In einer zerbrechenden Welt versucht der Widerstandskämpfer Jack Walt einen aussichtslosen Kampf gegen die beherrschende Ordnung zu führen, das Elektorat, und dessen alles kontrollierende Ministerien. Als er bei einem entscheidenden Angriff hintergangen und festgenommen wird, blieb ihm nur noch ein Weg, sich selbst und alle, die ihm etwas bedeuten zu retten. Er begibt sich gezwungenermaßen nach Liurie, einer Wasserwelt und findet dort mehr, als er nur die
Wahrheit. Der Kampf um sein Leben wird zum Kampf um das Schicksal der gesamten Menschheit. Bildquelle ,, Frozen Flowers" http://www.royaltyfreeimages.net/
Einen Moment wusste er nicht, wie er beginnen sollte. Der Mann ihm gegenüber, der sich selbst nur Abundius nannte, oder Nemo , oderscheinbar wie auch immer es ihm grade gefiel, schwieg nur und wartete. Die langen Finger hatte er dabei in einer Mönchsartigen Geste gefaltet. ,, Wer sind sie eigentlich ? “ , wollte Jack schließlich wissen. ,, Das ist die einzige Frage, die ich ihnen nicht beantworten werde. Und es spielt auch keine Rolle. Ich hatte schon
so viele Namen und so viele Identitäten, dass ich sie selbst nicht mehr auseinanderhalten kann. Wenn man ständig das Elektorat im Nacken hat, wird man sehr Vorsichtig. Das verstehen sie sicher?“ ,, Und doch operieren sie direkt unter ihrer Nase.“ , stellte Jack fest. ,, Nun, ich habe auch in den Ministerien einigen Einfluss. Aber eben nicht genug. Und das ist auch schon alles, was sie über mich wissen müssen und erfahren werden. Zusammen hiermit. Ich bin genau wie sie ein Feind des Elektorats. Und schauen sie mich nicht so an, sie wären nicht hier, wen dem nicht so wäre. Ich bin vielleicht die am meisten
gesuchte und doch am wenigsten bekannte Person auf diesem Planeten und ich habe absolut keinen Grund, dem Elektorat irgendetwas Gutes zu wünschen. “ , erwiderte Abundius. Seine braunen Haare fielen ihm wirr ins Gesicht und auch wenn die Kleidung die er trug nach wie vor teuer wirkte, sah sie an ihm irgendwie schäbig aus. Nicht wie bei den beiden Anzugträgern an der Bar, von denen er immer noch nur einen Namen kannte. ,, Und diese Leute hier ?“ ,, Sie haben sich doch mit Falk unterhalten. Samuel hab ich eigentlich ähnlich gefunden wie sie. Mit der Zeit entwickelt man einfach ein Gespür dafür,
mit wem man rechnen kann… und wenn man sich trotzdem mal irrt…“ Abundius beendete den Satz nicht, aber Jack konnte sich seinen Teil denken. Wenn es mal doch die falschen waren, fand man vermutlich am nächsten Morgen irgendwo eine Leiche, möglichst so, dass es aussah, als handle es sich um einen Unfall. Er zögerte die nächste Frage zu stellen. ,, Die Labore ? Ich habe etwa gesehen, einen Ulanen… Was tun sie mit ihnen? Sie sagten bei unserem letzten Treffen, das sie vielleicht mit dafür verantwortlich wären? “ ,, Vielleicht nicht direkt dafür, nein. Aber…“ Zum ersten Mal während ihres
Gesprächs zögerte Abundius kurz. ,, Es spielt keine Rolle. Sie verwenden etwas, das sie als NDNA bezeichnen. Es stammt von Liurie soweit ich weiß.“ ,, Aber ihr wisst es nicht genau ?“ Wieder zögerte er kurz. ,, Nichts ist heutzutage noch sicher Mr. Walt.“ ,, Jack reicht. Aber was tun sie genau?“ ,, Sie haben es gesehen.“ ,, Ich verstehe es aber nicht… der Mann dem ich begegnet bin, es war als hätte ihn irgendjemand.. ich weiß nicht… in einen Roboter verwandelt, etwas, das nur noch vom Aussehen her Mensch war.“ ,, Da sind sie der Wahrheit näher, als sie denken. Ich denke… das Elektorat sucht nach Alternativen zu den Kommissaren.
