus Waldheim bei Nürnberg.“
„Ein Schäfer? Hmm! Lass uns den Bericht der Spurensicherung abwarten
und die DNA-Muster abgleichen. Hier war´s das erst mal für uns. Fahren wir ins Büro.“
Die Beamten stiegen in ihren Wagen und fuhren davon.
Es war schon Vormittag als Ramira erwachte. Sie fasste neben sich, doch das Kissen von Johannes war verlassen. Sie hob leicht den Kopf. Ihr Schädel brummte zum zerspringen. Ramira fiel mit Schrecken die letzte Nacht wieder ein. Johannes hatte sie k.o. geschlagen! Dann wachte sie im Auto wieder auf. Sie haben sich noch böse gestritten.
Ramira sank wieder zurück in ihr Kissen und weinte bitterlich bei dem Gedanken, dass sie ihre Eltern einfach so verbrennen ließen. Aber am Ende ging es wohl nicht anders. Johannes wollte doch nur ihr Leben schützen!
So nach und nach tat ihr der Streit mit Johannes leid.
Sie stand auf und wurde plötzlich von einem stechenden Schmerz im Unterleib überfallen. Sogleich krümmte und verkrampfte sich Ramira. Jetzt fiel es ihr wieder ein. Einer dieser brutalen Schweine letzte Nacht soll sie vergewaltigt haben! Aber Johannes hat sie vor noch schlimmerem bewahrt. Sich den Unterleib haltend, zog sie sich ihren Morgenmantel über und ging ins Wohnzimmer.
Da lag er, schlafend auf der ausgezogenen Couch, ihr Johannes!
Er würde mich nie im Stich lassen!
Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihr
noch immer blasses Gesicht.
Doch Johannes schlief nicht ruhig wie sonst! Auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Rege bewegten sich seine Augäpfel unter den Lidern. Nervös zuckten seine Mundwinkel und er murmelte unverständliches Zeug. Es klang wie... Latein? Seit wann kann Johannes Latein?
Ramira rüttelte ihn leicht an der Schulter. Blitzschnell packte er ihr Handgelenk, verdrehte den Arm und hatte sie auch schon zu Boden gedrückt. Mit der erhobenen Faust stand er über ihr.
„NEIN!!!“ schrie Ramira entsetzt und erkannte erst jetzt dieses ungewöhnlich
verzehrte Gesicht, wie das eines Wahnsinnigen!
Johannes schien zu sich zu kommen und sank neben ihr kraftlos zu Boden. Er begann zu weinen und wandte sich von ihr ab.
„Verzeih mir Schatz! Bitte Du musst mir verzeihen. Ich weiß selber nicht was mit mir los ist.“
Ramira hockte sich neben ihren Mann und streichelte seinen Oberarm. „Du hast nur schlecht geträumt. Kein Wunder nach einer solchen Nacht! Seit wann kannst Du eigentlich Latein?“
„Wie bitte?“ Johannes schaute Ramira ungläubig an.
„Ja Du hast im Schlaf Latein
gesprochen!“ Ramira streichelte seinen Kopf wie eine Mutter ihrem kleinen Jungen der schlecht geträumt hat.
„Das war ein verrückter Traum. Ich schwebte scheinbar über einen großen gepflasterten Marktplatz frei von Menschen. An seinem Ende stand eine große romanische Kirche aus Feld- und Ziegelsteinen gemauert. Deren Turm stand abseits vom Schiff. Mich zog es wie magisch zu einer zweiflügeligen Holztür. Auf der waren zwei große schwarze Kreuze zu sehen. Dann hast Du mich geweckt. Schatz...!“ Johannes zögerte einen Moment. „...Große schwarze Kreuze! Ja genau!Gestern Abend, bei den Nachrichten, war auch
von schwarzen Kreuzen die Rede. Danach hatte ich diese schrecklichen Kopfschmerzen!“
„Bestimmt waren sie deshalb auch in Deinem Traum!“ versuchte Ramira eine Erklärung zu finden.
„Hm schon möglich!“ erwiderte Johannes „Aber da ist noch mehr, was ich nicht verstehe, was ich Dir erzählen muss.“ Johannes nahm Ramiras Hand „Du musst mir aber versprechen keine Angst vor mir zu haben. Ich habe selber schon genug Angst vor mir selbst. Versprich es!!“
„Was ist nur los mit Dir?“ Ramira wurde panisch. Was hatte das alles nur zu bedeuten?
„Versprich es!!!“ rief Johannes laut.
„Ja! Ja! Ja doch! Ich verspreche es. Aber nun rede endlich.“ Sie drückte seine Hand und sah ihm fast flehend in seine nervös flackernden Augen.
„Gestern als Du bewusstlos warst,...“ Begann Johannes stockend, sein Atem ging schwer dabei.„...wollte ich Dich aus dem brennenden Haus tragen. Unterwegs wurde ich von diesen fünf besoffenen Chaoten abgefangen. Ich habe mit ihnen gekämpft Du weißt schon, ich erzählte Dir davon heute Nacht.… Aber was ich Dir noch nicht erzählt habe ist, dass ich sie getötet habe.“ Johannes stockte und sah ihr in die Augen.
