Beschreibung
Bis auf das Blut musste mancher Ritter kämpfen, um die Gunst eines hübschen Burgfräuleins zu gewinnen.
Fürchterliche Ballade in drei schauderhaften Abteilungen
Der Saal erglänzt im hellsten Kerzenstrahle,
und lustiger Gesang ertönt aus jeder Kahle.
Die Tänzer fliegen auf der Freude Schwingen,
doch ein Herz klopft voll Kummer und voll Bingen.
Es ist das Herz des Fräulein Leonore,
des Fräuleins mit dem rabenschwarzen Lockenhoore.
Leonore sah man mit dem Ritter Kunzen
Schon etliche Galopps zusammen tunzen.
Das sah auch Ritter Veit, und Eifersucht
Ward gleich in seiner wilden Brust entfucht.
Zu Kunzen ging er hin und sagt ihm grimmig:
"Gleich gehst du mit mir, oder Gott verdimm mich!"
Der Garten glänzt im hellsten Mondenstrahle,
und aus den Zweigen tönt das Lied der Philomale.
Der Ritter Veit zieht seine Klinge nackigt
und steht voll Mordgier in dem dunklen Dackigt.
Der Ritter Kunz naht jetzt und spricht: "Was soll ich?" -
Da sagt sein Feind: "Dein Schwert zieh oder deinen Dollich!"
Da sagt ihm Ritter Kunz: "Du willst mir trumpfen? -
Ich spotte dein! Auf, lass uns blutig kumpfen!"
Schon fechten sie in wild entbranntem Trotzen,
dass durch die Nacht die scharfen Schwerter blotzen.
Und ehe fünf Minuten noch verstrichen,
da lagen beide jämmerlich durchstichen.
Kaum hörte man im Saal Geklirr der Klingen,
so deckte Leichenblässe alle Wingen.
Schnell stürzten alle nach der dunklen Grotte
Und sieht bald, was sich da ereignet hotte.
Leonore ruft: "Weh mir, ich komm zu späte!
Sie liegen beide tot in ihrem roten Bläte."
So ruft die Jungfrau tugendreich und edel
und nimmt aus ihren Haaren eine spitze Nedel.
Blickt in den Mond mit Schaudern und mit Grausen
Und - stößt die Nadel tief in ihren Bausen.
Und alles sieht mit Angst und mit Entsetzen
Der Jungfrau rotes Blut hoch aufwärts spretzen.
Schon sinkt sie hin, die so viel Anmut hatte,
und auf zwei Leichen lieget jetzt die dratte.
Moral:
Aus wilder Eifersucht entstehet immer
Not, Drangsal, Trübsal, Pein und großer Jimmer.
Was das Geschick auch Böses mag verhängen:
Man tut nie gut, sich selbsten umzubrängen.
Verfasser unbekannt:
Aufgeschrieben von Ulf Heimann