Denn egal wie sehr sie diese auch kontrollieren, es gibt immer welche, die sich gegen das Justizministerium stellen. NDNA jedoch… im Prinzip erlaubt es das remodellieren der Menschlichen DANN, ganz nach Belieben des Anwenders. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, sie können es sich wie Wasser auf Ton vorstellen. Man kann den Ton mit Wasser ganz einfach in eine neue Form bringen. Neben einiger anderer… höchst interessanter Eigenschaften. “ ,, Und sie wissen woher davon ?“ ,, Ich habe damit gearbeitete Jack.“ Ihm war klar, dass Abundius sich nicht weiter dazu äußern würde, trotzdem fügte er noch hinzu. ,, Neben dieser
Genetischen Eigenschaft scheint es auch so, als würde es die allgemeine Regenerationsfähigkeit steigern. Ich habe gesehen, wie es Knochen wieder zusammenfügt und selbst tödliche Verletzungen heilt.“Abundius seufzte. ,, Aber natürlich nutzt das Elektorat das nicht für die Medizin. Nein… viel eher tun sie das eine, was sie schon immer gut konnten. Es ausnutzen. Soldaten, die keine Angst kennen, kein Mitleid, keine Gefühle… und das einzige, was sie antreibt, ist die Loyalität zum Elektorat. Sie wollen wissen, was das Elektorat mit den Ulanen tut? Nun jetzt wissen sie es. Und jetzt wissen sie, was auf sie zukommt, wenn sie
bleiben.“ ,, Und sie lassen das zu ?“ ,, Ich kann nichts dagegen tun Jack. Noch nicht. Aber mit ihnen, haben wir vielleicht eine Chance. Und deshalb jetzt meine Frage… Wenn ich ihnen hier und jetzt die Chance gebe, am Fall des Elektorats zu arbeiten, wie weit gehen sie dabei?“ Jack brauchte nicht lange über eine Antwort nachdenken. Seine Wut war immer noch präsent und er fragte sich, ob er sie je wieder zügeln würde. Nicht solange das Elektorat existierte, das wurde ihm klar. Nicht so lange noch jemand atmete, der einem Menschen so etwas antat.
Die nächsten Wochen und der nächste Monat verliefen vergleichsweise ruhig für ihn. Aber gleichzeitig war es ihm, als würde er die Welt nun mit vollkommen neuen Augen sehen. Jack fand sich regelmäßig, wann immer er es sich erlauben konnte, in der kleinen Bar ein und meist war auch einer der anderen da, Abundius hingegen sah er nur ab und zu. Nach und nach lernte er dabei auch die Namen der anderen. Der des zweiten Mannes im Anzug, bei dem es sich um einen hoch gestellten Bankier handelte, wie er später ehrausfand, war John und der der
rothaarigen Frau lautete Ava, eine Sekretärin aus dem Justizministerium. Und der Asiate stammte wohl aus einer der Zentralkolonien wo er als Gouverneur arbeitete und konnte nur selten da sein. Zumindest erklärte Falk es so, denn Jack sah ihn nie wieder. Vielleicht war er auch erwischt worden und man wollte ihn nur nicht beunruhigen. Wenn, dann war das ohnehin vergebliche Freundlichkeit. Er ging noch zur Ulanen-Ausbildung, aber er musste aufpassen. Jeden Tag quälte ihn die Frage, was passieren würde, wenn jemand ihn zur Seite zog und freundlich bat, mitzukommen… Doch nichts dergleichen
geschah. Irgendetwas sagte ihm, das entweder Cooper oder Abundius ihre Hand dabei im Spiel hatten. Sie würden sicher nicht zulassen, dass er zu einer der bleichen Gestalten wurde, die nun auch auf den Straßen auftauchten. Irgendetwas hatte man noch mit ihm vor, auch wenn Abundius zu seinen genauen Plänen nach wie vor schwieg. Trotzdem, nahm die Zahl der Ulanen in der Stadt zu. Die Männer und Frauen, die einstmals seine Kameraden gewesen waren, patrouillierten nun die Straßen. Meist trugen diese Erscheinungen dunkle kinetische Panzerung und waren neben Gewehren mit Energieschwertern