Ramira schlug entsetzt die Hand vor den Mund.
„Das ist noch nicht alles. Das schlimmste ist wahrscheinlich, wie ich sie getötet habe. Ich weiß nicht wie, aber es hat nicht länger als 10 Sekunden gedauert. Ich handelte wie eine Maschine, ohne Angst oder Skrupel, als hätte ich das schon so oft gemacht und wüsste schon immer wie das geht! Oh Gott! Was geschieht mit mir?“
Unbewusst war Ramira zurück gewichen.
„Du hast Angst vor mir! Ich hätte es wissen müssen. Jeder hätte Angst vor mir!“ Verzweifelt begann Johannes zu
schluchzen.
„Oh Liebling nein!“ Sogleich nahm sie ihn in den Arm. „Ich werde nie angst vor Dir haben und Dich auch nie im Stich lassen. Ich liebe Dich und werde Dich immer lieben.“ Sie legte ihre Hände um sein Gesicht und bedeckte es mit vielen Küssen, als wolle sie ihm seine schrecklichen Gedanken weg küssen. „Ich liebe Dich! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich!“ flüsterte sie immer wieder.
„Oh Ramira!“ Johannes nahm sie in die Arme und weinte zu tiefst verunsichert.
„Was machen wir jetzt!“ fragte Ramira ängstlich.
„Ich weiß noch nicht so recht. Auf
jeden Fall lasse ich Dich nach der gestrigen Nacht keine Sekunde lang mehr allein!“
So lagen sie einen Moment einander in den Armen.
„So!“ versuchte sich Johannes zu fassen. „Und nun lass uns frühstücken!“ Johannes schaute ihr in die Augen.
„Du hast Recht.“ Ramira stand auf, streichelte lächelnd seine Wange und verschwand in der Küche.
Sie schaltete das Radio ein und setzte Kaffee an. Im Radio liefen die ganze Zeit Nachrichten. Da waren jetzt schon von mehr als 15000 toten Moslems die Rede.
In Frankreich, Österreich, der Schweiz und in Italien wurden die Grenzen zu Spanien, Osteuropa, Griechenland und der Türkei durch internationale NATO-Truppen der christlichen NATO-Staaten abgeriegelt.
Der Bundespräsident hat für Deutschland das Kriegsrecht ausgerufen und der Bundeswehr Polizeigewalt verliehen. Auf ethnische Unruhen kann ab sofort mit Waffengewalt reagiert werden. Alle Männer im wehrfähigen Alter dürfen das Land nicht mehr verlassen. Alle Offiziere der Reserve werden zu ihren zuständigen Kreiswehrämtern befohlen. Das Bundeskabinett hat den Krisenstab
zusammengerufen.
Muss Johannes jetzt in den Krieg? fragte sich Ramira. Was wird aus mir? Aber noch ist es nicht soweit.
In Gedanken versunken, fiel ihr Blick auf den Innenhof ihres Bauernhofes. Fleck und Lara tobten im Spiel über den Platz und scheuchten dabei ein paar Hühner aus einander, die wild gackernd und flatternd das weite suchten. Es war ein schöner Frühlingsmorgen, der blaue Himmel war von weißen Schäfchenwolken durchzogen und der leichte Wind wehte ein paar Federn von den geflüchteten Hühnern über den Hof. Nichts von diesem Idyll passte zu dem was gestern Nacht geschehen
war.
Was werden Erkan und Hassan machen?
Sie tippte auf ihren Communicator.
„Erkan!“
Es ertönte ein Freizeichen. Doch Erkan ging nicht ran. Ramira tippte erneut auf ihren Communicator „Hassan!“ Nach einem Freizeichen baute sich vor ihr ein Hologramm von einem jungen dunkelhaarigen Mann mit Vollbart auf. Sein Gesicht war gezeichnet von einem zu geschwollenen Auge und aufgesprungenen Lippen. Hassans Kleidung war zerrissen.
„Oh Hassan! Es ist schön Dich zu sehen, auch wenn Du schrecklich
aussiehst! Was hat man Dir angetan?“
„Hallo kleine Schwester! Ich bin letzte Nacht mit Ach und Krach davon gekommen. Im Moment halte ich mich mit ein Paar Freunden in einem Versteck auf. Wo genau möchte ich Dir nicht sagen. Ich habe die Befürchtung, dass sie uns abhören. Geht es Euch gut?“ Seine Stimme klang hastig und seine Blicke gingen häufig zur Seite.
„Ach Hassan es ist so schrecklich! Unsere Eltern haben sich das Leben genommen und der Mob hat ihr Haus abgebrannt. Wir kamen zu spät.“
Hassan kamen die Tränen.
„Ihr Tod wird nicht ungesühnt bleiben, bei Allah! Pass auf Dich auf. Ich werde
Dich sobald wie möglich zu mir holen.“
„Das brauchst Du nicht!“ versuchte Ramira sogleich ihren Bruder von seinem Plan abzubringen. „Johannes passt gut auf mich auf!“
„Er ist ein Christ, einer von ihnen! Du bist in großer Gefahr!“ Hassan wurde streng im Ton.
„Was erzählst Du da? Er ist weder Christ noch einer von denen! Er hat mich gestern heldenhaft beschützt und fünf Christen, die mich vergewaltigen wollten, getötet. Wahrscheinlich sucht ihn schon die Polizei. Was ist mit Erkan? Ich kann ihn nicht erreichen.“
„Ich weiß es nicht! Aber ich habe gehört, dass die letzte Nacht im
Ruhrgebiet besonders schrecklich war.“
„Oh nein!“ Ramira begann zu weinen.
„Sei jetzt stark! Schwäche können wir uns im Augenblick nicht leisten. Ich lege jetzt auf, bevor man unser Gespräch zurückverfolgen kann. Bis bald!“ Hassans Hologramm verschwand.
Ramira schlug verzweifelt die Hände vor das Gesicht.
Beim gemeinsamen Frühstück sagten beide lange Zeit nichts und saßen jeder für sich grübelnd einander gegenüber. Johannes rührte minutenlang in seinem Kaffee herum und schaute auf die Tischplatte. Schließlich begann er zu
reden.
„Die Polizei wird mich suchen! Ich werde mit Robert sprechen und ihn fragen ob er mir vorübergehend seinen Lehrling überlässt, der sich, bis die Sache geklärt ist, um die Herde kümmert. Wir werden erst einmal untertauchen, bis sich die Lage beruhigt hat. Vielleicht ist es sogar besser wenn ich ihm die Schäferei bis auf weiteres überschreibe.“
„Oder Du stellst Dich einfach, erklärst ihnen alles. Dann brauchst Dir vielleicht keine Sorgen mehr machen. Es war doch Notwehr!“ sagte Ramira leise.
„Nein! Das wird nicht funktionieren.
Die Polizei wird sagen, dass ich diese miesen Schweine nicht gleich hätte töten müssen.“ Johannes rührte noch immer seinen Kaffee um. Er war wohl schon kalt. „Selbst wenn es klappen würde, kämme ich zunächst in Untersuchungshaft. Dann stündest Du allein da! Nein das geht nicht!“
Wieder herrschte Schweigen. Nur das Klimpern des Löffels in seiner Kaffeetasse war zu hören. Ramira schniefte durch die Nase und schüttelte leicht den Kopf.
Warum war das alles nur so kompliziert?!
„Trinkst Du nun Deinen Kaffee oder …?“ fragte Ramira aufmunternd,
bestrebt ein wenig die getrübte Stimmung zu heben.
„Oh ja! Richtig!“ hastig leerte Johannes die Tasse.
„Was wirst Du Robert sagen? Wo wollen wir hin? Was wollen wir tun?“
„Robert werde ich sagen, dass ich einberufen wurde. Wir werden uns zunächst in die Alpen durchschlagen. Als erstes werden wir unser ganzes Bargeld von der Bank holen.“
„Bargeld? Keiner bezahlt heute noch mit Bargeld!“ erwiderte Ramira verwundert
„Das ist vollkommen richtig. Aber es geht noch! Das Problem ist, wenn sie mir auf die Spur kommen, werden sie
uns zuerst den Geldhahn zu drehen indem sie unsere Konten sperren!“
„Von der Warte hab ich das noch nicht betrachtet. Aber die Alpen? Was wollen wir da?“
„Mein Hintergedanke dabei ist der, dass es um diese Zeit in den Höhenlagen so einige gottverlassene Gegenden gibt, wo wir uns die nächste Zeit verstecken können, ohne dass uns da jemand sucht. Ich hoffe in ein paar Wochen ist dann etwas Gras über die Sache gewachsen und wir können uns geordnet aus Deutschland absetzen. Im Moment, so vermute ich sind alle Grenzen dicht und wir werden früher oder später steckbrieflich gesucht. Die nächsten
Wochen werden nicht einfach. Wir werden zahlreiche Entbehrungen auf uns nehmen müssen. Aber es ist im Moment unsere einzige Chance, die Sache unbeschadet zu überstehen. Also mein Schatz, kann ich auf Dich zählen?“ Er nahm ihre Hand und schaute sie fragend an.
„Ach Liebling! Natürlich werde ich Dich begleiten. Ich bin Deine Frau! Schon vergessen? In diesen Zeiten ist dieser Weg wahrscheinlich wirklich der einzig mögliche für uns beide. Lass es uns gemeinsam überstehen!“
„Auch deswegen liebe ich Dich so sehr!“ Johannes lächelte und stand entschlossen auf. „Also gut! Dann
machen wir es so. Ich würde sagen, packe Du schon mal die Notwendigsten Sachen ein und sorge für etwas Proviant. Denk an unsere Pässe. Ich werde mit Robert reden und den Wagen vorbereiten.“ Johannes kam um den Küchentisch herum und gab Ramira einen innigen Kuss.
„Wir schaffen das schon! Du wirst sehen!“
Ramira lächelte liebevoll und streichelte seine bärtige Wange.