bewaffnet. Anfangs waren es nur wenige, welche die immer häufiger werdenden Polizeistreifen durch die Städte begleiteten, doch während der folgenden Tage verbreitete sich mit den zunehmenden Gerüchten auch etwas, das vorher nicht da gewesen war. Es gab offenen Protest. Eines Tages versammelte sich spontan eine Gruppe von fünfzig oder mehr Menschen vor dem Justizministerium. Das waren zumindest die offiziellen Zahlen, die Jack später zu hören bekam. Vermutlich waren es also mehr als fünfhundert, wenn nicht sogar noch mehr. An diesem Tag offenbarte sich ihm die
volle Wahrheit hinter der neuen Ulan-Garde und Abundius Worten. Eine Einheit dieser neuen Elite-Soldaten des Elektorats nahm vor dem Ministerium Aufstellung und bevor überhaupt jemand wusste, was geschah eröffneten sie das Feuer auf die Menge. Ein Fakt, den selbst die offiziellen Nachrichten nicht wegleugnen konnten, auch wenn es hieß, ein Demonstrant hätte zuerst das Feuer auf die Ulanen eröffnet. Keine Gefühle und kein Zaudern, wenn sie jemanden Festnahmen… und während der ganzen Zeit, Abundius zeigte ihnen später unverschnittene Aufnahmen des Vorfalls, blieben ihre Gesichter kalt und
teilnahmslos. Selbst die Kommissare, die sich später auf den Platz einfanden schienen vor den Gestalten in den dunklen Panzerungen zurückzuweichen. Ab diesem Tag herrschte abends Ausgangssperre. Und die Unruhen nahmen zu. Besonders in den Randgebieten der Stadt , wo die Kontrollen des Elektorats kaum oder nur gelegentlich stattfanden bildeten sich kleinere Gruppe von Rebellen und gewöhnlichen Banditen, die alle paar Wochen von den Ulan-Garden ausgelöscht wurden, wenn dem Ministerrat danach war, ein paar Soldaten zu opfern. Jack wusste nicht, wie es auf den
Kolonien aussah, ging aber davon aus, dass es dort vergleichsweise ruhig bleiben würde. Diese Welten verfügten meist über eine viel geringere Bevölkerungsdichte als die Erde und dürften sich nach wie vor unter der perfekten Kontrolle des Elektorats befinden. Vor allem, weil Nachrichten sich dorthin langsamer verbreiteten. Nein, die größten Unruhen gab es auf der Erde. Und hier würde es sich auch entscheiden müssen, dachte er. Die Warterei ging ihm langsam auf die Nerven. Wenn es seiner Meinung nach je eine Gelegenheit gegeben hätte, zuzuschlagen, dann wäre sie jetzt. Am liebsten hätte er genau das auch
Abundius gesagt, doch der Mann war immer seltener anzutreffen. Und dann kam die Pressekonferenz. Der Justizminister hatte sich, als einziger des Ministerrats, offenbar bereit erklärt, zu den Vorwürfen und den jüngsten Ereignissen Stellung zu beziehen. Auf einer offenen Veranstaltung. Wobei offen vermutlich tausende von Sicherheitsleuten und eine kleine Ulan-Armee beuteten würde. Trotzdem… Endlich hatte Jack das Gefühl etwas tun zu können, endlich einen derer zu richten, die so viel zerstört hatten. Es war ihm egal, ob er dabei erwischt
werden würde. Er bräuchte nur hingehen, eine Waffe in den Saal schmuggeln… und abdrücken. Wie er wieder rauskam, war optional, aber vermutlich würde das ausbrechende Chaos dabei sein Übriges tun. Hauptsache, er kam endlich dazu, etwas zu tun. Und genau das, sagte er Abundius auch, als er ihn endlich wieder traf. ,, Nein.“ , antwortete der Mann ruhig, nachdem Jack seinen Plan erläutert hatte. ,,Wir können uns keinen direkten Schlag erlauben.“ Es waren noch vier Stunden bis zur Konferenz und Jack hatte den Mann aufgesucht, weil er eigentlich mit Zustimmung oder auch Unterstützung
gerechnet hatte. ,, Wieso nicht ?“ Er musste sich zusammenreißen um nicht aufzuspringen. Sah Abundius denn nicht die Gelegenheit die sich hier bot? Oder vielmehr, wollte er sie nicht ergreifen? Jack spürte wie er zitterte, aber nicht vor Kälte. ,, Wir können uns keine Aufmerksamkeit leisten. Verstehen sie das?“ Er zögerte. ,, Nein. Wenn wir handeln wollen, wenn sie handeln wollen, dann jetzt. Wie lange gibt es ihre kleine Gruppe hier schon Abundius? Fünf Jahre ? Zehn ? Und was haben sie bisher erreicht?“ Er spürte eine Hand, die sich auf seinen
Arm legte. Jack drehte den Kopf und entdeckte Falk. ,, Ruhig.“ , meinte der Kommissar. ,, Überstürztes Handeln, Junge, bringt uns gar nichts.“ Die übrigen Personen in der Bar hatten sich mittlerweile zu ihnen umgedreht und verfolgten das Streitgespräch mit wachsendem Interesse. Abundius blieb während der ganzen Zeit gelassen wie eh und je. Wenn er das nur auch alles so ruhig hinnehmen könnte, dachte Jack. Aber das war ihm nicht mehr möglich. Der Augenblick, in dem er die Wahrheit ehrausgefunden hatte, hatte ihm die Ruhe wohl für immer verwehrt. Er schüttelte die Hand des abtrünnigen
Kommissars ab. ,, Ich bin ruhig.“ Oh ja.. nach außen schaffte er es immer, normal zu wirken, wenn er zur Ausbildungsstätte der Ulanen zurückkehrte oder sich mit einem seiner Offiziere unterhielt, aber innerlich… Einmal letzte Woche hatte er einen seiner Ausbilder beim Training in die Enge getrieben und auch wenn keiner der umstehenden etwas gemerkt hatte… kurz hatte er Überlegt den Mann einfach zu töten. Bis ihm die Folgen davon klar geworden waren. Er konnte es nicht. Es würde nichts nützen und ihn nur selbst in Schwierigkeiten bringen, aus denen ihn nicht einmal Abundius oder Cooper wieder rausholen könnten.
Und doch musste der Ausbilder kurz etwas gemerkt haben, denn nachdem Jack ihn endlich losgelassen hatte, wich der Mann fast panisch zurück und erklärte das Training für beendet. Und es sollte nicht der letzte kritische Moment bleiben… Er fühlte sich wie ein verdammtes Pulverfass. ,, Hören sie“, redete Abundius weiter, ,,wenn wir auch nur die geringste Chance haben wollen, müsse wir koordiniert vorgehen. Einen Minister zu töten bringt nichts, denken sie nach. Töten wir einen, gibt es ein halbes Dutzend Leute im Ministerium, die seinen Platz einnehmen können. Die
Minister, sind nur ein kleiner Teil des Problems. Wenn, dann müssen wir einen großen Schlag landen, etwas das sie endgültig wachrüttelt. Ich arbeite daran, aber wir brauchen noch etwas Zeit.“ ,, Was soll ich denn tun ?“ Es klang verzweifelt, wusste nicht wohin mit seiner Hilflosen Wut. ,, Gehen sie als Beobachter zur Konferenz, aber unternehmen sie ja nichts dummes Jack.“ Er musterte ihn einen Augenblick und Jack kam es so vor, als würde Abundius genau wissen, was in ihm vorging. Und die Gefahr, die darin lag. ,, Und… ich will, das sie jemand begleitet.“ ,, Falk ?“ Fast hoffte er darauf. Der alte
Kommissar hatte etwas, das ihn wirklich ruhiger werden ließ.
Vielleicht die Hoffnung darauf, dass eines Tages auch die Kommissare aufwachen könnten.
,, Nein.“ , erwiderte Abundius. ,, Falk wird da sein, aber als einer der Leibwächter des Ministers. Wenn sie mit einem Kommissar dort auftauchen, wird das verdacht erregen.“
Jack gab sich geschlagen. Fürs erste. ,, Wer also ?“